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akin-Pressedienst
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 26. Jaenner 2011; 00:58
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Debatten:
> Hilfloser Versuch
Der Veroeffentlichung eines offenen Briefs in der
akin 1/11 folgend
wurde in der naechsten Ausgabe die Stellungnahme
des Chefredakteus der
"FreidenkerIn" gedruckt. Es ging um Vorwuerfe des Antisemitismus bzw.
des Rassismus (Islamophobie), die Ronald Bilik dann hilflos zu
entrkaeften versucht hat. Ich will seine Rechtfertigungsversuche so
nicht stehen lassen. Nicht in einer Zeitung, die regelmaessig in
meinem Briefkasten landet, und in der ich weiterhin Artikel
veroeffentlichen will.
Der Vorwurf
"... der Freidenkerbund wuerde Ressentiments gegen Muslime schueren
(...) ist nicht nur unhaltbar, er grenzt geradezu an Verleumdung und
Rufmord" fuehlt sich Herr Bilik vom austretenden Thomas Schmidinger
attackiert. Der Freidenker Bilik, der sich von Ideologen ausdruecklich
distanziert, scheint mit seiner eigenen Ideologie - dem Freidenken -
so verhaftet zu sein, dass eine Kritik an veroeffentlichten -
selbstverstaendlich frei gedachten - Artikeln einem "direkten Angriff
auf den verantwortlichen Chefredakteur" gleichkommt. Ueber
heuchlerische Ideologiekritiker will ich hier allerdings nicht zu viel
verlieren, es gibt genug an der Stellungnahme selbst zu bemaengeln.
Ich ersuche Herrn Bilik, die von mir zitierten Argumente zu
ueberdenken, und sich selbst den einen oder anderen Irrtum
einzugestehen.
Wie es Rechtfertigungen so an sich haben, manifestiert sich darin der
begangene Fehler gleich noch einmal, so auch in der vorliegenden
Stellungnahme. Erst wird behauptet, man schuere keine rassistischen
Vorurteile und Ressentiments gegen Muslime, und dann ist die Rede von
500.000 Muslimen, die schon laengst keine Minderheit mehr darstellen
sollen. Nun sagt Herr Bilik nicht, welche "halbe Milion Menschen
Menschen" er meint, die dem Islam angehoert - aber er redet von einem
Stadtbild. Es kann sich um keine oesterreichische Stadt handeln. Denn
in Wien stellen 500.000 Menschen keine Mehrheit dar, und die
naechstgroesste Stadt ist Graz mit 250.000 EinwohnerInnen. Vielleicht
genuegt Biliks guter Wille nicht, um von einer Minderheit zu sprechen,
die Mathematik aber tut es.
Dass er von einer Dominanz (?! ) der Kopftuchtraegerinnen schreibt,
faellt ja fast gar nicht mehr auf. Dass es beim Tragen der Kopftuecher
eine gewisse Vielfalt abseits von Niqab und Burka gibt, scheint auch
ihm nicht entgangen zu sein, er verortet aber trotzdem eine islamische
Einheitskultur. Wie soll unsereins Gegenargumente bringen, wenn sich
der Autor schon selbst widerspricht? Schreiten wir lieber zum
naechsten Absatz.
Wehret den Anfaengen zum Schutze der Leitkultur?
Die Muslime werden nicht "psychologisch geschickt" als eine "verfolgte
Minderheit" dargestellt, sondern sie sind eines der Opfer unserer
katholisch-christlichen immer-noch-irgendwie-faschistoiden Leitkultur,
und gehoeren als solche aus der Schusslinie geschafft. Als
AusueberInnen einer potentiell repressiven Weltanschauung = Religion
sind sie vielleicht zu kritisieren, aber nicht fuer ihr offenes
Auftreten im Stadtbild.
Und wer ueber einen Zeitpunkt spricht, an dem die Kritik erfolgt, um
welchen Anfaengen auch immer frueh genug zu wehren, der meint wohl
Quantitaet und nicht Qualitaet der "in der Regel autoritaer
hierarchischen Organisationen, die mit dem demokratischen Rechtsstaat
unvereinbar sind".
Denn es geht ihm weniger um eine sich abzeichnende Entwicklung im
Islam (hin zu autoritaeren hierarchischen Organisationen), sondern um
eine Vermehrung eben dieser innerhalb der Gesellschaft, der es Einhalt
zu gebieten gilt. Er verwendet damit nicht nur das gleiche Argument
wie die FPOe hinter HC Strache, sondern stellt sich - ausgezeichnet
durch fehlende Selbstkritik - in genau die selben Reihen der
Leitkultur, die verschweigt, dass ihr eigener Rechtsstaat autoritaer
und hierarchisch organisiert ist; beschwoerend, dass es vielleicht
schon bald zu spaet sein koennte, sich zu wehren.
Der Kampf gegen Rechtsextreme
"Auch die FPOe wettert gegen den aggressiven Kapitalismus. (...)
Muessen jetzt alle Linken fuer den aggressiven Kapitalismus sein."
Nein. Aber eine Neubewertung der eigenen Argumente bietet sich an,
denn auch Hitler gab vor, einen Kampf gegen den Kapitalismus zu
fuehren, um sich dann gemeinsam mit den Nazis dem "raffenden Kapital"
in Form von Enteignungen, Ausweisungen und Vernichtungslagern zu
widmen. Eine konsequent antifaschistische Linke tut gut daran, nicht
den gleichen Fehler zu begehen.
Sie tut auch gut daran, den Kampf nicht einfach gegen "Rechtsextreme"
zu fuehren, sondern gegen reaktionaere Stroemungen im Allgemeinen. Der
Begriff "rechtsextrem" macht es VertreterInnen einer fiktiven Mitte zu
einfach, sich in das Konstrukt einer "freiheitlich demokratischen
Grundordnung" (oder eines demokratischen Rechtsstaats) zurueckzuziehen
und scheinheilig die Geister zu bekaempfen, die sie selbst durch
Nationalismus und andere Ausgrenzungen beschworen haben.
Und Antisemiten
Nur weil ein Mensch (Richard Kofler, dessen Artikel ueber die
juedische Beschneidung Ausloeser der Debatte war) sich im Umfeld der
KPOe humanistisch und antifaschistisch engagiert, schuetzt ihn das
nicht davor, mit seinen Argumentationen in die Naehe vermeintlicher
Rechtsextremisten zu gelangen und dafuer kritisiert zu werden. Und es
schuetzt ihn schon gar nicht davor, antisemitischen Denkmustern auf
den Leim zu gehen (im offenen Brief wird Kofler nicht in Verbindung
mit "Rechtsextremen" sondern in Verbindung mit Antisemitismus
kritisiert).
Auch wenn wir alle mehr oder weniger das Gefuehl haben, autonom denken
zu koennen, so sind wir doch in unseren Praegungen oder zumindest in
deren Ueberwindung verhaftet. Eine Befreiung dieses Denkens darf nicht
auf Kosten anderer passieren, die sich dann unwohl oder unsicher in
unserer Gegenwart fuehlen.
-postcore-
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