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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Juni 2018; 10:46
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Moscheenschliessungen/Kommentar:

> Ein paar Anmerkungen

Christoph Baumgartens Kommentar (siehe heutigen akin-pd) entstand, bevor
bekannt wurde, daß IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun die Arabische Kultusgemeinde
und eventuell noch andere selbst beim Kultusamt angezeigt haben dürfte wegen
mangelnder Rechtskonformität.

Es erscheint jetzt so, als hätte der aus der AKP-nahen ATIB stammende
Präsident konkurrierende Kultusgemeinden loswerden wollen und die Regierung
das nutzen konnte, sich selbst als Hüterin eines demokratischen Islam zu
gerieren.

Überhaupt geht da so einiges durcheinander: Ob die Regierung oder der
Innenminister so einfach Moscheen schließen können, ist fraglich. Der
Bundeskanzler hat nach dem Islamgesetz zwar eine gewisse Aufsichtspflicht
über die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, die Aufsichtspflicht
über die einzelnen Kultusgemeinden, die Teil der IGGÖ sind, aber auch eigene
Rechtspersönlichkeit besitzen, hat aber eigentlich die IGGÖ selbst.

Die meisten Moscheen werden wohl von einzelnen Kultusgemeinden oder
religiösen Vereinen betrieben. Eine Schließung von Moscheen dürfte rechtlich
also nur möglich sein, wenn sie von Kultusgemeinden oder Vereinen betrieben
und diesen die Existenzberechtigung abgesprochen wird, wodurch sie ihre
Rechtspersönlichkeit verlieren. Wer aber darüber entscheiden kann, müßte
auch erst ausjudiziert werden. Zumindest das Islamgesetz gibt darüber -- wie
über so vieles, da legistisch höchst inkongruent formuliert -- nur bedingt
Auskunft. Allerdings wird dort die Religionsgesellschaft -- also die IGGÖ --
als "religionsgesellschaftliche Oberbehörde" bezeichnet. Die Kultusgemeinden
hingegen sind, wie die IGGÖ selbst, Körperschaften des öffentlichen
Rechts -- nur insofern ist ein staatlicher Eingriff möglich. Ob das aber mit
einem einfachen Verwaltungsbescheid erledigt ist, bleibt da schon fraglich.
Die Vereine hingegen könnten wohl nach dem Vereinsgesetz leichter aufgelöst
werden. In beiden Fällen reicht allerdings kein Verweis auf "salafistische
Umtriebe", sondern es bedarf da schon eindeutiger strafrechtlich relevanter
Verfehlungen, die auch der Vereinigung und nicht nur einzelnen Mitgliedern
nachgewiesen werden können. Das Zeigen des Wolfsgrusses, wie von
Regierungsvertretern als Grund angeführt, ist da untauglich, da in
Österreich genauso legal wie das Verwenden von Ustascha-Symbolen.

Auch die Ausweisung von Imamen nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft ist
zumindest fragwürdig begründet. Der Innenminister meint dazu: "Ein legales
Einkommen ist Voraussetzung für einen Aufenthaltstitel. Das Einkommen kann
aber nicht legal sein, wenn es gegen das Islamgesetz verstößt." Auch hier
ist das etwas verkürzt -- wird ein Imam von einem Verein bezahlt, ist dies
möglicherweise ein legales Einkommen. Denn es sind nach dem Islamgesetz die
Vereinigungen und deren Mitglieder verpflichtet, die Mittel für die
Kultusarbeit im Inland aufzubringen. Die Imame sind da aber wohl als
Angestellte zu sehen, die wie andere Angestellte nicht verpflichtet sind,
die Geschäftsgebarung ihres Arbeitgebers zu überprüfen.

Bei den Beamten, die das umzusetzen haben, was die Regierung will, werden
wohl noch ordentlich die Köpfe rauchen. Und die Gerichte werden entscheiden
müssen, ob das, was die Regierung hier so vollmundig verkündet, rechtlich
überhaupt zulässig ist. Aber das wird noch dauern -- bis dahin können sich
Kurz, Strache, Kickl und Co. noch als Verteidiger des Abendlandes feiern
lassen. Sollten dann doch die Gerichte in einzelnen Fällen bremsen, können
sich unsere Regierungsherren sicher sein, daß die Schlagzeilen deswegen
eindeutig weniger fett ausfallen.
*Bernhard Redl*

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