**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 4. April 2012; 17:28
**********************************************************

Demokratie/EU/Oesterreich/Kommentar:

> Die ehrenwerte Gesellschaft

Auf dem Weg zur Diktatur der Gemaessigten

Langsam faellt es auch dem Establishment auf: Die Gefahr der weiteren
Entdemokratisierung und die Tendenz zum autoritaeren Staat kommen
weniger von den nationalistischen Parteien und Bewegungen sondern von
dem, was sich so gerne als "Mitte" definiert: Den bourgeoisen
Rechtsparteien, dem Kapital und einem abgehobenen Buerokraten-Apparat.
Nicht nur eine lange Reihe von Univeritaetslehrerinnen und -lehrern
aus Deutschland und Oesterreich (siehe auch diesen akin-pd) sowie die
Wiener Arbeiterkammer haben juengst den von Merkozy durchgepeitschten
EU-Fiskalpakt als Entwicklung hin zur Entdemokratisierung
gebrandmarkt, auch Alexander van der Bellen hatte juengst in einem
Interview angemerkt, dass die Entscheidungsfindung in der EU
"halbautoritaer" sei.

Was allerdings gruene wie rosarote Sozialdemokraten nicht davon
abhaelt, auch weiterhin genau mit diesen Kraeften zu packeln -- sei es
auf europaeischer Ebene, wo die Sozialdemokratie ueblicherweise zu
allem Ja und Amen sagt, was die EVP vorhupft, sei es in Oesterreich,
wo der angebliche Kanzler der Finanzministerin trotz grosser Toene im
Vorfeld letztlich in allem nachgibt. Von den Gruenen, die so gerne mit
der OeVP koaliert haetten, wenn sie nicht um die Existenz ihrer Partei
haetten fuerchten muessen, und die erst kuerzlich unter bestimmten
Bedingungen bereit gewesen waeren, die unsaegliche "Schuldenbremse" in
den Verfassungsrang zu heben, gar nicht zu reden.

Nur auf Strache und die anderen populistisch-nationalistischen
Parteien in Europa blickt man wie auf Paria; die "schwarzen" Parteien
und das Grosskapital hingegen, die den Ton angeben, sind ehrenwerte
politische Partner mit Handschlagqualitaet.

Die Unertraeglichkeiten auf nationaler wie europaeischer Ebene kommen
aber entweder von "konservativen" Regierungen oder sich vom Kapital
antreiben lassenden Sozialdemokraten, die beweisen wollen, dass sie
die besseren Bourgeois sind: Die Flut an neuen Terrorparagraphen und
neuen Ueberwachungsmethoden, die Austeritaetspolitik, die
Privatisierungen, das Zurueckschrauben der Arbeitnehmerrechte, die
nationalistischen Gesetze und Institutionen wie Frontex etc. -- das
alles wurde von den angeblich ehrenwerten und serioesen und
vernuenftigen Parteien durchgesetzt und nicht von FPOe oder Front
National oder LAOS oder Vlaams Belang.

Dass aber diese nationalistischen Kraefte, die sich oft auch "sozial"
geben und die Proteststimmen abfischen, und die Bourgeoisie einen
Paarlauf hinlegen, der uns irgendwann einmal in einen autoritaeren und
einzig zum Kapital freundlichen europaeischen Polizeistaat fuehren
koennte, der von der unheiligen Dreifaltigkeit aus rechten Politikern,
Kapital und Buerokratie regiert wuerde, werden Gruene und Sozis
wahrscheinlich erst kapieren, wenn es zu spaet sein wird.
*Bernhard Redl*

Links
Van der Bellen in der Presse (15.03.2012):
http://diepresse.com/home/politik/eu/740695/
AK-Artikel:
http://rechtsvergleichung.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/Rechtsvergleich_Verschraegen/Verschraegen/MitarbeiterInnen/Lukas_Oberndorfer/Oberndorfer__Der_Fiskalpakt_-_ein_weiterer_Schritt_in_Richtung_Entdemokratisierung__EU-Infobrief_1-2012.doc.pdf




***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin