**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 23. Maerz 2011; 00:50
**********************************************************

Libyen-Debatte:

> Zur Kritik mancher Linker

Eine Antwort auf die KPOe

Die militaerische Durchsetzung der no-flight-zone zum Schutz der
ZivilistInnen in Libyen ist richtig. Sie ist keine Loesung fuer die
politischen Probleme Libyens und kann keine zukuenftige politische
Ordnung des Landes vorwegnehmen. Sie ist kann allerdings die
unmittelbare Gefahr umfangreicher Massaker an der Zivilbevoelkerung
Libyens bei einer moeglichen Einnahme Benghazis durch Soeldner,
Milizen und loyale Truppen Qaddhafis verhindern helfen.

So sympathisch mir an sich eine antimilitaristische Position ist, so
weltfremd ist der Versuch die Gefahr fuer die Zivilbevoelkerung
Banghazis durch das einfrieren von ohnehin schon eingefrorenen Geldern
bewerkstelligen zu wollen. In unmittelbaren Bedrohungssituationen kann
lediglich militaerisches Eingreifen militaerisches Eingreifen stoppen.
So richtig die Kritik an der OMV oder der bisherigen Politik 'des
Westens' (grad bei Qaddhafi ziemlich absurd, wenn man an die
oekonomischen Involvierungen 'des Ostens' bis 89 denkt, wobei das
aktivste vermutlich Jugoslawien und nicht die RGW-Staaten waren)
gegenueber Libyen ist: Bis die Beschlagnahme der Gelder von Qaddhafi
in Libyen wirksam wird, haben dessen Soeldner, Militaers und Milizen
halb Benghazi massakriert. In unmittelbar drohender Gefahr massiver
Massaker von moeglicherweise tausenden ZivilistInnen gibt es leider
nur eine Methode diese aufzuhalten: naemlich militaerische Gewalt. In
diesem Sinne halte ich das Eingreifen der internationalen Gemeinschaft
(noch dazu von der Arabischen Liga und dem UN Sicherheitsrat gedeckt)
fuer richtig. Ich hoffe allerdings, dass es dazu zu keinem Einsatz von
Bodentruppen und der Besetzung libyschen Territoriums kommen muss, wie
er ja auch in der Sicherheitsratsresolution ausgeschlossen wird und
ich mach mir auch keine Illusionen darueber, dass das eine gute
Loesung waere. In unmittelbarer Gefahr, halte ich solches Eingreifen
aber fuer richtig, das ist fuer mich eine der Lehren die ich aus
Rwanda, Iraq 1991 oder auch Bosnien gezogen habe. Die Lehre die die
KPOe aus Bosnien gezogen haben will, ist mir hingegen nicht
nachvollziehbar: In Bosnien war wohl eher das Problem, dass zu spaet
eingegriffen wurde und nicht, dass eingegriffen wurde! Kaum hat man
die serbischen Stellungen um Sarjewo mal bombardiert, war die
Belagerung der Stadt auch schon vorbei. Wenn man das ein Jahr frueher
gemacht haette, haetten das tausende Menschen mehr ueberlebt. Oder in
Srebrenica? Da war wohl nicht das Problem, dass eingegriffen wurde,
sondern, dass die stationierten Soldaten aus den Niederlanden kampflos
davongelaufen sind und damit das Massaker ermoeglicht hatten. Und auch
der Irak: Wenn da 1991 schon eingegriffen worden waere, als die Irakis
wirklich zu zigtausenden rebelliert haben und man Saddam nicht gruenes
Licht zum Abschlachten gegeben haette, waer dem Irak vieles erspart
geblieben!

Das heisst aber nicht, dass ich fuer leichtfertiges Eingreifen und
langfristige Besatzungsregime wie im Irak oder Afghanistan waere...
diese sind naemlich eben nicht zum Schutz vor einer unmittelbaren
Bedrohung von Massakern errichtet worden. In Libyen ist das anders und
deshalb halte ich die militaerische Durchsetzung der no-flight-zone
fuer richtig und ich haette auch nichts dagegen, wenn sich Oesterreich
daran beteiligen wuerde. Ausserdem glaube ich nicht, dass damit die
Situation in Libyen 'geloest' werden kann. Es kann ausschliesslich ein
angekuendigtes Massaker verhindert werden. Alles andere muessen die
Libyer selbst ausfechten. Linken in Europa bliebe die Aufgabe kritisch
zu beobachten, wie der Militaereinsatz verlaeuft und moegliche
Versuche, nach einem Krieg ein Marionettenregime einzusetzen,
entsprechend zu kritisieren. So lange der Militaereinsatz aber zum
unmittelbaren Schutz von ZivilistInnen gefuehrt wird, sehe ich keinen
Grund diesen abzulehnen oder Personen die diesen befuerworten als
"Falken" zu beschimpfen.
*Thomas Schmidinger*


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin