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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. August 2009; 15:41
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Debatte:
Kinderpornografie und "Internetzensur"
Zu "Kinderschutz ist immer gut", akin 14/2009, akin-pd 
19.5.2009
In Deutschland gibt es eine heftige Auseinandersetzung darueber, ob 
das neue Gesetz gegen Kinderpornografie im internet "Internetzensur" 
darstellt und ob es womoeglich gegen die Informationsfreiheit 
verstossen koennte. Die internetcommunity befuerchtet auch, dass auch 
weitere Seiten gesperrt/geloescht/zensiert werden koennten: 
Tatsaechlich gibt es bereits die Forderung, Seiten mit Gewaltspielen 
zu sperren - wegen des Massakers im deutschen Ort Winnenden sehr 
aktuell.
Als amnesty-Mitglied seit 1982 habe ich mit dem Thema Internetzensur 
viel zu tun, z.B.durch einen Vortrag, den ein chinesischer 
Regimekritiker, der beim PEN-Zentrum in Stockholm taetig ist, bei der 
Jahresversammlung von amnesty Oesterreich 2008 hielt, und auch durch 
die aktuelle Situation im Iran - wo ja die Regimekritiker sehr clever 
Moeglichkeiten wie youtube, bloggen und twittern nutzen.
Die Menschenrechte beruhen ja auf dem Internationalen Recht, das 
ausschliesslich zwei Rechte, naemlich das absolute Folterverbot und 
das Verbot der Sklaverei, unter allen Umstaenden schuetzt, waehrend es 
bei allen anderen Menschenrechten die Moeglichkeit zulaesst, zu 
entscheiden, was jeweils schutzwuerdiger ist: Dass die Menschenwuerde 
und koerperliche Integritaet von Opfern sexuellen Missbrauchs 
schutzwuerdiger ist als die "Freiheit" sich im internet jeden Dreck 
anzuschauen, bedarf wohl keiner Frage. Ausserdem schuetzt das Recht 
auf Meinungs-und Informationsfreiheit definitiv Meinungen und 
Informationen: es schuetzt also NICHT Dinge, die keine Meinungen 
sind - weshalb z.B.das NS-Verbotsgesetz, das ja, entgegen rechter 
Behauptungen nicht Meinungen, sondern die Verharmlosung und Leugnung 
der NS-Verbrechen verbietet, nicht gegen die Meinungsfreiheit 
verstoesst: es gibt auch eine Stellungnahme der internationalen 
amnesty-"Regierung", des Internat.Executiv-Committees, dass die 
Auschwitzluege, die Leugnung des Holocausts/der Shoa keinen Gegenstand 
der Meinungsfreiheit darstellt.
Fuer die Informationsfreiheit gilt dasselbe: was keine Information 
ist, dafuer gilt auch keine schutzwuerdige Informationsfreiheit: und 
es duerfte den meisten klar sein - ausser einigen, die das Gesetz in 
Deutschland ablehnen - dass kinderpornografische Darstellungen keine 
Informationen sind! Es gibt ja in Deutschland gegen dieses Gesetz eine 
online-Petition mit bereits ueber 100.000 Unterstuetzern, Aktivitaeten 
der ja auch im EU-Parlament vertretenen Piratenpartei sowie eine 
Verfassungsklage, die von einer Frau eingebracht wurde - von der man 
mehr Sensibilitaet, was sexuellen Missbrauch und dessen 
Zurschaustellung betrifft - und nichts anderes sind 
kinderpornografische Darstellungen im internet - erwarten sollte.
Es wundert mich auch gar nicht, dass einer der schaerfsten Kritiker 
des Gesetzes ein SPD-Abgeordneter ist, der selbst in seiner Wohnung 
kinderpornografisches "Material" hat und gegen den wegen 
Kinderpornografie ermittelt wird; klar, dass er gegen dieses Gesetz 
ist! Denn das Gesetz soll ja, so wie auch die Gesetze skandinavischer 
Staaten gegen Prostitution, wo Freier bestraft werden, die "Nachfrage" 
erschweren: wenn es nicht mehr moeglich ist, sich den Dreck im 
internet anzusehen, warum soll man dann sowas noch ins internet 
stellen?
Wie sich sexueller Missbrauch auf die Betroffenen auswirkt, weiss ich 
von meiner Nichte, die in einer Fachhochschule Sozialarbeit studiert 
und bei ihren Praktika, etwa bei EXIT, unmittelbar mit Opfern 
sexuellen Missbrauchs gearbeitet hat. Viele dieser Opfer koennen, so 
wie die Autorin eines Buches darueber ("Ich war seine kleine 
Prinzessin"), "froh" sein, Jahre danach wieder zu halbwegs "normalen" 
Beziehungen faehig zu sein - alle aber leiden ihr Leben lang unter den 
Traumatisierungen.
*Gerhard Lehner *
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