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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Juni 2009; 16:46
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Debatten:
> Lasst die Blumen bluehen
Sexarbeit ist kein Job wie jeder anderer
Zum Internationalen Hurentag hatte die akin in der letzten Ausgabe 
(17/09, akin-pd 16.6.2009) die Forderungen der 
SexarbeiterInnen, die 
sich fuer ihre Rechte engagieren, praesentiert. Ich moechte dazu 
einige Gedanken aeussern, auf die Gefahr hin, missverstanden oder als 
konservativ abgestempelt zu werden.
Wir muessen unsere Arbeitskraft verkaufen, besonders Schwer- und 
SchwerstarbeiterInnen zahlen einen hohen Preis, der Koerper leidet 
unter Bedingungen, unter denen etwa eine Reinigungkraft oder ein 
Bauarbeiter das noetige Geld zum Ueberleben bezieht. Es gibt aber 
einen Unterschied. Ein/e SexarbeiterIn verkauft seine/ihre 
Intimsphaere, den privatesten und sensibelsten Bereich der eigenen 
Koerperlichkeit. Ich moechte mich auf die Frauen beziehen, weil ich 
mir nicht vorstellen kann, ueber die Verletzungen, die Maenner in 
diesem Bereich erleiden, ein umfassendes Bild entwickeln zu koennen. 
Das Ausleben der eigenen Sexualitaet ist ein elementares 
Grundbeduerfnis, konzentriert sich noch mehr als das Beduerfnis nach 
Essen, Trinken oder Schlafen auf die Lust, Sexualitaet ohne Lust zu 
leben, nimmt zunaechst einmal Moeglichkeit, das Lustempfinden zu 
befriedigen. Das ist unbefriedigend.
Der Mann durchbricht die Intimsphaere der Frau, in letzter Konsequenz 
dringt er gewaltsam in ihren Koerper ein, die Frau erlebt eine 
Erniedrigung, Demuetigung, Verletzung. Strukturell betrachtet 
funktioniert die Abwertung der Sexarbeiterin nur, weil sie 
gesellschaftlich und persoenlich geaechtet wird, der skandaloese 
Umgang mit den Frauen, die Sexarbeit anbieten, erspart den Maennern 
die Verantwortung, die Frau als gleichwertig zu betrachten. 
Selbstverstaendlich brauchen die Frauen mehr Schutz, brauchen die 
Frauen in ihrer Lebenssituation Rechte. Wenn dieses "aelteste Gewerbe" 
aber anerkannt waere, wuerde es vielleicht nicht mehr existieren, weil 
ein Eindringen in eine Frau, die keine Lust dabei verspuert, den 
Maennern die Lust nehmen koennte. Mann haette es ploetzlich mit Frauen 
zu tun, die Respekt verlangen. Das Wesen der Prostitution besteht 
allerdings darin, dass sich der Mann einer Frau aehnlich einer 
Maschine bedient.
Prostitution ist ein Merkmal einer patriarchalen 
Gesellschaftsstruktur, das weibliche Beduerfnis auf Lust und 
Lustbefriedigung scheint vernachlaessigbar zu sein. Frauen haben diese 
Haltung internalisiert. Es gibt eine Studie, wonach ueber 50% der 
Frauen den Maennern, die sie lieben und die ihre Sexualitaet mit ihnen 
ausleben, einen Orgasmus vorspielen, behaupten, sie haetten eine 
Lustbefriedigung erlebt, obwohl das nicht wahr ist. Ueber die 
Selbstknebelung der Frauen sagt das viel aus, es sagt aber auch etwas 
darueber aus, wie leichtfertig und auf sich bezogen Maenner die 
Beduerfnisse der Frauen zu ignorieren imstande sind. Der Schritt in 
die Sexarbeit ist unter diesen Umstaenden vorstellbar, Frauen, die 
ihre Intimsphaere fuer Geld preisgeben, bemerken berechtigt zynisch, 
dass sie sich nicht fuer einen laeppischen Ehering verkaufen wollen. 
Der Schmerz bleibt.
Kriegssituationen sind aussergewoehnliche Stresssituationen fuer die 
sich daran beteiligenden Soldaten: in ihrer Basisausbildung erfahren 
sie, dass, wenn sie Schwaeche zeigen, diese als weiblich verspottet 
wird; wenn es darum geht, die Toetungshemmung zu ueberwinden, werden - 
so etwa geschehen im Golfkrieg II - den Flugzeugpiloten 
pornographische Videos gezeigt, damit sie es schaffen, eine Bombe 
ueber bewohntes Gebiet abzuwerfen. Eine Bombe, ein Schuss. Konrad 
Seidl, seines Zeichen Kolumnist, hatte ein Buch ueber die "Geistige 
Landesverteidigung" verfasst. Darin wird das Sturmgewehr 77 erotisch 
konnotiert, als die Braut des Soldaten gepriesen. Mord ist geil.
Gestorben ist als Erstes die Lust, die Lust, sich aufeinander zu 
beziehen, die Lust, sich liebend zu begegnen, sie wird eingesperrt und 
vernichtet in Zwangssystemen. Das ist Gewalt.
Antworten habe ich keine. Nur Fragen. Und Wuensche: ich moechte in 
einer Gesellschaft leben, in der es keiner Frau zugemutet wird, dass 
ein Mann ihrer habhaft werden darf, entgegen dem Beduerfnis nach 
koerperlicher Integritaet.
*rosalia krenn*
*arge wehrdienstverweigerung, gewaltfreiheit & fluechtlingsbetreuung*
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