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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 26. Mai 2009; 17:43
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Reaktionen:

Zu "Ueber die ganz bloeden Buben" (akin 14/09,
von I.Grusch und B.Redl, ueber die Ereignisse in Ebensee):


> mehr rabatz als ernsthafte ziele

lieber bernhard, liebe ilse, na klar will ich mich an der diskussion
beteiligen. danke bernhard fuer deine mutige eigenstaendigkeit, dein
hinterfragen auch von linken "selbstverstaendlichkeiten". ich teile
bernhards einschaetzung. keine frage, dass so ein verhalten fuer die
betroffenen schrecklich gewesen sein muss und eine grenze von
(tolerablen) "dummen buben streichen" ueberschritten hat. klar muss es
daher konsequenzen geben. die frage ist aber WELCHE?! denn ich
bezweifle sehr, dass diese jugendlichen in unserem sinne lernen, wenn
sie fuer einige zeit im haefn sitzen.

solche, die den taetern (und moeglichen nachahmerInnen) vor augen
fuehren, dass sie eine grenze ueberschritten haben und so etwas nicht
(noch) einmal machen. die ihnen die konsequenzen ihres handelns (bei
den tatsaechlichen und potentiellen opfern) vor augen fuehren und,
wenn moeglich, zur wiedergutmachung beitragen. die der allgemeinheit
zeigen, dass man den anfaengen (einer entwicklung) wehrt und mensch
nicht wieder darf.

um sowas zu erreichen ist (u-)haft natuerlich sehr ungeeignet (auch
fuer viele andere delikte). wie bei euch angesprochen, geht es ja auch
um den umgang mit jugendlicher rebellion. die war bei uns gegen die
(z.T. heuchlerisch gelebten) werte der elterngeneration (z.T. ident
mit alt- nazis) und ist somit heute gegen die alt-68er (und die wieder
nicht wirklich gelebten werte). auch wir haben uns themen ausgesucht
bei denen das establishment aufgejault hat (damals waren es halt
kommunistische slogans, lieder, aktivitaeten), obwohl es da auch noch
bessere jobchancen gegeben hat (sonst waren wir ihnen aber auch zu
laut und zu teuer). und ich erinnere mich, dass es auch oft mehr um
den rabatz ging als um die ehrenhaften ziele (wenn man laenger dabei
war, stieg die chance, die sache ernsthafter zu betreiben). deswegen
habe ich auch immer was gegen die "nazis raus" parolen gegenueber
jung-nazis gehabt. ich denke die palette der diversion wuerde da genug
moeglichkeiten fuer die kids bieten zu lernen und den opfern und der
allgemeinheit zeigen, dass hier ein gesellschaftlicher konsens
uebertreten wurde.
*michael bockhorni*

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> Menschen muss man annehmen

Selten wurde und wird Geschichtsaufarbeitung so gewissenhaft betrieben
wie in Ebensee. Selten findet sich eine offizielle Sozialdemokratie
wie die in diesem Oertchen, die einfach befand, wenn uns ein Herr
Gusenbauer betrogen hatte, behalten wir doch einfach unsere
Parteigelder ein, um Stipendien an jene Studierenden zu vergeben, die
sich keine Studiengebuehren leisten koennen.

Es mag schon sein, dass die offiziellen Stellen und PolitikerInnen
nichts von Schiessuebungen einiger Leute im Stollen des ehemaligen
Lagers gewusst haben wollen, vielleicht wollten sie aber auch nur
Strafen verhindern.

Ein Staat, der ein paar Jugendliche verurteilen moechte, um sich
selber sauber zu waschen, einen verordneten Antifaschismus nur
verkuendet, weil es peinlich sein koennte, diese Konstruktion nicht
aufrecht zu erhalten, hat sich selbst entbloesst. Ein Herr Strache
oder Graf werden problemlos akzeptiert, in einem Regierungssystem
Platz zu greifen, welches sich der Unmenschlichkeit verschrieben hat.
Uebrigens war ja auch nur das Pferd vom Herrn Waldheim ein Nazi.

Wer heute danach schreit, junge Menschen einzukerkern, schafft die
Nazis von morgen. Ein Kerker ist ein Zwangssystem, faschistisches
sowie sexistisches Gedankengut werden dort gelehrt und gelernt. Wer
heute junge Menschen einsperrt, schafft die Moerder von morgen.

Freies Denken laesst sich nicht in Gefaengnissen generieren. Die
68er-Generation mag als gescheitert gelten, ueberlebt hat das
Engagement, Menschen aus grausamen Erziehungsheimen und
gefaengnisaehnlichen Systemen zu befreien.

Es fehlt in der Debatte um die boesen Jungs aus Ebensee die Stimme der
betroffenen Opfer. In ihrem Namen wird Strafe gefordert, aber ihre
Betrachtungsweise wird nicht gehoert, wird nicht publiziert.
Persoenlich kenne ich zum Beispiel einen Menschen, der ein KZ
ueberlebt hatte;

dieser Mann hatte formuliert, sollte er jemals seinen Quaelern
gegenuebertreten, wuerde er ihnen gerne und zwar wirklich gerne die
Hand schuetteln, um auszudruecken, dass es nur eine Antwort auf dieses
System der Vernichtung geben kann, naemlich den dafuer
verantwortlichen Menschen zu begegnen, um auszudruecken, dass eine
Verunmoeglichung der Widerholung aller Grausamkeit damit beginnt,
jeden Menschen, unabhaengig von seinen Ansichten und Handlungen
anzunehmen. Gewaltlosigkeit gibt eine Antwort, die nicht in
Zerstoerung muendet.

Fuer den gesellschaftlichen Naehrboden, der rechtes Gedankengut so
weit sich ausbreiten liess, um mit Softguns auf Ueberlebende der
Konzentrationslager zu schiessen, tragen wir letztlich auch
Verantwortung. Hatten wir dem nichts entgegenzusetzen?

Gewalt gibt keine Antwort.

*rosalia krenn, arge wehrdienstverweigerung*




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