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Aussendungszeitpunkt: Montag, 5.Oktober 2004; 18:00
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Sprache/Debatte:

> Kopfschuetteln ersetzt nicht Nachdenken

Noch einmal zu "Quatschbude", Parlamentarismus und Demokratie

In akin 21/04 vom 21.9.2004 antwortete Uwe Bolius auf die Stellungnahme des
ArbeiterInnenstandpunkt zur Verwendung des Begriffs "Quatschbude". Darin
erklaerten wir, dasz es absolut legitim ist, diesen Begriff als polemische
Bezeichnung fuer Koerperschaften zu verwenden, die viel reden und
debattieren, aber keine fuer praktischen, fortschrittlichen Handlungen
daraus folgen lassen. Uwe Bolius verteidigt Elisabeth Fritsch´s Behauptung,
dasz der "Quatschbude" faschistisch besetzt sei und daher nicht verwendet
werden duerfe.

Wir haben in unserer Antwort nicht nur nachgewiesen, dasz der Begriff
"Quatschbude" von seinem Ursprung her ein Begriff der radikalen Linken war,
sondern auch HEUTE noch von verschiedenster, nicht-faschistischer Seite her
verwendet wird (siehe die angefuehrten links am Ende unserer Stellungnahme).
Uws Bolius ignoriert einfach diese Argumente. UEberhaupt zeichnet sich sein
Beitrag, der zurecht den Titel "Kopfschuetteln" traegt dadurch aus, dasz er
ein rationales Nachdenken und Diskutieren unserer Argumente verweigert,
sondern fuer das alles nur "Kopfschuetteln" ueberhat. Fast schon als
vorwurfsvoll reagiert er auf unsere Argumente mit "schon wieder eine
Begruendung". So als waere es etwas Anstoesziges, Begruendungen
vorzubringen.

Statt Begruenden sollten wir laut Bolius lieber "Elisabeth Fritsch
einfuehlsam erwidern". Na ja, wir ziehen Verstand und Argumentation dem
Kopfschuetteln und der Einfuehlsamkeit vor. Kuscheln gehoert ins
Privatleben, in der Politik gehen wir lieber den aufrechten, unverbluemten
aber dafuer geradlinigen revolutionaeren Gang.

Wir wollen hier nicht noch einmal die Argumente anfuehren, die wir in
unserer Stellungnahme angefuehrt haben und die Bolius hartnaeckig ignoriert.
Wir wollen an dieser Stelle eher auf den Schlusz seines Beitrages eingehen,
der die wahre Furcht vor dem Begriff "Quatschbude" zum Ausdruck bringt. So
schreibt er, "dass seine heutige Verwendung die gleiche Verachtung der
Demokratie ausdruecke, mit der die Nazis schon einmal Erfolg hatten. Ihr
duerft das Wort ´Quatschbude´ einfach nur dann verwenden, wollte Elisabeth
wohl sagen, wenn ihr die Demokratie, das Parlament, den Rechtsstaat genauso
verachtet, und veraechtlich machen wollt, wie die Nazis, der Faschismus und
Hitler es getan haben. Wollt ihr das?"

Nun, die Frage, ob wir gleich viel Verachtung fuer das Parlament empfinden
wie die Nazis, ist falsch gestellt. Als marxistische RevolutionaerInnen
verteidigen wir alle demokratischen Rechte gegen den buergerlichen Staat und
natuerlich auch gegen die Nazis. Wir verteidigen sie deshalb, weil sie
bessere Moeglichkeiten fuer die Gewerkschaften, die ImmigrantInnen, die
Linke usw. mit sich bringen, sich zu organisieren und gegen den Kapitalismus
zu kaempfen.

Bedeutet das, dasz wir Respekt vor der heiligen Dreifaltigkeit des Uwe
Bolius "Demokratie, Parlament, Rechtsstaat" empfinden? Nicht im geringsten!
MarxistInnen verachten in der Tat die buergerliche Demokratie und ihre
Institutionen. Warum? Weil sie eine verdeckte Huelle sind fuer die Diktatur
des Kapitals. Viele ArbeiterInnen und Jugendliche sehen das mit eigenen
Augen, wie die herrschende Klasse der USA, Groszbritanniens, Italiens usw.
den Irak ueberfallen und besetzen und dieser imperialistische Akt gegen den
Willen der Bevoelkerung mit der Huelle des Parlamentarismus gerechtfertigt
wird. Ebenso verfolgen viele der MontagsdemonstrantInnen in Deutschland mit
ohnmaechtiger Wut, wie im buergerlichen Sinne "vollkommen demokratisch" der
Sozialraub a la Hartz IV im Parlament beschlossen wird.

Wenn die Nazis mit ihren demagogischen Methoden diesen Betrug im Namen der
Demokratie und des Parlamentarismus denunzieren und das Parlament als
"Quatschbude" bezeichnen, so stoszen sie damit nur deswegen auf offene
Ohren, weil dies den Tatsachen entspricht. Der Reformist - wie es im
uebrigen die PDS auch tut - reagiert darauf mit einer moralisch empoerten
Verteidigung des Parlaments (schlieszlich wollen ja die Reformisten ueber
das Parlament an die Macht kommen!).

Wir als marxistische RevolutionaerInnen hingegen werden den Parlamentarismus
nicht glorifizieren, sondern scharf verurteilen und bekaempfen. Nur
revolutionaere Methoden des Kampfes "Klassenkampf gegen die Masznahmen des
Kapitals wie z.B. Hartz IV, unabhaengige Organisierung der Massen gegen die
Buerokratie und die etablierten Parteien, Mobilisierung der Gewerkschaften
aber auch der Unorganisierten zum gemeinsamen Kampf, Aufbau einer neuen,
revolutionaeren Partei" sind in der Lage, die von den Versprechungen des
Reformismus enttaeuschten Arbeiter, Arbeitslosen und Jugendliche fuer eine
sozialistische Perspektive zu gewinnen und aus den Faengen der Nazis zu
entreiszen. Gegen den demagogischen Pseudo-Antikapitalismus" der NPD muessen
wir den revolutionaeren Antikapitalismus stellen und nicht die neu
aufgewaermten reformistischen Luftschloesser der sozial ausgewogenen,
parlamentarischen, demokratischen Republik. Wir muessen offen aussprechen:
Nur eine sozialistische Revolution " ein Aufstand der breiten Masse der
ArbeiterInnenklasse und der Jugendlichen in den Betrieben, den Schulen und
auf der Strasze " kann den Kapitalismus und seine pseudo-demokratischen
Institutionen hinwegfegen und so Krieg, Arbeitslosigkeit und Armut
beseitigen.

Abschlieszend sei noch angemerkt, dasz Uwe Bolius in seiner anhaenglichen
Zuneigung fuer den buergerlichen Parlamentarismus vollkommen vergiszt, dasz
die verrottete Institution der Quatschbude Parlament gerade den Nazis den
Weg ebnete. Kam Hitler etwa nicht zwischen Jaenner und Maerz 1933 mit Hilfe
der Institutionen "Demokratie, Parlament, Rechtsstaat" an die Macht?!
Weniger Kopfschuetteln und mehr Nachdenken " gerade ueber die Geschichte und
Gegenwart des buergerlichen Parlamentarismus " taete Uwe Bolius, Elisabeth
Fritsch und all jenen, die deren Argumentation teilen, nicht schlecht.
*Michael Proebsting (fuer den ArbeiterInnenstandpunkt)*



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