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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Gleichbehandlung aller ethnischen Gruppn
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 15:03 (erhalten: 13.10.94)
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akin-Pressedienst
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'
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Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
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Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt
nichts über eine anderweitige Verfügungsberechtigung aus
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Staatsrassismus:
> Gleichbehandlung aller ethnischen Gruppen!
Der Dachverband der jugoslawischen Vereine in Tirol ist sehr
besorgt um die bosnischen Flüchtlinge in Oesterreich, welche der serbischen oder Roma Bevoelkerungsgruppe angehoeren. Diesen Menschen droht eine Ausschließung aus der Flüchtlingsaktion und folglich, nach fremdenrechtlichen Bestimmungen, eine Abschiebung aus Oesterreich.
Es gibt mehrere Gruppen, die von dieser Maßnahme betroffen sind:
Erstens sind das diejenigen, die den bosnisch-moslemischen Paß nicht beantragen. Der Grund dafür ist einfach: Sie haben Angst um ihre Existenz, denn falls sie spaeter einmal nach Bosnien zurückkehren, werden sie von ihrer Bevoelkerungsgruppe als Deserteure (weil sie nicht kaempften und Bosnien verlassen haben) und zweitens als Kolaborteure, weil sie einen Paß haben, der als moslemisch gilt) behandelt.
Es scheint so zu sein, daß Oesterreich nur diejenigen als rechtsmaeßig akzeptiert, die bereit sind, sich in diesem Krieg zu engagieren. Diejenigen, die sich weigern, irgendeine Stelle zu bevorzugen, werden auf die Straße gesetzt, wo sie ohne
Versicherung und Hilfe in die Illegalitaet abrutschen. Diese Gruppe besteht aus Menschen, die serbischer und Roma Abstammung sind. Der kroatische Teil der Bevoelkerung Bosniens hat die Moeglichkeit, aufgrund eines bilaterialen Abkommens zwischen Bosnien und Kroatien beide Paesse zu bekommen.
Zweitens gibt es eine andere Gruppe von Menschen, denen die Ausschließung aus der Aktion droht, weil sie den bosnischen Paß wahrscheinlich nicht bekommen werden. Sie weigern sich, eine Beitrittserklaerung für die bosnische Armee zu unterschreiben. Auf diesem Wege unterstützt Oesterreich indirekt weitere Konflikte in Bosnien, denn nur diejenigen dürfen hier bleiben, die sich verpflichtet haben, der Armee zu dienen und die jederzeit von hier nach Bosnien zu Kaempfen berufen werden koennen.
Drittens gibt es auch diejenigen, die einen Paß beantragt haben, den sie, aus welchen Gründen auch immer, bis jetzt nicht bekommen haben. Diese Menschen werden nach Wien ins bosnische Konsulat zu einer Unterredung eingeladen. Sympthomatisch ist nur, daß man solche "Gespraeche" nur nicht mit den Angehoerigen der moslemischen Bevoelkerungsgruppe veranstaltet.
Am Ende wollen wir betonen, daß es uns nicht um irgendeine Nation oder dergleichen geht. Uns geht es nur um eine Gleichbehandlung aller ethnischen Gruppen und um die Gerechtigkeit gegenüber den Menschen, die den Krieg nicht wollten. Diese Menschen sind wegen diesem Krieg aus ihrer Heimat nach Oesterreich geflüchtet, jetzt sollen diese Flüchtlinge wieder durch oesterreichische Politik in den Krieg zurückbefoerdert werden.
> Unsere Frage lautet: Koennt Ihr dieses Vorgehen in Eurem demokratischen Land gegen die Menschen, die sich weigerten, im Krieg zu kaempfen, menschenrechtlich akzeptieren?
Wenn nicht, dann bitten wir Euch, uns zu helfen und dagegen etwas zu unternehmen
Adresse: Dachverband der Jogoslawischen Vereine in Tirol, 6020 Innsbruck, Hutterweg 1a
(aussendungstext)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Protestversammlung im 7-stern
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 15:07 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 6221 Bytes ------------------------------------------------------------------
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KPOe/Kultur:
> Protestversammlung im 7-Stern
Montag, kurz nach 20 Uhr, etwa 30 Menschen haben sich im 7-Stern eingefunden um an einer Protestveranstaltung gegen die Bedrohung
des Kulturzentrums der KPOe durch ein Veranstaltungsverbot von Seiten des Magistrats die Aufkündigung des Mietvertrags und die Behinderungen des Veranstaltungsbetriebs durch staendige Besuche der Polizei teilzunehmen. Staendig kommen weitere BesucherInnen hinzu; da erscheint auch promt ungebetener, wenn auch nicht ganz unerwarteter Besuch von Seiten der Polizei. Die VeranstalterInnen erklaeren ihnen, daß es sich um eine politische Veranstaltung der KPOe handelt und schließlich ziehen sie wieder ab. Über dem ganzen Abend liegt eine Spannung, ob sie noch einmal zurückkommen - nun sie kommen nicht.
Inzwischen ist die Besucherzahl auf über fünfzig angewachsen. Eine bunte Mischung: RentnerInnen und Jugendliche, ArbeiterInnen, Arbeitslose, SudentInnen, KüstlerInnen und Intellektuelle, KommunistInnen und Grüne... Die Veranstaltung kann beginnen.
Den Anfang macht G Ruiss, der sein sendefreies Radio vorstellt und damit beweist, daß politische Auseinandersetzung durchaus Biß haben kann, ohne deshalb bierernst sein zu müssen. Es ist ein Begleitmedium, wenn nichts mehr stattfindet, auch ein bewaehrter Gedenkminutenausstatter und das Zentralorgan saemtlicher Geheimdienste, die anderswo keine Oeffentlichkeitsarbeit machen koennen.
Ulli Fuchs beschreibt dann die konkreten Probleme des 7-Stern, wobei sie betont, daß alle Veranstaltungen, die hier stattfinden, Veranstaltung der KPOe sind mit dem Schwerpunkt Kunst und Kultur. Ihre Ausführungen und vorgelegten Unterlagen entsprechen weitgehend dem was auch in der Begründung des Soli-Antrags der Wiener Grünen steht: ...Der Mieter hat um Verbesserung der Raeume auf eigene Kosten eingereicht z.B. Errichtung einer zusaetzlichen Toilettenanlage und einer Heizung, was von den zustaenigen Stellen auch genehmigt wurde. Der Vermieter verweigert aber die für den Umbau notwendige Einwilligung. Daraufhin stellt das Magistratische Bezirksamt fest, daß unter den gegebenen Bedingungen der Vermieter seine Zustimmeng nicht verweigern kann. In der Folge macht der Vermieter einerseits Einwaendung beim Bezirksgericht außerdem kündigt er den Mietvertrag unter anderem mit folgender Begründung: "Der Mieter macht vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch, namentlich vernachlaessigt er den Mietgegenstand in arger Weise.." Also einerseits verhindert der Vermieter, daß der Mieter den Zustand der Raeume verbessert, andererseits will er ihn deswegen Kündigen. (vgl. auch `akin' 9/21 "Kultur-Verbot)
Allen Widrigkeiten zum Trotz ist keine Spur von Resignation erkennbar. "So als Kaempferinn habe ich mich lange nicht mehr gefühlt", meint Ulli Fuchs, sie steckt voller Plaene und bittet nicht nur um Solidaritaet sonden fordert alle, die Interesse an einer Mitgestaltung der Aktivitaeten im Kulturzentrum 7-Stern haben Mittwochs ab 18 Uhr in der Siebensterngasse 31 vorbeizuschauen.
Dieter Schrage überreicht eine Solidaritaetserklaerung des Landesvorstands der Grünen Alternative Wien in dem diese gegen die Vorgangsweise der `Bygg Fast Liegenschaftsverwaltung Ges.m.b.H.' folgende Stellungnahme abgibt:
"Im Kulturzentrum 7-Stern organisieren junge Leute ihre
kulturoplitischen Aktivitaeten: Aktionstheater, Ausstellungen, Lesungen, kulturpolitische Diskussionen. Für derartige Initiativen ist der Raum in Wien sehr begrenzt. Wie die Diskussion um das `Flex' zeigt, gibt es überall, wo Jugendliche sich Raum für ihr Leben erobern wollen, Proteste und Auseinandersetzungen einerseits mit Anrainern (Laermbelaestigung...), andererseits auch mit anderen politischen Parteien. Die Grüne Alternative Wien spricht sich dafür aus, daß Jugendlichen in dieser Stadt Platz geschaffen wird und dort, wo es ihn bereits gibt, er auch erhalten bleibt. Die Gespraeche mit den Anrainern müssen geführt und konstruktive Loesungen gefunden werden. Das alles ist schwierig genug.
Wir solidarisieren uns mit dem Kulturzentrum und fordern den Vermieter der Raeumlichkeiten auf, gemeinsam mit den Mietern eine Loesung dieser mitlerweile verfahrenen Situation zu suchen. Die Bezirksvorstehung des 7. Bezirks ist aufgerufen, nicht gegen das Kulturzentrum zu polemisieren, sondern die jugendpolitischen Aktivitaeten in ihrem Bezirk zu unterstützen."
An die KPler gerichtet meinte Schrage: "Eine Bitte an die KPOe, sich sich in Haeusern, in denen sie Vermieterin ist und in denen sich aehnliche Einrichtungen befinden, auch mit denen behutsam zu verfahren - Vermieter sein ist halt schwer."
Darüberhinaus kündigt Dieter Schrage an, daß auch die Grünen im 7. Bezirk am Mittwoch eine entsprechende Erklaerung abgeben werden.
Diese Woche soll nun noch ein Termin bei der Schlichtungsstelle Stattfinden und naechte Woche ein - schon mehrfach versobener Gerichtstermin wegen der Kündigung. Wie zu befürchten steht, werden uns die Querelen zwischen dem Kulturzentrum Siebenstern und dem Vermieter noch oefter beschaeftigen.
-iß
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : EU/gentec: irre rauchzeichen über brüssl
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 15:06 (erhalten: 13.10.94)
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EU / Blauer Dunst/Gen-Tech:
> Irre Rauchzeichen über Brüssel
Qualm hat offensichtlich Brüssler Koepfe vernebelt. Beim Thema Rauchen wird die EU-Politik schizophren. Sie ist gleichzeitig dafür und dagegen. Aber für schlechten Tabak zahlt die EU tausendmal mehr als für ihr Anti-Krebsprogramm.
Aber damit ist es noch nicht genug: Der franzoesische Staatskonzern `Seita', bekannt durch seine Zigarettenmarken `Gauloises und `Gitanes', plant die ersten Gentech-Zigaretten auf den Markt zu bringen.
Daß Rauchen schaedlich ist, hat sich inzwischen auch bis zum letzten hartgesottenen Nikotin-Konsumenten herumgesprochen. Bei jedem Kauf einer Schachtel wird der Zigarttensüchtige darauf hingewiesen. "Die EU-Gesundheitsminister warnen", heißt es heißt es auf den Verpackungen. Die EU belaeßt es nicht bei dieser Geste. Für den Kampf gegen den Qualm stellt Brüssel jaehrlich etwa 21 Mill. Schilling bereit. Der Tittel des Sonderprogramms lautet "Europa gegen Krebs".
Ein Kontrastprogramm dazu haben die EU-Oberen allerdings auch anzubieten: Die Unterstützungsverordnung für die Tabakproduzenten der Gemeinschaft. Die Gelder, die hier ausgegeben werden, betragen fast das Tausendfache des Anti-Raucherprogramms. Es sei offenkundig, daß die "massive Unterstützung für die Tabakproduktion" im Rahmen der Agrarverordnung der Gemeinschaft im klaren Widerspruch zu den internationalen gesundheitspolitischen Initiativen stehe, mußten unlaengst sogar Wirtschaftsprüfer der EU in einem Bericht feststellen.
Gen-Bastler am Werk
Nebenbei hatten sie auch herausgefunden, daß das System der Finanzbeihilfen für die insgesamt 180.000 Tabak-Bauern so kompliziert ist, daß die Steuerzahler der Gemeinschaft wesentlich billiger wegkaemen, wenn man den Bauern die Gelder unmittelbar auf ihre Bankkonten überweisen würde. Zumal bei den Zahlungen ohnehin nicht alles mit rechten Dingen zugehen soll. So stießen die Finanzprüfer auf Faelle, bei denen Produzenten subventioniert wurden, obwohl sie Tabak erst gar nicht produziert, sondern nur abgerechnet hatten. Was nicht einmal so falsch waere, da der internationale Tabakmarkt laut Experten ohnehin überquillt und die Qualitaet eines großen Teils der Produkte aus der EU zu schlecht ist, um überhaupt absetzbar zu sein.
Dennoch soll die Erzeugung von Tabak in der EU forciert werden. Diesmal mit Hilfe der Gen-Technologie. Vier Jahre lang haben franzoesische Forscher eine Pflanze getestet, der ein fremdes Gen eingesetzt wurde. Nicht etwa, um die Krebsgefahr oder andere, Gesundheitsrisiken beim Rauchen zu mindern. Sie bleiben. Immerhin, so versichern die Urheber der Planze, die den Namen `ITB 1000 OX" traegt, wird der Tabak aber auch nicht giftiger für die Kosumenten sein als gewoehnliches Zigarettenkraut. Das neue Gen macht die Pflanze selbst jedoch widerstandsfaehiger - gegen andere Umweltgifte.
Bromoxynil heißt die Substanz, die der neuen Tabakpflanze nun nichts mehr anhaben kann. Bromoxynil ist ein wesentlicher Bestandteil von bestimmten Unkrautvernichtungsmitteln. Sie toetet vor allem breitblaettrige Gewaeche ab, zu denen nun leider auch der Tabak gehoert. Also konnte das Entlaubungsmittel auf den entsprechenden Feldern nicht genutzt werden. Doch mit `ITB 1000 OX' wird das künftig kein Problem mehr sein. Vorausgesetzt, die EU-Kommission gibt grünes Licht für die Vermarktung der genmanipulierten Pflanze.
Eine Genehmigung durch Brüssel würde den ganzen Bereich "vom Anbau der Tabakpflanze bis zur Vermarktung als Zigaretten, Kau- oder Schnupftabak umfassen", teilte der Sprecher des deutschen Bundesgesundheitsamtes (BGA), Jürgen Kundke, mit. Laut Kundke habe das BGA gesundheitliche Bedenken gegen die Gentech-Zigaretten in Brüssel geltend gemacht. Die von Seita eingereichten Unterlagen würden nicht ausreichen, ein zusaetzliches Risiko für den Verbraucher auszuschließen. "Auch die Daenen haben Einwaende erhoben", so der BGA-Sprecher.
Dies reicht jedoch nicht aus, um den Handel mit dem genmanipulierten Tabak zu verhindern, denn nach EU-Recht genügt eine "qualifizierte Mehrheit", um einem Antrag zu entsprechen.
Neben den prinzipiellen Bedenken gegen die Eingriffe der GenZauberer in das Gleichgewicht der Natur verweisen Umweltschützer in diesem speziellen Fall darauf, daß diese Manipulation voellig überflüssig ist, weil das Produkt - Tabak - nicht einmal benoetigt wird. Einen wirklichen Vorteil haben nur die Produzenten des Herbizids, die ihr Gift künftig allein in Frankreich auf bis zu 11.000 Hektar zusaetzlich versprühen koennen.
Die Verbraucher sollten keine Informationen über das neuartige Produkt erhalten. Bei Nachfragen wollte bei Seita jetzt auch niemand mehr etwas von dem Antrag wissen, Zu groß ist dort vermutlich die Angst, daß sie auf ihren Zigaretten sitzen bleiben.
Warnungen verhallen
Bromoxynil ist keine harmlose Substanz. In Skandinavien ist sie verboten, nachdem amerikanische Forscher davor gewarnt hatten, daß das Herbizid unter anderem Schaeden am ungeborenen Leben hervorrufen kann. In der Brüsseler Gen-Tech-Euphorie sind solche Warnungen jedoch kaum zu hoeren.
Im Mai ist auch in Deutschland mit der Freisetzung transgener Pflanzen zu rechnen. Es handelt sich dabei um gentechnisch veraenderte Raps- und Maispflanzen, die gegen das Totalherbizid `Basta' des Chmiekonzerns Hoechst resistent sind.
W. W.
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Transit/EU: Klagsdrohung an Demonstrante
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 15:06 (erhalten: 13.10.94)
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Transit:
> Drohung an Demonstranten.....
Die Transportwirtschaft will nach der Brennerblockade GreenpeaceAktivisten auf Schadenersatz klagen
Die Blockade der LKW-Abfertigungsspur am Brenner, die GreenpeaceAktivisten am vergangenen Montag als Reaktion auf das EU-
Verkehrspaktum in Brüssel veranstaltet haben, wird ein Nachspiel haben. Das Tiroler Transportgewerbe wird die Blockierer naemlich auf Schadenersatz klagen.
Der Geschaeftsführer der Sektion Verkehr in der Tiroler Wirtschaftskammer, Helmut Lamprecht, kündigt an, daß die Transportbranche nicht mehr laenger auf sich herumtrampeln lassen werde. Schließlich habe man gegenüber Europa eine Verpflichtung zu erfüllen. Man wolle den Blockierern zeigen, daß sie dem Transportgewerbe nicht wieder gutzumachende Schaeden zufügen.
Was Lamprecht besonders in Rage bringt: "Das waren großteils DemoProfis aus Niederoesterreich". Deshalb soll auch nicht die Organisation Greenpeace vor den Kadi gestellt werden, sondern die einzelnen Blockierer persoenlich. Geht doch der Schaden, den die Stehzeit von rund 500 LKW verursacht hat, in die Millionen. Der Ärger der Fraechter ist verstaendlich. Die schlechte Wirtschaftslage verringert die Auftraege, Umweltauflagen und harte Konkurrenz zwingen zu knapper Kalkulation.
Robert Benedikt/'Die Presse' v.12.3.94
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : EU: Arbeitsrecht light? Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 15:05 (erhalten: 13.10.94)
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EU:
> ArbeitnehmerInnenschutz light?
Der EWR-Vertrag verpflichtet Oesterreich dazu, die einschlaegigen EU-Richtlinien im ArbeitnehmerInneschutz in nationales Recht
umzusetzen. Regierung, Sozialpartner und Parlament weigern sich, das zu tun.
Seit 1992 der Entwurf für ein neues oesterreichisches Arbeitsschutzgesetz vorgestellt wurde, halten die Verhandlungen an. Zuletzt brüteten noch einmal die Spitzen der Sozialpartner über den oeffenen Punkten. Das Resultat unterscheidet sich nicht wesentlich von den ursprünglichen Verhandlungspositionen. Die (BWK)Bundeswirtschaftskammer mauert in den Punkten, die Kernstücke des neuen ArbeitnehmerInnenschutzes bilden:
- Arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung. Waehrend die bisherige Gesetzeslage eine Staffelung dieser Praesentivdienste je nach Betriebsgroeße (aber erst ab 250 ArbeitnehmerInnen) vorsah, kennt die EU-Richtlinie (Rahmenrichtlinie 89/391 EWG) nur eine auf die Person bezogene Praevention, was eine flaechendeckende arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung erfordern würde. Die BWK sieht das nicht so und lehnt eine flaechendeckende Betreuung kategorisch ab.
- Gefahrenbewertung. Der Arbeitgeber, die Arbeitgeberin wird durch die EU-Richtlinie zum Grundsatz der Risikovermeidung, bzw. Ermittlung und Bewertung (Evaluierung) verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht für alle Betriebe und Taetigkeiten. Die BWK sieht das nicht so und verlangt Ausnahmen für Kleinbetriebe.
Die UnternehmerInnenseite sieht allerdings etwas, das die Bundesregierung nicht sehen will:
- Das einheitliche ArbeitnehmerInnenschutzrecht. Ein großes Manko der bisherigen Rechtslage war der unterschiedliche ArbeitnehmerInnenschutz für Privatwirtschaft und Oeffentlichen Dienst. Die EU-Rahmenrichtlinie gilt grundsaetzlich für beide Bereiche in gleicher Weise. Ausnahmen sind nur für spezifische Taetigkeiten im Oeffentlichen Dienst vorgesehen. Das Bundeskanzleramt hatte eine andere Sicht der Dinge und beeinspruchte den einheitlichen ArbeitnehmerInnenschutz.
Und noch etwas hat die ArbeitgeberInnenseite offensichtlich richtig gesehen: Es macht Sinn, wichtige Inhalte zu beeinspruchen, zu verzoegern oder zumindest solange Übergangsfristen herauszuhandeln, daß die neue Qualitaet des ArbeitnehmerInnenschutzes nur mehr homoeophatisch wirksam werden kann. Denn es gibt kaum jemanden und etwas, das einen daran hindern kann.
Oesterreich hat sich zwar verpflichtet, über den EWR-Vertrag auch die Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie zuzusetzen, doch die Instrumente, um eine wirksame Einhaltung dieses Vertrages zu garantieren, scheinen zu fehlen. Die EFTA-Überwachungsbehoerde hat gemaeß Art. 109 des EWR-Abkommens die Erfüllung der Verpflichtung zu überwachen. Die Überwachungsbehoerde nimmt Beschwerden entgegen, ist jedoch nicht verpflichtet, die Beschwerde konkret aufzugreifen. Sie wird sich wohl auch hüten, ihre Zahnlosigkeit konkret unter Beweis zu stellen.
Gesetzt den Fall, Oesterreich waere Mitglied der EU, ginge es uns nicht besser. Die Nichtumsetzung der EU-Richtlinie koennte günstigenfalls vor dem Europaeischen Gerichtshof eingeklagt werden. Mit dem Urteil in der Sache Bonifaci und Francovich vom 19.11.91 entschied der EuGH zwar, daß eine ArbeitnehmerIn, ein Arbeitnehmer Schadenersatz einklagen koennen, wenn durch die Saeumigkeit eines Staates bei der Umsetzung einer Richtlinie materieller Schaden entstanden ist. Voraussetzung ist allerdings, daß das "Kind bereits in den Brunnen gefallen ist", sprich: ein konkreter Schaden durch die Nichteinhaltung nachweisbar ist.
Ob wir deshalb dem Kind in den EU-Brunnen nachspringen sollen?
Fazit: Im Bereich ArbeitnehmerInnenschutz hat die EU rechtliche Standards entwickelt, die zumindest in einigen Punkten eine Verbesserung der oesterreichischen Situation bedeuten würden. Wenn sich allerdings die nationalen EntscheidungstraegerInnen (Regierung, Sozialpartner, Parlament) weigern, diese Standards umzusetzen, gibt es innerhalb des EWR, aber auch der EU kaum Moeglichkeiten, diese durchzusetzen.
Karl Oellinger
(Erstabdruck: ewa-report, EURO-WATCH-AGENCY Maerz 94)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : EU: Genmanip. Nahrung selten erkennbar
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 15:05 (erhalten: 13.10.94)
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EU/gentec:
> Genmanipulierte Nahrung selten erkennbar
Eine Kennzeichnung gentechnisch hergestellter und veraenderter
Lebensmittel soll es in der Europaeischen Union (EU) nur in Ausnahmefaellen geben. Gleichzeitig ist daran gedacht, nur einen kleinen Teil der genmanipolierten Produkte einem Genehmigungsverfahren zu unterwerfen, bevor sie vermarktet werden dürfen. Das geht aus einem mittlerweile geaenderten Vorschlag zur `novel food'-Verordnung der EU-Kommission zu neuartigen Nahrungsmitteln hervor, der zuvor in internen Beratungen bereits 13mal überarbeitet worden war. Ein foermlicher Beschluß wird im Juni erwartet.
Im Zentrum des Streites stehen vor allem zwei Punkte: welche Produkte unter `novel food' fallen und in welchem Umfang sie gekennzeichnet werden sollen. Zahlreiche Verbraucherverbaende sagen aber von vornherein: "Essen aus den Genlabor - natürlich nicht." Sie befürchten im Gegensatz zu den Herstellern nicht abschaetzbare Gefahren für die Gesundheit wie etwa die Zunahme von Allergien und das Entstehen neuer Krankheiten.
Der Entwurf der EU-Kommission sieht aber für "Lebensmittelzusatzstoffe, Aromen zur Verwendung in Lebensmitteln, Extraktionsloesungsmittel zur Herstellung von Lebensmitteln und mit ionisierter Strahlung behandelte Lebensmittel" erst gar keine Genehmigungspflicht vor. Sie koennen deshalb unkontrolliert und unangemeldet auf den Markt gebracht werden. Lebensmittel selbst fallen laut Entwurf nur dann unter eine Genehmigungspflicht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: eine noch nicht nennenswerte Verbreitung, eine bedeutende Veraenderung ihrer Zusammensetzung, ihres Naehrwertes oder ihrer Bestimmung. Und sie müssen zugleich entweder mit physikalischen Methoden veraendert oder aus gentechnisch hergestellten Organismen bestehen, diese enthalten oder aus ihnen hergestellt sein.
In einem Punkt ist die Kommission zwar dem Parlament entgegengekommen. So strich das Gremium die ursprünglich vorgesehene Moeglichkeit, gentechnisch veraenderte Produkte vor einer Verbreitung lediglich anmelden zu koennen. Aber weil die `novel food'-Verordnung nur für einen Teil der Gen-Nahrungsmittel gelten soll, sieht die SPD-Bundestagsabgeordnete Marliese Dobbertthien das Genehmigungsverfahren auf diesem Wege ausgehebelt.
Es sei voellig unklar, nach welchen Prinzipien die Kommission die neuartigen Produkte genehmigen wolle, denn es fehlten klare Kriterien. Dobberthien bemaengelte auch, daß sich die Kommission vorbehalten moechte, im Zuge des wissenschaftlichen Fortschritts
zukünftig weitere Lebensmittel aus der Genehmigungspflicht herausnehmen zu koennen.
Im Hinblick auf eine Kennzeichnung der Nahrungsmittel heißt es im Kommissions-Entwurf: "Außerdem kann die Verkehrsbezeichnung für das Lebensmittel festgelegt werden sowie Angaben darüber, ob und in welchem Umfang Etikettierungsanforderungen gestellt werden müssen." Anstelle dieser Kann-Bestimmung fordert Dobberthien eine umfassende Kennzeichnungspflicht, damit die Verbraucher wissen, was sie kaufen.
Michael Emmrich, `Frankfurter Rundschau' (gekürzt)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : alu-studie des oeko-instituts Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 14:45 (erhalten: 13.10.94)
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Oekologie:
> Aluminium-Studie
Der Großteil des weltweit verbrauchten Aluminiums wird in wenigen Industrielaendern verbraucht. Es wird aus Bauxit gewonnen, das
überwiegend in Australien, Guyana, Jamaica und Brasilien abgebaut wird.
Diese Laender haben die Folgen des enormen Verbrauchs in den Industrielaendern zu tragen: Bergbaugruben und Abraumhalten, Giftmülldeponien und riesige Staudaemme.
Jaehrlich werden weltweit ca.113 Millionen Tonnen Bauxit abgebaut, für die Produktion einer Tonne Aluminium sind fünf Tonnen Rohstoff noetig und zehn Tonnen CO2 werden ausgestoßen. Bauxit enthaelt neben dem gewünschten Aluminiumoxid noch große Mengen anderer mineralischer Stoffe, die durch die energieaufwendige Elektrolyse abgetrennt und als Abfall deponiert werden.
Die Alu-Industrie versucht immer neue Maerkte zu erobern, die hoechsten Zuwachsraten sind in der Auto- und Verpackungsindustrie festzustellen. Dabei ist Aluminium nur in einigen Faellen - wie z.B. im Eisenbahn- und Flugzeugbau - das am besten geeignete Material.

Das Oekologie-Institut hat eine Studie erstellt, die sich mit den sozialen und oekologischen Problemen des Aluminiums auseinandersetzt und im Verbrauchsbereich Beurteilungsgrundlagen liefert. Oesterreich ist durch die AMAG weltweit an der Zerstoerung der Lebensraeume indigener Voelker (Queensland in Australien, Quebec in Kanada) beteiligt, um noch mehr Cola-Dosen erzeugen zu koennen.
Naehere Auskünfte im Oekologie-Institut, Wien 7., Seidengasse 13, Telefon 93 61 05-0, Spenden sind erbeten!
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : ai für KDVler in Gesetzesschlingen Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mo 07.02.94, 00:31 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 1754 Bytes ------------------------------------------------------------------
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akin-Pressedienst
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Zivildienstnovelle:
ai adoptiert Verweigerer
Im letzten Moment, bevor am 3.Feber die Novelle des
Zivildienstgesetzes durch den Nationalrat beschlossen wurde, versuchte noch die Londoner Zentrale von amnesty international zu intervenieren. Amnesty sandte mit Datum 28.Jaenner ein Schreiben an den Vorsitzenden des Parlamentsinnenausschusses, in dem die Menschenrechtsorganisation gegen die 4-Wochen-Frist protestierte, weil "sie all die vom Alternativdienst ausschließe, die sich in der Zeit zwischen Musterung und Einberufung zu Gewissensverweigerern entwickeln". Die Organisation ließ wissen, daß von ihr jeder als Gewissensgefangener angesehen werde, der für eine Wehrdienstverweigerung eingesperrt wird, weil ihm wegen Versaeumnis der 4-Wochen-Frist die Moeglichkeit des Zivildienstes verwehrt geblieben ist. (-br-)
Fortsetzung folgt eventuell
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Drogen: zwischenwelten (H.Langthaler) Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 17.03.94, 15:04 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 20665 Bytes ------------------------------------------------------------------
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Drogen:
> Zwischenwelten
Meist beginnen Artikel über "das Drogen Problem" auf
Bahnhofstoiletten, wo gerade der Junkie G. sich eine Überdosis gespritzt hat und mit der "Pumpe" in der Vene tot im Dreck liegt. Illustriert ist die Story dann entweder mit Bildern langjaehriger Süchtiger - eingefallene Wangen, leerer Blick - oder geschmaeklerisch arrangierten Szenen in denen sich ein junges, langhaariges Maedchen einen Schuß setzt. Drogen haben etwas heroisches an sich, die Junkies - Helden unserer Tage, die das ganze Elend der Gesellschaft auf ihre Schultern, ihre geschundenen Venen laden, die die geheimen Wünsche und Begierden der braven Bürger zu leben scheinen und dafür gehasst werden. Dieser Mythos, diese Heldenverehrung wird von Medien, Politikern und besorgten Eltern perpetuiert. Sich durch Selbststigmatisierung außerhalb der feindlichen gesellschaftlichen Umwelt zu stellen, aus den taeglich erfahrenen Verletzungen in den schützenden Kosmos des Opiats einzutauchen, scheint so für manche Jugendliche die Loesung aller Probleme.
An zentraler Stelle im mythologischen Panteon der Drogen
thront Diacetyl-Morphin, eine Substanz die 1874 durch die Bindung von Essigsaeuere an Morphium dargestellt und 1898 vom deutschen Pharmakonzern Bayer unter dem Markennamen "Heroin" auf den Markt gebracht wurde. Anfangs als nicht süchtigmachende Variante des Morphiums kraeftig beworben und Bestandteil allerlei Mittelchen um das "erregte Gemüt oder die Atmungsorgane zu beruhigen", wurde es seit den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts Gegenstand beispielloser Daemonisierung.
Die Vorstellungen über Wirkungsweise und Effekte von Heroinkonsum, die immer noch die veroeffentlichte Meinung und somit auch einen Gutteil der Drogenpolitik bestimmen, sind ein abenteuerliches Sammelsurium aus Halbwahrheiten, paranoiden Zwangsvorstellungen und sich ewig wiederholender Propaganda. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die von der Heroin-Legende wenig übriglassen, werden seit Jahren in einem Akt kollektiver Erkenntnisverweigerung ignoriert. Jenseits der oesterreichischen Grenzen gibt es zumindest, unter z.T. ungünstigeren legistischen und politischen Rahmenbedingungen, eine (halb)oeffentliche Diskussion, in der Legalisierung von Opiaten und Konzepte für eine neue Drogenkultur kein Tabu mehr sind. Betroffenenorganisationen wie JES (Junkies, Exjunkies und Substituierte) in der BRD beginnen ihre Opferrolle zu verweigern und sich - unterstützt von Sozialarbeitern - aktiv in die politische Diskussion einzumischen. In Oesterreich ist von alledem kaum etwas zu merken. Oeffentliche Drogenpolitik wird hier weiter von Angst, Desinformation und Populismus bestimmt. Wer gesehen hat welche Verachtung Gesundheitsstadtrat Sepp Rieder dem in vergangenen Jahr als "Betroffenen" in einen Club Zwei geladenen
Junkie begegnete, kann ermessen welchem Menschenbild sich die verantwortlichen Politiker verpflichtet fühlen.
"Man muß die Hysterie wegbringen, aber richtig", beschreibt wiens Drogenkoordinator Peter Hacker eines seiner Arbeitsziele. "Wenn die Leute Angst haben dann muß man das ernst nehmen." Susanne Jerusalem grün-alternative Gemeinderaetin in Wien mißtraut der Informationsarbeit des Drogen-Koordinators: "Was es bedeutet wenn Politiker und Beamte - die Ängste der Leute enrnstnehmen - wurde bereits anhand der Fremdengesetze vorexerziert. In wirklichkeit wird diese Angst und Ablehnung von den Politikern staendig geschürt." Tatsaechlich findet sich in den Unterlagen die uns der Drogenkoordinator überreicht die altbekannte Mischung aus Halbwahrem und Propagandistischen. Unter der Zwischenüberschrift "Geisel der Menschheit - Sucht" wird man mit mit folgender Stilblüte geschreckt: "Noch nie waren so viele Erdenbürger gleichzeitig in einer Zwischenwelt gefangen, aus der es nur zwei Ausgaenge gibt. Rettung oder Tod." Zwar gesteht die Autorin ein, daß man mit gesetzlichen Verboten allein der "Zivilisationsseuche Sucht" nicht beikomme, aber: "Freigabe und Drogen auf Krankenschein waeren ein nicht zu verantwortender Menschenversuch." Bei der Praesentation einer IFES-Studie im August 1993 freuten sich Bürgermeister und Gesundheitsstadtrat über die Drogen-Paranoia von über 80 Prozent der Befragten. Bei der "Einschaetzung der gesundheitlichen Auswirkungen infolge der Einnahme" von Drogen hielten 88 Prozent Opiate für besonders gefaehrlich und selbst den inzwischen weitverbreitenen Hanfprodukten sprachen noch 70 Prozent "besondere Gefaehrlichkeit" zu. Statt die Gefahr von solch massiven Vorurteilen für eine vernünftige Drogenpolitik zu erkennen wird stolz verkündet, daß die "Wienerinnen und Wiener wissen, daß Heroin, Kokain, LSD u.a. besonders gefaehrliche Substanzen sind".
Die "besondere gesundheitliche Gefaehrlichkeit" von Heroin und anderen Opiaten ist wohl die hartnaeckigste Legende, die diese Substanzen umgibt. "Die medizinische Schaedlichkeit von Heroin ist, abgesehen von der akuten Toxizitaet gering", gibt Alfred Springer, Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Suchtforschung, Auskunft. Weder Leber noch andere Organe weisen bei langjaehrigen Heroinkonsumenten irgendwelche Schaedigungen auf, auch im Gehirn ließen sich bisher keinerlei Dauerschaeden feststellen. Es treten lediglich allergische Reaktionen und Verdauungsbeschwerden auf, hormonelle Stoerungen koennen bei Maennern zu Impotenz, bei Frauen zum Ausbleiben der Regel führen. Daß bei Langzeitmißbrauch von Heroin neurologische Stoerungen auftreten koennen wird, so Springer, vermutet, ließ sich allerdings auch noch nicht zweifelsfrei beweisen.
Kaum zu vergleichen also mit der Lieblingsdroge der Oesterreicher, dem Alkohol, dessen leber- und hirnschaedigende Potenz sich in Form von Leberzirosen und Hirnatropien bei tausenden Patienten jaehrlich zu Buche schlaegt. Der Psychiater Wilhelm Feuerlein meint gar daß, "die Untersuchungen und Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, daß es kaum ein Organsystem gibt, das nicht vom Alkohol geschaedigt werden kann."
Der schlechte Gesundheitszustand der meisten Heroinabhaengigen hingegen ist, wie der Arzt Michael de Ridder schreibt, "allein auf die mit der Illegalisierung verknüpften hohen Schwarzmarktpreise und den daraus resultierenden Beschaffungsdruck mit allen seinen sozialen und finanziellen Konsequenzen für den Abhaengigen zurückzuführen."
Daß es nicht die Droge, sondern die Bedingungen des Konsums sind, die krankmachen, gehoert zu den Erkenntnissen die, wenngleich seit
langem bekannt, immer noch nicht ins Bewußtsein von Politikern und Journalisten vorgedrungen sind.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Bildes von der Todesdroge ist die Zwangslaeufigkeit mit der Heroinkonsum zur Sucht führen soll. "Bereits der erste Schuß macht süchtig." Dieser Aussage würden wahrscheinlich auch die meisten Oesterreicher zustimmen. (In den USA waren 1973 90 Prozent der Befragten der Meinung, daß gelegentlicher Heroinkonsm ohne süchtig zu werden nicht moeglich sei.) Daß dem nicht so ist belegen zahlreiche Studien. Vor allem Wissenschafter in den USA kamen zur Erkenntnis, daß es durchaus einen kontrollierten Umgang mit Opiaten geben kann. Der amerikanische Psychiater Wayne M. Harding sprach Anfang der 80er Jahre von 40 Prozent nichtsüchtigen Gebrauchern. Andere Wissenschafter schaetzten, daß lediglich 10 Prozent der ca. vier Millionen US-amerikanischen Heroingebraucher dem verbreiteten Bild des Heroinsüchtigen entspraechen. Für Oesterreich gab es bis dato keine derartigen Untersuchungen. "Der Prozentsatz der sozial integrierten Heroin-Konsumenten ist schwer abschaetzbar", weiß Alfred Springer. "Für solche Erhebungen braeuchten wir so etwas wie Szenenforschung, die ist allerdings, abgesehen von methodischen Problemen, teuer und daher in Oesterreich nicht zu machen."
Voraussetzung eines nichtsüchtigen Gebrauchs von Heroin scheint das Einhalten gewisser Regeln und Verhaltenskodizes im Umgang mit der Droge zu sein. So wird Zeitpunkt und Haeufigkeit des Drogengenusses festgelegt, Heroin nie alleine genommen, werden die Bezugsquellen sorgfaeltig gewaehlt und riskante Konsumpraktiken (Spritzenteilen etc.) vermieden. Die Heroinkonsumenten haben sich also im Laufe der Jahre einen risikobewußten Umgang mit der Droge erarbeitet - eine Heroin-Kultur entwickelt. Viele Wissenschafter meinen daher, daß die Einbettung der Droge in einen kulturellen Kontext viel von ihrer Gefaehrlichkeit bannen koennte.
Mit solchen Überlegungen konfrontiert, reagiert Peter Hacker gereizt. "Drogenkultur halte ich für lachhaft. Es hat sich noch nie eine Kultur entwickelt weil das beschlossen wurde, Kulturen brauchen Jahrhunderte und Jahrtausende um sich zu entwickeln." Hacker ist der Meinung, daß es sozusagen kulturfremde Drogen gebe, bei deren Auftauchen die Gast- Gesellschaft Probleme bekommt. Das Beispiel welches der Koordinator für seine These ins Treffen führte, laeßt, abgesehen davon, daß unklar blieb was bewiesen werden sollte, auf mangelnde Fachkenntnis des Drogen-Beamten schließen. "Schaun sie bei uns in der kalten Klima-Zone trinkt man Alkohol weil einem da warm wird, das kauen von Coca-Blaettern macht nicht warm." Man braucht nicht viel Fachliteratur gelesen haben eigentlich reichen einige Zeitungsartikel - um, als eine der wichtigsten Auswirkungen des Coca-Kauens, die Erhoehung der Koerpertemperatur beschrieben zu finden. In Hackers Argumentation würden sich, kritisiert Susanne Jerusalem, auf fatale Weise die Mechanismen der Ausgrenzung, wie sie auch gegen sogenannte Auslaender zum tragen kommen wiederholen. "Da wird mit einem Kulturbegriff aus der völkischen Mottenkiste Angst und Ablehneung vor allem Fremden produziert."
"Die Angst vor dem Gift ist vor allem eine Angst vor dem fremden Gift", meint auch Alfred Springer "sie ist bestimmt durch die allgemeine Meinung von den Effekten des Drogenkonsums, es ist Angst vor Geisteskrankheit, vor den sozialen Sanktionen. Drogen sind mit einem Tabu belegt, ein Tabu das jede verbotene Lust betrifft."
Begibt man sich auf die Suche nach den Ursprüngen der mythologischen Vorstellungen, die vor allem das Heroin umgeben, findet man einerseits unbewußte Ängste in der Gesellschaft, die auf Drogen übertragen werden und andererseits eine konkrete
Geschichte wie mit diesen Ängsten (Drogen)Politik gemacht wurde und wird.
Der Bremer Kriminologe Lorenz Böllinger beschreibt die offizielle Drogenpolitik als beherrscht von einem antiaufklaererischen, herrschaftsfunktionalen Dreiklang: "Mystifizierung durch Denkverbote; Mythisierung durch insistieren auf überkommene Denkschablonen; moralischer Rigorismus durch strafrechtliche Ausgrenzung des Bösen."
Den Werdegang der "Heroinmythologie" hat Alfred Springer nachgezeichnet und dabei festgestellt, daß Heroinmißbrauch bis in die 60er Jahre hinein in Europa kaum feststellbar war. Trotzdem setzte, ohne eigene Erfahrungen mit der Droge, bereits in den 30er Jahren auch in Europa eine Daemonisierung des Diazetyl-Morphins ein. 1931 schrieb ein Expertengremium aus deutschen, englischen, französischen und österreichischen Wissenschaftern dem Heroin gegenüber allen anderen Opiaten eine weitaus höhere Gefaehrlichkeit zu. Als Quell der Heroin-Paranoia macht Springer ein Hearing in den USA des Jahres 1924 aus. In der allgemeinen prohibitionistischen Stimmung (seit 1919 galt in den USA ein Alkoholverbot) wurde Heroin als medizinisch unnötige Droge der Kriminellen, die "jeglichen Sinn für moralische Verantwortlichkeit zerstöre" dargestellt. Menschliche Wesen würden, durch Heroin von Verantwortungsgefühl und Herdentrieb beraubt, zu "unmoralischen Wilden". Die so erlangte Sonderstellung hat Heroin bis heute behalten. Sie wurde 1961 auf Druck der USA in der "Single Convention on Narcotic Drugs" auf internationaler Ebene festgeschrieben und seither sorgt "Uncle Sam" auch dafür, daß sich daran nichts aendert. Methadon (Polamidon), heute in vielen Industrielaendern als Heroin-Substitut an Süchtige abgegeben, erlebte ein gegenteiliges Schicksal. Alfred Springer: "Als Methadon in den 40er Jahren synthetisiert wurde stiegen viele Morphiumsüchtige in Europa auf Methadon um. In Amerika wurde es anders eingeführt und schon frühzeitig z.B. in Lexington in Substitutionsprogrammen verwendet. Es ist im Prinzip nichts anderes als Heroin hat allerdings eine laengere Wirksamkeit und ermöglicht bessere Kontrolle."
Das Ludwig Bolzmann Institut für Suchtforschung dem Springer vorsteht, muß mit einem Budget auskommen, das es nichteinmal erlaubt die drei staendigen Mitarbeiter zu bezahlen. In den letzten Jahren konnte man zumindest eine begleitende Studie zu den Methadon Programm soweie, Erhebungen über das Wissen, die Erfahrungen und Bewertungen bezüglich Drogen bei 15 - 18jaehrigen durchführen. Daß es in Oesterreich zu wenig wissenschaftliche Untersuchungen zum Themenbereich Drogen und Sucht gebe beklagt auch Drogen-Koordinator Peter Hacker: "Es gibt in diesem Bereich nichteinmal eine Fachsprache, die Fachleute verwenden die Sprache der Szene." Dies mag für einen Drogen-Beamten namens Hackerein Problem sein, Susanne Jerusalem sieht die Schwierigkeiten eher in der mangelnden Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse: "Der Weg zum Ende der Prohibition geht nur über Aufklaerung, auch bei den PolitikerInnen." Die grün-alternative Gemeinderaetin sieht sich im wiener Rathaus immer wieder einer Phalanx desinformierter KollegInnen gegenüber. Die von dubiosen Vereinen, wie dem Institut für Psychologische Menschenkenntnis (IPM) betriebene Anti-DrogenPropaganda findet bei vielen PolitikerInnen begeisterte Aufnahme. So veranstaltete die jetzige VP-Umwelt- und Familienministerin Maria Rauch-Kallert gemeinsam mit IPM in ganz Wien "Informations"Veranstaltungen, ihre Partei propagierte lange Zeit die völlig irreale Vorstellung einer Drogenfreien Gesellschaft. FPOe Hardliner Hilmar Kabas tritt gar für Zwangsentzug aller Süchtigen ein. "Ich habe nicht das Gefühl, daß sich etwas bewegt die Leute in der SPOe die bei Überlegungen zu einer humanen Drogenpolitik mitdenken würden dürfen nicht. Die SPOe laeßt sich auch in dieser Frage von
der FPOe in Geißelhaft nehmen", klagt Susanne Jerusalem. Dabei war und ist die Oesterreichische Drogengesetzgebung, wie auch Alfred Springer bestaetigt, in vielen Bereichen fortschrittlicher als jene der BRD oder der Schweiz. So wurden Substitutionsprogramme ohne vorangehende öffentliche Kontroversen gestartet, anders als in Deutschland sind für die Substitution in Oesterreich neben Methadon auch andere Opiate zugelassen - nur Heroin bleibt verboten. Eine öffentliche Diskussion, ohne die ein Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik nicht stattfinden kann, bleibt in Oesterreich unmöglich. "Solange der Bürgermeister sagt Coffeshops nur über meine Leiche und der Gesundheitsstadtrat den Karlsplatz mit Hunden raeumen lassen will geht da nichts", befürchtet Jerusalem. Gesundheitliche und soziale Probleme der Süchtigen sind ebenso Folgen der Kriminalisierung, wie Beschaffungskriminalitaet, Korruption und die wachsende Macht der Drogenkartelle, darüber sind sich Betroffene, Sozialarbeiter und Therapeuten weitgehend einig. In der Frage der Lösungsstrategien gibt es nach wie vor unterschiedliche Ansaetze. "In der Debatte um die Legalisierung wird diese vor allem von der Polizei und den Oekonomen gefordert. Ärzte und Psychiater vertreten eher einen Entkriminalisierungsansatz", faßt Alfred Springer zusammen. Die Polizei sieht sich in einen aussichtslosen Kampf mit dem organisierten Verbrechen verstrickt bei dem, dank der Milliarden Umsaetze, die Großdealer immer die Nase vorne haben. Kein Wunder, daß sich die Ordnungshüter diesen demoralisierenden und personalaufwendigen Arbeitsbereich vom Hals schaffen wollen. Oekonomen argumentieren, daß wenn der Drogenhandel den Kraeften des Marktes überlassen werde, die exorbitanten Gewinne verschwinden würden, Geld das heute sinnlos in repressiven Maßnahmen verpulvert wird, gespart oder in effiziente Therapieprogramme investiert werden könnte. Beide erwarten durch eine Legalisierung eine deutliche Verringerung von Beschaffungskrimiinalitaet und prostitution. Die Ärzte, die meist Sucht als Krankheit, den Süchtigen als Patienten verstehen, bevorzugen eine Medizinalisierung des Drogengebrauchs. Beispielgebend wirkt hier das s.g. "Liverpooler Modell". In den Drogenkliniken von Wides und Warrington bei Liverpool wird Süchtigen nach vorhergehender Untersuchung und Beratung ein Heroin-Rezept ausgestellt, womit sie ihre taegliche Dosis bei einer der örtlichen Apotheken beziehen können. Inzwischen existieren dutzende aehnliche, allesamt die Abgabe von Heroin beinhaltende, Konzepte die allerdings meist an mangelnder Akzeptanz bei den Politikern scheitern. Aber auch Sozialarbeiter und Betroffene sind nicht immer sofort für HeroinProgramme zu begeistern, erzaehlt Alfred Springer: "In der BRD waren es z.T. die Sozialarbeiter die Angst hatten, daß ihnen ihre Klientel abhandenkommt. Bei dem jüngst angelaufenen, ersten Versuch in der Schweiz war es überraschender Weise schwierig genug Teilnehmerinnen zu finden. Es scheint für die Süchtigen nicht erstrebenswert zu sein die Szenedroge Heroin unter medizinischen Bedingungen zu konsumieren." Zieht man diese Erfahrung und die Tatsache, daß mindestens die Haelfte der Heroinbenutzer die Droge kontrolliert konsumieren in Betracht, zeigen sich bereits die Grenzen eines medizinalisierten Abgabesystems. Gelegentliche, nichtsüchtige Heroinkonsumenten waern nach wie vor vom Schwarzmarkt abhaengig, der Drogenmafia bliebe ein lukratives Betaetigungsfeld. Die logische Konsequenz daraus klingt verwegen: totale Legalisierung. Der Hamburger Soziologe Henning Schmidt-Semisch argumentiert daß, illegalegale Drogen wie legale Drogen vorwiegend zum Zwecke des Genußes konsumiert werden und kommt zu dem Schluß: "Die heute illegalen Drogen gehören in das Lebensmittelrecht, also in jenes Gesetz, in dem auch Alkohol, Tabak, Kaffee, Tee, koffeinund chininhaeltige Erfrischungsgetraenke geregelt sind." Kontrolle von Qualitaet und Vertriebswegen, Besteuerung und Werbeverbote waeren auf diesen Weg durchsetzbar und die Autonomie des Konsumenten würde gewahrt. Daß es auch weiterhin Süchtige geben würde, stellt Schmidt-Semisch - wie alle Legalisierungs- oder
Entkriminalisierungsbefürworter - nicht in Abrede. Aber niemand müßte sich illegales, mit Waschmittel gestrecktes Heroin heimlich auf Bahnhofstoiletten spritzen, niemand müßte sich das Geld für den naechsten Schuß durch Prostitution, Raub oder Einbruch beschaffen. "Weiterhin wird es auch Hilfe- und Therapieeinrichtungen geben müssen, aber niemand wird mehr zwangsweise in sie eingeliefert oder eingesperrt. Schließlich wird es auch weiterhin Drogenberatungsstellen geben, aber vielleicht würden diese dann Drogen-Beratung im eigentlichen Sinne des Wortes bertreiben."
In Oesterreich scheint Schmidt-Semischs Vision derzeit nichteinmal diskutierbar. Eine demnaechst ins Hohe Haus stehende Novelle zum Suchtgiftgesetz dient lediglich zur Angleichung an die gleichzeitig zu ratifizierenden internationalen Anti-Drogen Konventionen. Viele pofessionell mit Drogenfrgen befassten befürchten ehrer eine weitere Verschaerfung der Gesetzeslage und vermeiden daher eine öffentliche Diskussion.
Herbert Langthaler
(Bitte die Rechtschreibfehler zu entschuldigen. Die korrigierte Version ist irgendwo im Datenorkus verschwunden.)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : cuba-kaffee in ö.
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 08.03.94, 16:26 (erhalten: 13.10.94)
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Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt
nichts über eine anderweitige Verfügungsberechtigung aus
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Kaffee aus Kuba:
> CUBITA
Bei den EZA-Verkaufsstellen gibt es ab sofort den einzigen bereits
im Ursprungsland fertig verarbeiteten Röstkaffe Oesterreichs:
CUBITA wird bereits in Cuba geröstet, gemahlen und abgefüllt. Dadurch bleiben Wertschöpfung und Arbeitsplaetze dort, wo der Rohstoff waechst. Durch hohe Zollschranken versuchen die Verbraucherlaender, Kaffeefertigprodukten den Eintritt in ihre Maerkte zu erschweren (Oesterreich öS 6,50 je Kg Zoll). Aber Cuba verdient am Export des fertigen Kaffees fast doppelt so viel wie beim Rohkaffee.
Gleichzeitig fließen zusaetzlich noch je Container CUBITA
US$ 5.500,-- in den Bau von Solarenergieanlagen zur Elektrifizierung von Siedlungen im Ostteil Cubas. (EZA/akin)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Staatsrassismus in der Provinz Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 08.03.94, 16:26 (erhalten: 13.10.94)
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Staatsrassismus:
> Weniger Lustiges aus dem Salzkammergut
Mehmet Nawrooz S. ist Advokat. Er kommt aus dem Irak, wo er zur Oberschicht zaehlte. Er weiß, was sich für seinen Stand gehört: Man
sieht ihn nie ohne Anzug und Kravatte auf der Straße, geschweige denn schlecht rasiert.
Gaeste aus arabischen Laendern sieht man oft im Salzkammergut. Beamte internationaler Organisationen, Ärzte, Anwaelte, Unternehmer. Berge, Sachertorte, Kaiser Franz Josef und Seen, da kamma guat lustig sein.
Nur, Herr S. ist nicht auf Urlaub hier. Er ist Flüchtling, hat in Oesterreich um Asyl angesucht. Darum wohnt er nicht im Weißen Rössl, sondern in einer Flüchtlingspension in Gmunden. Und er muß beim Konsum einkaufen gehen. Gaeste aus arabischen Laendern sieht man hier selten im Konsum.
18. Februar. Ein Mißverstaendnis vielleicht an der Kassa, der Geschaeftsführer kommt, faßt ihn, schleift ihn mit Hilfe von zwei Kollegen in ein Kammerl. Was ist los? Ruhe, Ladendiebe haben nicht blöd zu fragen! Aber,... nix aber, die Gendarmerie kommt schon.
Zwei Hüter von Recht und Ordnung bringen S. aufs Wachzimmer. Bitte, können Sie mir erklaeren...? S. spricht gewaehltes korrektes Deutsch. In den wenigen Monaten, die er in Oesterreich ist, hat er es gelernt. Obgschobn wiast. Die Angesprochenen tun sich mit Hochdeutsch schwer. Soichane wia di brauch ma bei uns net. Warum geschieht das all...? Ruhe!
Zimmerdurchsuchung. Die Sachen des Zimmerkollegen, die Sachen von S., egal, alles wird umgekrempelt. Vom wem der Radio? Von wem die Schuhe? Anzüge im Kasten? Geschenkt? Ois gstoin. Mia wernd da no
draufkemma.
Unterschreibns des. Fertig. Anzeige wegen Ladendiebstahls. Was S. selbst dazu meint, ist unbeachtlich.
Für diejenigen, die die Gendarmerie im Bezirk Gmunden noch nicht kennen sollten: Es ist dieselbe Gendarmerie, die noch immer keinen Anhaltspunkt hat, wer die anonyme Bombendrohung von sich gab, aufgrund der im Vorjahr die Abschlußkundgebung zum Lichtermeer in Bad Ischl aufgelöst werden mußte. Auch hat man dort keine Ahnung, wer der Anrufer sein könnte, der zum Jahreswechsel durch Drohung eines Anschlages einen ökumenischen Gottesdienst mit In- und AuslaenderInnen in Altmünster verhindert hat. Auch ist nicht klar, mit welchem Eifer dieselbe Gendarmerie nach jenem Anrufer fahndet, der im Jaenner durch eine Bombendrohung den Vortrag des Leiters des Dokumentationsarchives des Oesterreichischen Widerstandes in Bad Ischl unterbrach.
Es ist dieselbe Gendarmerie, die Bombendrohungen einer Gmundener Neonazigruppe nicht eher ernstnahm, bis es dann tatsaechlich zum ersten Brandanschlag auf eine Flüchtlingspension in Oesterreich, in Traunkirchen, kam.
Dafür war man mit Anschuldigen gegen eine Gruppe vor allem katholischer AktivistInnen schnell bei der Hand, als jene nach weiteren Bombendrohungen die Naechte bei den Asylsuchenden im Flüchtlingsheim verbrachten. Jene Gruppe von Engagierten sei es, die polarisiere und das Feld für den Rechtsextremismus erst aufbereitete.
Sicherer als nicht mehr beim Konsum zu kaufen ist vielleicht, gar nicht mehr ins Salzkammergut zu fahren. Und mit Herrn S. erinnern wir uns, daß das Land an Euphrat und Tigris, die Heimat von Mehmet Nawrooz S., Europa schon immer einige Jahrtausende an Zivilisation voraus lag.
COELIFEX
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Bücher: eurotopia von j.galtung Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 08.03.94, 16:26 (erhalten: 13.10.94)
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Bücher (zum Hoffentlich-nicht-Beitritt):

> EU: Super-Staat, Super-Nationalismus
Johan Galtung:
"EUROTOPIA - Die Zukunft eines Kontinents"
Promedia-Verlag, ISBN 3-900478-61-9, 179 Seiten, öS 189,-
Wenn über die Europaeische Union und den Anschluß Oesterreichs an selbige diskutiert wird, so dreht sich der Disput fast ausschießlich um Fragen der Wirtschaftspolitik. Sicher sind ökonomische Probleme ein wichtiger Teilaspekt der Auseinandersetzung und sie werden in dem vorliegenden Buch auch angesprochen, aber es geht um wesentlich mehr. Es geht um die Herausbildung einer aggressiven nationalististischen Supermacht und die dazu notwendige Transformation nationalistischer Emotionen auf eine höhere Ebene. Eine Entwicklung, die sich weitgehend im unbewußten bzw. vorbewußten Bereich abspielt und die, wie Galtung klar darstellt, von der herrschenden politischen Klasse auch bewußt dort belassen wird, weil sie sich so leichter von ihr instrumentalisierbar machen laeßt, als wenn sie bewußt-rational diskutiert würde. Eurotopia ist ein Buch für Menschen denen die derzeitige Europadiskussion, wie sie allgemein geführt wird, einfach zu flach ist. Obwohl diese Besprechung ungewöhnlich lang ist, kann sie nur auf einige wenige Aspekte dieses sehr komplexen Buches eingehen.
Die Herausbildung eines europaeischen Supernationalismus
" Nationalismus ist ein Zustand individueller und kollektiver Gesinnung, gewöhnlich im Unterbewußtsein schlummernd, in Bedarfsfall durch Appelle von Politikern und anderen ab- bzw. aufrufbar. Appelle z.B. an eine Identifikation mit England, Frankreich, Spanien (oder eigentlich: mit dem, was die Eliten jener Laender im Sinn haben). All das trifft auch auf den Supernationalismus zu, der sich nur dadurch unterscheidet, daß er sich auf eine größere, übernationale Entitaet

(etwa: abstrakte, juristische Einheit, lat "Dasein") bezieht, die man sich im allgemeinen als Föderation oder als einen Superstaat vorstellt, wie etwa die jetzt aus der konföderalen Europaeischen Gemeinschaft hervorgehende Europaeische Union. Sub-Nationalismus, per se dasselbe Phaenomen, identifiziert sich mit sub-nationalen SubEntitaeten wie Wales, Korsika oder Katalonien (oder eben Kaernten). Das Identifikationsobjekt ist eine Nation, eine kulturelle Entitaet, das Ergebnis aus Sprache, Religion und gemeinsamer aus Traumata und Glorie gewobener Myten, sind die konkreten Menschen, Traeger dieser Kultur im Raum und durch die Zeiten. In der Doktrin der Staatsnation konkretisiert sich dieses Gebilde weiter, identifiziert sich mit dem Staatsgebiet, verlangt eine Übereinstimmung von territorialen und kulturellen Grenzen. Das innerste Zentrum ist durch Institutionen wie den Staat und Personifikationen wie Kaiser, König, Staatspraesident etc. repraesentiert...".
"Der Nationalismus weist zwei Achsen auf: eine Achse mit den beiden Endpunkten des Selbst und des Anderen und eine Achse, deren polare Endpunkte das Gute und das Böse sind. Das Selbst ist natürlich das (super-, sub-) nationale kollektive Selbst; das andere ist der Rest der Welt, das Nicht-Selbst. 'Gut' ist Kathexis, entscheidende Zuneigung, 'Böse' ist negative Kathexis. Mit diesem Viererschema haben wir den Raster für einen Leitfaden zu den positiven und negativen Aspekten vom Selbst und vom anderen gelegt. Aber das Modell vom Nationalismus schweigt beredt über die
negativen Aspekte des Selbst wie über die positiven Aspekte des Anderen, und es ist von einer cartesianischen Blindheit gegenüber dem Schlechten in Guten wie gegenüber dem Guten in Schlechten ... Dieses Gefaelle, das im kollektiven Unterbewußten tief verwurzelt ist, wird zu einer maechtigen sozialen Kraft, die bei den Menschen Handlungen von heroischer Leidenschaft anbahnen kann, eine fraglose Solidaritaet mit dem Selbst bewirkt und eine Ablehnung des Anderen, im Extremfall bis zur Vernichtung, nach sich zieht. Hier ist einiges von dem Rohmaterial, aus dem sich die Geschichte formt...
In seinem Beitrag zum europapolitischen Programm der Europaeischen Gemeinschaft ortet Galtung die Wurzeln dieses Projekts einer europaeischen Großmacht im 17. Jahrhundert. Der Aufbau einer Supermacht, wie ihn der Autor von der politischen Klasse Westeuropas gegenwaertig betrieben sieht, braucht nicht nur eine gemeinsame Armee mit modernsten Hightech-Waffen zur Massenvernichtung, sondern auch einen neuen gemeinsamen Superfeind. Dieser muß die Rolle ersetzen können, die jahrzehntelang das kommunistische "Reich des Bösen" gespielt hat.
"Die potentiellen Kandidaten zur Auffüllung einer Vakanz des anderen stehen bereit, versehen mit ihren Referenzen. Da die Russen gegenwaertig nicht in Betracht kommen, reduziert sich die Zahl der Anwaerter: Die Türken und die Araber bieten sich an, Japan im Hintergrund. Aber auch ein slawischer Rußland-Ersatz mit christlich-othodoxer Religion kommt in Frage, wenn er sich im Osten befindet, relativ groß ist, kommunistisch war, mit einer Vergangenheit als Gegner des europaeischen Zentrums (in unserem Fall Oesterreich, Deutschland, Italien). Kurz: die Serben. Der ideale Kandidat war jedoch zweifellos der Irak; wobei der Despotismus diesesmal sicher nicht nur im Selbst vorhanden war. Die generelle Bereitschaft der Europaeer - und nicht nur der Staaten der Europaeischen Gemeinschaft bzw. Europaeischen Union 200.000 Araber zu töten und ohne jegliche Rücksichtnahme auf die stark traumatisierte serbische Minderheit Kroatien anzuerkennen, sind sprechende Beispiele für einen angewandten supra-europaeischen Nationalismus. Der springende Punkt dabei ist nicht (nur) dieses stereotype Herausfiltern der positiven Aspekte des Selbst und der negativen Aspekte des Anderen, sondern die Unbedenklichkeit, mit der es den Menschen möglich war, genaehrt durch tiefenkulturelle Residuen (Rückstaende), anti-serbische und anti-irakische Politik zu betreiben..."
Die Herstellung von Euro-Nationalismus
Galtung entwickelt daraus die Grundthese, "daß die Geschichte des Aufbaues europäischer Institutionen eher ein (Super-) Nationalismus auf der Suche nach Institutionen ist als umgekehrt", daraus läßt sich folgern, "daß es nicht nötig sei, einen europäischen Nationalismus gezielt zu kultivieren, um damit die sich formierende Europäische Union zu legitimieren. Das trifft wahrscheinlich auch zu. Jede bewußte Anstrengung würde den Nationalismus aus dem kollektiven Unterbewußten, der Kosmologie, zutage fördern und als etwas, das durch Gegen- und Anti-ideologien in Frage gestellt werden könnte, in den Bereich der bewußten Ideologie heben. Schlafende Hunde läßt man am besten schlafen, solange sie auch so ihrer Rolle gerecht werden. Das Gefälle von Selbst zum anderen funktioniert besser, wenn man es nicht thematisiert; wenn man es anspricht, zeigt es seine unschönen und negativen Seiten: Nationalismus, Eurozentrismus, Rassismus, Bigotterie."

Und doch wird das nicht zu vermeiden sein, denn beim Aufbau des Superstaates müssen die Nationalismen bloßgestellt werden, genauso wie die Baumeister der Nationalstaaten die Sub-Nationalismen bloßstellen mußten, indem sie sie als tribalistisch und kontraproduktiv und nicht als Quellen positiver Identität sahen.
Folgt mensch diesen Gedanken Galtungs, so wird die manchmal verwirrende Tatsache klar, daß sich linke KosmopolitInnen und volkstümelnde Nationalisten in der Ablehnung der EU einig sind, aber eben aus entgegengesetzten Motiven. Während die ersteren jeglichem Nationalismus abhold sind, fürchten letztere, durchaus zu Recht, ihrer an ihr unmittelbares Umfeld gebundenen nationalen Identität beraubt zu werden. Natürlich sollen so konkrete Probleme wie die Bedrohung der Bergbauern, die Aufweichung der Umwelt- und Sozialpolitik, das Transitproblem u.s.w. keineswegs geleugnet werden, im Gegenteil. Wer aber die Methoden der von unserer auf die EU fixierten Regierung engagierten PsychologInnen und Werbeprofis genau betrachtet, wird feststellen, daß sie die ihnen aufgetragene Werbe-Botschaft vornehmlich auf der nichtbewußten Schiene an Herrn und Frau Oesterreicher zu bringen versuchen.
"'Wir werden Mitglied, soweit das die ökonomischen und politischen Aspekte betrifft, die uns am meisten interessieren, nehmen jedoch Abstand von einem Beitritt zur Verteidigungsgemeinschaft!' Dieses Argument ist naiv. Selbst wenn man Lösungen mit eigenen Eintrittsarrangements für Blockfreie und EU-Zweifler finden würde, ist nicht viel Phantasie nötig, um den Druck vorauszusehen: 'Aha, sie möchten Nutzen aus den wirtschaftlichen Begünstigungen ziehen, sind aber nicht bereit, sich an den Kosten zu beteiligen, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung notwendig sind, damit das Sytem funktionieren kann!' Man muß sich auch den Druck vorstellen, den nationale Armeen ausüben würden, wenn sie von ihren Politikern an einer Teilnahme an der kollektiven Verteidigung gehindert werden. Eine unhaltbare Position." - Was Johan Galtung hier in Bezug auf die nordischen Länder schreibt, ist auch für Oesterreich uneinggeschränkt gültig.
Wird Osteuropa lateinamerikanisiert?
In einem weiteren Kapitel beschäftigt sich Galtung mit der Entwicklung in Osteuropa nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus. Hier ortet er eine Entwicklung vom 'Kommandosozialismus' zum 'Kommandokapitalismus'. Zur Definition: "Wir sprechen über die Peripherie-Komponente dessen, was euphemistisch 'Marktwirtschaft' genannt wird und manchmal auch 'freie Marktwitschaft'. Der Terminus 'Marktwirtschaft' wird auch als Negation der Begriffe 'Planwirtschaft' / 'Kommandowirtschaft' / 'Kommandosozialismus' verwendet. Grundsätzlich legen wir natürlich Wert auf die Anmerkung, daß eine Marktwirtschaft in der Peripherie eine Art 'Kommandokapitalismus' ist. und daß der Unterschied zwischen Marktwirtschaften des Zentrums und solchen der Peripherie in der Mainstream-Diskussion, wie zu erwarten, unter den Tisch gekehrt wird.."
Nachdem er seine Theorie an einzelnen Punkten der Entwicklung nachgewiesen hat, schreibt Galtung: "Mit voller Absicht haben wir nicht von 'Drittweltisierung' gesprochen, da die 'Dritte Welt', falls sie außerhalb eines ehemaligen Wahlblocks in den Vereinten Nationen überhaupt existiert, ein viel komplexeres Gebilde ist. Das Wort 'lateinamerikanisieren' ist ein transistives Verbum,
Indikator eines Prozesses, der ein Subjekt und ein Objekt umfaßt: die Vereinigten Staaten und Lateinamerika in der westlichen Hemisphäre, die Länder der Europäischen Gemeinschaft und Osteuropas sowie die Sowietunion in Europa (in beiden Fällen spielt das jeweils andere Zentrum auch eine Rolle). Und es gibt sogar einige Pa-rallelen:
Die Nordischen Länder spielen die Rolle Kanadas, das heißt 'Kapitalismus mit einem menschlichen Antlitz' (mit abnehmender Präsenz der Sozialdemokratie mag das Antlitz etwas von seiner Menschlichkeit einbüßen). Auch betätigen sie sich manchmal als Vermittler. (Ein unabhängiges und bewußt neutrales Oesterreich könnte hier bei der Beilegung sich abzeichnender künftiger Konflikte eine weltpolitisch bedeutsame Rolle spielen. Eingebunden in die EU und zwar als Periphärie, büßt es diese Möglichkeit weitgehend ein.) Länder wie Polen, Tschechien usw. übernehmen die Rolle Mittelamerikas; hinter all dem liegen - vergleichbar mit Südamerika in der westlichen Hemisphäre - die weiten Landmassen der ehemaligen Sowjetunion, und wie jenes ist auch diese eine vage oder äußerst konkrete Bedrohung.
"Die Europäische Situation unterscheidet sich sehr vom ideologischen Klima in Lateinamerika mit dessen Differenziertheit der CEPAL- (=UN-Wirtschaftskommission für LA) Tradition und der Dependencia-Schule der politischen Oekonomie. Konkreter ausgedrückt: eine Kritik oder auch nur eine Diskussion der Marktwirtschaft in der Peripherie (und damit implizit eine Kritik ungebremster Marktwirtschaft per se, da die Peripherie praktisch nur deren Schattenseiten kennt) wird hier noch einige Zeit lang praktisch nicht stattfinden bzw. als 'stalinistisch' abqualifiziert werden. Die Bedingungen zur Einführung einer Kommandomarktwirtschaft aus dem Zentrum sind optimal; allerdings werden sie sich kaum lange halten."
Hier seien einige Kapitel auf die ich nicht näher eingehen konnte doch wenigstens erwähnt: Gleich zu Beginn befaßt sich der Autor unter dem Titel "Europa 1492 bis 2492: Gehirn oder Krankheit der Weltgesellschaft?" mit dem Bewußtseinsstrukturen der BewohnerInnen unseres Kontinents und deren Entwicklung. "Diese Geschichte handelt von dem, was weiße europäische Männer Anderen angetan haben." Er versucht eine Analyse der Ereignisse in Osteuropa im Herbst 1989. Weitere Kapitel befassen sich mit den Entwicklungen in Ex-Jugoslawien; stellen fest "Der Sozialismus ist tot, lang lebe der Sozialismus!" - Hier muß ich allerdings sagen, daß ich Galtungs Optimismus bezüglich der Entwicklung der Sozialdemokratie nicht teilen kann, er läßt allerdings auch die Option zu, daß sich neue linke Kräfte entwickeln werden, was mir weitaus wahrscheinlicher erscheint. Schließlich befaßt er sich noch mit Alternativen zur Europäischen Union und Konfliktformationen in einer Welt von morgen.
Wenngleich ich die Schlußfolgerungen Galtungs in "EUROTOPIA" nicht immer teilen kann, sie oft einfach zu kurzgegriffen finde, begeistern mich seine tiefgreifenden Analysen und interes- santen Denkanstöße. Es hilft dabei, hinter den Spiegel der hierzulande von Politikern und Massenmedien allzu vordergründig geführten Europadebatte zu blicken. Und daß die angesprochenen Fragen auch nach dem Tag der Volksabstimmung noch relevant sein werden, zeigt die Tatsache, daß es bisher vor allem im EU-Staat Deutschland auf sehr reges Interesse stößt.

W. W.
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Betreff : Neues aus dem EKH
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Datum : Fr 11.02.94, 18:33 (erhalten: 13.10.94)
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akin-Pressedienst Elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin' Nachdruck mit Quellenangabe erbeten Namentlich gezeichnete Beiträge stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen *********************************************************************** EKH:
> Keine Gefährdung der Bausubstanz
Neues aus dem Ernst-Kirchweger-Haus
Dem Hauptteil der Räumungsklage, die von WB-Immobilien (KP-eigene Hausverwaltung) gegen uns, den Verein für Gegenkultur, angestrengt wurde, wurde mit einem Gutachten über die "Gefährdung der Bausubstanz" höchstwahrscheinlich der Wind aus den wehenden Segeln genommen. Am 27.10.93 fand eine Begehung der unter 10-Jahres Vertrag stehenden Teile des Hauses (3. Stock, Veranstaltungsbereich) statt. Ein "allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständigter für Bau- und Liegenschaften" sollte überprüfen, ob die Bausubstanz durch Umbauten gefährdet wäre und ob das EKH "erheblich nachteilig" gebraucht würde.
Der Gutachter begutachtete also und kam zu folgendem Schluß (aus dem Bericht): "(...) Es wurden wesentliche Veränderungen der Bestandsräumlichkeiten vorgenommen, welche insbesondere in der Farbgebung und Bemalung von Türen und Wänden bestehen. Zwischenholzkonstruktionen, sogenannte Hochbetten wurden eingebaut, wobei durch die Verdübelung keine Substanzgefährdung entstanden ist. Raumabschlüsse und Stiegenhausabschlüsse aus Stahl-, Blech- und Holzkonstruktionen wurden an den Mauern und Decken verankert, die Ausführung ist absolut unfachgerecht. Eine Beeinträchtigung der Substanz des Gebäudes ist in keinem Falle
gegeben. Eine Verletzung des Substanz droht nicht. (...)"
Weiters neu: Seit 1.1.94 hat der Verein für Gegenkultur den Heizungsvertrag mit den Heizbetrieben Wien direkt übernommen (bis dahin liefen die Heizungsgschichtln über die WB-Immobilien). Das bedeutet, daß die Heizung nicht mehr unerwarteterweise abgedreht werden kann. Es lebe die WZZ (Warme-Zehen-Zukunft).
Noch weiters neu: Seit Jänner 94 gibt's einen Vertrag über die Portierloge. Der INFOLADEN ZEHN eröffnet in eben dieser am 2.3.94 mit vielen schönen Büchern, Broschüren, Zeitungen, Aufnähern, Pickerln, Leiberl, Kassetten etc.
Regelmäßige Beisltermine: Mittwoch ab 14 Uhr ANTIFASchülerInnencafe, Donnerstag ab 18 Uhr Rechtshilfediscobeisl, Freitag, Samstag, Sonntag 18 - 2 Uhr Beisl
Ein EKH-Bewohner
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Betreff : 60. Jahrestag der Februarkämpfe
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Datum : Fr 11.02.94, 18:33 (erhalten: 13.10.94)
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Geschichte:
> Februar-Lektion
Den 12.Februar 1934 erlebte ich in Wien als Aktivist des bereits verbotenen, illegalen Kommunistischen Jugendverbandes. Aus
Enttäuschung über das Versagen der sozialdemokratischen Führung vor dem faschistischen Vorstößen war ich mit anderen Genossen 1931, von der sozialistischen Jugend kommend, dem KJV beigetreten, im Glauben, die 3.Internationale werde der zur Macht strebenden Hitlerbewegung entschiedenen Widerstand entgegenstellen. Die kampflose Kapitulation der KPD (wie auch der SPD) 1933, also ein Jahr vor dem Februaraufstand, hatte unseren "Glauben" allerdings schon sehr erschüttert.
Daß es nun in Oesterreich zum Unterschied von Deutschland überhaupt bewaffneten Widerstand gab, erfüllte uns mit Hoffnung. Versuche, zu den Kampfgebieten vorzudringen, scheiterten allerdings, die austrofaschistischen Heimwehren hatten mit Berufsmilitärs den Überfall auf Arbeiterheime und Gemeindebauten sorgfältig vorbereitet und ganze Stadtteile mit Stacheldraht abgesperrt.
Entscheidend für die bewaffnete Großaktion der Austrofaschisten im Februar 1934 war Hitlers mühelose Machtergreifung 12 Monate vorher in Deutschland. Ohne dieses Beispiel, ohne diese Ermunterung der Faschisten im Nachbarland hätte es die Clique um Dollfuß nicht gewagt, hemmungslos ähnliche Wege zu beschreiten.
Die führenden Rechtspolitiker (Kanzler Dollfuß, Polizeiminister Major Fey und Heimwehrchef Starhemberg) begannen sofort nach Hitlers Machtantritt mit einem schrittweisen Abbau der sozialen Errungenschaften und demokratischen Freiheiten in Oesterreich. Man sprach damals von etappenweiser "Faschisierung": Parlamentsauflösung, Parteien-, Vereins-, Versammlungs- und Demonstrationsverbote, Zeitungszensur, Einführung der Todesstrafe durch Galgen, Anhaltelager.
Selbstverständlich hatte die faschistische Gegenrevolution in Oesterreich eine bestimmte nationale Färbung und eigene Symbole (z.B.Krukenkreuz parallel zum deutschen Hakenkreuz und zum italienischen Rutenbündel). Die Grundzüge entsprachen aber durchaus den Faschismen der Nachbarländer: autoritärer Ständestaat, Einheitspartei, soziale Demagogie, Führerkult, "Abschaffung" des Klassenkampfes, "Volksgemeinschaft", Polizeiwillkür usw.
Wohlgemerkt: Die Bezeichnung "faschistisch" oder "austrofaschistisch" ist hier keine nachträgliche Bewertung, sondern entspricht auch dem subjektiven Selbstverständnis der "schwarzen" Februarputschisten des Jahres 1934 und des damals als "Ständestaat" errichteten Regimes. Sie bekannten sich stolz und ausdrücklich zum Faschismus als Idee und Ziel. Der Begriff des von Dollfuß und seinen Mitarbeitern, insbesondere "Fürst" Starhemberg errichteten "autoritäten Ständestaates" (dem noch zusätzlich die Adjektive "christlich" und "deutsch" beigefügt wurden) ist
wörtlich dem Programm und der Phraseologie des Mussolini-Faschismus entnommen, mit welchem Dollfuß und Starhemberg nicht
nur wirtschaftlich und politisch, sondern vor allem auch ideologisch enge und freundschaftliche Beziehungen pflegten.
Die Austrofaschisten erreichten 1934 mit Waffengewalt ihr Ziel: den Untergang der verhaßten Republik mit ihren sozialen und
demokratischen Errungenschaften. Eine Ära war beendet, der Weg zum "Anschluß" an Hitlerdeutschland war beschritten.
Im bewaffneten Widerstand stand 1934 nur eine aktive Minderheit der österreichischen Arbeiterschaft, infolge des jahrelangen Zurückweichens und Kapitulierens der verantwortlichen Führungsapparate. Diese kämpfende Minderheit bestand hauptsächlich aus Mitgliedern des Republikanischen Schutzbundes und unorganisierten oder ohne Weisung ihrer herkömmlichen Organisationen handelnden Arbeiterjugendlichen.
Die Nazis freuten sich über die blutige Niederwerfung des "Marxismus" durch die Heimwehr. Starhemberg war ein Anhänger Hitlers, mit dem er in München 1923 putschte. Der "Völkische Beobachter" kritisierte jedoch 1934, daß die Austrofaschisten nicht schon früher und energischer das "Rote Wien" zerstört hätten.
Februar 1934 bewies erstmalig nicht nur für Oesterreich, sondern weltweit auch für die folgenden Jahre, in gewissem Sinn auch für die Gegenwart und Zukunft, die Möglichkeit eines wirksamen Widerstandes gegen Aggressionen faschistischen Typs. So wurden Lehren des österreichischen Februar in Spanien 1936 und später auch in Lateinamerika gezogen.
Georg Scheuer
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Betreff : 2 Berichte zum EU-Beitritt (EWA) Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Fr 11.02.94, 18:56 (erhalten: 13.10.94)
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******************************************************************* > Berichte der EURO WATCH AGENCY im akin-Pressedienst
******************************************************************* EU/Oesterreich:
> Stolperstein Europäisches Parlament?
Das Beitrittsprocedere steht unter enormen Zeitdruck. Für den Konsultationsmodus des Parlaments wird daher eine neue Regelung diskutiert.
Angeblich wurde beim traditionellen Arbeitsessen - am Rande der
Plenartagungen des Europäischen Parlaments - zwischen den Präsidenten des EPs, des Rats und der Kommission der Konsultationsmodus für das Parlament in bezug auf die Aufnahme der vier EFTA-Staaten besprochen.
Um dem derzeitigen Parlament vor seiner AufIösung eine Äußerung zu den Beitritten zu ermöglichen, müssen die Verhandlungen am 1. März abgeschlossen werden. Es scheint ausgeschlossen, die Bei trittstexte innerhalb dieser Frist in eine rechtlich und formal einwandfreie Form zu bringen. In wichtigen Fragen gibt es nicht einmal einen gemeinsamen Standpunkt der Zwölf.
Nach Artikel O des Maastrichter Unionsvertrages ist die Zustimmung des Parlaments zu den Texten, die aus den Verhandlungen hervorgegangen sind (Entwürfe der Beitrittsverträge), nicht vorgesehen. Vielmehr scheint eine Stellungnahme zu den Beitrittsanträgen denkbar.
Das Europäische Parlament könnte sich zu den Anträgen und zu einem Bericht über die Ergebnisse der Verhandlungen äußern, um die knappen Termine einzuhalten. Diese Möglichkeit wird in Betracht gezogen, obwohl von verschiedenen Seiten diesbezüglich Kritik laut wurde.
Ein Schreiben des Belmont Policy Centre an den Ratsvorsitzenden Theodoros Pangalos weist auf Gefahren einer nicht-demokratischen Konsultation des Europäischen Parlaments in bezug auf die Erweiterung hin.
Mit dem Näherrücken der von den Staats- und Regierungschefs der Zwölf festgelegten Frist, Anfang März, für den Abschluß der Beitrittsverhandlungen gewinnt der Zustimmungsprozeß des Parlaments in Straßburg an Bedeutung.
Max Kohnstamm und Stanley Crossick stellen in ihrem Schreiben an den Ratsvorsitzenden fest, daß das Europäische Parlament zu einer Zustimmung zu den vier Beitrittsverträgen in der letzten Tagung vom 2. bis 6. Mai 1994 bewogen wird. Dies sei eine "nichtdemokratische, realitätsfremde Verhaltensweise, die die Gefahr verheerender Ergebnisse in sich birgt".
Es wird daran erinnert, daß das derzeitige Parlament mehrmals deutlich machte, sich nicht damit begnügen zu wollen, die Abkommen einfach abzusegnen und "insbesondere hinsichtlich der institutionellen Bestimmungen ernsthafte Sorge trägt". Nichtsdestotrotz versucht der Rat innerhalb von nur zwei Monaten komplizierte Abkommen, an denen vier Länder beteiligt sind, von den zuständigen Ausschüssen, den politischen Fraktionen prüfen zu lassen und anschließend mit absoluter Mehrheit bis zum 6.Mai durch das Parlament zu bringen.
Laut Belmont läßt dieses Verfahren nicht genügend Zeit, um eine Frage von solch grundlegender Bedeutung für die Europäische Union und ihre BürgerInnen, denen überdies nicht die Möglichkeit gegeben wird, sich Gehör zu verschaffen, mehrheitlich im Parlament zu beschließen. "Es gibt immer mehr Zweifel", betont Belmont, "ob dies gelingen wird".
Aufgrund des knappen Zeitplans sind überhaupt keine Verzögerungen im Verhandlungsprozeß möglich. Kohnstamm und Belmont befürchten bei einer Ablehnung dieses Verfahrens durch das Europäische Parlament negative Auswirkungen auf das Meinungsklima in den Beitrittsländem, in denen Referenden vor der Türe stehen. Deshalb sei es "demokratischer, realistischer und ratsam, vom neuen Parlament (das aus den Wahlen Anfang Juni hervorgehen wird) die
Zustimmung zu diesen Verträgen zu verlangen: Jede andere Entscheidung wäre Anzeichen dafür, daß man aus Maastricht nichts gelernt hätte und das Engagement für Demokratie, Transparenz und Oeffnung eine Illusion bleibt".
****************************************************************** "Sicherheit":
> WEU in die EU
Mit der Annahme des Berichtes über die Beziehungen zwischen der Europäischen Union, der Westeuropäischen Union (WEU) und der Atlantischen Allianz (NATO), spricht sich der institutionelle Ausschuß des Europäischen Parlaments für die Integration der WEU in die EU aus.
Der Bericht des belgischen Liberalen Karel de Gucht soll in der Plenartagung am 23. Februar in Brüssel besprochen werden. Es wird vorgeschlagen, daß in einer ersten Phase die Union ihre eigene institutionelle Struktur ordnen soll, ohne dabei zu vergessen, daß die Westeuropäische Union bereits Teil der Union ist. In einer zweiten Phase sollen die Institutionen der Union und der WEU in praktischer Hinsicht zusammengeschlossen werden.
In der Schlußphase würde die WEU nach einer neuen Regierungskonferenz von der Union vollständig übernommen. Die parlamentarische Versammlung der WEU würde durch das Europäische Parlament abgelöst werden.
In bezug auf die Beziehungen zur NATO betont der gegenständliche Bericht, daß die Westeuropäische Union ihre operationellen Kapazitäten verstärken und nötigenfalls nach Konsultationen der Bündnispartner unabhängig von der NATO agieren sollte.
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Betreff : Enteign. für Transit aktuell (Fortsetzun
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Datum : Mo 07.03.94, 13:39 (erhalten: 13.10.94)
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Transit:
> Endgültiges Aus für Ennsnahe Trasse?
Der Verwaltungsgerichtshof hat der Ennsnahe Trasse der B146 ein vorläufiges und damit vielleicht endgültiges Aus beschert. Was -zig Demonstrationen nicht -- zumindest nicht direkt -- zu leisten im
Stande waren, haben Verwaltungsjuristen der Republik geschafft. Sie leisteten sich in den Enteignungsbescheiden derart grobe Formfehler, daß die Höchstgerichte diese Rechtsakte für ungültig erklärten. Zuerst hob der Verfassungsgerichtshof Teile der Bescheide auf. Jetzt folgte
der VwGH mit einer vollständigen Aufhebung des ersten einer Reihe von analog formulierten Enteignungsbescheiden.
Laut dem Anwalt der Enteigneten, Herwig Hauser, sind eine Reihe "gleichlautender Entscheidungen zu erwarten". Die Republik kann nun zwar neue Enteignungsverfahren einleiten, aber das dauert seine Zeit und zwischendurch verfallen etliche Fristen. Vor allem der naturschutzrechtliche Bescheid sieht vor, daß die Bauarbeiten bis 1996 beendet sein müssen. Ansonsten ist ein neues Verfahren nötig. Und daß das nicht ohne viel Federlesens über die Bühne geht, dafür sorgen schon die Bürgerinitiativen. -br-
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Betreff : Norwegisches EU-Defizit
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Datum : So 06.03.94, 21:43 (erhalten: 13.10.94)
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Nachholbedarf
"Würde weltweit soviel Energie verbraucht und soviele natürliche
Resourcen ausgebeutet wie im Westen, die Erde verkraftete es nicht. Und wäre es tatsächlich so, daß eine Weoltbevölkerung von sieben Milliarden Menschen soviel verbraucht, wie es der Westen heute tut, benötigten wir zehn Welten und nicht nur eine, damit alle unsere Bedürfnisse zufriedengestellt werden könnten." Also sprach Gro Harlem Brundtland, Premierministerin von Norwegen. Also EU-reif ist das nicht. Da werden norwegische Regierungsmitglieder noch viiiiel dazulernen müssen... -br-
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Erzwungene Kulturlosigkeit (Termin 14.3.
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Datum : So 06.03.94, 20:47 (erhalten: 13.10.94)
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KPOe:
> Kultur-Verbot
Das Kulturzentrum `7Stern' ist durch behördlichen Druck und eine Immobilienspekulation gefährdet.
1992 wurde wurde das Zentrum von der KPOe-Wien geschaffen, um einen
freien Raum für kulturpolitische Tätigkeiten wie
Diskussionsrunden, Lesungen, Diavorträge, Ausstellungen und Verissagen, Kleinkunstabende, Kabaretts, Kindertheater, sowie Schulungen und Workschops zu schaffen. Und - nu na - es werden dort auch gelegentlich Festerl gefeiert. Trotz der großen Spannbreite der Inhalte der Veranstaltungsformen war und ist `7Stern' ein Lokal der KPOe-Neubau/Mariahilf. Das Parteilokal fungiert außerdem als Treffpunkt den Antifa-Kommitees der Schüler und Lehrlinge und als Probemöglichkeit für diverse freie Theaterund Musikgruppen.
Im Frühsommer 1993 brachte der Hauseigentümer `Bygg Fast Liegenschaftsverwaltung GesmbH', eine schwedische Immobilienfirma, vertreten durch Rechtsanwalt Göritz, eine Aufkündigung des Mietvertrags ein. Begründung: "Grob anstößiges Verhalten" und "unzulässige Weitervermietung an Dritte". Kurz vorher kam es zu einer Beteiligung der Immobilienfirma `ConVert' an der `Bygg Fast'. Nicht uninteressant, der Geschäftsführer von `ConVert' und von `Bygg Fast' in Wien heißt Pius Strobel. (siehe `akin' 23/93)
Seither häufen sich Polizeieinsätze und Anzeigen wegen Lärmbelästigung. Wobei auffällig ist, daß Beschwerden, verbunden mit Polizeieinsätzen nur dann erfolgen, wenn wenn Veranstaltungen im Haus sichtbar angekündigt sind.
Von seiten der Bezirksvorstehung (Herbert Tamchina - SPOe) wurden die zuständigen Behörden und Magistratsabteilungen eingeschaltet, um die Veranstaltungsaktivitäten massiv zu behindern, mit dem Ziel diese letztlich abzudrehen.
Bisheriger Höhepunkt der Kampagne gegen das `7Stern' stellt ein am 11.2.1994 ausgestellter Untersagungsbescheid dar. Mit diesem Bescheid verbietet die MA 7 (Kulturamt) "anmelde- oder konzessionspflichtige Veranstaltungen" und "von außen sichtbare Werbehinweise" im "ehemaligen (!!!) KPOe-Lokal".
Die KPOe erklärt in einer Aussendung: "Unter Berufung auf den Ausnahmeparagraphen für politische Veranstaltungen im Wiener Veranstaltungsgesetz von 1971 stellt die KPOe fest, daß das `7Stern' nach wie vor ein Parteilokal der KPOe ist. Versuche des Magistrates, solcherart kulturpolitische Tätigkeiten einzuschränken und damit dem Hauseigentümer - der über seine Absicht, ein weiteres kommerzielles Lokal in den Räumlichkeiten der KPOe einrichten zu wollen, keinen Hehl macht - in die Karten zu spielen, weist die KPOe entschieden zurück." Und weiter: "Da es den Anschein hat, als würden kulturpolitische Anliegen Spekulationszwecken geopfert, wenden wir uns an die
Oeffentlichkeit, mit dem Aufruf zur Solidarität".
Inzwischen hat ein Gespräch zwischen VertreterInnen des `7Stern' und Bezirkshauptmann Herbert Tamchina stattgefunden. Ulli Fuchs, vielen als Diskjockey bekannt und per Werkvertrag für die kulturellen Aktivitäten im `7Stern' zuständig, gibt sich nach diesem Gepräch vorsichtig optimistisch, daß eine für beide Seiten akzeptabele Lösung zwischen Bezirksvertretung und Kulturzentrum gefunden werden kann. Was die Auseinandersetzungen mit der Hausbesitzerin anbelangt, so glaubt sie, daß die KPOe auch hier letztendlich Recht bekommen wird, befürchtet aber langwierige Auseinandersetzungen, die die kulturellen Aktivitäten ernsthaft behindern.
Am Montag, dem 14. März 1994, 20 Uhr, findet eine Protestversammlung gegen das Veranstaltungsverbot im Kulturzentrum "7Stern" im siebten Bezirk, Siebensterngasse 31, statt. Gestaltung G. Ruiss. Das Motto: Sender "sendefreien geräuschloses Radio" Urschweigen-Versuchsreihe 1994: Wir schweigen weiter". -iß
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Lasterhaft EU (Oesterreich, Transitvertr)
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : So 06.03.94, 20:38 (erhalten: 13.10.94)
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Transit:
>> Lasterhafte EU
Die Einigung bei den Verhandlungen in Brüssel war eigentlich gar nicht anders zu erwarten
Die ARGE STOP TRANSIT beschäftigt sich seit langem mit den Grundsätzen
der EU in Transitfragen. Diese bestehen hauptsächlich in Bestrebungen ur Erleichterung des schrankenlosen Lasterverkehrs. In diesem Licht ist auch die Demontage des Transitvertrags zu sehen. Doch noch ist auch hier nicht das letzte Wort gesprochen. Innerhalb der EU und auch in Oesterreich lebt der Widerstand.

Das derzeit existierende und von der EU sowie von allen großen, transnationalen (Wirtschafts)konzernen weiter unterstützte Verkehrssystem in Europa führt zu einer kontinuierlichen Verbilligung des Straßenverkehrs, mit zunehmender Abweichung von der Kostenwahrheit. Das bewirkt nun wieder eine Vermehrung der Fahrten (vor allem der sinnlosen) und/oder längere Wege. Unterstützt wird dieser Effekt durch die steigende Geschwindigkeit und mit der damit verbundenen Zeitersparnis.
Derzeit forciert die EU das Konzept der "Trans-Europäischen (Infrastruktur-)Netze" (TEN). Dieses basiert vor allem auf den Wünschen des ERT, des European Roundtable of Industrialists, der eine Art europaweite Industriellenvereinigung darstellt (und aus ca. 45 Männern besteht). der ERT fordert, als stärkste Lobby in Brüssel, bereits seit 1984 vehement die Fertigstellung der "missing links" (fehlenden Verbindungen) und die Verbreiterung der "bottlenecks" ("Flaschenhälse", wie zB Brenner, Tauern und Pyhrn) im europäischen Transitstraßennetz.
Die Errichtung der TEN bedeutet bis zum Jahr 2002 allein auf EU-Gebiet 12.000 km neue Autobahnen (allein in Deutschland werden jedoch zusätzlich weitere 10.000 km Straßen geplant) und viele Eisenbahnhochgeschwindigkeitsstrecken (mit gigantischen Brücken und Tunnels). Dafür stellt die EU laut einer Rat-Entscheidung vom 29. 10. 1993 120 Milliarden ECU (1,6 Billionen öS !!!) zur Verfügung.
Außerdem sollen private Investoren gefördert werden. D.h. es könnte in der EU folgende fiktive Situation entstehen: Shell stellt den Antrag, selbst eine Autobahn von Paris nach Hamburg bauen zu wollen und will dafür noch Unterstützung von der EU. Auf dieser Autobahn wird dann Maut eingehoben, welche in den Gewinn von Shell einfließt...(eine Fortsetzung dieses Horrorszenarios kann sich jedEr selbst ausmalen!)
Die EU finanziert über ihre Institutionen aber auch gerne Projekte in den Nachbarländern, vor allem solche, die für den Transitverkehr gedacht sind. Die EIB (European Investment Bank) investierte zB 1 Mrd öS in den Ausbau der Südautobahn (Nordumfahrung Klagenfurt), 675 Mio öS in Ungarn und 4,25 Mrd öS in Slowenien/Kroatien.
Die 1990 gegründete EBRD (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) ist zwar organisatorisch und institutionell völlig von der EU getrennt, bekommt aber den Großteil des zur Verfügung stehenden Geldes von der EU. Diese EBRD organisiert und finanziert mittlerweile zu einem großen Teil den Autobahnbau in Osteuropa. In Ungarn finanziert sogar die Weltbank (!!) mit insgesamt 2 Mrd öS. Ungarns Autobahnetz wird außerdem (Beträge unbekannt) auch von der österreichischen Kontrollbank und der Länderbank finanziert.
> Widerstand gegen TEN
Bisher gibt es, europaweit gesehen, erst vereinzelt spürbaren Widerstand gegen die TEN-Projekte. Mir sind derzeit folgende Schauplätze bekannt:
Frankreich/Spanien: Durch ein derzeit noch fast unberührtes Gebiet (Vallee de Aspe) soll eine Transitschneise mit Pyrenäendurchbohrung gelegt werden. Dieses Tal (Nationalparkgebiet) wird derzeit noch von vielen Braunbären und eher wenigen, aber umso resistenteren Menschen bewohnt. Mit dem Autobahnbau drohen die Ausrottung der Bären und Tiroler Verhältnisse für die Menschen. Die BewohnerInnen haben sich (einzigartig in Europa!!) europaweit organisiert (zB gab es eine Hungerstreik-Aktion in Brüssel) und durch immer neue, sehr hartnäckige Blockaden (ein Aktivist hat bereits über 6 Monate Gefängnis hinter sich, unter anderem wegen Zerstörung von Baumaschinen) einen
vorläufigen Baustop erreicht.
Dänemark/Schweden: "Scanlink": Hier soll eine gigantische Brücke (18 km) über das Meer gebaut werden, die die zeitraubenden Fährenfahrten ersetzen soll. Dieses Vorhaben wurde bisher durch große Demos und Informatiosveranstaltungen in beiden Ländern, sowie durch Geldmangel verhindert. Auch dieses Projekt ist in ganz Europa bekannt gemacht worden.
Oesterreich: A9-Pyhrnautobahn: Besetzungen im Jahr 1987 konnten zwar den Bau bis Inzersdorf (nördlich von Kirchdorf) nicht verhindern, bewirkten aber im Bereich des nächsten Abschnittes einen enormen Widerstand der dort lebenden BäuerInnen, der (mit gütiger Unterstützung des Geldmangels im gesamten Straßenbaubereich) einen Weiterbau bisher verhinderte. In Kürze wird es dort neue Enteignungsverhandlungen geben (genauere Infos: siehe unten angeführte Telefonnummer).
Oesterreich: Ennstal: Großer Widerstand von Umweltorganisationen und BewohnerInnen, ein Weiterbau ist aber vor allem wegen der ungeklärten Wasserrechtslage fraglich. For wenigen Tagen wurde übrigens bekannt, daß bereits ausgesprochene Enteignungen einiger BäuerInnen vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurden. Damit ist das Projekt so gut wie gestorben! (Jubel, Jubel !!)
Anm: Beide österreichischen Projekte gehören zwar zu den TEN, ich glaube aber, daß sie international bei Umweltobganisationen noch kaum bekannt sind. Eine europaweite Mobilisierung des Widerstandes (nach Vorbild Pyrenäen) wäbe sehr sinnvoll und ist in Zukunft (vor allem bei der Pyhrn) vielleicht auch dringend notwendig.
> Das jähe Ende des Transitvertrags:
Der Transitvertrag (TV) wurde im Herbst 1991 als Minimalkompromiß mit der EG abgeschlossen.
Am 12. 11. 1991 gab die österreichische Bundesregierung gegenüber dem Parlament folgende Selbstbindungserklärung ab: "Die Bundesregierung stellt fest, daß das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Oesterreich über den Güterverkehr auf der Schiene und Straße (=Transitvertrag) gemäß Articel 23 dieses Abkommens für die Dauer von 12 Jahren abgeschlossen wurde. Die Bundesregierung erklärt, daß der gesamte Inhalt dieses Abkommens während der vollen Laufzeit auch für den Fall eines in diesem Zeitraum erfolgenden Beitrittsantrages Oesterreichs zur EG gewahrt werden muß."
Diese Erklärung wurde spätestens am 1. 3. 1994 um 22 Uhr - bzw. nach Brüssel-Zeit (die EU ist ja von gestern!) 28. 2. 1994, 24 Uhr "vergessen". Denn das Verhandlungsergebnis von Brüssel hat mit dem TV, der seit 1. 1. 1993 gilt, zwar noch den Titel gemeinsam, am Inhalt wurde jedoch gewaltig herumgemurkst (alle kursiv gesetzten Textstellen sind nach einer Aussendung des Verkehrsministeriums vom 2. 3. 1994 zitiert):
1. Der TV gilt bei einem EU-Beitritt statt 12 Jahre im günstigsten Fall nur mehr 11 Jahre (bis 31. 12. 2003).
2. Bereits Ende 1997 wird der TV "im Rahmen eines 'Review' analysiert und beurteilt". Im Klartext: Zu diesem Zeitpunkt kann der EUMinisterrat mit Einstimmigkeit - die Zustimmung der österreichischen Minister (nicht der österreichischen Bevölkerung!) ist also nötig den TV auflösen.
3. Falls der TV dann noch weiterexistiert, wird Ende 2000 "in einer wissenschaftlichen Studie geprüft, ob die im TV enthaltenen Ziele schon zu diesem Zeitpunkt dauerhaft erreicht wurden." Aber auch wenn das nicht der Fall ist, kann der Ministerrat - nun bereits mit qualifizierter Mehrheit! - den TV auflösen. Anm: Über die Erarbeitung dieser "wissenschantlichen Studie", geschweige denn über deren Überprüfung, werden natürlich keine näheren Angaben gemacht.
4. Oesterreich muß "voll an den festehenden und neuen Infrastrukturfinanzierungsprogrcmmen der EU" teilnehmen!
5. Die 38 Tonnen-Begrenzung bleibt zwar aufrecht, es gibt aber eine "Toleranz von 5%". Im Klartext: 40-Tonner sind "toleriert"...
Es gäbe noch einiges hier aufzuzählen, aber das ist das wichtigste im Zusammenhang mit dem TV.
Abgesehen vom TV gibt es aber noch ein sehr wichtiges "Detail am Rande": Ab 1995 werden in der EU alle Kontingentregelungen (ExportImportbeschränkungen) sukzessive abgeschafft, ab 1997 können dann - TV hin oder her - unbegrenzt viele Transitfahrten gemacht werden: 1 Import + 1 Export = 1 Transitfahrt. Alles klar?!!!
> Widerstandsaktionen wegen des Transitvertrags
Am 3. 3. 1994 blockierte Global 2000 mit Unterstützung von anderen AktivistInnen 4,5 Stunden lang die LKW-Einreise an der Grenze Salzburg/Walserberg. Danach wurden die AktivistInnen von der Gendarmerie losgeschnitten, weggetragen und nach kurzer Festnahme wieder freigelassen (wie immer). Diese Aktion hatte ein enormes Medienecho: Fernsehen, Radio und die Titelseiten der Tageszeitungen zeigten sie in großer Aufmachung.
Weitere Aktionen in den nächsten Tagen werden folgen!
Karl Brandner
P.S.: Weitere Informationen bei der ARGE Stop Transit,
Tel: Wien 3108880/23 (Niki)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Hetze gegen Arbeitslose (Aktionsaufruf)
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : So 06.03.94, 20:48 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 2880 Bytes ------------------------------------------------------------------
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akin-Pressedienst
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'
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Namentlich gezeichnete Beiträge stehen in der
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Normalsozial:
> Hetze gegen Arbeitslose
Seit Jänner 1994 gibt es Verschärfungen bezüglich der Durchführungsbestimmeungen beim Arbeitslosenversicherungsgesetz.
Das heißt im Klartext, daß die "Vergabe" der Arbeitslosenunterstützung restriktiver gehandhabt wird und noch stärker von der Willkür einzelner Beamter abhängig ist. Studierende, die sechs Monate arbeiten, wobei ein Teil dieser Zeit in die Studienferien fällt, haben keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosenunterstützung. Wenn Personen, die neben ihrer Arbeit studieren, und dann aufgrund der "Doppelbelastung" ihre Arbeit aufgeben möchten, um verstärkt zu studieren, wird ihr Antrag auf Arbeitslosenunterstützung meist nicht genehmigt. Aber auch in anderen Bereichen sind Verschärfungen eingetreten: Die "Zumutbarkeitsbestimmungen" (welcher Job kann einer Person mit bestimmter Ausbildung zugemutet werden) wurden drastisch "erweitert", sodaß praktisch jeder Job plötzlich zumutbar geworden ist, egal wie beschissen er auch ist. Im August 1993 ist das neue "Beschäftigungs-Sicherungsgesetz" in Kraft getreten.
Das bedeutet für arbeitslose Menschen, daß sie sich jede Woche beim Arbeitsamt melden müssen und jede Woche einen eigenständigen Vermittlungsversuch belegen müssen. Wenn sie das nicht tun, kann ihnen das Arbeitslosengeld auf vier Wochen gestrichen werden.
All diesen Verschärfungen (und es sind noch einige mehr zu erwarten) wollen wir mit gemeinsamen Aktionen entgegentreten und treffen uns deshalb am Donnerstag, 10 März 1994 um 18.00 Uhr auf der GRUWI, Rooseveldplatz 5a, 1090 Wien, um erste Vorschläge bezüglich einer Kampagne gegen diese Verschärfungen zu sammeln und um gemeinsame Aktionen vorzubereiten.

Erstes Vorbereitungstreffen
> Donnerstag, 10. März 1994, 18,00 Uhr
GRUWI, Rooseveltplatz 5a, 1090 Wien
********************************************* Bernhard Redl



Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Enteign. für Transit aktuell (Pyhrn&Enns
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : So 06.03.94, 12:11 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 2220 Bytes ------------------------------------------------------------------
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Transit:
Zwangsenteignungen an der Pyhrn
Adolf Perner ist einer von 56
Widerstandsbauern in der "ARGE Bauern fürs Kremstal", die jetzt nach langen Jahren Kampf und Millionenangeboten an Entschädigungen zwangsenteignet werden sollen. Der Bio-Bauer und seine Familie sind
aber wie viele andere auch fest entschlossen, ihre Gründe für den Bau der Pyhrn-Autobahn nicht freiwillig zur Verfügung zu stellen. Ihm und einem weiteren Bauer sollen am 10.März in einer Verhandlung vom Amt der oö. Landesregierung die Enteignungen beschieden werden. Das letzte Wort hat jedoch -- Relikt aus Fürstentagen -- der Landeshauptmann Ratzenböck, der den Bescheid noch unterzeichnen muß.
Wie dem auch sei: Widerstand ist angekündigt. Die Bauern haben angekündigt auch Grund und Boden für ein Blockadelager gerne zur Verfügung zu stellen. Wir werden noch von ihnen hören.
Aus für Ennsnahe Trasse?
Andere Zwangenteignungen wurden jetzt vom Verwaltungsgeriichtshof aufgehoben. Ein Ennstaler Grundbesitzer bekam Recht. Das könnte nun das endgültige Aus für die Ennsnahe Trasse der B146 bedeuten, da weitere Urteile ausständig sind. (Fortsetzung folgt)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : 15.2.: Heute vor 60 Jahren Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mi 16.02.94, 01:05 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 2220 Bytes ------------------------------------------------------------------
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Geschichte:
> Heute vor 60 Jahren
Am letzten Tag des Februaraufstandes, am 15.,
standen die etwas zu spät informierten Salzberg-
arbeiter von Ebensee auf.
Im Salinenort Ebensee erhob sich die Arbeiterschaft. In den
frühen Morgenstunden griff der Schutzbund die Gendarmerie an, und ohne einen Schuß gelang es ihm, die gesamten Kräfte der Gendermerie zu entwaffnen und einzusperren. Darauf besetzten die Schutzbündler Postamt und Bahnhof, Salzwerke und Textilfabriken, wo die Arbeiter in Streik traten. Dann wurde die Straße zwischen Gmunden und Ebensee
verbarrikadiert, und die Bergstraße, die an einer Felswand vorbeiführt, durch eine Sprengung verschüttet. Die Stadt und ihre Umgebung waren im Besitz des Schutzbundes. In den Abendstunden rückten starke Heereskräfte mit Artillerie heran und schickten sich an, das Feuer aus den Geschützen zu eröffnen. Da aber die Schutzbündler inzwischen erkannt hatten, daß der
Kampf in ganz Oesterreich zu Ende war, wichen sie dem ungleichen Gefecht aus und zogen sich in die Berge zurück.

(aus: Oesterreich Brandherd Europas, Zürich 1934, S.164/5; zit. nach H.G.Haasis, "Spuren der Besiegten", Band 3, rororo, Reinbek bei Hamburg 1984)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Jugendbanden: Interview mit Ex-Häftling
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mi 16.02.94, 01:07 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 9410 Bytes ------------------------------------------------------------------
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Justiz/Jugend:
> "Die Vergangenheit läßt mich nicht los"
Der heute knapp 18-jährige Arafat hat mit sogenannten Jugendbanden
zu tun gehabt und kam für 9 Monate ins Gefängnis.
Folgendes Interview mit ihm haben wir der Zeitschrift
>ECHO
entnommen.
Wir treffen uns im Lokal des Theaters und reden, wie wir das hier schreiben werden. Er ist mit Fatma, seiner Verlobten gekommen. "Mit 12 Jahren begann ich mich den Gruppen auf der Straße anzuschließen. Wir trafen uns meistens in den Parks, und verbrachten so die Zeit. Bis zu meinem 12.Lebensjahr hatte ich nicht so viele Freunde. Ich war eher ein schüchternes Kind und ruhig. Wenn nicht gesprochen wurde, sagte ich auch nichts. Ich hatte Angst, daß mich jemand etwas fragen könnte. Es gibt doch so Lieblingsschüler von Lehrern, ich war eben einer von denen."
1988, als er 12 Jahre alt war, kam sein Cousin aus der Türkei. So begann das Abenteuer.
"Ich besuchte die Hauptschule. Banden waren damals in Mode. Jeder gehörte einer Bande an. Die Bandenbildung entstand damals so langsam in Wien. Die Schüchternheit war von mir gewichen, stattdessen wurde mir von den übrigen Achtung entgegengebracht, und ich übernahm Verantwortung. Ich brauchte Freunde. Deshalb machte ich auch alles. Wir hatten in unserer Klasse viel Ausländer. eigentlich waren wir eine internationale Klasse. Auf den Druck meiner Klassenkameraden bildeten wir eine Gruppe. Wir wollten besser als die anderen sein. Eine miteinander verbundene starke Gruppe. Wenn einer ein Problem hatte, war die Gruppe hinter ihm. Daß die anderen sich auf dich verlassen, ist eine große Verantwortung. Du beschäftigst dich mit allen Schwierigkeiten, sodaß du vorsichtig sein mußtest. Du trägst die Verantwortung von
allem." Fatma lächelt ein wenig.
"Fatma, das verstehst du nicht. Jemand der nicht in so etwas drinnen war, kann das nicht verstehen. Es ist tatsächlich eine Last. Es drückt dich nieder, überhaupt wenn du 12 Jahre alt bist. Nach einem Jahr begann es mich zu langweilen. Ich hatte keine Zeit zum Lernen. wenn ich eine Freundin hatte, hatte ich keine Zeit für sie. Ich hatte genug. Letztendlich war es nicht möglich, davon loszukommen. Die anfänglich kindliche Begeisterung ließ mich nicht mehr los. Jeden Tag sagte ich: heute ist Schluß und ich gehe. Damals war jeder in einer Gruppe. Allein konnte man nicht leben. Nach vielen Monaten hatte ich mich davon losgerissen. Gerade als ich mich frei glaubte, kam die Pranke der Polizei."
Hausdurchsuchungen, die fragend schauende Mutter, vor ihren Augen abgeschleppt zu werden, die alltäglichen Dinge bei der Polizei, die endlosen Fragen, die dir vorgelegten Fotos von Freunden, Namen und die langsam wachsende Angst.
Panik, Angst, die kommenden und gehenden Polizisten, Schmerzen. "Tak" -- die sich hinter dir schließende Tür und gefangen zwischen 4 Wänden, tief Luft holen.
"Ich konnte mich eine lange Zeit nicht bewegen. Ich verstand nicht, in welche Sache ich da hineingeraten war. Was war das für ein Zimmer? Wieso ich? Ich blickte lange die Wände an und ich las die auf ihr geschriebenen Dinge. Ich wollte nicht denken. Ich mußte vergessen, wo ich war. Aber es erinnerte mich ein intensiver Geruch nach Pisse, daß es hier echt war. Ich begann zu weinen. Es machte mich fertig. Ich hatte genug vom Leben. Warum nicht ein anderer? Ich bekam Wasser in einem schmutzigen Gefäß und eine dicke Scheibe trockenes Brot gereicht. Es stank fürchterlich herinnen. Aber ich fand nicht die Kraft, dem entegegenzutreten. Ich akzeptierte es, auch den Uringeruch. Ich konnte nicht schlafen. Als ich mich hinlegte, wurde es sofort wieder Morgen.
Sie brachten mich vom Gefangenenhaus Roßauer Lände zum Jugendgerichtshof. Zuerst stecken sie dich für ein paar Stunden in eine Einzelzelle; in dieser gibt es nur einen Sessel, und man will schlafen. Es tut einem überall weh. Am Abend wurde ich mit einem Albaner zusammen in eine Zelle gesteckt. Es gab Wasser dort... Er bekam zu essen. Ich nicht. Er teilte es mit mir. Er saß wegen Taschendiebstahls und er konnte türkisch. Ich war ein bißchen erleichtert.
Er war illegal da. Beim Erzählen von seiner verstorbenen Mutter begann er zu heulen. Ich heulte mit. Ich verstand nicht, ob ich für ihn oder für mich heulte, aber ich war etwas erleichtert. Ein neuer Zellenwechsel zu einem Jugoslawen, der wegen Raub und Körperverletzung saß. Ich war fertig. Es tat mir alles weh.
'Begreifst du es noch nicht? Du bist im Häf`n!'
Das mußte ich mir zwei Tage lang von dem Typen wiederholt anhören. Am zweiten Tag haute ich ihm eine runter. Danach war er fromm wie ein Lamm. Nach der zweiten Woche wechselte er sowieso seine Zelle."
Arafat war in Untersuchungshaft. Jeder Tag verging mit Warten.
"Die ersten Wochen waren sehr schlimm. Die Zeit verging nicht. Ich wartete jeden Moment, daß ich frei kam. Ich mußte endlich frei kommen. Das Warten hat sieben Monate gedauert. Nach einer Zeit war ich es schon gewohnt. Man durfte sich zwischen 6 Uhr morgens und 4 Uhr nachmittags nicht niederlegen. Die ersten Tage tat mir vom Sitzen alles weh. Nach zwei Wochen mußte ich Schaumgummi paketieren. Einen Monat später kam ich in die Wäscherei."

Von seiner Gruppe saßen 13 Leute. Wer wen verpfiffen hatte und wie, war nicht mehr wichtig. Taten, die er nicht begannen hatte, die ihm von anderen zugeschoben worden waren, wollte er nicht mehr abstreiten.
"Das Frühstück bestand aus Wasser und Brot, manchmal Kaffee. Ab und zu gab es auch Kakao. An solchen Tagen kam man nicht mehr aus dem Klo raus. Der Kakao brachte einem den Magen durcheinander. Das Brot ohne Butter, der Kaffee ohne Zucker, aber du gewöhnst dich nach einiger Zeit daran."
Seine Mutter durfte ihn, nachdem er schon eine Woche saß, besuchen. Seine Verlobte nach zwei Wochen.
"Nach sieben Monaten fand die Gerichtsverhandlung statt. Sie dauerte zwei Tage. Es war mir eigentlich schon egal. Es hätten mich zwei Jahre Strafe auch nicht mehr gestört. Ich bekam dann neun Monate unbedingt, zwei Monate mußte ich also noch absitzen. Diese zwei Monate begann ich zu zählen. Wenn man die Tage zählen kann, vergeht die Zeit langsamer. Jeder freute sich mit mir, daß ich bald rauskommen durfte. Die Beamten hatten mich eh am liebsten von allen Jugendlichen. Manchmal riefen sie mich zu sich ins Zimmer, gaben mir etwas zum Trinken und ich konnte fernsehen. Der Wäscherei-Beamte hatte Tränen in den Augen, als ich entlassen wurde. Als ich raus kam, bekam ich sogar 700.-- Schilling Bonus."
Frei. Draußen. Frei sein.
Sobald er frei war, wollte er den ganzen Tag lang überall hingehen. Bis in die Früh, ohne Pause. Am ersten Tag hatte er Pech. Während er mit Freunden am Karlsplatz seine Freiheit feierte, wurden sie festgenommen und über Nacht in Gewahrsam gehalten.
"Ich hatte solche Angst, daß ein Fehler passiert war. Ob ich schon wieder sitzen müßte? Was wäre, wenn sie plötzlich meinten, ich müsse noch neun Monate sitzen. Aber sie sagten es nicht. Trotzdem habe ich noch immer Angst.
Für meine Freunde war es interessant, daß ich gesessen hatte. Ich versuchte ihnen zu erklären, daß auch die Banden oder Gruppen keine Lösung waren. Wichtige neun Monate meines Lebens waren dahin. Sie waren mit vollem Gefühl beim Zuhören dabei, wenn ich davon erzählte, aber wir müssen versuchen zu verhindern, daß auch sie im Gefängnis verschwinden.
Wenn ich die Gesetze gekannt hätte, hätte ich mich nie damit abgegeben. Die Angst läßt mich nicht los. Was mache ich, wenn die Fremdenpolizei kommt und mich in die Türkei abschiebt? Mein Vater erzählt immer davon, aber ich kenne dieses Land nur vom Urlaub. Die Tage, die ich erlebt habe, lassen mich nicht los, die Vergangenheit blickt auf mich. Ich will dieses Gefühl endlich los werden."
Asli Kislal, Ferhat Alazcioglu
****************************************************************** Die Zeitschrift "ECHO" ist eine in Wien erscheinende Zeitung, die vornehmlich von ausländischen Jugendlichen gemacht wird. In diesem Vorhaben wird sie dabei unterstützt vom Verein Wiener Jugendzentren, dem Medienzentrum der Stadt Wien und dem Integrationsfonds. Die bislang zwei- mal erschienene Zeitschrift ist ziemlich "schräg" layoutiert, enthält aber viel Wissenswertes
über die "ausländische" Jugendszene aus deren eigenem Blickwinkel. Zu erreichen ist die Redaktion per Adresse Amerlinghaus, Stiftg.8, 1070 Wien.
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : EU und umwelt: eine broschüre
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 08.03.94, 16:25 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 1531 Bytes
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Materialien:
EU-Umweltbroschüre
Erhältlich in der akin-Redaktion (Wipplingerstr. 23, 1010 Wien,
Tel. 53 56 200) ist die neue EU-Umweltbroschüre
Blümchenblau.
Die EG wird darin als aktuelle und zukünftige "Verursacherin von Umweltverschmutzung" durch die arbeitsteiligen
Wirtschaftsstrukturen des Binnenmarktes bewertet. Die Broschüre
liefert wertvolle Grundlagen und Argumente für die zu erwartenden Diskussionen. Preis: öS 50,-- zzgl.Porto
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Aufruf:Verfahren eingestellt,Neue Vorlad
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 14.04.94, 17:30 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 6081 Bytes
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Aufruf:
> Strafverfahren gegen 50 UnterzeichnerInnen eingestellt
Gegen alle bisherigen UnterstützerInnen des Aufrufs wurden
gerichtliche Strafverfahren wegen Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze (281 Strafgesetzbuch) und Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen (282 StGB) eingeleitet. Die AKIN-Redakteurin Renate Saßmann wurde zu drei Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt, weil sie nach Ansicht des Gerichts für die Veröffentlichung des Aufrufs in der Zeitschrift "akin" verantwortlich gewesen ist. Das Urteil wurde vom Oberlandesgericht bestätigt.
Die Verfahren gegen 50 UnterzeichnerInnen, gegen die die Staatsanwaltschaft bereits Strafantrag gestellt hatte, wurde nun von Medienrichter Dr. Bruno Weis vom Wiener Landesgericht eingestellt. Die spektakuläre Erkenntnis ist von grundlegender Bedeutung für die politische Meinungsfreiheit und Zivilem Ungehorsam in Oesterreich.
Die politischen Argumentationen und Forderungen des Aufrufs haben, so Richter Weis, im demokratischen Rechtsstaat ihre absolute Berechtigung, mögen sie auch noch so eindringlich, scharf und kritisch formuliert sein. Sie fallen unter die Freiheit der Meinungsäußerung (im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention, die eine der wesentlichen Grundlagen demokratischer Gesellschaften ist. Solche Forderungen dürfen daher auch straflos publiziert werden.
Richter Weis verweist insbesondere darauf, daß die UnterzeichnerInnen dazu aufgerufen haben, Militärgesetze nicht zu befolgen, damit die Strafverfahren gegen Wehrdienst- und Totalverweigerer eingestellt werden:
> "Wenn nun die Beschuldigten...zur Nichtbefolgung von
> Militärgesetzen auffordern, damit die danach eingeleiteten
> Verfahren eingestellt werden können, stellt dies für den > verständigen Leser klar die Forderung nach Schaffung der > Voraussetzungen für Verfahrenseinstellungen dar. Daß eine
> derartige Forderung möglicherweise nicht realistisch ist, berührt > nicht deren grundsätzlichen Sinn."
Richter Weis erkennt also im Aufruf einen Akt des zivilen Ungehorsams: Durch die zahlreiche Nichtbefolgung von Militärgesetzen soll die Einstellung von Strafverfahren und die Streichung diesbezüglicher Bestimmungen erreicht werden. Da die UnterzeichnerInnen zur Nichtbefolgung von Militärgesetzen im allgemeinen und nicht eines bestimmten Gesetzes auffordern, sei dies keine strafbare Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze (Paragraf 281 StGB).
Der Aufruf sei, so Richter Weis weiter, auch keine Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen (Paragraf 282 StGB). Nur wenn eine strafbare Handlung tatsächlich begangen werde, sei auch die Aufforderung dazu strafbar.
Die UnterzeichnerInnen weisen selbst auf die Strafbarkeit ihres Aufrufs hin. Dies aber, so Richter Weis abschließend, verdeutliche
lediglich ihre Entschlossenheit, für die Publikation des Aufrufs und die Durchsetzung ihrer Forderungen sogar strafrechtliche Verfolgung in Kauf zu nehmen.
Diese Erkenntnis ist für unsere zukünftige Arbeit von größter Bedeutung.
> 3. Veröffentlichung - insgesamt 800 UnterstützerInnen.
Das "Profil" (13/94, Seite 89), das Tatblatt und auch die
akin veröffentlichten in ihren letzten Nummern einen Aufruf gegen Militär und Gewalt. Die 222 UnterzeichnerInnen fordern die Einstellung aller Strafverfahren gegen Wehrdienst- und Totalverweigerer und die Streichung aller diesbezüglichen Strafbestimmungen. Um ihr Anliegen zu unterstreichen, rufen sie dazu auf, Militärgesetze nicht zu befolgen.
Dieser Aufruf wurde bereits 1991 in der "AZ" und 1992 im "Falter" sowie in zahlreichen anderen Zeitschriften veröffentlicht. Unter den insgesamt 800 Frauen und Männern aller Schichten, die den Aufruf unterstützen, finden sich zahlreiche PolitikerInnen (Madelaine Petrovic, Peter Pilz, Schani Margulies, Friedrun Huemer..), KünstlerInnen (Dr. Kurt Ostbahn, Elfriede Jelinek, Peter Turrini,...) WissenschafterInnen (Robert Jungk, Eckehart Krippendorf,...), Fakultätsvertretungen der Universität Wien und vieles mehr.
Die von den UnterzeichnerInnen erklärte Solidarität mit Wehrdienst- und Totalverweigerern ist heute aktueller denn je. Das neue Zivildienstgesetz, welches seit zwei Wochen in Kraft ist, sieht nicht nur schärfere und teilweise verfassungswidrige Strafen für Zivildiener vor. Durch die Beschränkung des Antragsrechts auf einen Monat nach der Stellung wird das Menschenrecht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen weitgehend abgeschafft. Als Folge wird die Zahl von Totalverweigerern in den nächsten Monaten und Jahren deutlich ansteigen.
Es geht weiter:
Wie wir soeben erfahren, geht die "unendliche Aufruf-Geschichte auch gerichtlich weiter.
Es gibt neue Vorladungen für Ende April. Wer eine Ladung erhalten hat, soll sich bitte entweder in der akin Redaktion (53 56 200) oder bei der Arge Totalverweigerung (53 27 416) melden!!!
(Gruppe für Totalverweigung/akin)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Bücher: Entwicklungszusammenarbeit Oest.
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Fr 18.02.94, 19:13 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 10122 Bytes
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Entwicklung:
Bücher:
> Ist die Entwicklungspolitik am Ende?
Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit AGEZ (Hg.):
"Zusammen Arbeit
Konturen der österreichischen Entwicklungspolitik 2"
Redaktion: Brigitte Pilz
Südwind/Edition Sandkorn, November 1993
ISBN 3-901100-34-2180 Seiten, öS 185,--
Entwicklungspolitik ist fragwürdig geworden. Ihre Infragestellung erfolgt von zwei diametral entgegengesetzten Standpunkten. Zum einen stecken die Industriestaaten in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, ihre durchgehend "neo"-konservativen Regierungen betreiben Sozialabbau nach Innen und stellen den Wert der Entwicklungszusammenarbeit in Frage. Zur Rechtfertigung dienen Argumente aus der Mottenkiste des Sozialdawinismus. Die Betroffenen sind selber schuld.
Noch ernster zu nehmen ist die Kritik von kritischen Geistern innerhalb des Trikonts und der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) selbst. In polemischen Schriften sonder Zahl, aber auch in Evaluierungen und fundierten Studien wird ihr kein gutes Zeugnis Ausgestellt; sie habe so der Tenor, der armen Bevölkerung in den Ländern des Trikont mehr geschadet als genützt. Und: Waren Projekte an sich schon erfolgreich, so hat die internationale Wirtschaftspolitik ihre positiven Auswirkungen häufig ins Gegenteil verkehrt. Die Einstellung aller "Hilfe" lautet die radikalste Schlußforderung aus dieser Diagnose. Sind Energien und Ressourcen nicht nutzbringender einsetzbar? Oder ist eine strukturelle Veränderung der EZA von innen her möglich und zielführend?
Viele in dem vorgelegten Buch aufgeworfene Fragen bleiben unbeantwortet, müssen im vorgegebenen Rahmen unbeantwortet bleiben, ob ihrer Komplexität. Dies ist aber keinesweg eine Schwäche, sonder eher eine Anregung für weiteres Nachdenken und notwendige Diskussionen, die die Entwicklung der sogenannten 3.Welt im Kontext globaler politischer und gesellschaftlicher Entwicklung beleuchten müssen. Oekonomische Aspekte werden ebenso angesprochen wie ökologische und soziale; dabei werden Patentrezepte vermieden. Von den 23 Beiträgen können hier nur
wenige ansatzweise zitiert werden, und ihre Auswahl ist mehr oderminder willkürlich.
Der erste, umfangreiche Beitrag des Buches "Zusammen Arbeit -
Konturen der österreichischen Entwicklungspolitik 2" stammt von der indischen Physikerin und Wirtschaftsphilosophin Vandana Shiva. Sie spannt einen Bogen von agrarischen Monokulturen und der damit verbundenen Verarmung der Pflanzen und Tierwelt hin zu einer geistigen Haltung, die Vielfalt in allen Bereichen des Lebens auszuschließen versucht; hier wie dort das Überleben gefährdende Tendenzen. Ihre Überlegungen sind so weitreichend und orginell, daß ich sie hier nicht zusammenpressen, sondern in einer der nächsten `akin' speziell behandeln möchte.
Herbert Berger stellt in seinem Beitrag die Frage "Machen Projekte noch Sinn?" und schreibt dazu u.a., "Die Krise der Entwicklungstheorien und der Entwicklungszusammenarbeit ist ein Faktum. Sie trifft mit voller Wucht jene Entwicklungsstrategien,
die praktiziert wurden und werden um die ökonomische, die kapitalistische Durchdringung des Südens voranzutreiben. Die "nachholende Entwicklung" ist von dieser Strategie nie ernsthaft angestrebt worden, denn sie wird von denselben Machtzentren gelenkt, die mit Hilfe des Systems des ungleichen Tausches seit Jahrhunderten den Verelendungsprozeß des Südens betreiben..."
"Nicht unerwähnt darf auch bleiben, daß die vom Norden dominierten Institutionen wie Internationaler Währungsfonds (IWF) und Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die sich gerne "Weltbank" nennt, selbst vor primitivsten marktwirtschaftlichen Prinzipien geschützt werden. Für ihre Fehler zahlen ihre Klienten, wobei diese Institutionen, wenn Schäden früherer Kredite durch neue Kredite behoben werden sollen, daran noch verdienen. Diese ungerechtfertigte Trennung zwischen wirtschaftlicher Entscheidung und Risiko ist nicht nur mit einer Marktwirtschaft, sondern auch mit sinnvollem Management unvereinbar. Trotzdem wird dies von den Verfechtern und Verfechterinnen des Neoliberalismus keineswegs als Problem gesehen. Immerhin leisten diese Institutionen gute Dienste dabei, dem Süden jene Politik nahezulegen, welche von wichtigen Regierungen im Norden geschätzt wird. Sehr deutlich wurde diese Funktion vom ehemaligen US-Finanzminister James Baker angesprochen, der die Durchsetzung einer Wirtschaftspolitik nach US-Muster explizit als Ziel formulierte. Es bliebe zu fragen, ob Länder, deren Lage schon sehr schlecht ist, die dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Infastruktur sowie der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft dringend brauchen, ob Kalkutta eine Politik à la Thatcher, die Londons Straßen neu mit Obdachlosen füllte, dringend benötigt.
Besonders interessant ist, daß die derzeit dominierende Praxis der EZA keineswegs durch die neoklassische Oekonomie, auf welche sie sich beruft, gerechtfertigt werden kann. Eine von der OECD veröffentlichte Studie zeigt beispielsweise, daß nach der rein neoklassischen Theorie Importsubstitutionen, also das Ersetzen von Importen durch eigene Produktion, für verschuldete Länder günstiger sei - dies ist genau das Gegenteil dessen, was IWF und "Weltbank" verlangen. Zwar gibt es immerwieder Versuche, Erfolge der "Strukturanpassung" nachzuweisen, jedoch bislang keinen gelungenen Nachweis. Pikanterweise hat auch ein führender Oekonometriker des IWF, M. S. Khan, einen signifikant negativen Zusammenhang zwischen "Strukturanpassung" und Wachstum, das durch Strukturanpassung ja gefördert werden sollte, nachgewiesen. "So betrachtet, überrascht es nicht, daß wirtschaftlich erfolgreiche Länder wie Japan, Korea oder Taiwan keineswegs in der dem Süden nahegelegten Art liberalisierten, noch die Rolle des Staaten in der derzeit propagierten Art reduzierten." (Kunibert Raffer)
"Wer in erster Linie Geld sammelt, um irgendwelche Projekte durchzuführen und sich nicht einmischt, um die Politik des Nordens zu verändern, der wird den heutigen Herausforderungen nicht gerecht. Das muß aber nicht bedeuten, daß die entsprechenden NGOs und Solidaritätsgruppen ihre Projektarbeit aufgeben sollen, sondern, daß sie die Aufgabe haben, nach Wegen zu suchen, wie sie gerade durch diese Projektzusammenarbeit im Norden politisch aktiv werden können. Bedingung wäre, daß Projektarbeit ständig mit Bewußtseinsbildung bei uns verbunden wird und daß durch die Zusammenarbeit mit dem Süden Erfahrungen vermittelt werden, zu denen der Norden sonst nur schwer Zugang hat. So wissen wir z.B., daß das Entwicklungsmodell des Nordens auch für den Norden selbst nicht tragfähig ist. Da dies der Süden aber bereits hautnah erlebt, können seine Erfahrungen unseren Umdenkprozeß beschleunigen. Projektarbeit bietet demnach den NGOs die Chance, einen spezifischen, durch andere Maßnahmen kaum zu ersetzenden Beitrag zu leisten." (Herbert Berger)

Zum Schluß möchte ich einige wichtige Beiträge, auf die ich nicht näher eingehen konnte, doch wenigstens noch erwähnen:
Frauen sind aus der entwichlungspolitischen Diskussion nicht mehr wegzudenken. Dafür haben sie in einem zähen Kampf gesorgt. Ohne Frauen keine Entwicklung, das ist vielen Männern klar geworden. Dennoch werden geschlechterspezifische Belange weiterhin als Nachsatz geführt. Eva-Maria Bruchhaus zeigt die an sich positive Entwicklung bei Frauenprojekten auf. Aber gerade in diesem Zusammenhang tritt die Einbettung von EZA in allgemeine Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen, in denen ein gleichberechtigter Umgang mit den Geschlechtern noch lange nicht gang und gäbe ist, deutlich zu tage.
Franz Nuscheler richtet seinen Blick auf die veränderte Weltkarte sowie auf das Scheitern der großen Theorien und stellt die Frage, wie die knappe Ressource Solidarität am zielführensten einzusetzen sei. Resignation wäre das Letzte, was den Benachteiligten im Trikont Hilfe und Beistand sein könnte.
Ein heikles Thema innerhalb der staatlichen Leistungen ist die bilaterale Finanzhilfe. Im speziellen wird die extensive Anrechnung von Exportkrediten auf die Entwicklungshife kritisiert. Nach dem Motto: "Nur wer Geld mitbringt, macht das Geschäft", stellt sie oft eher eine Förderung der heimischen Exportwirtschaft dar als wirkliche Hilfe für das Empfägerland. Franz Schmidjell geht in seinem Beitrag diesem Part der österreichischen EZA nach, kein leichtes Unterfangen angesichts der Geheimhaltung, die Kreditvergabe und Exportförderung nach wie vor umgibt.
Ich halte das Buch für lesenswert, nicht nur für diejenigen, die unmittelbar mit Fragen der Entwicklungspolitik befaßt sind, sondern für alle, die weder bereit sind ihre Augen vor den gewaltigen und komplexen Problemen, denen die Menschheit im Angesicht der Jahrtausendwende gegenüber steht zu verschließen, noch sich von den derzeit wieder in Mode gekommenen intellektualisierenden EndzeitprophetInnen in dumpfe Resignation treiben zu lassen. Ein ebenso kritisches wie selbstkritisches, aber eben auch im besten Sinne kämpferisches Buch.
W.W.
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Kommentar&Aktionsaufruf: Transit,CH,Oest.
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Datum : So 20.02.94, 21:26 (erhalten: 13.10.94)
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Transit:
> Jetzt wirds eng
Die Schweizer Bevölkerung will den Alpentransit genausowenig wie den
EWR. Das Referendum ergab, daß 52% der gültigen Stimmen für die "Alpeninitiative" sind und gegen den europäischen Transit. Was für ein Glück für die EU, daß bei uns nicht solche Initiativen von unten möglich sind. Was für ein Glück, daß sie im Falle Oesterreichs sich hauptsächlich mit der Regierung zu beschäftigen haben, die doch nur möchte, daß ein sowieso schon knieweicher Transitvertrag nicht allzu brutal gebrochen wird, weil das daheim kein gutes Bild macht. Schließlich hat man der Bevölkerung leichtsinnigerweise auch eine Abstimmung versprochen.
Nach dem Schweizer Plebiszit sollten die Forderungen der
östereichischen Opposition allerdings deutlich hinaufgeschraubt werden. Nicht mehr die Einhaltung eines notabene völkerrechtlich anerkannten Vertrag sollte gefordert werden, sondern für den Straßentransit ein "Grenzen zu!" nach Schweizer Muster. Was sich mit den vorhandenen Kapazitäten nicht transportieren läßt, soll eben warten müssen.
Wir haben in diesem Land jetzt die Chance, einen schönen Brocken des unnötigen Warenverschubs in der EU zu blockieren. Denn wer um die Schweiz und Oesterreich herumfahren muß, kalkuliert schon mal ganz anders. Wenn der Verkehr teurer wird, ist es auch nicht mehr so einfach, immer dorthin zu fahren, wo die billigsten Produktionsstätten stehen, sprich die geringsten Löhne gezahlt werden.
Verkehrsminister Klima sagt, die Schweizer Entscheidung stärke die Position Oesterreichs. So ein Schmarrn! Der Transitdruck auf Oesterreich wird erhöht, die Hohen Entscheidungsträger der EU und die Frächterlobby werden jetzt erst recht darauf drängen, Tirol zum Durchhaus Europas zu machen. Unsere Herren Verhandler werden jetzt also den Spagat schaffen müssen, sich in Brüssel vollends zu unterwerfen und das gleichzeitig der hiesigen Bevölkerung als Durchsetzung ihrer Interessen zu erklären. Irgendwie sollten die Verhandlungen ja bis 1.März erledigt sein und das Volk sich doch bereits so auf die EU freuen, daß die Menschen dann dementsprechend freudigen Herzens mit "Ja" stimmen.
Ich glaub, das wird sich nicht ausgehen, meine Herren!
Aber damit ihnen wirklich der Hut zu brennen beginnt, müssen auch wir noch ganz schön zündeln. Letzte Woche trafen sich hiezu einige AntiTransit-Initiativen. Einiges an Aktionen ist geplant. Am 3.März gibt es im Wiener WUK (1090, Währingerstr.59, Tel 402-69-55) um 19 Uhr ein neuerliches Treffen für alle, die in diesem Bereich etwas tun wollen. Vielleicht haben wir ausnahmsweise einmal wirklich die Chance, unsere Volksverblöder am Krawattel zu erwischen.
_
Ce
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Deren Herr: Kurznachrichten Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mo 21.02.94, 13:06 (erhalten: 13.10.94)
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Deren Heer:
> Kurz berichtet

DIE NOVELLE ZUM ZIVILDIENSTGESETZ wurde am Donnerstag vom Bundesrat bestätigt. Allerdings hat die Staatsdruckerei noch keinen Druckauftrag, das Gesetz ist damit noch nicht verlautbart. Da es sich dabei aber nur um Tage handeln kann, beginnt jetzt jene 4-Wochen-Frist für die Stellung eines Zivildienstantrags zu laufen, die jenen Studenten bleibt, die bis dato ihren Kriegsspieldienst aufgeschoben haben. Merke wohl: Am 29.Tag ist es zu spät.
DIE CAUSA REPUBLIK OeSTERREICH GEGEN RENATE SASSMANN ist noch nicht ganz ad acta gelegt. Rechtsanwalt Thomas Prader hat nun bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte eine Beschwerde eingebracht, da Renate nur von ihrem Recht auf Informationsfreiheit gemäß Art. 10 EMRK Gebrauch gemacht habe. Die Kommission kann diesen Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig machen, aber auch zurückweisen. (akin)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : OeIE-Nachrichten Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mo 21.02.94, 13:05 (erhalten: 13.10.94)
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> 35% weniger Studierende aus Entwicklungsländern
Wegweiser durch den Paragraphendschungel erschienen
Nicht nur die Zahl der an den Grenzen abgewiesenen AusländerInnen
ist gestiegen. Auch Studieren ist für Menschen mit falscher Staatsangehörigkeit schwieriger geworden. Im Wintersemester
1992/93 konnten noch 965 StudentInnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika als ordentliche oder außerordentliche Hörerlnnen an österreichischen Universitäten erstinskribieren -- im Wintersemester 1993/94 waren es nur mehr 633, ein Rückgang um mehr als ein Drittel, nämlich um 35%.
Da helfe es auch nicht viel, meint Atiye Zauner von der Oesterreichischen Forschungsstiftung für Entwicklungshilfe (OeFSE), wenn das Aufenthaltsgesetz vor kurzem ein wenig abgeändert wurde: "Die wirklichen Probleme," weiß die Studienförderungsexpertin zu berichten, "werden durch solche Detailmaßnahmen nicht gelöst." Der Abwicklungsmodus zum Erhalt der Aufenthaltsbewilligung sei so schwierig geworden, daß es vielen ausländischen Studierenden nicht mehr gelinge, rechtzeitig zu inskribieren.

Für diejenigen, die den StudentInnen, sobald sie es einmal nach Oesterreich geschafft haben, mit Rat (und Tat) zur Seite stehen wollen, gibt es seit Anfang Februar ein Handbuch: "Studieren, Lehren, Forschen -- Oesterreich und Dritte Welt" bietet nicht nur Ortsprofile aller österreichischen Hochschulstädte, sondern stellt erstmals in umfassender und systematisierter Form alle Förderungsprogramme und -maßnahmen für ein Studium in Oesterreich dar.
Was die aufgrund der Aufenthalts- und Fremdengesetzes hervorgerufenen Schwierigkeiten betrifft, so erklärt Zauner: "Das Handbuch gibt genaue Erläuterungen zu den verschiedensten Aspekten dieser Gesetze. Konkrete Hilfe kann es nicht anbieten, sondern lediglich der Orientierung dienen". Anzumerken ist allerdings, daß daran auch staatliche Stellen mitgewirkt haben. (OeIE/akin)
Zu beziehen ist das Handbuch über die OeFSE, 1090 Wien, Berggasse 7, Tel. 317 40 10 Dw. 260, Fax 317 40 15.
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> "Eine Reise nach Lateinamerika"
Mit nach eigenen Angaben 3000 Besucherlnnen seit
September 1993 hat die Wanderausstellung "Eine Reise nach Lateinamerika" schon einen beachtlichen Erfolg erzielt. In vier Bundesländern -- Tirol, Niederösterreich, Steiermark und Salzburg -- nahmen vorwiegend SchülerInnen aus Haupt- und Volksschulen an den zweistündigen Führungen durch die Erlebnisausstellung teil. Durch die methodisch-didaktisch sehr flexible Gestaltung eignet sie sich jedoch auch für andere Schultypen -- sowohl Gymnasien, Allgemeine Sonder- und berufsbildende Schulen als auch ein Blindeninstitut haben das Ausstellungsangebot bisher genutzt.
"Das Rahmenprogramm trägt wesentlich zur positiven Aufnahme durch die Schülerinnen und Schüler bei," erläutert die Koordinatorin der Ausstellung, Sieglinde Grünseis: "Workshops zu Märchen aus Peru, Musik und Tanz aus Brasilien, aber auch Kochkünste aus Kolumbien stehen auf dem Programm. Es ist schon lange bekannt, daß spielerisches Lernen Spaß macht; unsere Ausstellung wird diesem Bedürfnis auch dadurch gerecht, daß Musikinstrumente, Anbaufrüchte und andere Elemente aus dem lateinamerikanischen Alltag in die Ausstellung integriert sind und zum Angreifen und Ausprobieren einladen." (OeIE)
Nähere Informationen im Regionalbüro NOe-Süd des
Oesterreichischen Informationsbüros für Entwicklungspolitik, 2700 Wr. Neustadt, Waltherg. 17, Tel. 02622/248-32.
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> Frauen in Afrika
Vor kurzem ist Band 4 der umfangreichen Bibliographie
und Dokumentation "Frauenforschung international -- Frauen und Dritte Welt" von Margarete Maurer erschienen. Der Schwerpunkt dieses Bandes liegt auf Frauenarbeit und Frauenbewegung in Afrika südlich der Sahara, er enthält jedoch auch Informationaen über Frauen in arabischen Ländern.
Sowohl der 1992 erschienene Band zu Amerika und Karibik als auch der nunmehr vorliegende Afrika-Band enthält Monographien, Beiträge in Sammelbänden und Zeitschriften und schwer auffindbare,
sogenannte "graue Literatur", die nach systematischen und regionalen Gesichtspunkten geordnet und chronologisch aufgeführt ist. (OeIE)
Zu beziehen beim Verein für Interdisziplinäre
Forschung und Praxis, Julius-Tandler-Platz 5/24, 1090 Wien.
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : NACHTRAG ZU:Kommentar&Aktionsaufruf: Tr
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Datum : Mo 21.02.94, 13:06 (erhalten: 13.10.94)
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Nachtrag zum Aktionsaufruf Transit-Schweiz-Oesterreich
Informationen zu Transitaktionen können auch bezogen werden bei Günter Nikodem, OeH Boku, 0222/310-8880/23
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Kommentar Transit
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Datum : So 27.02.94, 20:00 (erhalten: 13.10.94)
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Transit:
> Ausbeutungswerkzeug Verkehr
Na, jetzt feilschen sie um den Transit-Vertrag. Beim Erscheinen
dieses Textes sind EU und Regierung vielleicht schon handelseins geworden.
Wie immer denn auch sei, das Thema Transit ist auf keinen Fall vom Tisch. Der Transitvertrag ist nur besser als nichts und selbst wenn er seine 12 Jahre läuft: Was ist dann?
Daher gilt es einen Aspekt auch zu beachten, der in der Diskussion nicht einmal untergeht, sondern normalerweise gar nicht erwähnt
wird. Denn wie Herbert Brunner schon einmal in einem akin-Kommentar betont hat, ist der wichtigste linke Ansatzpunkt für eine Kritik an der
EG die "Festung Europa", also die Abschottung einer riesigen Raubritterburg gegen den ausgebeuteten Teil der restlichen Welt.
Und das ist sehr wohl auch eine Transitfrage. Denn wenn
Verkehrsexperten des VCOe oder ähnlicher kritischer Organisationen immer wieder fordern, daß der Straßentransit nach den wahren Kosten bezahlt werden soll, dann berechnen sie dabei höchstens noch den ökologischen Schaden mit ein, der unmittelbar durch die LKW's produziert wird. Aber die Kostenwahrheit ist das noch lange nicht. Denn egal ob auf Straße, Schiene oder Wasser, der Transit erzeugt viel höheren Schaden.
Warum sind Bananen so billig, schlagen anderes Obst aus der Steiermark um Längen im Preisdumping. Ja, die Spottlöhne in den "Drittwelt"-Staaten sind dran schuld. Warum ist es so billig, Müll in diese Staaten zu exportieren? Weil dort kaum Umweltauflagen existent sind. Soweit, so schlecht, so bekannt.
Aber: Diese Länder sind doch verdammt weit weg. Wenn man aber Güter -- ob es jetzt dank versteckter Subventionierung, offener staatlicher Förderung oder technischem Fortschritt ist -- derart billig um den Globus transportieren kann, fällt diese Kostenfaktor weitgehend weg. Und damit ist es kein Problem für die multinationalen Konzerne dort Wertschöpfung verrichten zu lassen, wo es am billigsten ist. Regierungen werden damit erpreßbar, regionale Strukturen zerstört.
Mit diesem Argument hier im Land gegen die EU und eben den Transit streiten zu wollen ist schwer. Allzu zufrieden sind die Menschen
in Mitteleuropa mit den existenten Ausbeutungsmechanismen. Gerade in schlechten Zeiten interessiert es wenig, wenn es anderen noch mieser geht. Dennoch sollte man den Leuten klar machen, daß schon heute von unserer Bundesregierung alle möglichen Forderungen der Konzerne erfüllt
werden, nur um neue Industrieansiedlungen durchzusetzen. Subventionen fließen da in Hände, die alles andere als leer sind. Sicher, gerade die EU hat etwas gegen solche Subventionen. Gegen arbeitsrechtliches oder ökologisches Dumping hat sie weniger.
Und das wird kommen. Denn die Weltwirtschaftskrise drückt. Keine Regierung kann sich leisten zu sagen, nein, kein Interesse, sollen sie doch woanders bauen. Selbst wenn es bindende Europäische Standards gebe, dann wird das Werkel halt in China gebaut. Die Wege sind eben das geringste Problem.
Die Schiene statt der Straße zu forcieren, ist sicher nicht schlecht. Aber die Forderung reicht nicht aus. Der Transit ist
auch ein Ausbeutungsinstrument. Es wird Zeit, dieses Faktum in die öffentliche Diskussion einzubringen.
Bernhard Redl
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Zahlenspiele zum Autoverkehr Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : So 27.02.94, 20:08 (erhalten: 13.10.94)
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Verkehr:
> Zahlenspiele
Im Fischer Weltalmanach für 1994 finden sich zum Thema Verkehr
einige Zahlen, aus denen sich recht interessante Schlußfolgerungen ziehen lassen:
Nach UNO-Angaben und neueren Schätzungen belief sich der Weltbestand an Kraftfahrzeugen 1991 auf ca. 567 Millionen (432 Mio. PKW sowie 135 Mio. LKW und Busse). Aneinandergereiht ergäbe das (bei einer Durchschnittslänge von knapp über fünf Metern) eine Autoschlange in der Länge von drei Milliarden Metern (3.000.000.000 Meter) oder drei Millionen Kilometern. Damit könnte man den Äquator 75mal umspannen oder die Entfernung zum Mond etwa 7,5mal abstecken. Die jeweiligen Zahlen für Oesterreich lauten: Ein KFZ-Bestand von ca. 3,3 Millionen Stück mit einer Gesamtlänge von
etwa 20 Millionen Metern oder 20.000 Kilometern, immerhin dem halben Erdumfang.
Geht man von einer Stellfläche von 20 qm pro Fahrzeug aus (Fahrzeugabmessung plus Abstand zum nächsten Fahrzeug) so ergibt sich ein Flächenbedarf zum Parken von 12 Milliarden (12.000.000.000) Quadratmetern. Das sind 12.000 Quadratkilometer. Zwei Drittel der Fläche von Niederösterreich werden damit weltweit ausschließlich zum Parken von Kraftfahrzeugen verwendet. Immerhin sind für die KFZ Oesterreichs auch noch 70 km2 nötig (etwa 1/7 der Fläche Wiens).
Unter der Annahme, daß jedes dieser Kraftfahrzeuge pro Jahr knapp über 5000 km zurücklegt (diese Zahl ist wahrscheinlich zu niedrig angesetzt, da jeder PKW in Deutschland 1992 knapp 13.000 km fuhr) werden damit in nur einem Jahr drei Billionen Kilometer (3.000.000.000.000 km) gefahren. Das ist 7.500.000 mal die Strecke von der Erde zum Mond oder 20.000 mal die Entfernung von der Erde zur Sonne oder 500 mal die mittlere Entfernung von der Sonne zu ihrem fernsten Planeten, dem Pluto oder immerhin fast ein Drittel eines Lichtjahres. Wieder die Zahlen für Oesterreich: ca. 17.000.000.000 km; auch das ist noch drei mal die Entfernung von der Sonne zum Pluto.
Setzt man einen Durchschnittsverbrauch von zehn Litern pro hundert gefahrenen Kilometern an, so ergibt sich ein Gesamtjahres
treibstoffverbrauch von 300 Milliarden (300.000.000.000) Litern oder 300 Millionen Kubikmetern. Die Verbrennung von einem
Kilogramm Treibstoff erzeugt etwa 1/2 Kilogramm C02. Daraus folgt, daß durch den Kraftfahrzeugverkehr weltweit pro Jahr etwa 100 Milliarden (100.000.000.000) kg Kohlendioxid erzeugt werden. Das sind 100 Millionen Tonnen oder als Volumen ausgedrückt etwa 100 Milliarden Kubikmeter (ein Würfel mit fast fünf Kilometern Kantenlänge gefüllt mit reinem Kohlendioxid - wie wir alle in der Schule lernten: ein farbloses, geruchloses und ungiftiges Gas; leider aber Hauptverursacher des Treibhauseffektes!).
Übrigens: Im Straßenverkehr werden nach Schätzungen der WHO pro Jahr weltweit ca. 250.000 Menschen getötet und über 12 Millionen (12.000.000) verletzt.
Rainer Frühwirth (Aus Grünalternative Bezirkszeitung "GANZ Hietzing")
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Prozeß wegen Widerstand gegen Flüchtling
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Datum : Mo 28.02.94, 18:33 (erhalten: 13.10.94)
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Staatsrassismus:
> Sowas! Schwarz und dann auch noch widersprechen!
Zunga M. aus Zaire lebt seit fünf Jahren in Oesterreich. Er ist
anerkannter Flüchtling. Seine Abstammung sieht man ihm immer noch an. Zunga ist scharz.
Er wollte auf der Mariahilferstraße einkaufen gehen. Ein Wiener Polizist hat das gesehen. Er fragte Zunga nach seinen Papieren. Zunga zeigte seinen gelben Flüchtlingsausweis. Der Polizist begann ihn zu perlustrieren. Zunga fragte nach dem Grund. Der Polizist rief zwei Kollegen zu Hilfe. Sie drehten Zunga die Arme auf den Rücken. "Verdacht auf Drogenhandel. Sie sind aus Nigeria." Aber ich bin aus Zaire. Ich bin anerkannter Flüchtling. "Des kenn`ma schon. Alle Nigerianer sind Dealer."
Zanga wurde an Händen und Beinen mit Handschellen gefesselt in die Zelle gebracht und liegt dort acht Stunden. Eine Abordnung der Polizei suchte mittlerweile seine Wohnung auf und ließ sich von seiner kleinen Tochter den Konventionspaß zeigen. Zunga mußte 500.-- Schilling bezahlen, dann ließ man ihn kommentarlos frei.
Jetzt hat er einen Prozeß wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt. Acht Polizisten sind als Zeugen geladen.
Der öffentliche Prozeß findet am Dienstag, den 8. März, 9 Uhr im Wiener Landesgericht, Saal 5 Parterre, statt.
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Grüne: Kapitalismusreform oder -kritik
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Datum : Di 01.03.94, 00:47 (erhalten: 13.10.94)
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Grüne/Wirtschaft:
> Kapitalismusreform oder fundamentale Veränderungen ?
"Das grüne Wirtschaftsprogramm - eine ökologische Weichenstellung
oder Resignation vor dem System" lautete der Titel einer Diskussionsveranstaltung über das in breiteren Kreisen kaum
vorgestellte Investitionsprogramm der Grünen.

Durch die Präsentation des Programms an der Börse waren bereits klare Signale an das Unternehmertum bzw an die, von der grünen "Führungsspitze" für paktfähig gehaltene, Wirtschaft gesendet worden. Warum ist das Programm nicht in einem Industriebetrieb, bei jenen Personen welche das größte Interesse an dieser haben, vorgestellt worden? Wo doch die Autoren behaupten, daß es Möglichkeiten einer Arbeitsplatzsicherung durch ökologische Politik aufzeigt. Wann beginnen die Grünen ihre Berührungsängste mit den Arbeiterlnnen abzubauen?
Peter Pilz stellte von Anfang an klardaß ein grünes Wirtschaftsprogramm stark reformistische Züge haben müsse. Begründet hat Pilz dies mit dem Fehlen einer Alternative zum kapitalistischen Wirtschaftsystem. Nicht Utopien, so Pilz seien gefragt, sondern der konkrete Beweis, daß innerhalb des bestehenden Systems Oekologie und Vollbeschäftigung nicht im Widerspruch zueinander stehen. Der alternative Arbeiterkammerrat Karl Oellinger kritisierte die im Rahmen der Präsentation des Wirtschaftsprogramms aufgestellte Forderung nach Senkung der Lohnnebenkosten.
Diese unreflektierte Forderung zeigt entweder die grenzenlose Unwissenheit der Programmersteller auf, oder aber, zu welchen Zugeständnissen die Grünen an "hungerleidende" Unternehmer bereit sind. Die Senkung der Lohnnebenkosten würde die Verminderung sozialer Errungenschaften wie zB. der Krankenversicherung, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung etc bedeuten! Eine Forderung, welche zweifellos altgediente Unternehmerlnnenvertreter in euphorische Zustimmung zu den Grünen verfallen läßt.
Oellinger kritisierte auch das Fehlen einer klaren Linie im grünen Investitionsprogramm. So ist nicht zu erkennen,ob die Einführung von Oekosteuern als Finanzierungs- oder Lenkungsinstrument gedacht ist..
Der Volkswirtschaftsstudent Engelbert Stockhammer bemängelte die fehlende Berücksichtigung sozialer Aspekte. Da auch Oekosteuern, wie jede andere Steuern Verteilungseffekte bewirken, wären ohne begleitende Maßnahmen sozial unterprivilegierte Klassen ungleich härter betroffen als sozial abgesicherte. Es sei, so Stockhammer, daher verantwortungslos, ein Programm, von dessen negativen Nebenwirkungen man weiß, ohne begleitende Gegensteuerungsmechanismen zu präsentieren. Der grüne Nationalratskanditat Van der Bellen schlägt in einem schriftlichen Kommentar bezeichnenderweise die Senkung von Lohnsummensteuer, Sozialversicherungsbeiträgen und Mehrwertsteuer als Ausgleich zur Einführung der Oekosteuern vor. Laut Van der Bellen hätte dies auch den Vorteil, daß die Grünen mit dieser Forderung ganz im Trend der EU liegen würden(siehe Grünes Investitionsprogramm S 35)! Eine Europäische Union, in der Unternehmerlobbies mehr Mitspracherechte als die betroffene Bevölkerung besitzen, beweist eine einzigartige Orientierungslosigkeit... Die Diskussion zeigte schonungslos das Fehlen eines gemeinsamen grünen Grundkonsens zum Thema Wirtschaftspolitik auf. Mit dem Erscheinen des Investitionsprogrammes wurde zwar das siebenjährige Schweigen der Grünen zu wirtschaftlichen Fragen gebrochen, Tabus wie die Eigentumsfrage oder die Organisation von Betrieben werden wohl aber weiter nicht angetastet werden. Unser ursprüngliches Vorhaben, diese Bereiche im Rahmen der Diskussion anzusprechen und eine stärker antkapitalistische Politik einzufordern ist aufgrund des Umfangs des Themas und aus Zeitgründen gescheitert. Wir werden aber den grünen Selbstfindungsprozeß, auf welcher Seite sie nun stehen, auch in nächster Zeit durch ähnliche Veranstaltungen
vorantreiben.
Enttäuschend für die vielen jungen Teilnehmerlnnen war auch die fast völlig fehlende (abgesehen von wenigen Ausnahmen) Beteiligung der älteren linken Grünen am internen Meinungsbildungsprozeß. Die Gestaltung der grünen Wirtschaftspolitik wird für die zukünftige politische Positionierung der Partei von wesentlicher Bedeutung sein. Noch gibt es unter den Jugendlichen innerhalb der Grünen ein großes Potential an Veränderungswillen, das nicht verloren gehen sollte. Obwohl im Rahmen der Diskussion scharfe Kritik an der grünen Wirtschaftspolitik geübt wurde, meinte Peter Pilz auf die Frage, ob die geäußerten Bedenken berücksichtigt werden, das dies leicht möglich sei, da es kaum Kritik gegeben hätte.
Albert Steinhauser
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : WoZ-Kommentar zur Alpeninitiative in CH
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Datum : Di 01.03.94, 16:17 (erhalten: 13.10.94)
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Kommentar:
> Alpenröte in der Verkehrspolitik
Die Kommentatorin der Zürcher Wochenzeitung WoZ sieht das Schweizer Abstimmungsergebnis als möglichen Auslöser für ein Umdenken in der EU
Am Sonntag abend fand im Urner Kantonshauptort keine Polizeistunde
statt, die Fasnachtsmusik spielte mitten in der Fastenzeit, und
der Landammann tanzte. Das Schweizer Volk hatte eine Initiative angenommen. Die Mehrheit der Stimmenden will die Alpen vor dem Transitverkehr schützen, will die international verkehrenden Lastwagen auf die Schiene schicken, will keine neuen Transitstraßen im Alpengebiet bauen. Jede angenommene Initiative in der Schweiz ist eine Sensation, aber diese ist es ganz besonders: Sie wurde von linken BewohnerInnen der Berggebiete lanciert, einer Region, die von bürgerlich-konservativen PolitikerInnen regiert wird und nur knapp über genügend Einwohnerlnnen verfügt, um die nötige Unterschriftenzahl für eine eidgenössische Initiative zusammenzubringen. Außerdem verträgt sie sich schlecht mit der heute vor allem noch auf Tonnagen und Leistungskilometer ausgerichteten Verkehrspolitik der europäischen Union.

Schon vor der Lancierung gab man dem geplanten Volksbegehren wenig Chancen. Seit 1988 traf sich der sogenannte Andermatter Club-Leute aus dem Oberwallis, dem Tessin, Graubünden und Uri, um gemeinsame Strategien gegen die Verkehrsprobleme im Berggebiet zu finden. Die Initiantlnnen standen damals noch unter dem Eindruck des Unwetters im Sommer 1987, wo sehr deutlich wurde, wie extrem das Alpengebiet auf ökologische Veränderungen reagieren kann. Als der Andermatter Club im Mittelland bei den grossen Umweltverbänden und dem VCS Mitinitiantlnnen für die eidgenössische Initiative suchte, winkten diese ab. Sie waren damals mit etlichen nicht sehr aussichtsreichen Initiativen (Stopp dem Beton, Gewässerschutz, Atom-Ausstieg) beschäftigt und glaubten nicht mehr so recht an diese Form des Politisierens. Erst später unterstützten sie das Volksbegehren. Inzwischen hatte es das Parlament abgelehnt, beim NEATBeschluss eine Verkehrsumlagerung vorzuschreiben. (Anm.: Die NEAT ist die Neue Eisenbahn-Alpentransversale, die alles andere als ökologisch geplant ist. Aber deren Bau ist fixiert und jetzt soll das Projekt doch einen Sinn erfüllen, d.akin-LayOuter) Die AlpenInitiative war im National- und Ständerat chancenlos. Die Räte fanden es nicht einmal nötig, einen Gegenvorschlag zu formulieren. Sie wußten, dass konsequente. progressive Anliegen in der Schweiz höchstens auf einen Unterstützungsgrad von 40 Prozent zählen können. Dass es den Initiantlnnen in ihren Stammlanden und auch ausserhalb davon gelang, einen Teil der bürgerlichen Politikerlnnen von ihrem Anliegen zu überzeugen, das ermöglichte die Sensation.
Nach den ersten Abstimmungskommentaren von Politikerlnnen und Medienleuten soll nun aber gar kein Grund zur Freude bestehen. Der Röstigraben klafft, und den lieben Compatriotes ist es sogar verleidet, zur Urne zu gehen, weil sie von den Deutschschweizerlnnen dermassen geknechtet werden. Laurent Rebeaud, grüner Nationalrat aus Genf, will in diese Klagen nicht einstimmen. Im Gegensatz zu seiner Partei hat er den EWR-Beitritt befürwortet, seine Unterstützung galt jedoch auch der AlpenInitiative. «Wenn die Westschweiz in der Alpen-Initiative eine europapolitische Abstimmung gesehen hätte, dann wären mehr Leute zur Urne gegangen», meint er gegenüber der WoZ. «Die Nein-Stimmen kommen zu einem grossen Teil von den Automobilisten. In der Westschweiz braucht es keine Autopartei, denn die Anliegen der Autofahrer und Autofahrerinnen sind hier in den bürgerlichen Parteien bestens vertreten. In Verkehrsfragen sind wir einfach zehn Jahre im Rückstand.» Was die Europapolitik betrifft, so hofft Rebeaud nach diesem Abstimmungsergebnis auf eine Oeffnung der Deutschschweiz. Wenigstens in seiner Partei zeichne sich diese bereits ab.
Kein Wunder, reagierten einige europäische Verkehrsminister im ersten Moment negativ auf das Abstimmungsergebnis; sie brauchten ja nur auf die Argumente ihrer Schweizer Verhandlungspartner im Abstimmungskampf zurückzugreifen. Einige Tage später sieht das Donnerwetter jedoch schon milder aus. Oesterreichs Verkehrsminister Viktor Klima fühlt sich durch den Schweizer Entscheid in seinen Verhandlungen mit der EU bestärkt. Und die ökologisch ausgerichteten Europaparlamentarierlnnen sind vorn Abstimmungsergebnis geradezu entzückt. Das österreichische Transitforum hat für den kommenden Freitag kurzerhand eine Blockade der Inntalautobahn angekündigt, um klarzumachen, daß die Bevölkerung an den Transitstrecken keine Änderungen des bestehenden Transitvertrags akzeptieren wird. Aus dem Südtirol, der italienischen Seite der Brennerroute, wurde ein Telegramm abgeschickt, das von 26 europäischen Parlamentarierlnnen fast aller Fraktionen und Mitgliedsländer unterschrieben ist: «Zum Glück gibt es die Schweizerlnnen. Wir sind dankbar für die AlpenInitiative und die europäische Lektion an den eidgenössischen
Urnen.» Nel van Dijk, die niederländische Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr im Europäischen Parlament, erklärte am Mittwoch der WoZ: «Der Ausgang der Initiative ist sehr wichtig für eine umweltfreundliche Politik in Europa. Die Union wird nun zum Nachdenken gezwungen. Wir müssen die ökologisch sensiblen Gebiete schützen. Der beste Weg wird sein, endlich die Kostenwahrheit im Verkehr einzuführen.» Wenn die Schweiz nein gestimmt hätte, so wäre ihrer Ansicht nach ein verstärkter Druck auf das Transitabkommen von seiten der EU auf die Schweiz ausgeübt worden. Die Stimmung im Verkehrsausschuß nach der Abstimmung faßt van Dijk folgendermaßen zusammen: «Ich weiß, daß es die Verhandlungen der Kommission ziemlich kompliziert. Doch sollten die Leute davon zu überzeugen sein, daß das Abstimmungsergebnis eine Sache ist und die anstehenden Verhandlungen wie beispielsweise über das Luftverkehrsabkommen eine andere.»
Lisa Inglin (in WoZ,25.2.94)
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Empfaenger :
Betreff : EILMELDUNG! Neuer Aufruf-PROZESS,e
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Datum : Fr 22.04.94, 23:39 (erhalten: 13.10.94)
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Hauptverhandlung am 24. Mai 1994, 9 Uhr
und am 26. Mai 1994, 9 Uhr
Ort: Großer Schwurgerichtssaal Parterre/Landesgerichtsstraße 11
> Betrifft: 42 Personen des 2. Aufrufs zum Ungehorsam gg. Militärgesetze Richter: Mag. Ernest Maurer
Folgende Personen:
ALDRIAN Michael, ASCHERMANN Ulrich, Mag. BARTELMUHS Ingrid, BENGESSER Andreas, Dr. BOLIUS Uwe, BROSSMANN Eva, DAUWA Karin, DAVID Barbara, DEMMEL Gerald, DIETRICH Gregor, DUSEK Dominik, FLADERER Michael, FRAUSCHER Martina, FUX Ingrid, GOLDEMUND Herwig, HACKL-DEIXLER Doris, HEIDOVITSCH Johannes, HELBERGER Beate, HOeLL Kathleen, ISPER Helmut, KIESLINGER Michael, KRAFT Harald, KREISSLER Lotte, MARGULIES Martin, MAUKNER Harald, MITTERMAIR Robert, NENNING Günther, NESSER Stefan, OBERMÜLLER Janina, PLANITZER Ignaz, PROTZE Klara, RESETARITS Willi, SCHROeCKENFUCHS Michaela, SCHWEINBERGER Cornelia, SMETSCHKA Barbara, SOHLER Karin, SPINDLBECK Claudia, Stotz Oliver, WAGNLEITHNER Andrea, WEISSMANN Gottfried, WINGELMÜLLER Ulf
> Treffen:
Dienstag 26. April, Arge Schottengasse 3a/1/4/59 ab 18 Uhr,
Tel. 53 31 238
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : 4 Jahre Radldemo RaF
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Datum : Sa 18.06.94, 19:28 (erhalten: 13.10.94)
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> (RaF-Pressedienst im akin-Pressedienst)

Presseaussendung
>FOTOTERMIN
4 Jahre Raf
Radldemo am Freitag, 24.Juni 1994, 16 Uhr
Treffpunkt Rathausplatz
Vor 4 Jahren waren wir zum ersten Mal auf Wiens Straßen unterwegs. Wir protestierten gegen die Untätigkeit des Rathauses im Zusammenhang mit den überhöhten Ozon-Grenzwerten in der Stadt.
Seither fahren wir jede Woche freitags durch diese Stadt, um den Autofahrern, der Polizei und dem Rathaus klarzumachen, daß die Zeiten, wo sich Radfahrer alles gefallen lassen haben, endgültig der Geschichte angehören. Heute ist das Fahrrad aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken, auch wenn die Herren im Rathaus es doch so kramphaft versuchen. Sicher, hie und da weiht Herr Zilk mal einen Radständer ein. Sicher, es werden Radwege gebaut. Aber hauptsächlich um die Radfahrer von der Straße auf die Gehsteige zu zwingen, wo sie die Autofahrer nicht mehr stören und Fußgängern ein neues Feindbild liefern. Divide et impera!
Wir fordern Verkehrskonzepte, die den umwelt- und menschenfreundlichen Verkehrsformen (per öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß, per Rad) endlich mehr Rechte einräumen. Und das sehr wohl auf Kosten des motorisierten Verkehrs, der dezimiert werden muß!
Bislang wollte man uns nicht zuhören. Wenn wir lediglich auf den wenigen Rechten bestanden, die uns die StVO einräumt, wurden wir kriminalisiert. Wenn neben den Amtshandlungen ein Autofahrer gefährlich Drohungen ausstieß, wenn einem abgestiegenen Radfahrer über den Fuß gefahren wurde, wenn sich Menschen nur durch Hechtsprung vor durchdrehenden Autofahrern retten konnten, dann sah die Polizei weg.
Noch mehr Gründe für uns auch nach mehr als 200 Fahrten weiterzumachen.
TERMINE:
4 Jahre Raf (Radfahren am Freitag) Anschließend: Radldemo am Freitag, 24.Juni 1994, 16 Uhr Fest im TU-Club Treffpunkt Rathausplatz ab 19 Uhr
Und jeden weiteren Freitag Radldemo: Same time, same station!
Weitere Infos: siehe unten

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Empfaenger : /A/PRESSE Betreff : Allzueiliger EU-Beschluß des VfGH Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : So 04.09.94, 12:37 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 5589 Bytes ------------------------------------------------------------------
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EU:
> Eiliger Entscheid
Mitten im Sommerloch mußten von der bürgerlich-konservativ
angehauchten "Initiative Heimat & Umwelt" 3500 Unterschriften zur Anfechtung der EU-Volksabstimmung eingebracht werden, was ihnen zur eigenen Überaschung binnen einer Woche gelang. Am 22.Juli wurde die Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Dann waren Bundeskanzleramt und Innenministerium aufgefordert, Stellungnahmen vorzubringen.
Am 26.8. erhielt der offizielle Beschwerdeführer, der Uni-Dozent Erwin Bader, die Stellungnahmen der Regierung. Und dann ging auf einmal alles sehr schnell. Entgegen seiner sonstigen Trägheit setzte der VfGH bereits für Montag, den 29.8. eine diesbezügliche Sitzung an. Bader erfuhr davon nicht einmal offiziell, sondern nur aus den Medien. Er bastelte mit Anwalt Josef Hofer in Windeseile 34 Seiten an Repliken und übergab diese am Morgen vor Sitzungsbeginn dem Gerichtshof. Am 30.8. entschied der VfGH abschlägig und lieferte am 31.8. den 52-seitigen Urteilsspruch aus. Bader auf einer Pressekonferenz am Donnerstag: "Man hat gar nicht versucht, so zu tun, als hätte man unsere Antwort gelesen!" Inge Rauscher von der Initiative Heimat & Umwelt kann sich diese auffällige Eile "nur durch den nahenden Nationalratswahltermin und dem damit zusammenhängenden Tauziehen um eine Sondersitzung des Nationalrats von 21.-23.September" erklären. Dieser Termin wäre die letzte Möglichkeit der jetzigen Regierung, das Beitrittsgesetz zur Europäischen Union noch vor den Wahlen vom Nationalrat ratifizieren zu lassen. Immerhin war ja auch der diesbezügliche Ministerratsbeschluß für Dienstag, den 6.9., vorgesehen; bei einem
offenen Anfechtungsverfahren wäre ein solcher Beschluß rechtlich wohl nicht ganz einwandfrei gewesen.
Bader und die Initiative Heimat und Umwelt fochten die EU-
Abstimmung an, indem sie argumentierten, daß zur Abhaltung einer Volksabstimmung auch die Information des Bundesvolkes gehöre. Dies sei nicht geschehen. Man habe zwar gesagt, der EU-Beitritt sei "zwar eine Gesamtänderung der Verfassung, aber man hat nicht gesagt, in welcher Weise" (Bader). Die Änderung betreffe ja vor allem die Bestimmung des Art. 1 B-VG, der bestimmt, daß das Recht
vom Bundesvolk auszugehen hat. Dieses Bundesvolk sei aber nicht genügend darüber informiert gewesen, daß in der Gemeinschaft "80% der Gesetze von der EU nach unten verordnet" werde.
Auch bestünde nun ziemliche Rechtsunsicherheit. Der Politökonom Erwin Weissel betonte bei der Preeskonferenz, daß immer noch nicht ganz klar sei, wie sich diese Gesamtänderung substantiell auf das Verfassungsrecht auswirke. Schließlich stünden ja das noch zu beschließende Beitrittsverfassungsgesetz und das alte Bundesverfassungsgesetz in eklatantem Widerspruch. "Kein Mensch weiß, was wir momentan eigentlich für eine Verfassung haben", so Weissel.
Die EU-Gegner protestierten auch dagegen, daß ihnen weder finanzielle Unterstützung noch Kontrollrechte bei der Auszählung
gewährt worden sind. Schließlich sei dies bei Wahlen ja durchausüblich.
Der Verfassungsgerichtshof sah das anders. Da die EU-Gegner keine wahlwerbende Gruppe seien, hätten sie auch dementsprechend keine Rechte. Sie existierten rechtlich gar nicht. Abgesehen davon
bestehe "im Fall der Volksabstimmung eine rechtliche Verpflichtung zur (aktiven) Bereitstellung von Werbeetats nicht", so das Höchstgericht.
Dennoch gibt das Gericht zur Kampagne der Bundesregierung seinen Senf zu. In seiner Erkenntnis "vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die 'Werbung' für ein positives Abstimmungsergebnis ... überschießend und unzulässig gewesen sei, zumal dem Anfechtungswerber entgegenzuhalten ist, daß ein beträchtlicher Teil der von ihm als `Werbung` eingestuften Aktivitäten als (neutrale) Oeffentlichkeitsarbeit mit bloßem Informationscharakter ... angesehen werden muß..."
Andere Argumente der EU-Gegner behandelte der Verfassungsgerichtshof feinfühliger. Bei Urgenzen der Anfechtungswerber, Beitrittsverfassungsgesetz und Beitrittsvertrag seien verfassungswidrig, zog der VfGH sich auf den Standpunkt zurück, daß diese Fragen nicht im Zuge des Anfechtungsverfahrens zu klären gewesen seien.
Diese letzte Hintertür will die Initiative noch nützen und bezüglich dieser Rechtsakte weitere Klagen beim VfGH einbringen. Als letztes Mittel sehen die Aktivisten den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an.
Bernhard Redl
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Proteste gegen Sonnwendfeier
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 21.06.94, 13:13 (erhalten: 13.10.94)
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Völkisches:
Proteste gegen Sonnwendfeier
Gestern, am 20.Juni, demonstrierte ein Bündnis
antifaschistischer Gruppen aus Wien und NOe auf dem Perchtoldsdorfer Marktplatz gegen die für heute, Dienstag, geplante Sonnwendfeier. Wie berichtet, wollen auch heuer wieder 'Oesterreichische Landsmannschaft' und 'Wiener Korporationsring' ihr völkisches
Fest auf der Perchtoldsdorfer Kleinen Heide feiern.
Letztes Jahr war es zu Auseinandersetzung zwischen Rechten und Antifaschisten gekommen. Mittlerweile sind auch aus dem Gemeinderat kritische Stimmen zu vernehmen: Falls es heuer wieder zu Provokationen seitens der angereisten Neonazis kommen werde, sei dies sicherlich
die letzte Sonnwendfeier dieser Gruppen in Perchtoldsdorf.
Für heute, Dienstag, ab 15 Uhr war eine weitere Kundgebung am Marktplatz vorgesehen. Die Veranstalter meinten, daß zwar das "Demonstrationsrecht für AntifaschistInnen de facto seit
einem Jahr außer Kraft gesetzt" sei, man aber dennoch versuchen werde, die Demo reibungslos durchzuführen.
Wie sehr die Organisatoren der Sonnwendfeier Proteste und mediale Zaungäste fürchten, zeigt sich nicht zuletzt in der Tatsache, daß heuer erstmals eine Teilnahme nur mit Eintrittskarte möglich ist.
(Antifaschistische Pressestelle Wien / akin)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Hobeks Kampf -- FPOeler auf linken Spuren
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mo 20.06.94, 15:49 (erhalten: 13.10.94)
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Glosse:
> Ich bin ein Oekobolschewik
Die FPOe hat mir ungewollt ein erbauliches Lesevergnügen
verschafft.
»Geh schau mal nach, steh ich auch drin?« Es war wie damals bei
den Stapo-Akten: Wer nicht erwähnt wurde, war frustiert oder beleidigt, manche auch erleichtert, je nach Temperament. Selber bin ich happy. Mit meinem bürgerlichen Namen steh' ich drin und mit meinem Spitznamen bin ich sogar ein »Oekobolschewik«, weil ich so gern RaF-G'schichterln schreib'. Die Renate kommt aber viel
öfter vor, das giftet mich. Also, nein, das ist nicht wahr, geltungssüchtig bin ich nicht! Aber bitte wieso ist das TATblatt »linksmilitant« und wir nur »grün-alternativ«? Da beschimpft man jede Woche die GAL und dann das! Und der Falter, ich bitte, der Falter hat doch...
Um was es überhaupt geht? Na, um das neue Kommunistenfresserbuch des »freiheitlichen« Martin Hobek.
Hobek ist kein Unbekannter mehr. Der nicht vor allzulanger Zeit als Scharfmacher neu eingesetzte FPOe-Bezirksrat in RudolfsheimFünfhaus dürfte laut Kennern der rechten Szene in der Partei bislang für die Feindaufklärung zuständig gewesen sein. Auch seine Broschüre über den sattsam bekannten Siegfriedskopf qualifizierte ihn ja schon zu Höherem. Neuester Gag waren Anti-EU-Pickerln des schon lange nicht mehr gesichteten RFS: Kontaktadresse Martin Hobek. Nach dem Auftauchen der FSI war der »Ring freiheitlicher Studenten« ja nicht mehr existent gewesen. Nach dem der FSI keine eindeutige Stellung zur EU nehmen wollte, war diese Reinkarnation wohl nötig geworden.
Doch damit genug über diesen Herrn. Die Kreuz-und-QuerVerbindungen dieses »Aula«- und »Identität«-Schreibers werden sicher ausführlich diese Woche im TATblatt dargelegt werden.
Reden wir lieber über sein neuestes Werk: »Molotow-Müsli« heißt es, war schon letzten Herbst angekündigt worden, wurde aber erst jetzt vom Freiheitlichen Bildungswerk (Vorwort: Andreas Mölzer, Nachwort: Erik Kuehnelt-Leddihn) herausgegeben. Dazwischen lagen die Briefbomben, was wohl eine gewisse publizistische Ladehemmung zur Folge gehabt haben dürfte. So darf man sich auch nicht wundern, daß der Buchautor mit dem Zitieren nicht über Material als aus dem Jänner 1993 hinauskommt.
Hobek versucht in diesem Buch zu beweisen, daß die »Grünen« in Wirklichkeit böse, terroristische Kommunisten sind. Zitat: »'Molotow-Müsli' -- Viele werden mit diesem Begriff vorerst nichts anzufangen wissen. Aber wenn man sich einige Wochen mit den GrünAlternativen innerhalb und außerhalb der Parlamentspartei GAL beschäftigt hat und nach einem möglichst bezeichnenden Symbol sucht, so kommt man von der Assoziation mit dem Molotow-Cocktail nicht mehr weg. Sehr viele Grün-Alternative würde an diesem Titel aber das 'Cocktail' stören; nicht nur weil die deutsche Übersetzung ('Hahnenschwanz') an die Heimwehr erinnert, sondern vor allem, weil dieses Getränk ein Ausdrucksmittel der 'herrschenden Klasse' ist. Da ist das Müsli schon eher 'in'. Darüber hinaus verkörpert 'Molotow-Müsli' viel besser die Ambivalenz der Grün-Alternativen, die freilich nur nach außen hin gegeben ist.« Die besten Persiflagen sind gar keine.
Nach dieser philologisch-kulinarischen Einleitung liefert Herr Hobek noch so einiges Logisches. Im September 1992 erschien nämlich ein- und derselbe Artikel in der akin wie im TATblatt. Hie und da kommt so etwas vor, wenn jemand eine Geschichte so wichtig findet, daß er mehreren Zeitungen einen Artikel darüber schickt, aber zu faul ist, 2 verschiedene Versionen zu schreiben. Doch Hobek, der sich akin und TATblatt immer zusammen in Wiener Buchhandlungen kauft, schließt messerscharf: »Es liegt also der Schluß nahe, daß es sich bei den aus verständlichen Gründen immer ungenannt bleibenden 'TATblatt'-Autoren um Grün-Alternative handelt«.
Kein Wunder also, daß ich nach dem ersten Durchblättern eine Geschichte über dieses Buch mit dem Titel »Sachen zum Lachen« schreiben wollte. Schon gar, als ich las, wie die Grünen auf dem
Weg zur stalinistischen Machtergreifung unterwegs sind. Leider ist das nicht nachzuerzählen, das muß man selber lesen, sonst glaubt man's nicht. Oder Sätze wie: »Wenn Günther Nenning der Urvater der österreichischen Grün-Alternativen ist, dann müßte man Freda Meißner-Blau als 'Urmutter' bezeichnen«, würden mir in meinen bösesten Zeiten nicht einfallen.
Doch dann entdeckte ich abseits des Humors eine andere Qualität dieses Buches...
Martin Hobek hat ja nichts anderes gemacht, als die letzten paar Jahrgänge von Falter, MOZ, TATblatt und akin durchzugehen. Und dazu ein bisserl profil und Standard, was sich halt im Archiv zum Stichwort »grün« fand. Da grub er halt alles aus, was Mandatare und Funktionäre der GAL gemacht hatten und unter die Hobek'sche Kategorie »rot« fällt. Und natürlich das ganze Umfeld dieser Kryptokommunisten von Opernballdemos bis zum RBH kommt auch zu Ehren.
Und Herr Hobek hat gute Arbeit geleistet. Wenn auch manches ein bisserl schlampert recherchiert ist -- was genau, das schreib' ich jetzt da nicht her, ätsch, lieber Martin -- und etliche gute Freunde leider keine Erwähnung finden, so kann man doch sein Werk als Who-is-who der Wiener Linken verwenden. Was wir heute z.B. über die Ansätze einer syndikalistischen Bewegung in Oesterreich Anfang dieses Jahrhunderts wissen, verdanken wir der Staatspolizei, die alles penibel protokollierte. Sicher, diese Schnüffler haben wir auch heute noch, aber bis die endlich unsere Akten herausrücken, haben wir wenigstens das Buch des Herrn Hobek. Zum Beispiel zitiert er die besten Stellen des ALOe-Programms von 1982. So treffende Stellungnahmen zu Demokratie und Kapitalismus hört man heute nur noch selten. Das les' ich doch gerne wieder. Auch der »Aufruf zum Ungehorsam gegen Militärgesetze« findet sich in diesem Buch wieder. In voller Länge! Oder Protestbriefe gegen die Ägidi-Räumung. Und darauf folgen dann seitenweise Listen von Leuten, die derlei unterschrieben haben und die auch in der GAL aktiv sind. Hui, sind das aber viele. Auch die Namen der akinAutoren ist Hobek durchgegangen und hat sie mit den Bezirksratslisten im Amtsblatt verglichen. Ich hab' gar nicht gewußt, daß so viele davon bei den Grünen sind.
Ja, und nicht zu vergessen: die Jung-Grünen mit ihrer INHALEParty. Auch ganz, ganz böse. Peter Pilz hingegen haben wir immer falsch verstanden. Wir hören immer nur, wenn er mal wieder einen opportunistischen Ausrutscher hat. Wie haben wir ihm doch unrecht getan. Dank Herrn Hobek kann der Bundessprecher jetzt jederzeit auf eine Sammlung ausgesucht sozialistischer Pilz-Zitate zurückgreifen und damit beweisen, daß er fast immer noch so rot wie in GRM-Zeiten ist. Allerdings tu ich mir schwer Herrn Hobek zu widersprechen, wenn er sagt: »Ein Abgehen von einer Meinung ist bei Pilz aber wahrlich nicht ausgeschlossen. Entscheidend hiefür sind der Zeitpunkt und vor allem der Grad der Oeffentlichkeit.«
Dennoch: Summa summarum sind die meisten Wiener Grünen rot. Und da gibt es dann noch so viele versprengte Linke bei der SPOe, bei der KPOe, bei der SJ, in den Zeitungsredaktionen und, und, und. Hobek schreibt selbst über seine Recherchen: »Je länger man sucht, desto mehr findet man, und zwar in überproportionaler Dimension. Diese Dokumentation ist somit zum Ergebnis eines notwendig gewordenen Arbeitsabbruches geworden«. Ein wunderbares Kompliment!
Hobek hat uns bewiesen, daß die Linke lebt und stark ist. Und daß die Grünen eine »Melonen-Partei« sind, außen grün und innen rot. Wenn's doch nur wahr wäre. Aber er hat mir meine Hoffnung in die
Grünen wiedergegeben. Denn ich mag Melonen. Zwetschgen mag ich nicht. Rein weng da Farb'.
_
Ce
Martin Hobek:
Molotow-Müsli, Die marxistische Vergangenheit und
Gegenwart der »Grün«-Alternativen
Aus der Schriftenreihe des freiheitlichen Forums KONTRO VERS Nr.3., Wien 1994,
ISBN 3-901292-05-5
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Die liebe Familie (Humanisten und Silo)
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mo 20.06.94, 15:53 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 19521 Bytes ------------------------------------------------------------------
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Weltanschauung:
>Die liebe Familie
Die 'Humanistische Bewegung' und der 'Siloismus'
Markus Wende in Berlin hat sich ausführlich mit dem Thema
beschäftigt: "Die 'Humanistische Bewegung' ist eindeutig eine Gruppe, die man als 'destructiv cult' bzw. im umgangssprachlichen Deutsch als 'Jugendsekte' bezeichnen muß. Außer dem Wort in ihrem Namen hat sie nichts mit Humanismus zu tun; Strukturen und Lehren sind vielmehr zutiefst anti-humanistisch, um nicht von faschistoid zu sprechen." (1) Auch für den evangelischen Theologen Friedrich Willhelm Haack ist alles klar: "Siloismus, Misch-Lehre aus fernöstlichen, kabbalistisch-theosophischen und faschistoidpolitischen Bausteinen" heißt es in seinem Sekten-Lexikon 'Findungshilfe Religion 2000'. (2) Und die Wiener Ex-Siloistin
Julia (3) meint: "Es bezieht sich alles nur auf 'Silo'. Und Silo hat sich halt alles zusammengefladert, was irgendwie ganz nett
klingt". Über die 'Humanistische Bewegung' (HB) wissen viele Leute einiges wenig Schmeichelhaftes zu sagen.
Diese Darstellung ist für die Jünger des Argentiniers Mario Luis Rodriguez Cobos -- genannt Silo -- natürlich lediglich Ausdruck eines gewissen Verfolgungswahns. Tatsächlich scheinen die 'Humanisten' in ihren politischen Stellungnahmen eher in Richtung
grüne und alternative Ansichten zu gehen. Dagegen spricht allerdings ihr etwas autoritärer Aufbau. Die HB ist nach einem räteähnlichen System organisiert. Doch werden die Räte nicht gewählt, sondern einfache Mitglieder ('Gruppendelegierte') steigen zu 'Teamdelegierten' auf, wenn es ihnen gelingt, 10 neue Mitglieder zu werben respektive zu 'orientieren'. Wenn diese geworbenen Mitglieder wieder je 10 neue 'orientiert' haben, steigen sie ebenfalls zu Teamdelegierten auf, der Teamdelegierte hingegen zum Allgemeindelegierten. Die nächste Stufe ist schon der Kern, dessen 'Orientierer' Silo selbst. Es stellt sich also ein hierarchisches System dar, in dem nur aufsteigen kann, wer nach dem Schneeballprinzip möglichst viele Leute anzieht. "Befehle" werden von der Spitze dieser Hierarchie-Pyramide aber keine nach unten weitergegeben. Sagt die HB.
Julia war Ende der 80er Jahre bei der Gruppe, die damals noch schlicht 'Die Bewegung' hieß: "In Wien gibt es nur ein paar Leute. Mir kommt vor, daß die 'Bewegung' hier sehr von der in München abhängt. Dort gibt's ganze Häuser, wo die Leute zusammen wohnen und da gibts für die halt nur mehr die 'Bewegung'. Und natürlich Silo, der große Silo! Dort läuft das ganze schon viel hierarchischer ab, der eine sagt was und der andere machts dann." Um die Untergebenen zu orientieren, wird einiges getan: "Du hast mehrere Seminare, die du machen mußt, manche kannst du aber erst machen, wenn Du in die nächste Ebene aufgestiegen bist. Bei diesen Treffen macht man so gruppendynamische Spielchen oder autogenes Training. Meistens mußt du dir einen Feuerball vorstellen, der in dir brennt, in der Herzgegend, und der dich ausbrennt."
Die Berliner Broschüre 'Führerkult als Parteiprogramm' von Markus Wende und Felix Weiland berichtet da sogar von einem Wochenseminar in Italien, wo "die Leute, die da hinkommen, erst einmal ungefähr 24 Stunden in Isolationsfolter gesteckt werden", die sie "in einem abgedunkelten, schalldichten Raum" zubringen müßten. "Anschließend werden sie von psychologisch gut geschulten Leuten gebrochen und umgedreht," zitieren Wende und Weiland eine Aussteigerin. (4)
Julia weiß nichts von derlei Monströsitäten zu berichten, doch: "Die kommen dir dann mit dem Psychoschmäh. 'Du arbeitest jetzt deine Kindheit auf', heißt es dann. Oder du machst Imaginationsreisen wie zum Beispiel: Zuerst stellst du dir die Welt vor, wie du sie eigentlich haben möchtest und dann denkst du darüber nach, was für ein Arschloch du eigentlich bist." Und zu deiner Erlösung verhilft einem natürlich nur Silo. Der schreibt: "Wenn Du Dein Wesen aber in eine lichtvolle Richtung lenkst, so wirst du bei jedem deiner Schritte Widerstand und Müdigkeit in dir aufsteigen spüren. Für diese Müdigkeit beim Aufstieg gibt es Gründe: Dein Leben, deine auf dir lastenden Erinnerungen und deinen früheren Taten behindern deinen Aufstieg. Der Weg nach oben wird erschwert durch den Einfluß deines Körper, der dich zu beherrschen sucht." (5)
Religionswissenschaftlich kann derlei vieleicht als Gnostizismus bezeichnet werden. Der "gute" Geist muß sich von der "bösen" Materie befreien, um sich zu erlösen. Die Gnosis (griech. "Erkenntnis") besitzt jedoch nur ein von einer Gottheit gesandter Führer, der die Aufgabe hat, den Menschen bei ihrer Heimführung zu helfen. Unschwer kann -- bei Akzeptanz dieser These -- als Messias Silo erkannt werden. Auch sein Spitzname deutet daraufhin. Zwar steht die Behauptung der HB im Raum, er hätte ihn auf Grund seiner Körpergröße von 1,95, doch wissen Weiland/Wende anderes zu berichten: "Vielmehr dürfte hier eine der vielen Erlösergestalten, die das alte Testament ankündigt, Pate gestanden haben: der Silo der Genesis [1.Moses 49,10; red.], aus dem Hebräischen meist als 'der Herrscher' übersetzt." Und weiter: "So steht auf dem Umschlag seines Buchs 'Die innere Landschaft' unter seinem Foto
kommentarlos hervorgehoben ein Text: 'Ernenner von Tausend Namen, Erbauer von Sinn, Umformer der Welt... Deine Väter und die Väter Deiner Väter leben in Dir weiter. Du bist nicht ein herabgefallener Meteor, sondern ein leuchtender Pfeil, der hin zu den Himmeln fliegt. Du bist der Sinn der Welt, und wenn Du Deinen Sinn klärst, erleuchtest Du die Erde. Wenn Du Deinen Sinn verlierst, verdunkelt sich die Erde und der Abgrund öffnet sich.'" (4) Die Erklärung der HB für diese Apologethik ist dabei lediglich, daß es ja durchaus üblich sei, Zitate eines Autors auf den Umschlag eines Buches zu schreiben als auch sein Foto abzudrucken. Mit "Anhimmeln" (Weiland/Wende) habe das gar nichts zu tun.
Julia hingegen erzählt: "Da sind ein paar einmal zum Silo
geflogen. Als sie zurückgekommen sind, hatten sie alle so komische Augen und waren unansprechbar: 'Ich habe Silo gesehen'. Was anderes hast Du von ihnen nicht gehört. Die Bewegung ersetzt bei vielen halt die Auseinandersetzung mit ihren Privatproblemen. Ich glaub' die könnten ohne die Bewegung nicht mehr leben."
Ingo Lantschner lacht, als ich ihm dieses Zitat vorhalte: "Also ich glaub, ich könnt' ohne ihn noch immer relativ gut leben." Lantschner, HB-Sprecher für Oesterreich über den argentinischen Gründervater: "Klar, er hat das Ganze ins Leben gerufen. Und er hat die Sachen auch immer ganz klar und er bringt die Sachen ganz gut auf's Papier. Der hat schon einiges am Kasten. Aber wenn er stirbt, werden wir nicht alle zum Grab pilgern. Es hängen bei uns auch keine Bilder von ihm rum,... oder ja, hie und da schon, aber wie man eben Familienbilder aufhängt."
Lantschner macht nicht den Eindruck eines Sektenmitgliedes. Seine Aussagen sind vernünftig-irdisch. Den Sektenvorwurf hält er für lächerlich: "Vor 2 Jahren wäre es noch leichter gewesen, uns abzustempeln, weil wir uns früher mehr mit der persönlichen Entwicklung befaßt haben. Da konnte man leicht zu dem Schluß kommen, die sind irgendwie religiös". Strenge Initiationsriten, wie früher durchaus üblich, würden seit 12 Jahren nicht mehr durchgeführt. Und Bezeichnungen für höchste Ränge wie "Erstes Magisterium" oder "Metropolit" würden heute nicht mehr gebraucht.
Nur "ein Arbeitsinstrument" sei die hierarchische Struktur: "Hierarchien zählen zu den erfolgreichsten und effektivsten Systemen der Welt, wie zum Beispiel unser Nervensystem". Zu kritisieren sei nicht das Prinzip selbst, "sondern wie die Beziehungen unter den Menschen sind, nämlich nach oben buckeln und nach unten treten". Der Informationsaustausch innerhalb der Bewegung verlaufe folgendermaßen: Rückmeldungen von der Basis werden vom Orientierer gesammelt, zusammengefaßt und an die nächsthöhere Ebene weitergegeben. Diese Berichte werden vom Orientierer dieser Ebene wieder gesammelt und höhergegeben und so weiter bis zu Silo. Und der orientiert dann wieder von oben oder schreibt Briefe an seine "lieben Freunde" an der Basis. Ob dieser Akt der Zusammenfassung und also notwendigen Verkürzung eine demokratische Angelegenheit ist, bleibt fraglich. Zwar ist der jeweilige Orientierer -- wenn schon nicht wählbar -- so doch abwählbar mit einfacher Mehrheit seiner Gruppe. Allerdings, so Lantschner, komme das nur "sehr gelegentlich" vor.
Auch daß lediglich die Briefe des Silo sowie die sonstigen Schriften des Oberhumanisten zur Orientierung vorhanden sind, ist nicht gerade befriedigend. Denn außer Silos Werken bietet die HB zur Darstellung nach außen nur noch diverse Manifeste der Bewegung. Kritisch diskutiert wird Silo nicht. Das Motto verkürzt ausgedrückt: Wem's nicht paßt, der kann ja gehen.
Schön. Aber was macht die HB eigentlich? Lantschner: "Gleich vorweg: Wir sind nicht so einfach zu erklären. Wir sind nicht eine Gruppe, die sagt: 'Wir schützen die Pinguine im Oetztal'" Die HB versteht sich "als Meinungsströmung, die im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte zahlreiche Organisationen ins Leben gerufen hat. Das Ziel war, Diktaturen und Ungerechtigkeiten jeglicher Art zu bekämpfen". "Die erste Studiengruppe der Bewegung organisierte sich ungefähr im März 1966 um Silo in Mendoza (Argentinien)" (6) Nach eigenen Angaben war diese eine Oppositionsgruppe gegen das Militärregime. In ihrer wechselvollen Geschichte hatte sie viele Namen. Anfänglich als "Innere Religion", "Religiöse Gemeinschaft" und "Die Gemeinschaft" firmierte sie bis Ende der 80er unter "Die Bewegung" bis sie zum jetzigen Namen fand. Initiiert wurden von ihr die formal und laut HB auch tatsächlich unabhängigen "Organismen": die "Humanistische Partei" (eine Wahlpartei, mit Erfolgen bei Wahlen in Lateinamerika aber auch in Schweizer Kommunen), die "Grüne Zukunft" (eine Umweltschutzvereinigung") sowie die im sozial-kulturellen Bereich tätige "Gemeinschaft für die menschliche Entwicklung". Die politische Orientierung all dieser Gruppen erscheint auf den ersten Blick den 'Grünen' nicht unähnlich.
Heute arbeitet die HB in gut 50 Ländern mit etwa mit 5500 Mitgliedern (laut eigenen Angaben) und geschätzten mehreren zehntausend Sympathisanten. In Oesterreich gibt es bis dato nur 8 Mitglieder. Lantschner: "So drum rum gruppieren sich etwa 40 Leute, die einigermaßen regelmäßig was tun". Dazu kämen noch etwa 2-300 Sympathisanten. In Oesterreich gibt es auch lediglich in der Bundeshauptstadt Aktivitäten.
Neben den Organismen hat die HB auch noch "Aktionsfronten", Arbeitsgruppen also, die zu verschiedenen Themen arbeiten. In Wien gibt es bislang die Aktionsfronten Medien, Medizin und das Humanistische Nachbarschaftszentrum (HUZ) in der Alsergrunder Bleichergasse. Jüngstes Kind der Wiener Humanisten ist die "Humanistische Aktion gegen Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung" mit ihrem Zeitungsprojekt "Humansky". Motto: "Der Mensch im Mittelpunkt".
In der Tat erscheinen sowohl die Papiere dieser Aktionsfronten als auch deren Proponenten durchaus von dieser Welt. Bis auf die Orientierung auf ihren Gründervater kann ich deren Weltbild in groben Zügen teilen. Doch Zitate wie dieses machen doch stutzen: "Denke nicht, daß du verstehen wirst, wenn du mit mir diskutierst. Vielleicht glaubst du, daß dein Verständnis sich schärft, wenn du widersprichst. Dazu ist zu sagen, daß in diesem Falle der
Widerspruch gewiß nicht der angemessene Weg zum Verständnis ist." (5)
Als ich bei einem 'Humanistischen Abend', zu dem mich Ingo
eingeladen hatte, diesen Widerspruch zwischen emanzipatorischen Inhalten und siloistischer Dogmatik aufgeklärt wissen wollte, antwortete mir eine Humanistin: "Ein Motto ist bei uns: Denken, Fühlen, Handeln". Und Silo habe eben nicht nur viele Texte für den Intellekt geschrieben, sondern auch Dinge, die man damit nicht erfassen könne. Aber doch beharre ich auf der Frage nach der internen Kritik: Wird hier eigentlich nie richtig gestritten? Lange Pause. Dann antwortet Ingo: "Weißt Du, das ist eigentlich nicht unser Stil."
Doch Kritikern wie Markus Wende fallen auch noch andere Punkte an der HB auf. Er schreibt: "Interessant für die Anfangsphase sind die Aktivitäten eines Bruno von Ehrenberg, der sich durch intensive Kontakte zu faschistischen Organisationen Argentiniens einen Namen gemacht hat" (1). Was von den Humanisten bestritten wird: Er wäre vor 20 Jahren in der Bewegung gewesen, man hat seither nichts mehr von ihm gehört, vielleicht weil die HB "eben
doch nicht seinen Ideen entsprach". (7) Doch Wende vermutet, daß er auch weiterhin "vermutlich unter dem Pseudonym 'Hermann van
Dooren' zahlreiche grundlegende Werke der Organisation publizierte". (1)
Auch können die deutschen Humanisten den Vorwurf des Gründungsdatums der Bewegung in der BRD am 20.April 1980 als NaziHinweis nur schwer entkräften. Sie argumentieren, sie könnten sich nicht um die Geburtstage aller Diktatoren kümmern. (7) Hitler war jedoch einer der wenigen Diktatoren, die ihren Geburtstag als pompösen Staatsfeiertag begangen. Das Datum muß also auch den HBGründern bekannt gewesen sein. Als Beweis nazistischer Tendenz taugt es zwar nicht, ist aber dennoch ein auch nicht zu leugnendes Indiz. Auch der bisherige adjektivlose Name "Die Bewegung" ist nicht wirklich koscher. Immerhin bezeichneten sich bislang lediglich Nazigruppierungen vor und nach '45 so. Zwar ist der Name aus der Übersetzung des spanischen Originalnamens zu erklären. Dennoch ist auch hier zumindest eine gewisse Gedankenlosigkeit zu kritisieren. Im übrigen stellt sich die Frage, ob der Verzicht auf genauere Definition im Namen nicht einen Hinweis auf einen Alleinvertretungsanspruch gegenüber der Jugendbewegung inkludiert. In öffentlichen Statements der Humanistischen Bewegung wird dieser Wille zur Hegemonie allerdings immer bestritten.
Die HB stellt sich also dar als eine Gruppierung, deren ausgesprochene Ziele durchaus ehrenwert erscheinen. Ein Teil der Anfeindungen durch christliche Kirchen wie durch etablierte grüne Parteien könnten tatsächlich einem Konkurrenzdenken entspringen. Klar erscheint jedoch der Führerkult. Die HB meint, wenn "Silo"
ein Guru wäre, dann müßte auch für Marx, Trotzky oder Bakunin dasselbe gelten. Doch hinkt der Vergleich. In heutiger Zeit sind es es glücklicherweise nur mehr wenige, die diese Vordenker unkritisiert hinnehmen. Aber Silo schreibt: "Hier wird von der inneren Offenbarung gesprochen, die jedem zuteil wird, der in demütiger Suche beharrlich nachsinnt." (5)
So sollte man auch zu jenen Humanisten eine gesunde Distanz wahren. Sie zu isolieren oder als "Faschisten" zu bezeichnen wäre Unfug. Auch ist durchaus eine punktuelle Zusammenarbeit zwischen "Humanisten" und "Alternativen" vorstellbar, wie sie von HB und SOS Mitmensch praktiziert wird. Ein Rausekeln, wie es wegen des Sektenvorwurfs im Wiener WUK geschah, ist kontraproduktiv. Den Mitarbeitern der diversen Aktionsfronten dürfte der mystische Unterbau ziemlich egal sein. Auch spricht Julia von einer hohen Fluktuation, die darauf zurückzuführen sein dürfte, daß den politisch Interessierten oft genug der große Argentinier zuviel wird und sie entdecken, daß es auch ohne geht. "Die Leute vor Ort in der HB sind sicherlich nicht 'faschistisch', vielmehr sind es sehr oft 'linke, ökologisch engagierte Leute'" meint auch der ansonsten so "antihumanistische" Markus Wende.
Zumindest heute und in Oesterreich scheint die Gruppierung die politische Tätigkeit jedoch weniger als Rekrutierungsmittel vorzuschieben, sondern tatsächlich großteils eine politische Vereinigung zu sein. Silos emotionale Dogmen treten auch immer mehr in den Hintergrund zu Gunsten seiner rationalen Aussagen kapitalismuskritischer Richtung, die aber ihrer Natur wegen leichter selbst der Kritik aussetzbar sind.
Die Definition "Sekte" trifft also beileibe nicht den Kern der Sache. Diese Schublade dient immer häufiger zur Ausgrenzung von Nichteinordenbarem. Aber wenn auch vermutlich eine Modernisierung der HB stattgefunden hat, ist dem Verein doch eine autoritäre Orientierung -- vor allem in den höheren Rängen -- nur schwer abzusprechen. Markus Wende: "Die Einstellung der mittleren Kaderebene erscheint mir zumindest hochgradig dubios. Die
Führungsebene ist mit Sicherheit zumindest faschistoid eingestellt".
Das Engagement für soziale oder ökologische Anliegen mag ja recht löblich sein. Ohne gleichsetzen zu wollen, sollte es jedoch nach den Erfahrungen mit Stalinisten aber auch Jesuiten klar sein, daß eine "menschlichere Welt" nicht durch eine erneute Fesselung der Meinungsfreiheit erreicht werden kann. Denn ob dieser Maulkorb mittels Androhung physischer Gewalt, der Exkommunikation oder des Liebesentzugs aufgesetzt wird, ändert am Maulkorb selbst nichts. Denn das Bewußtsein, einen Maulkorb anderen aufsetzen zu können, führt zwingend zu einem Machtrausch, dessen Folgen allemal absolutistische Strukturen sind.
Was allerdings auch für einige Sektenjäger sowie einer ganzen Reihe anderer sozialistischer, ökologischer oder religiöser Gruppierungen gilt, mögen ihre Motive auch noch so edel sein. Oder wie Julia sagt: "Ich schätz' sie gar nicht so viel anders ein als viele Leute z.B. in der Umweltbewegung. Da sind auch viele dabei, die glauben, sie haben sich jetzt schon so viel weiterentwickelt, nur weil sie dabei sind."
Bernhard Redl
Anmerkungen:
1) Stellungnahmen von Markus Wende (M.WENDE@VLBERLIN.comlink.de) im Netzwerk ComLink
2) Friedrich Wilhelm Haack: Findungshilfe Religion 2000; München 1988 3) Name von der Redaktion geändert
4) Markus Wende und Felix Weiland: Führerkult als Parteiprogramm, "Grüne Zukunft" und "Humanistische Partei": Lockvögel des siloistischen Okkultismus; Hrsg.: AG Sekten des AStA der FU
Berlin, Berlin 1990
5) Silo: Die Erde menschlich machen -- Drei Schriften: Der innere
Blick, Die innere Landschaft, Die menschliche Landschaft; o.J.a., o.O.a. 6) Ingo Lantschner: Humanistische Bewegung, Wer wir sind und was
wir tun...; Wien 1994
7) Gustavo Joaquin: Gruselgeschichten für unkritische Leser oder
die Wahrheit über die Broschüre "Führerkult als Parteiprogramm"; Hrsg.: Humanistische Bewegung, München 1994
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Empfaenger : /A/BASSENA
Betreff : Glosse: Warum nicht Grün wählen? Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 13.09.94, 13:18 (erhalten: 13.10.94)
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Nationalratswahlen:
> Mehr Grün-Alternative im Parlament kann doch kein Fehler sein
Von Herbert Sburny-Brunner, einem nicht ganz chancenlosen
Kandidaten der Grünen zum Nationalrat
Glosse für akin 24/94

Als ich mich bei der Wiener Landesversammlung im November 1993 um
einen vorderen Platz auf der NR-Landesliste bewarb, tat ich es +vorwiegend aus innerparteilichen Motivationen. Ich dachte nicht daran, ins Parlament zu kommen, sondern ich wollte die ParteiaktivistInnen für die Gefahren einer "Normalisierung", einer Pragmatisierung der Grünen Bewegung sensibilisieren. Meine doch etwas überraschende Wahl auf den vierten Listenplatz freute mich sehr und war Auftrag, verstärkte Aktivitäten innerhalb der Partei zu setzen. Einige von mir mitgestaltete inhaltliche Diskussionen zu Grundsatzfragen der Grünen haben über die Parteiöffentlichkeit hinaus Echo gefunden. Dazu knapp einige Stichworte: militärische Einsätze, die sogenannte Moralfrage, unsere EU-Politik und Fragen der Entwicklungszusammenarbeit.
Eine Zukunft für mich als Abg.z.NR schien mir völlig unrealistisch; keinen ernsthaften Gedanken verschwendete ich dafür. Daher auch einige witzig und eben nicht ernstgemeinte Bemerkungen zu diesem Thema. Meine Zielvorstellung war: den möglichst verstärkten Wiedereinzug der Grünen im Nationalrat sichern zu helfen und gleichzeitig ein Auge darauf zu haben, daß möglichst wenig unserer grundsätzlichen Vorstellungen im Wahlkampf verlorengehen.
Nun, vier Wochen vor der Wahl, scheint eine neue Option möglich zu sein. Die Umfragen schauen für die Grünen besonders in Wien so günstig aus, daß es nicht mehr völlig ausgeschlossen ist, in Wien vier Mandate zu erreichen. Schon klar, Umfragen sind Umfragen und Wahlen was anderes. Aber die Möglichkeit besteht. Jedenfalls meinen dies viele meiner Partei- und sonstiger FreundInnen. Die einen fragen mich mit besorgter Miene, ob ich denn im Fall der Fälle das Mandat annehmen werde und wie lange ich denn bleiben wolle.
Die anderen drängen mich in Richtung Annahme und die dritten,
meist Linke, die sich nicht sicher sind, ob sie überhaupt wählen sollen, meinen in verschiedenen Formulierungen, daß ich im Parlament auch nichts ändern könnte an der schwammigen Politik des Grünen Klubs, sondern im Gegenteil mich entweder anpassen oder umkommen werde.
Allen dreien möchte ich hier in der AKIN eine Antwort geben. Den "Linken", weil die AKIN ihr Diskussionsorgan ist (ich kenn kein besseres), und den "Nurgrünen", weil ich weiß, daß auch diese sehr aufmerksam die AKIN lesen; halt erst eine Woche später, wenn sich herumgesprochen hat, daß was über die Grünen drin steht.
Die Antwort ist einfach:
1. Wenn so viele Menschen grün wählen, daß ich mich entscheiden muß, dann werde ich mich für das Mandat entscheiden.
2. Drinnen bleibe ich, solange mir die Arbeit sinnvoll erscheint und solange es niemandem gelingt, mir die Freude daran zu nehmen. Aber allerhöchstens eine Legislaturperiode. Dann gehe ich in die Pension. Außerdem bin ich nach wie vor für die Rotation.
3. Ich weiß, daß ein Grüner mehr, auch nicht ein Herbert im parlamentarischen Alleingang, die unsoziale, umwelt- und demokratiefeindliche Politik der Herrschenden im Parlament und wo sonst noch möglich, verhindern kann. Aber ich kann und werde sie beim Namen nennen. Ich werde die Behandlung von Menschen ohne österreichischer oder EU-Staatsbürgerschaft durch Regierung und Behörden rassistisch und mit dem Faschismus verwandt nennen.
Ich werde die sogenannte österreichische Entwicklungszusammenarbeit, soweit sie regierungsoffiziell ist, eine menschenverachtende, verlogene Förderung der heimischen Wirtschaft nennen und ich werde, soweit sie von NGO's betrieben wird, von Fall zu Fall sehr genau überprüfen und auch dort falsche Denkmuster und vorauseilenden Gehorsam aufzeigen.
Nun will ich hier nicht alle wichtigen Politikbereiche aufzählen und Versprechen abgeben. Ich belasse es bei diesen beiden, weil sie mir am meisten am Herzen liegen, weil ich mich hier am besten auskenne.
Doch ein Versprechen möchte ich schon noch erneuern (ich sprach darüber auf der Landesversammlung): die schöne, alte, leider etwas in Vergessenheit geratene grün-alternative Tradition, die praktische Immunität von Abgeordneten bei Demos und ähnlichen Anlässen gegen polizeiliche Willkür einzusetzen, die möchte ich schon wieder massiv aufleben lassen.
In diesem Sinne scheint es mir sinnvoll zu sein, soviele Grüne im Parlament zu haben, daß ich dabei bin.
Daher mein Vorschlag an alle akin-LeserInnen: Schmeißt Eure Stimme nicht weg, sondern wählt am 9. Oktober Grüne-Alternative, Liste 4, Herbert Sburny.
Nutzt`s nix, so schad`s nix!
Liebe Grüße
Herbert
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Betreff : Glosse: Fernziel Basisdemokratie Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 13.09.94, 13:18 (erhalten: 13.10.94)
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Reaktionen, Kritik & Kommentar:
> Fernziel Basisdemokratie
Über die Freiheit von Haiders Gnaden, die repräsentative Demokratie
und vielleicht mögliche Alternativen
Glosse in akin 24/94

Ich glaub', es war Mao, der gesagt hat, er gestünde niemanden eine
eigene Meinung zu, wenn sich derjenige nicht vorher informiert
hätte.
Mao war kein Demokrat, stimmt. Nur: Er hatte recht.
Jörg Haider ist noch viel weniger ein Demokrat. Wenn er von der Abschaffung des Repräsentativ-Prinzips in der Demokratie redet,
dann müssen wir dieser Nachtigall sagen, daß wir sie wieder einmal trapsen hören.
Doch prinzipiell ist die Forderung nach mehr direkter Demokratie ja wohl auch eine der Linken immer gewesen. Und wir schweigen, wir sind betreten. Warum?
Weil wir mittlerweile in einer Fernsehgesellschaft leben, die in Krisenzeiten den Leuten scheinbar alles einreden kann, ohne daß das Recht auf Redefreiheit formal abgeschafft würde. Das beste Beispiel ist dabei Italien, wo ein rechter Medienzar binnen weniger Wochen eine "Volksbewegung" aus dem Boden stampfen konnte, die ihn zum Kanzler machte.
Hitler brauchte zum Volksempfänger noch die Gestapo. Moderne Diktaturen werden darauf wahrscheinlich schon verzichten können.
Aber neben der blauen Nachtigall hör' ich auch noch ein paar andere Vögel. Die Granden von OeVP und SPOe sind nämlich jetzt sehr empört über die Äußerung des Herrn Haider. Zum ersten, weil Wahlkampf ist, zum zweiten vielleicht wirklich aus Resten antifaschistischer Gesinnung, zum dritten aber auch, weil sie einfach Angst vor Machtverlust haben. Daß Herr Haider keine Basisdemokratie im Sinne der Mitbestimmung mündiger Bürger will, wissen sie schon auch, aber eventuell könnten andere Leute ja ebenfalls die Forderung nach mehr Mitbestimmung durch den Souverän propagieren. Bevor das Mode wird, tun die hohen Herren sicherheitshalber einmal ein bisserl brandmarken. Man weiß ja nie, was den Leuten sonst noch so einfällt.
Und also haben sie es geschafft, Herrn Haider wieder mehr Publicity zu verschaffen und gleichzeitig eine progressive Forderung zu verdammen. Dadurch, daß sich der blaue Jörg auf eine alte Forderung der Alternativbewegung gesetzt hat, hat er sie diskreditiert. Er besetzt politische Felder, die andere verlassen haben, und vergiftet sie so. Wie man nicht mehr Heimat sagen kann, weil die Nazis und die Heimatfilme den Begriff unbrauchbar gemacht haben, wie man nicht mehr Kommunismus sagen kann, weil dann allen gleich der Gulag einfällt, werden wir vielleicht jetzt auch nicht mehr von Basisdemokratie reden können, weil der Führer der FPOe diesen Ausdruck für seine Zwecke mißbraucht.
Dennoch: Trotz des Haiderwortes und trotz der Gefahr einer Telekratie hat die Forderung nach tatsächlicher Volksherrschaft aufrecht zu bleiben. Denn die Logik, die hinter der Ablehnung dieses Prinzips steckt, ist zutiefst paternalistisch. Wenn die Leute zu dumm und ungebildet sind, über Gesetze abzustimmen, dann müßten sie es doch wohl auch sein, ihre Vertreter zu wählen. Schließlich sollten diese ja schließlich danach beurteilen werden, welche Gesetze sie so fabrizieren.
Eine Basisdemokratie nach Schweizer Muster hier und heute einführen wollte ich auch nicht. Der Rechtsbestand der Schweiz in seiner Gesamtheit ist ja nicht sehr progressiv. Auch die Vorstellung einer Ausländervolksabstimmung in Analogie zum FPVolksbegehren läßt mich erschauern.
Man kann unter diesen gesellschaftlichen Parametern keine Basisdemokratie einführen. Die Solidarität ist kein attraktiver Begriff mehr und es ist tatsächlich sehr viel verlangt, von schlecht bezahlten Arbeitern zu verlangen, daß sie in ihrer wenigen Freizeit auch nur die Salzburger Nachrichten oder den Standard lesen.
Doch ein Fernziel sollte die Republik sich selbst regierender Bürger bleiben. Das bedingt aber, daß in diesem Land endlich einmal der Geist der Aufklärung Einzug hält. Anstatt gegen die Basisdemokratie zu sein, weil das Volk uninformiert ist, muß im Gegenteil die Information unter die Menschen gebracht werden. Die
Aufgabe heißt also: Volksbildung, Volksbildung, Volksbildung und Kampf der institutionalisierten Verblödung. Und das sollte für liberale Geister heißen, das sie aufhören müssen, anderen etwas einreden zu wollen, anderen Dogmen 'reindrücken' zu wollen, aber auch, sich auf progressive Bürgerbewegungen 'draufzusetzen'. Wir sollten viel eher dafür zu sorgen, daß die 'normalen' Bürger selbst befähigt werden, an einem Gemeinwesen zu arbeiten, dessen Wortsinn nicht mehr an seiner Doppeldeutigkeit leidet.
Bernhard Redl
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Empfaenger : /A/BASSENA
Betreff : FOE bietet Job an Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 13.09.94, 13:07 (erhalten: 13.10.94)
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Job-Angebot von FOE-Oesterreich
> CampaignerIn gesucht!
Wir suchen für den Aufbau unseres Wiener Projektbüros ab 1.Oktober
1994 JungakademikerIn (6 Monate Akademikertraining, danach 1 Jahr Aktion 8000, danach Weiterbeschäftigung möglich).
Deine Studienrichtung ist nicht so entscheidend; wichtiger sind uns Dein Engagement für Umweltbelange, Erfahrung bei der Organisation von ökologischen oder sozialen Projekten, sehr gute Englischkenntnisse, Fähigkeit zum selbständigen Arbeiten, Freude am Kontakt mit anderen Menschen und Deine Bereitschaft zu gelegentlichen Reisen im In- und Ausland.
Dein Aufgabenbereich wird umfassen: Koordination der Projekte von FOE-Oesterreich (Themen derzeit etwa Nachhaltigkeit, Regenwälder, Weltbank, ...), Kontakte mit FOE-International sowie anderen österreichischen NGO`s, organisatorische Unterstützung der Wiener FOE-Gruppe, Mithilfe beim Fund-Raising.
Über Teilzeitbeschäftigung können wir reden. Du kannst auch einen Teil Deiner Arbeit zu Hause erledigen. Bitte melde Dich bei Josef Bramberger Tel. 332 07 61.
> *** FOE Friends of the Earth ist eine internationale
> Umweltorganisation mit rund 700.000 Mitgliedern in 50 Ländern (in > Oesterreich derzeit erst 700). FOE ist überparteilich,
> überkonfessionell und demokratisch organisiert.

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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Schadenersatz für Besetzung
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Datum : Di 13.09.94, 13:06 (erhalten: 13.10.94)
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Gericht:
> Teurer Widerstand
Laut KURIER vom Sonntag (9.11) wurden jetzt 4 Besetzer der Kraftwerksbaustelle Fisching zu öS 75.000,- Schadenersatz plus
Zinsen plus Gerichtskosten, insgesamt öS 160.000,- verurteilt. Das
ist nicht nur eine Katastrophe für die Betroffenen selbst, sondern macht die Möglichkeiten unter anderem auch jeglichen Oeko-Aktionismusses fraglich.
Denn das OGH-Urteil stellt einen Präzedenzfall dar. Bislang war
es in solchen Fällen kaum zu Schadenersatzklagen gekommen.
Bis nächste Woche versuchen wir einen detaillierteren Bericht zu bekommen.
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Betreff : Pyhrn: Autobahn blockiert
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Datum : Fr 03.06.94, 13:23 (erhalten: 13.10.94)
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Kurz-Info:
> A9 besetzt
Anti-A9-Aktivisten blockierten heute, Freitag vormittag, die Pyhrnautobahn beim Tunnelportal bei Spittal/Pyhrn.
Nach einer Stunde zogen sie auf Aufforderung der Gendarmerie ab.
Der Verkehr war einstweilen über die B 138 umgeleitet worden. Die Aktivisten hatten schon am Montag für Aufregung gesorgt, als sie eine A9-Baustelle am Laimberg besetzt hielten.
Sie fordern einen Baustopp der Pyhrn und Umweltverträglichkeitsprüfungen für die noch nicht fertiggebauten Teilstücke.
(Fortsetzung folgt/-br-)
Kontakt: 0663 / 9 27 99 57 (Handy am Camp, oft gestört)
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Betreff : EU: Was können wir hoffen?
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 19.05.94, 12:58 (erhalten: 13.10.94)
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Veranstaltungsreihe Oesterreich ist frei!
>Was können wir hoffen?
Für eine bessere Raumordnungs - Politik statt immer mehr Transitverkehr!
Wie können wir die einzigartigen Landschaften Oesterreichs, insbesondere den Alpenraum, vor weiterer Zerstörung retten? Welche Politik des Haushaltens mit den geographischen und historischen, natürlichen und kulturellen Schätzen Oesterreichs ist künftig erforderlich? Brauchen wir neben einer besseren Raumordnungs- auch eine neue Zeitordnungspolitik? Welche Maßnahmen müßten eingeleitet werden, um nicht nur den Transitverkehr zu verringern, sondern überhaupt unsere aus den Fugen geratenen Verhältnisse zu Raum und Zeit neu zu ordnen? Welchen Stellenwert müssen die Kategorien von Schönheit und Ruhe künftig in einer Politik bekommen, deren Ziel das Wohl des Volkes ist?
von Andreas Weisen
Was haben Raumordnung und Transitverkehr überhaupt miteinander zu tun? Sie kennen das Beispiel der Schweine aus belgischen Mästereien, die zu 200 Stück pro LKW über die Alpen nach Parma transportiert werden. In Parma werden sie nachgemästet und zu italienischem Rohschinken verwertet und nehmen die Reise in dieser Form wieder zurück über die Alpen. Das hat viel zu tun mit der Art, wie wir in Europa und weltweit wirtschaften. Waren werden zum Teil auf eine Art verschoben, in der Tiere, aber vor allem auch Menschen Schaden nehmen. Die Gegenden, die dabei durchfahren werden, haben meist keinen Nutzen, sondern nur die Belastung.
Die Alpen reagieren noch empfindlicher auf Fehlentwicklungen als andere Gebiete. Es sind die gleichen Irrtümer und Dummheiten, die im Flachland und in den Alpen geschehen. Wenn hier Richtung Linz der Wald stirbt, geht ein wichtiges landschaftliches Element und ein wichtiger erneuerbarer Rohstoff verloren. Wenn aber bei uns in den Alpen die Wälder kaputtgehen, wird das ganze Gebiet, die Infrastruktur und der Siedlungsraum nicht mehr benutzbar, nicht mehr bewohnbar sein. Die Humusschicht der Gebirgsböden ist sehr dünn. Oberhalb der Waldgrenze braucht es Jahrhunderte bis sich nur eine winzige Schicht fruchtbares Erdreich von 5mm gebildet hat. Wenn dort Eingriffe und Übernutzungen geschehen, wird es lange dauern, bis diese Landschaftswunden wieder verheilt sind.
Wir haben unsere Initiative *Iniziativa da las Alps* genannt. Das ist rätoromanisch und eine Referenz an eine Minderheit, die in der Schweiz meist nur am Nationalfeiertag erwähnt wird. Der Alpenraum ist nicht mehr eine wilde Naturlandschaft, er ist vor allem eine
Kulturlandschaft. Die Menschen haben vor ca. 6000 Jahren damit begonnen, den Alpenraum dauerhaft zu besiedeln. Sie mußten über schmerzhafte Erfahrungen herausfinden, wie man in diesem relativ unwirtlichen Gebiet überleben kann. Die Landschaft, die heute vor allem von den Touristen geschätzt wird, ist eine von Menschen gestaltete Landschaft. Eine Landschaft, die nur aus Wald bestehen würde, würde wahrscheinlich nicht von den Feriengästen aufgesucht werden. Die Postkartenidylle ist, wenn man sie etwas genauer betrachtet, rissig geworden. Es gibt verschiedenste Formen der Übernutzung. Der Massentourismus betreibt Raubbau an den letzten unberührten Gebieten. Die Wasserkraftübernutzung führt dazu, daß ganze Täler ohne fließendes Wasser bleiben. Die Auto-Mobilität, aber auch jene der Personen und der Waren, kennt keine Grenzen mehr.
Feuer in den Alpen
In Salzburg wurde vor zwei Jahren die *Alpenkonvention* von den Umweltministern aus den Alpenländern plus den zuständigen EUKommissären für Umwelt unterschrieben. Ein Vertragswerk, das davon ausgeht,daß der Alpenraum bedroht ist und man etwas tun muß, um ihn als vielfältigen Natur-, Kultur- und Lebensraum zu erhalten. Wenn man sich aber die Protokolle näher besieht, stellt man fest, daß diese nicht viel mehr als eine Ansammlung von Absichtserklärungen sind. Es braucht den Druck von unten, salopp ausgedrückt, man muß etwas Feuer unter dem Hintern machen. Deshalb gibt die Bewegung *Feuer in den Alpen*. Ausgehend von Graubünden hat diese Feuerbewegung, die am zweiten Samstag im August feuert, inzwischen internationale Ausmaße angenommen. Es gibt überall Menschen, ÄlplerInnen, BerglerInnen, Umweltgruppen, Aktivisten, die damit ausdrücken wollen: Wir sind noch da und leisten Widerstand gegen die schleichende und zum Teil auch offene Zerstörung durch Großprojekte.
Neben der Übernutzung droht den Alpen auch eine Unternutzung im Bereich der Landwirtschaft. Die Landwirtschaftspolitik in Italien und Frankreich hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, daß ganze Täler entvölkert sind. Es gibt in Italien die große Ausnahme mit Südtirol und dem Valle d'Aosta, wo die Länder die Berglandwirtschaft großzügig unterstützen. Es ist wichtig, daß die Arbeit der Bauern anerkannt wird, weil ohne diese hellgrünen Flecken in der Landschaft wird auch der Tourismus nicht weiterleben können, und vor allem wird die ökologische Stabilität des Alpenraumes stark gefährdet sein. Die Steine rollen die Hänge hinunter, wenn sie nicht festgehalten werden. Festgehalten werden sie heute größtenteils dadurch, weil es Menschen gibt, die die Hänge bewirtschaften. Diese Menschen wollen aber nicht nur Landschaftsgärtner sein, sondern Produkte erzeugen, die geschätzt werden, und die auch vom Preis anerkennen, daß sie einen Wert haben.
1987 hat es bei uns im August tagelang geregnet und vorher gab es eine Wärmeperiode, was dazu führte, daß Dauerfrostböden im Gebirge aufgetaut sind und mit dem Regen heruntergeschwemmt wurden. Dies traf die wichtigste Transitstrecke der Schweiz - die Gotthardstrecke. In Brig ist letzten Herbst der Bergbach während 16 Stunden durch die Stadt geflossen anstatt im Bachbett, denn es ist soviel Geschiebe mitgekommen, daß das Bachbett vollständig verstopft wurde. Das Ortszentrum war bis zum ersten Stock mit Schutt und Sand angefüllt. Das konnten wir zwar reparieren, aber es waren auch 2 Menschenleben zu beklagen.
Die Klimatologen sagen, daß sich solche Naturphänomene in Zukunft häufen werden. Den Trend zur allgemeinen Erwärmung sieht man am Rückgang der Gletscher. Wichtig sind auch die dauergefrorenen Böden, in denen das Geröll durch das Eis zusammengehalten wird. Wenn diese Böden auftauen, so ist das lockeres Material, das bei den nächsten Regengüssen zu Tal kommt.
Den Regen können wir nicht beeinflussen und rigorose Programme zum CO2-Abbau dauern lange, aber eine Lawine, die unsere Täler heimsucht, ist menschengemacht und dort könnte man rasch Abhilfe schaffen - das ist die LKW-Lawine.
Wie sich das entwickelt hat, könnte ich ebensogut vom Brenner erzählen - nur daß es dort 10 Jahre früher begann. Die erste durchgehende Autobahn in der Schweiz wurde 1980 eröffnet - damals hatten wir pro Tag 80 LKW. Im letzten Jahr hatten wir 2500 und die Prognosen für das Jahr 2000 rechnen mit 5000 LKW pro Tag. Etwas höhere Zahlen gelten für den Brenner. Der große Ausbau der Schnellstraßen durch die Alpen begann zuerst in Oesterreich, dann folgten Frankreich, Italien und erst zum Schluß kam die Schweiz dazu.
Die Folgen des Verkehrs, die gesundheitlichen Schäden durch die Abgase sind bekannt. Entlang dieser Schnellstraßen ist durch Schadstoffverfrachtungen Reifenabrieb und Versalzungen natürlich auch die Bodenfruchtbarkeit gefährdet. Zur Lärmausbreitung wurde an der Brennerroute eine Messung durchgeführt: Der gleiche Lärmpegel, der im Flachland 250 Meter weit zu hören ist, kann man im Berggebiet noch 1,5 km entfernt hören. Besorgniserregend ist auch die Art der Transportgüter, denn es sind sehr viele Chemikalien dabei. Vor kurzem wurde ein LKW kontrolliert, der 10 Tonnen Bromwasserstoff geladen hatte (zulässig sind 5 Kilogramm), eine Menge mit der man bei einem Unfall eine ganze Talschaft ausrotten könnte.
Es gibt im Uri eine alte Sage, daß die Leute dort nicht wußten,
wie sie eine Schlucht überwinden sollten und dabei geflucht hatten, der Teufel solle ihnen helfen. Der Teufel kam und baute eine Brücke unter der Bedingung, daß ihm der erste Kopf gehört, der darüber kommt. Die schlauen Bauern haben eine Ziege über die Brücke gejagt, der Teufel wurde teufelswild und wollte mit einem riesigen Felsbrocken die Brücke zerschlagen. Da kam ein Mütterlein vorbei, das ihm etwas zu trinken anbot und während er die Flasche zum Mund führte, hat sie ein Kreuzzeichen in den Stein geritzt. Der Teufel konnte den Fels nicht mehr aufheben und fiel erschöpft in einen tiefen Schlaf. Er hat geschlafen, bis beim Bau des Gotthardtunnels dieser Fels verschoben worden ist, der Teufel erwachte und nun schickt er als Rache jedes Jahr mehr LKW durch das Land.
Die Urner haben gesagt, wer einmal dem Teufel ein Schnippchen schlagen kann, kann es auch ein zweites Mal. 1989 begannen wir mit einer Unterschriftenaktion und 1 Jahr später haben wir in Bern 100 000 Unterschriften deponiert. Diese Zahl ist notwendig, um eine Volksinitiative zu hinterlegen, über die zwingend abgestimmt werden muß. Die Forderungen im Text waren erstens der Schutz des Alpengebietes vor den negativen Auswirkungen des Transitverkehrs und die Senkung der Belastungen auf ein Maß, das Tiere, Pflanzen und deren Lebensraum nicht schädigt. Zweitens waren als konkrete Maßnahmen die Transitgüter innerhalb von 10 Jahren von der Straße auf die Schiene zu verlegen und drittens durfte die Transitstraßenkapazität im Alpenraum nicht weiter erhöht werden. Wir haben nun in der Schweiz beschlossen, für den Bau der neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (NEAT) viel Geld zu investieren, d.h. 120 Mrd. Schilling. Die Transitkapazität soll auf 60 Mio. Tonnen pro Jahr ausgebaut werden, das ist ungefähr soviel, wie zur Zeit durch Oesterreichs, Frankreichs und die Schweizer Alpen transportiert wird.
Unser Verkehrsminister Ogi hat vor der Abstimmung gesagt, *Hände weg von der Alpeninitiative*, denn das könnte von Europa her als ein unfreundlicher Akt und Provokation verstanden werden. Nach der Annahme der Initiative am 2.Februar 1994 tönt es ganz anders. Ogi bezeichnet die Initiative als wegweisend für die europäische Verkehrspolitik. Über verschiedenen Straßenbauprojekten hängt nun ein Baustopp, aber die Baulobby ist dabei, im Parlament für die
Aufhebung dieses Stops zu wirken.
Wir haben unsere Kampagne der *Alpeninitiative* nicht als eine antieuropäische Aktion verstanden, sondern meinen, es ist zum Nutzen Europas, was wir aufzeigen. Wir haben stellvertretend auch für andere Alpenregionen diese Entscheidung gefällt und glauben, daß die Leute am Brenner oder im Pustertal genauso entscheiden würden. Nach der Annahme der *Alpeninitiative* setzte das große Geheul ein, man sagte, die Schweizer seien egoistisch und wären nicht bereit, ihren Beitrag zur freien Wahl des Verkehrsmittels leisten. Ich habe die Menschenrechtserklärung durchgelesen und fand dieses Recht nirgends. Aber ich fand das Recht auf körperliche Gesundheit und Unversehrtheit.
Zum Teil gab es auch Applaus und wir waren angenehm überrascht über Reaktionen aus Oesterreich, weil die Alpeninitiative auf den ersten Blick mehr Verkehr hierher bringt. Wenn nicht bis zum Jahr 2004 Oesterreich und Frankreich die gleichen scharfen Maßnahmen wie die Schweiz ergreifen, so kommt es zur Transithölle. Wir waren immer in Kontakt zu Bürgerinitiativen unserer Nachbarländer und wurden bestärkt, unsere Limits möglichst hoch zu setzen, damit die anderen nachziehen können. Wenn wir alles nivellieren, kommt der geringstmögliche Nenner zustande. Wir sollten für die Menschen und für die Umwelt den höchstmöglichen Standard herausholen. Wir haben gesagt, wenn uns Europa näher kommt, dann soll es nicht das Europa der Wirtschaftspotentate, sondern das Europa der Menschen sein, das auch Rücksicht nimmt auf Minderheiten. Ich hoffe, daß auch auf Oesterreich ein Funken der Hoffnung des Alpenfeuers überspringt.

Andreas Weisen ist Präsident der Schweizer Alpeninitiative ************************************************************
Der vorstehende Artikel erschien in der Zeitschrift
DIE BERGBAUERN 05/94 Nr.185. Es handelt sich um Transkripte der Veranstaltungsreihe OeSTERREICH IST FREI. Vor einem Nachdruck empfiehlt es sich, die OeST.BERGBAUERNVEREINIGUNG wegen Erteilung des COPYRIGHT zu kontaktieren.
Oest.Bergbauernvereinigung
Herklotzgasse 7
A-1150 Wien
Tel: 8929400 Fax: 8932927
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Datum : Do 19.05.94, 13:01 (erhalten: 13.10.94)
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Veranstaltungsreihe Oesterreich ist frei!
> Was müssen wir dürfen?
Wie kann Oesterreich seine Souveränität bewahren und seinen demokratischen Spielraum erweitern? Wie kann die Beteiligung der Bürger an den Entscheidungsprozessen verbessert werden? Welche Reformen des Parlamentarismus sind notwendig, damit das Recht vom Volk ausgeht? Wie kann der gefährdete Grundkonsens zur Erhaltung des sozialen Friedens gestärkt werden? Wie können die Grundsätze der Menschenwürde und der allgemeinen Menschenrechte zu den beispielgebenden Prinzipien der österreichischen Innenpolitik werden?
von Gerhard Jagschitz
Für ein österreichisches Recht, das vom Volk ausgeht und nicht von Kommissären!
Als erstes möchte ich zwei Vorbemerkungen machen. Es besteht in einer Demokratie das Recht, Dinge die diese Demokratie und die Menschen angehen auch von diesen mitdiskutieren und mitbestimmen zu lassen. Das heißt, im Gegensatz zu der von allem Anfang an massiven Propaganda für den Beitritt zur EU müssen wir die Forderung erheben, öffentlich das Für und Wider zu diskutieren. Das zweite ist, daß durch diesen massiven Druck in Richtung des Beitritts, der Propaganda für den Beitritt von Seiten der Politik, der Institutionen und Interessensverbände jetzt etwas aufbricht, was ich gemeint habe, daß in diesem Land nicht mehr möglich ist. Es werden bestehende Abhängigkeiten dazu ausgenützt, Angst zu erzeugen. Es werden die Mittel, die den Parteien, den Institutionen, den Interessensvertretungen zur Verfügung stehen, massiv eingesetzt, und es ist im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern, wo es ganz selbstverständlich ist, daß die Befürworter und die Gegner Chancengleichheit haben, von so etwas in Oesterreich nicht die Rede. Von den mind. 160 Millionen der österreichischen Bundesregierung bekommen die Gegner nicht einen Schilling, während in Schweden und in Norwegen 50% dieser öffentlichen Gelder den Gegnern zur Verfügung gestellt wird. Da habe ich schon meine Bedenken, denn der Beitritt ist ganz klar eine Sache, die Vorteile und Nachteile hat und wo wir uns überlegen müssen, ob das für uns gut ist. Die Schweizer haben uns das vorexerziert. Da hat es eine große Untersuchung des Bundesrats über Vor- und Nachteile gegeben, Experten wurden gefragt, es wurde gesamtschweizerisch diskutiert. Wir befinden uns da auf einem gar nicht so leichten und für meine Begriffe auch gefährlichen und bedenklichen Weg, vor allem, wenn man daran denkt, wie jung diese Demokratie in Oesterreich erst ist und wie wenig gefestigt. Eine Polarisierung ist falsch, Argumente dafür sind berechtigt, die Argumente dagegen sind berechtigt. Es ist ganz klar, daß man die Karten auf den Tisch legen muß, und man sollte auch nicht nur die Halbwahrheiten berichten, sondern man sollte tatsächlich sagen, was bei den Verhandlungen herausgekommen ist und was sich in Oesterreich durch den Beitritt ändern würde.
Was istdie Europäische Union?
Die Europäische Union hat immer wieder den Mythos der Einheit von Europa übernommen, aber die EU ist und war nichts anderes als ein westeuropäisches Handels- und Wirtschaftssystem. Es ging und geht darum, die Bedingungen für Wirtschaft und Handel zu verbessern, bestimmte Freiheiten einzuführen, ein Wachstum einzuführen - das steht ausdrücklich in den Gründungsurkunden. Es ist dies also eine Organisation, die dem wirtschaftlichen Wachstum dienen soll. Daher sind freier Handel, freier Verkehr, die Freizügigkeit der Arbeitskräfte und des Kapitalverkehrs dazu da, die wirtschaftlichen Grundlagen zu verbessern und eine Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. In so einer Ideologie ist es nicht möglich, zu fragen, ob wir uns nicht den Grenzen dieses Wachstums nähern. Und aus dem Ansatz, daß das Wirtschaftliche das wichtigste in der Europäischen Union ist, sind alle Regeln und
alle Zustände zu verstehen. Denn der Binnenmarkt ist das Bestimmende. Mit dem Vertrag von Maastricht ist das erste Mal ein Schritt gemacht worden in Richtung Entwicklung von einer wirtschaftlichen Gemeinschaft zu einer politischen. Maastricht legt eine ganze Reihe von Vorschlägen vor, wie diese Europäische Union aussehen soll, aber nichts davon ist so präzise, daß man sagen kann, wohin das geht. Diese politische Gemeinschaft geht vom Prinzip des Marktes aus, daher sind auch die Regeln in der EU nur soweit demokratisch, als es den Markt nicht stört. Jetzt stehen wir daher auf der einen Seite vor einem sehr zentralistischen System, das bis jetzt in Brüssel entwickelt wurde, und auf der anderen Seite vor den Forderungen, im Falle politischer Lösungen einen föderalistischen, demokratischen und partnerschaftlichen Ausgleich zu finden.
Das europäische Parlament hat, obwohl es diese ständig verlangt hat, Rechte wie sie in parlamentarischen Demokratien üblich sind noch immer nicht bekommen. Trotz einer gegenwärtigen kleinen Verbesserung gibt es in der EU keine Gewaltentrennung in Legislative, Exekutive und Kontrolle, wie es bei uns üblich ist. Darin liegt, glaube ich, das Hauptproblem. Wenn wir beitreten, dann müssen wir einen Teil der demokratisch legitimierten Rechte, die wir haben, abtreten an eine Organisation, die nicht demokratisch legitimiert ist. Man kann also sagen, daß die Länder zwar weiter demokratische Länder sind, mit ihren Parlamenten und ihren Einrichtungen. Was aber gemeinsam geschaffen wird, hat diese demokratische Legitimierung nicht und man muß daher einen Teil dessen, was bis jetzt immer demokratisch entwickelt und kontrolliert war, abgeben. Was wir berücksichtigen müssen, wenn wir beitreten, ist, daß wir Souveränitäten verlieren und an eine Institution übertragen, die demokratisch nicht mehr beeinflußbar ist. Dort herrschen dann andere Interessen. Das ganze System der EU ist ein zentralistisches System, es gibt einen sehr starken Einfluß der Bürokratie, es werden alle politischen Entscheidungen in dieser Bürokratie vorbereitet. Die Politik hat, weil sie so kompliziert organisiert ist, keine wesentliche Gestaltungsmöglichkeit, sondern die Gestaltungsmöglichkeit liegt in der Kommission und in der ihr angeschlossenen Bürokratie. Die Bürokratie kontrolliert sich selbst, das Parlament hat nur sehr eingeschränkte Rechte und die Politik muß mehr oder weniger dann das durchführen, was die Kommission vorgearbeitet hat. Alle bürokratischen Regelungen dienen nur einem einzigen Ziel, dem schnellen und in Gesamteuropa aufeinander abgestimmten
Wirtschaften miteinander. Den Rest, daß Leben auch über die Wirtschaft hinausgeht, hat die EU im wesentlichen noch nicht zur Kenntnis genommen.
Das nominell oberste Organ ist der Rat. Dieser Rat besteht aus Vertretern der Mitgliedsstaaten und tagt in verschiedener Zusammensetzung als Rat der Außenminister, als Rat der Regierungschefs usw. Selbstverständlich sind diese Ratsmitglieder von ihren Ländern gewählt und entsandt. Der Rat hat an und für sich die letzte Entscheidungsbefugnis, gleichzeitig aber auch die Gesetzgebungsbefugnis. Die eigentliche Machtzentrale ist die Kommission. Bis etwas endlich von der Kommission verabschiedet wird geht es zuerst in einem komplizierten Verfahren durch die Bürokratie. Es gibt Interessensvertretungen, die mit allen möglichen Mitteln der Beeinflussung in Richtung der verschiedenen Gremien arbeiten.
Daraus ergibt sich ein Übergewicht der sogenannten Lobbies, d.h. jener, die das Instrumentarium nützen können. Das ist das Übergewicht der wirtschaftlichen Vereinigungen gegenüber jenen, die diese Möglichkeiten nicht haben. Hier wird nicht etwas entwickelt, was allen dienen soll, sondern das, wo der Druck auf die politischen Entscheidungsträger am stärksten ist. Das ist eigentlich ein vor-demokratisches System.
Die 17 Mitglieder der Kommission - dem Kernstück der EU - werden zwar von ihren Regierungen ernannt, sie sind diesen Regierungen dann aber nicht mehr verantwortlich. Die Kommissare können im Grunde machen, was sie wollen bzw. sind den Kräften ausgesetzt, die in Brüssel auf die Kommission einwirken. Es gibt etwa 2000 berufsmäßige Lobbyisten großer Unternehmen in Brüssel, die dazu da sind, die Kommission zu beeinflussen, damit sie Regeln macht, die im Interesse dieser großen Gruppen sind.
Der Vertrag von Maastricht vom Dezember 1991 legt die Europäische Union fest. Es soll neben der gemeinsamen Wirtschaftspolitik eine europäische Währung geben, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, eine kleine Aufwertung des Europaparlaments, sowie teilweise eine gemeinsame Innen- und Justizpolitik und eine europäische Staatsbürgerschaft. Wenn wir diesem Vertrag und der EU beitreten, sind all diese Angelegenheiten die der Zentrale in Brüssel. Kommissionspräsident Delors und der österreichische Verfassungsrechtler Holzinger haben angegeben, daß dann 80% der wichtigen Gesetze in Brüssel gemacht werden.
Was wird sich in Oesterreich verändern?
Zweifellos wird ein Beitritt zur EU das gesamte demokratische und politische System grundlegend verändern. In Oesterreich existieren über lange Zeit gewachsene, kleine Strukturen. Die Wirtschaftstruktur ist durch die Kleinstaatlichkeit sehr mobil gewesen und man hat für Schwierigkeiten schneller Lösungen gefunden. Das führte dazu, daß im Vergleich zur EU unsere wesentlichen wirtschaftlichen Kenndaten besser sind. Treten wir der EU bei, wird die großstrukturelle Lösung das Ziel der Politik sein. Die kleinen Strukturen werden dabei in eine größere Abhängigkeit geraten. Auch bei uns existieren Abhängigkeiten, aber wir können etwas dagegen tun, wie z.B. einen Bürgermeister, eine Partei abwählen. In Brüssel bestehen diese Einflußmöglichkeiten nicht - Proteste österreichischer Gruppen werden Brüssel herzlich egal sein. Bis diese in Brüssel sind und den richtigen Beamten gefunden haben, ist der ganze Zorn schon weg. Außerdem wird niemand zu finden sein, der wirklich zuständig ist und hier haben wir ein ganz starkes Element der Entdemokratisierung.
Die Veränderung unseres politischen Systems wird sich erstens damit ergeben, daß wir das gesamte Rechtssystem der EU ab dem Beitrittstag übernehmen müssen ohne es mitgestaltet zu haben. Zweitens wird eine Reihe von rechtlichen Folgehandlungen unsererseits notwendig. Drittens wird sich langfristig dieses Land, die Mentalität und die Kultur politisch verändern. Wir werden akzeptieren müssen, daß wir einen Teil unserer Politik
nicht mehr beeinflussen können und das heißt auch, sich nicht mehr dafür verantwortlich zu fühlen.
Wir haben 1955 mit dem Staatsvertrag auch die immerwährende Neutralität erklärt. Im Zuge der EU-Beitrittsdebatte wurde gesagt, daß es mit der Neutralität Schwierigkeiten geben wird. Bei Umfragen kam heraus: Wenn ein Beitritt der Neutralität widerspricht, wäre eine Mehrheit für die Beibehaltung der Neutralität und gegen den EU-Beitritt. Die Politik begann nun zu erklären, daß die Neutralität nicht mehr wichtig wäre. Trotz der ständigen Denunziation hat aber die Bevölkerung gesagt, daß sie im Zweifelsfall für die Neutralität ist und plötzlich hat man erklärt, sie wäre selbstverständlich vereinbar mit der EU. Im ersten Teil des Neutralitätsgesetzes steht: *Zum Zweck der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Oesterreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität.* Wie soll das gehen, einen Großteil seiner politischen Rechte abzugeben und dabei seine Unabhängigkeit zu bewahren?
Durch den Beitritt zur EU werden Prinzipien der österreichischen
Verfassung aufgehoben. Daher ist der Beitritt einer Volksabstimmung zu unterziehen, da er eine Gesamtänderung der österreichischen Verfassung darstellt. Nun muß man der Bevölkerung klar sagen, worin die Änderungen bestehen und ob sie diese will. Man fragt aber statt dessen: Mit der Zustimmung des Bundesvolkes zu diesem Bundesverfassungsgesetz werden die Bundesverfassungsgesetzlich zuständigen Organe ermächtigt, den Staatsvertrag über den Beitritt Oesterreichs zur Europäischen Union entsprechend dem am ... März 1994 erzielten Verhandlungsergebnis abzuschließen. Sie werden nicht gefragt, ob Sie der EU beitreten wollen, sondern ob Sie einem Ermächtigungsgesetz zustimmen. Sie ermächtigen das Parlament, alle Verfassungsänderungen vorzunehmen, die im Zusammenhang mit dem Beitritt notwendig sind. Gleichzeitig heißt dies, daß es nicht unbedingt wieder zu einer Volksabstimmung kommen muß, wenn die EU weiteres Recht an sich ziehen will.
Nach Abschluß der Beitrittsverhandlungen hat man Ihnen beigebracht, daß unsere Delegation in Brüssel heldenhaft verhandelt hat und mit sensationellen Ergebnissen nach Hause gekommen ist. Im Bericht der Bundesregierung an das Parlament
steht jedoch über das Ziel der Verhandlungen: In diesem Rahmen war der Gegenstand der Verhandlungen darauf begrenzt, spezifische Ausnahmen im Interesse Österreichs zu verankern, insbesondere in Form von Übergangsbestimmungen. Das heißt, unsere Delegation hat nichts anderes getan, als Übergangsbestimmungen zu verhandeln. Die Regierung war von Anfang an bereit den gesamten Rechtsbestand des Maastrichter Vertrages zu akzeptieren.
Bei der Entscheidung die vor uns liegt, sollte man sich fragen, ob es auch außerwirtschaftliche Werte gibt, die man nicht in Geld ausdrücken kann. Und man muß sich auch dafür entscheiden, wie die Politik sein soll. Soll nur eine Gruppe von Menschen entscheiden oder soll Politik ein Modell der Mitbestimmung sein? Die
Diskussion geht zwar in vielen Bereichen in eine falsche Richtung, sie kann aber dazu führen, daß man Demokratie als ständige Suche unterschiedlichster Meinungen nach Lösungen versteht, in der es kein oben und unten, sondern eine Partnerschaft gibt.
Für mich ist Demokratie das Festlegen eines Rahmens für das gemeinsame Zusammenleben, in dem man eigene und fremde Positionen ständig überprüft. Damit ist es möglich, jenes Maß an Freiheit zu erobern, das wir in dieser Welt der Abhängigkeiten noch haben können und ohne das unser Leben nicht lebenswert wäre.
*
Prof.Dr.Gerhard Jagschitz arbeitet am Institut für Zeitgeschichte
der Universität Wien *************************************************************************
Der vorstehende Artikel erschien in der Zeitschrift
DIE BERGBAUERN 05/94 Nr.185. Es handelt sich um Transkripte der Veranstaltungsreihe ÖSTERREICH IST FREI. Vor einem Nachdruck em-
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> Auch das ist EU: ERRATUM
*Entschlossen, die Voraussetzungen für die Entwicklung einer
mächtigen Kernindustrie zu schaffen ... .*
Aus der Präambel des EURATOM-Vertrages.
Am 17. Juli 1989 hat die österreichische Bundesregierung in Brüssel um Aufnahme in die Europäische Atomgemeinschaft ersucht. Die EAG (Europäische Atomgemeinschaft) ist neben der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl eine der drei Europäischen Gemeinschaften (EG). Diese Tatsache und vor allem die Ziele der EAG sind bislang (neben einer Unzahl anderer wichtiger Tatsachen) in der offiziellen Regierungsinformationspolitik zum EU-Beitritt nicht ohne Grund fast gänzlich ausgespart geblieben.
Von Josef Pühringer
>Aus der soeben erschienen Ausgabe von "DIE BERGBAUERN"
Spätestens seit der Katastrophe von Tschernobyl ist wohl eine überwiegende Mehrheit der ÖsterreicherInnen klar und ohne Kompromißbereitschaft gegen die Nutzung der Kernenergie. Auch die offizielle Regierungspolitik. Die WählerInnen sollen das glauben, die Atomgewaltigen aber nicht.
Alle *fett* geschriebenen Zitate sind wörtlich aus dem EuratomVertrag, den die österreichische Bevölkerung mit einem JA zur EU unterzeichnet Ä besser gesagt: sicher n i c h t unterzeichnet, wenn sie diese Zitate wüßte ... und das dürfte auch der Grund sein, warum die offizielle EU-Informationskampagne als eine demokratiepolitisch höchst bedenkliche Desinformationspropaganda geführt wird.
*In dem Bewußtsein, daß die Kernenergie eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft und für den friedlichen Fortschritt darstellt ...* heißt es also in der Präambel des Euratom-Vertrages, den die österreichische Bundesregierung mit dem EU-Beitritt unterzeichnen wird. *Wohlstand oder Stillstand?* informiert die Bundesregierung mit Zeitungsinseraten und Werbeplakaten.
*Der große Erfolg*, der uns von den Verhandlungen aus Brüssel um den Euratom-Vertrag präsentiert wurde, ist die Zusage, *daß
Österreichs Atomsperrgesetz mit einer EU/Euroatom-Mitgliedschaft unangetastet bleibt.* Was aber lediglich gewährleistet, daß Österreich kein *Atomkernspaltwerk* betreiben muß, wenn es nicht will. Dieser große Verhandlungserfolg war aber bei genauerer Betrachtung eigentlich gar keiner, da laut Euratom-Vertrag der Bau bzw. Betrieb von Kernkraftwerken sowieso schon immer die Entscheidung eines jeden einzelnen Mitgliedstaates war.
Offensichtlich in jede Richtung offen bzw. Interpretationssache sind aber die Fragen der Atommüllagerung/-transport, Lebensmittelbestrahlung, Strahlengrenzwerte oder der große Bereich der Kernfusion und natürlich Atom-Forschungen (v.a. Mitfinanzierung). Hier machen weder das österreichische Atomsperrgesetz noch die offiziellen Europainformationsstellen konkrete Aussagen. Da gibt es lediglich ein paar Übergangsfristen z.B. über Import von tschnernobylverstrahlten landwirtschaftlichen Produkten oder einseitige Erklärungen wie *Österreich geht davon aus, daß ...*
Eine etwas klarere Sprache hat da der Euratom-Vertrag z.B. zur Finanzierung der Forschung und Entwicklung am Energiesektor wovon ca. 80 Prozent in den Atombereich fließen. *Um die Durchführung
der ihr übermittelten Forschungsprogramme zu fördern, kann die Kommission ... die betreffenden Mitgliedsstaaten, Personen und Unternehmen zu gemeinsamen Finanzierungen veranlassen.*
Ist dann Frau und Herr Österreicher Mitzahler bei den internationalen Atommachenschaften, so darf er/sie auch gleich noch ohne Wenn und Aber, nach Polizeistaatsmanier kuschen, wie Art. 192 des Euratom-Vertrages (Loyalitätsklausel) vorschreibt: *Die Mitgliedsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Sie erleichtern dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe. Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrages gefährden könnten.* (Atomstaat = Polizeistaat)
Diese Vertragsinhalte sind es wohl auch, die ranghohe Politiker und Funktionäre veranlassen, der österreichischen
Antiatombewegung, die diese Vertragsinhalte und deren mögliche Konsequenzen in der Öffentlichkeit zu thematisieren versucht Maulkörbe umzuhängen und sich nicht schämen, die Kündigung ihrer Zusammenarbeit im bisherigen gemeinsamen Kampf gegen grenznahe AKWe anzudrohen!
Offensichtlich befolgt ein Teil unserer Volksvertreter in vorauseilendem Gehorsam bereits die Hauptpunkte des EuratomVertrages und vermutet wirklich in der *Kernenergie eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft ...* und scheint auch *Entschlossen, die Vorausetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, ...* wie es scheint gemeinsam mit der EBRD, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die vermutlich für einen Großteil des noch fehlenden Finanzbrockens für Ost-Atomkraftwerke aufkommen wird. Österreich finanziert dann möglicherweise auch das AKW Temelin, das AKW Mochovce und beteiligt sich an einer Betriebsverlängerung von maroden Ost-AKWs, die schnellstmöglich stillgelegt und nicht mit EU-Geldern *sicherheitstechnisch* - wie es offiziell heißt - saniert werden sollten. Aber erst müssen wir hinein in die EU um etwas verändern zu können! Sagt man uns. Fragt sich nur für wen? Wie anders ließe sich sonst ein derart unverantwortlicher Schlendrian in der Angelegenheit *Atomkraftfreies Mitteleuropa* von offizieller Seite erklären?
Ihre Meinung zählt. Wir sind Europa. Lieber nachlesen statt nachreden. Rufen Sie uns an. Reden wir darüber ... und eine Menge
anderer vielsagender Inhalte zum EU-Beitritt kosten Herrn und Frau *Österreicher mehr als 100 Millionen Schilling an Steuergeldern. Ruft man/frau aber dann an (z.B. beim Europa-Telefon 0660-6363), kann niemand sagen, wieviele Schilling Österreich in Zukunft direkt und/oder indirekt für die menschenverachtende und sowohl ökologisch als auch ökonomisch unverantwortbare Wahnsinnstechnologie durch den Euratom-Beitritt aufbringen wird müssen. Über 100 Millionen Schilling jährlich rechnen die einen, *man kann es nicht genau sagen (ECU-Kursschwankungen)*, schreibt ein Fachmann aus dem Bundeskanzleramt ...
Sicher ist jedenfalls, daß die große Mehrheit der ÖsterreicherInnen diesen Euratom-Vertrag nicht unterzeichnen würde (wüßte sie um den Inhalt und die Konsequenzen) und sich zu Recht auch *verraten und verkauft* fühlt, wenn die österreichischen VolksvertreterInnen ihren BürgerInnen diesen Wohlstand,
Fortschritt und Frieden als den besseren vorgaukeln. Ihre Meinung zählt. Wenn Sie eine haben dürfen ...

Josef Pühringer arbeitet seit mehreren Jahren vorwiegend in der Oberösterreichischen überparteilichen Plattform gegen Atomgefahren und der Südböhmischen Stiftung gegn Atomgefahren gegen das AKW Temelin.
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Veranstaltungsreihe Österreich ist frei!
> Was sollen wir wollen?
Für eine humane Wirtschafts- und Sozialpolitik statt Kapitalkonzentration & Arbeitslosigkeit
Wie kann ein österreichischer Weg in der Wirtschafts- und sozialpolitik eingeschlagen oder fortgesetzt werden? Welche Prinzipien sollen diesen Weg leiten? Wie können dem Konzentrationsprozeß des kapitals dezentrale Wirtschaftskreisläufe entgegengesetzt- und kleinstrukturierte, flexible Wirtschaftseinheiten aufrechterhalten und gefördert werden? Welche Antworten kann Österreich als ein selbstständig agierender Staat innerhalb der Staatengemeinschaft zur Frage der steigenden Arbeitslosigkeit geben?
von Erich Kitzmüller
Überall im Land drehen sich in diesen Monaten die Debatten um die Volksabstimmung über Beitritt oder Nichtbeitritt zur Europäischen Union (EU) am 12. Juni. Meine Frage ist anders: Was tun wir am 13. Juni, am Tag nach der Volksabstimmung ? Das sollten wir schon jetzt überlegen, statt gebannt nur auf den 12. Juni zu blicken.
Am Tag danach wird es gewiß Siegesfeiern geben, so oder so. Aber dann wird sich zeigen, daß das Abstimmungsergebnis, so oder so, die Probleme nicht löst, sondern nur verschärft. Die Befürworter werden unter dem Fähnchen ihrer eigenen Propaganda aufwachen: *Stillstand oder Wohlstand* und werden bemerken, daß die EU ein krisengeschüttelter Verband ist, selber Teil des Problems, dem man im Hochgefühl des *Auch-Dazugehörens* entfliehen möchte.
Aber auch die Beitrittsgegner, sollten sie die Abstimmung gewinnen, werden mit dem Nein einzig allein Zeit gewonnen haben, in der Sache aber noch nichts. Denn zunächst bleibt nach einem
Nein alles beim Alten, bei der Konkurrenz der Nationalstaaten, bei der Hilflosigkeit der Politik und damit der Hilflosigkeit der
Menschen, sich politisch aus den Bedrohungen herauszuarbeiten. Am Tag danach geht die Durchdringung der Welt und aller Beziehungen durch eine weltumspannende, rücksichtslose Wirtschaftsweise weiter. Weder ein Ja noch ein Nein sind darauf eine Antwort.
Wir müssen uns also zunächst die Mühe machen, unsere Lage zu verstehen. Gehen wir von den realen Beziehungen zwischen den Menschen aus, so überwiegen vielerlei Ängste und Sorgen. Jede und jeder erfährt sich als eher isoliert und ohnmächtig, ungesichert. Diese Ungesichertheit ist es, die uns viele Handlungen und Äußerungen verständlich macht. Auch in der Europa-Debatte. Beide Antworten können weithin als Fluchtbewegungen verstanden werden. Die einen fliehen weg ins Größere, Mächtigere; das ist heute eben nicht mehr ein *größeres Deutschland*, sondern die EU. Die anderen aber sind häufig nicht weniger auf der Flucht. Sie möchten im gewohnten Gestrigen bleiben, in den oft engen Zuständen, zuletzt eben in der mühsam erkämpften Überlebenseinheit des Nationalstaats.
Aber dann müssen wir doch immer wieder versuchen, die Dynamik zu verstehen, die es uns schwer macht, einen eigenen Weg zu finden, der nicht Flucht ist, sondern sich an Zielen einer humanen Wirtschafts- und Sozialordnung orientiert.
Reichtumund Entsolidarisierung
Diese Dynamik ist in verwirrender Weise widersprüchlich. Auf der einen Seite ist das Wirtschaftssystem darin erfolgreich, immer mehr Reichtum zu schaffen. Auf der anderen Seite aber splittert die Gesellschaft immer mehr auf. Viele Reiche und Erfolgreiche stehen einer Vielfalt von Verlierern oder Bedrohten gegenüber. Dazu kommt eine Naturvernutzung, die die Lebensgrundlagen selber zu vernichten droht. Entsolidarisierung und die Drohung eines ökologischen Selbstmords verschlimmern die Lebensweise, dem angehäuften Reichtum zum Trotz.
Welche Auswege werden angeboten? Kaum je zur Lebzeit der jetzigen Generationen war die Desorientierung größer als heute. Die alten Rezepte sind widerlegt, und das zurecht - und zum Glück. Aber in der allgemeinen Ratlosigkeit sind es die alten und ältesten Reaktionen, die zum Tragen kommen. Es sind vor allem zwei:
Auf der einen Seite soll entschlossenes Handeln dadurch möglich werden, daß Schuldige, Feinde, Übeltäter aufgespürt, bekämpft und verjagt werden. Opferungen sollen die Mißstände abstellen und den Frieden herstellen. Die Fremdenhetze, die wachsende Ausgrenzung von vielerlei Benachteiligten gehen schon in diese Richtung. Ein zu Feindschaft und Abschottung bereiter Nationalismus macht sich wieder breit; und davon istsowohl bei manchen EU-Gegnern als auch
bei einigen Befürwortern (*Festung Europa*) zu spüren. Feindschaft und Opferung aber können sicher nicht der Anfang sein für eine Umkehr in Richtung humaner Wirtschafts- und Sozialordnung.
Auf der Gegenseite breitet sich die Anschauung aus, die einzige Alternative zur reaktionären Wiederbelebung von Feindschaft, Nationalismus und Opferungen sei eben das Mitmachen in jener *friedlichen* Verdrängungsjagd, die uns im jetzigen Wirtschaftssystem aufgenötigt ist. Denn darauf läuft ja der sogenannte Wettbewerb in der Marktgesellschaft hinaus. Mit der Globalisierung der Finanz- und der Arbeitsmärkte sind immer neu Menschen dazu gezwungen, mit Konkurrenten mitzuhalten, die Hungerlöhne zahlen und dabei noch schlimmere Naturzerstörungen anrichten. Diese Art *friedlichen* Wirtschaftens drängt zwar die Ausbrüche offener Gewalt weithin zurück, aber im Markt selbst wird in größtem Ausmaß Gewalt angehäuft, die als Elend und Resentiment zur Entladung drängt.
Politisch und ökonomisch handlungsfähig werden
Was können wir angesichts dieser Dynamik *am Tag danach* wollen? Ich sehe drei ganz unterschiedliche Handlungsweisen, in
unterschiedlichen Dimensionen, von denen ein Ausweg gebahnt werden kann.
Da ist einmal die chancenreiche Nische. Eine Fülle von lokal und regional verorteten Initiativen zeigt uns an, wie erfindungsreich und kooperativ Menschen sein können, im ländlichen Raum ebenso wie in den niedergehenden Industrieregionen. Ich verdanke viele Hinweise dazu den Untersuchungen, die der ORF-Journalist Helmut Waldert in seinem Buch Gründungen. Starke Projekte in schwachen Regionen, erschienen im Falter Verlag Wien 1992,, zusammengestellt hat. In solchen Nischen wird nicht allein die ökonomische Existenz gesichert, sondern es wird dabei auch die kommunikative Grundlage für ein Zusammenhandeln gewonnen, ohne die es keine Alternative im Wirtschaften geben könnte.
Zweitens geht es darum, einige der Errungenschaften zu verteidigen und zu nutzen, die immerhin erreicht worden sind. Dazu gehört auch der Nationalstaat, jedenfalls wenn wir darunter eine Republik als Rechtsstaat mit einigen Mitwirkungsmöglichkeiten, sowie den, wenn auch bescheidenen, institutionellen Sicherungen gegen soziale Zerrüttung verstehen.
In diesem Sinn kann die Zukunft Österreich gestaltet werden: Die Handlungsmöglichkeiten sind hier bei weitem nicht ausgeschöpft, wenn wir beispielsweise an die Möglichkeiten denken, durch eine Steuerreform den Ressourcenverbrauch zu belasten und menschliche Arbeit steuerlich zu entlasten. Freilich sollte ein Blick über die Grenzen uns darüber belehren, daß in den Mitgliedsländern der EU in der gleichen Weise - eben als Reform der EU - danach gestrebt wird, solche Handlungsräume zu erkämpfen und zu nutzen.
Drittens aber - und diese Dimension wirf in der Beitrittsdebatte zumeist vernachlässigt - geht es darum, uns über die alten Räume der Politik hinaus, auch über den Nationalstaat hinaus, handlungsfähig zu machen. Das genannte Beispiel der notwendigen ökologisch-sozialen Steuerreform zeigt das. Sie kann sicherlich und sollte auch unter den jetzt gegebenen Strukturen, also in der Republik Österreich, beginnen. Aber die grenzenüberspringende Konkurrenz, die Handlungsmacht der transnationalen Konzerne setzt hier doch sehr große Beschränkungen. Eine solche Steuerreform hat mehr Chancen, wenn sie für einen großen Wirtschaftsraum wirksam wird. Das aber ist in der gegenwärtigen Staatenkonkurrenz nicht zu erwarten. Daher meine ich, es muß ein Schritt über die jetzigen Staaten hinaus getan werden, um uns in so wichtigen Anliegen handlungsfähig zu machen. Ich nenne diesen Schritt die Gründung der transnationalen Republik..
Eine transnationale Republik
Das zielt freilich auf mehr und auf etwas anderes, als die EU in ihrem jetzigen Zustand. Die EU ist politisch ein Rückschritt in eine Zeit ohne parlamentarische Demokratie. Sie ist zwar für die Mitglieder selber eine friedliche Ordnung, hat sich aber als völlig unfähig erwiesen, eine Friedensordnung dort herbeizuführen, wo nicht Friede sondern schlimmste Gewaltanwendung herrscht, wie seit Jahren im zerfallenden Jugoslawien. Und die EU ist die Befreiung nur für die Kräfte des Marktes, nicht aber für die Einmischungskraft der so zweideutig vom jetzigen Wirtschaftssystem betroffenen Menschen.
Die transnationale Republik soll nicht wie die jetzige EU angelegt sein, als unverantwortliche und schwer durchschaubare Bürokratie, sondern als klare Kompetenzteilung mit den jeweils für die Kompetenz nötigen Finanz- und Durchsetzungsmitteln.
Stärker als bisher sollen die kleineren Einheiten gestärkt werden, in denen die bessere Überschaubarkeit und Mitwirkung organisiert werden kann oder könnte. Daneben bleiben die jetzigen Nationalstaaten sicherlich noch lange Knotenpunkte der Identifikation für die meisten Menschen. Und auch der gewohnte Ansprechpartner für viele Anliegen. Darüber hinaus soll aber auch für den realen Wirtschaftsraum, also über die nationalstaatlichen
Grenzen hinaus, eine staatliche Handlungsfähigkeit begründet werden. Solange eine weltweite Instanz dafür nicht zustande kommt - und dieses Ziel ist wohl nur auf längere Sicht realisierbar sollte eine bundesstaatliche Struktur in der nächsten Nachbarschaft, also in ganz Europa, angestrebt werden. Alle drei Dimensionen der transnationalen Republik, die jeweiligen Kompetenzen und Einschränkungen, sollten in einer gemeinsamen, von den Völkern abgestimmten Verfassung vereinbart werden.
Warum warten bis zum Tag danach?
Was wir am Tag nach der Volksabstimmung anpacken müssen oder wollen, das können wir jederzeit beginnen, auch heute schon. Auf die mir gestellte Frage Was sollen wir wollen? scheinen mir drei Antworten sinnvoll:
Erstens geht es darum, anders mit der Ungesichertheit menschlicher Existenz umzugehen. Völlige Gesichertheit wäre anti-human, aber jede und jeder braucht den Fußbreit Boden, der gesichert ist. Nur die Qualität der Beziehungen, nicht die Jagd nach Verdrängung der Konkurrenten, kann diese Art Sicherheit geben.
Zweitens geht es darum, dem Wirtschaften Grenzen und Aufträge zu geben. Das kann nicht der Markt; er selber braucht die aus menschlichen Eingriffen hervorgehenden Grenzziehungen. Ein ökologisch-sozialer Umbau ist dringend, und diese Aufgabe stellt sich sowohl für die Menschen in der EU als auch außerhalb.
Drittens braucht es die dafür geeigneten politischen Instrumente. Hier ist ein kühner Schritt fällig: die Gründung einer transnationalen Republik.
Dr.Erich Kitzmüller ist Sozialwissenschaftler in Graz.
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Betreff : Kosovo - Albaner als Gruppe asylberechti
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Datum : Mi 18.05.94, 19:59 (erhalten: 13.10.94)
Groesse : 2018 Bytes ---------------------------------------------------------------------## Nachricht vom 14.05.94 weitergeleitet
## Ursprung : /CL/FLUECHTLINGE/ALLGEMEIN
## Ersteller: GERHARD_REINDERS%2:2440/225.3@TTB-II.ZER
Message-Id: <29e6d094@p3.f225.n2440.z2.fidonet.org> From: Gerhard_Reinders@p3.f225.n2440.z2.bp-iii.fido.de
X-Fidoto: Alle
X-Gateway: FIDO FT TTB-II [FidoZerb 1.20/nc R4.21 #F010]
Urteil in Hessen
Kosovo-Albaner als Gruppe asylberechtigt
guz KASSEL, 13. Mai. Albaner aus der serbischen Provinz Kosovo sind nach einem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) bereits allein wegen ihrer Volkszugehoerigkeit und damit grundsaetzlich als Gruppe asylberechtigt. Im Kosovo muessten alle Bewohner albanischer Herkunft jederzeit damit rechnen, von der Polizei oder von sonstigen staatlichen Stellen "misshandelt oder sogar willkuerlich und grundlos inhaftiert zu werden", teilte der VGH am Freitag (13.05.1994) mit.
Darueber hinaus lebten die Kosovo-Albaner in ihrer Heimat in einem vom serbischen Staat geschaffenen Klima allgemeiner moralischer, gesellschaftlicher und ethnisch bedingter Verachtung, stellte das Gericht fest. Dies beguenstige geradezu Verfolgungen, Unterdrueckungen und Nachstellungen aus politischen Gruenden. Da praktisch jeder Kosovo-Albaner Uebergriffe und andere menschenrechtsverletzende Repressalien befuerchten muesse und inlaendische Fluchtalternativen nicht mehr vorhanden seien, muessten die Angehoerigen dieser Gruppe in der Bundesrepublik unabhaengig von der konkreten Situation Einzelner als asylberechtigt anerkannt werden (Aktenzeichen: 13 UE 368/91 u.a.).
Mit dieser Begruendung verpflichtete der 13. Senat das Bundesamt fuer die Anerkennung auslaendischer Fluechtlinge, zwei Kosovo-Albaner als asylberechtigt anzuerkennen. Der VGH widersprach damit auch den Vorinstanzen, die eine Gruppenverfolgung von Kosovo-Albanern verneint und entsprechende Klagen deshalb abgewiesen hatten.
FR 14.05.1994
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Betreff : SP-Austritt nach 1/2 Jahrhundert wg. EU
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 19.04.94, 13:20 (erhalten: 13.10.94)
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Wien, am 16. März 1994
> Offener Brief an die Sozialdemokratische Partei Österreichs
Seit Wochen beobachte ich mit wachsendem Ekel, wie die
Regierungskoalition die österreichische Bevölkerung über den EUBeitritt ungenau und unvollständig informiert. SPÖ-Mandatare machen da fleißig mit und nach der Lektüre dessen, was von den Ausführungen Dr. Häupls im SPÖ-Telegramm 3/94 wiedergegeben wird, ist für mich nur eine Konsequenz möglich: Ich trete aus der Partei aus, um mich nicht mitschuldig zu machen.
Es gab einmal eine Zeit in der Sozialdemokratie, da konnte Rosa Luxemburg den schönen Platz prägen "Demokratie ist immer Demokratie für die Andersdenkenden". Heute ist kein Groschen Geld für die Kritiker des EU-Beitritts da, die Steuereinnahmen gehören ja der Regierung, damit sie auf Plakaten bange fragen kann, wie sicher unser Frieden ist, während sie die Kritiker als Angstmacher diffamieren läßt. Wer gegen den Beitritt ist, wird mundtod gemacht, von Diskussion ist keine Rede.
Nach einer Mitgliedschaft bei der SPÖ und ihren Suborganisationen (Rote Falken, SJ, VSSTÖ), die knapp ein halbes Jahrhundert währte, fällt mir dieser Schritt nicht leicht, aber ich glaube ihn auch meinem Vater Ing. Georg Weissel zu schulden, der als Sozialdemokrat (aber nicht Parteimitglied, er war ausgetreten!) im Februar 1934 das Einstehen für jene demokratischen Ideale, die heute mit Füßen getreten werden, mit seinem Leben bezahlte.
Damit kein Mißverständnis entsteht: Als Gegner des EU-Beitritts würde ich die zunehmende Mehrheitsentscheidung wohlinformierter Bürger respektieren und willig mittragen, so wie die Befürworter dies tun müßten, wenn sich die Mehrheit gegen sie entscheiden würde. Was mich anwidert, ist die Überheblichkeit von Politikern, die sich im alleinigen Besitz der Wahrheit wähnen und dies als ausreichende Legitimation dafür betrachten, ihre Wähler schamlos hereinzulegen und Andersdenkende brutal kaltzustellen.
Erwin Weissel
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : 7stern: Spekulanten für Tiefgarage
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Di 19.04.94, 13:22 (erhalten: 13.10.94)
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"7Stern":
> Tiefgarage statt Kultur?
Die "ConWert Vermögensverwaltung AG" , 1070, Siebensterngasse 31, Geschäftsführer Pius Strobel, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Werner Goeritz, 1070, Siebensterngasse 31, reichte am 23.3. 1994, Räumungsklage gegen die KPÖ bezüglich deren
Parteilokal, 1070, Siebensterngasse 31, ein. Die Beschuldigung: "Die beklagte Partei macht von dem Mietgegenstand seit geraumer Zeit erheblich nachteiligen Gebrauch...; dies insbesondere dadurch, daß sie in dem Mietgegenstand lautstarke Veranstaltungen mit zahlreichen Teilnehmern abhält, wodurch anderen Mietern des Hauses das Zusammenleben verleidet wird." Die Forderung: "Die klagende Partei beantragt zu fällen das Urteil: Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei das Geschäftslokal top ll in 1070 Wien, Siebensterngasse 31, von eigenen Fahrnissen geräumt zu übergeben sowie die Kosten dieses Rechtsstreits zu ersetzen; dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."
In einer Resolution vom 25. 3. schließen sich die BezirksrätInnen der Günen Neubau "in dem aktuellen Konflikt um das Kulturzentrum "7stern" der Unterstützungserkärung der Grünen Alternative Wien an." (vgl. akin 10 und 12/94) Am Ende der Resolution heißt es: "Die unterzeichnenden BezirksrätInnen solidarisieren sich mit dem '7stern' und fordern den Vermieter der Räumlichkeiten auf, gemeinsam mit den Mietern eine Lösung der mitlerweilen verfahrenen Situation zu suchen. Die Bezirksvorstehung des Neubau ist augerufen, sich vermittelnd zur Sicherung dieses sehr aktiven Zentrums für Kultur und Jugend zu verwenden."
In einem Artikel in der "Bezirkszeitung - Stadt-Journal" 4/94 wird dann ein Rundumschlag gegen das Kulturzentrum "7Stern" der KPÖ geführt und Vorwürfe erhoben, die selbst von der "Con Wert" und ihrer Rechtsvertretung längst fallengelassen wurden. Es heßt dort unter anderem: "...Doch nun benützen Untermieter, der Kulturverein Siebenstern, aber auch andere diese Institutionen diese Räumlichkeiten. Bei den dort stattfindenden Veranstaltungen kam es seither immerwieder zu Belästigungen der Bewohner und Anrainer. Dagegen ergriff ich die in meiner Funktion möglichen Schritte, um diese Beeinträchtigung abzustellen. Nunmehr hat der "Verein", der nicht einmal im Vereinsrigister eingetragen ist, eine Protestveranstaltung organisiert und in einem Flugblatt meinen Einsatz für die leidgeprüften Anrainer kritisiert..."
Wer nun hinter dem zitierten Artikel eine Attacke der FPÖ vermutet, liegt völlig schief; er ist unterzeichnet mit "Ihr Bezirksvorsteher Herbert Tamchina" und der ist bekanntlich von der SPÖ. Und der "Verein" kann gar nicht im Vereinsregister eingetragen sein, da es ihn nicht gibt! Dies hat inzwischen auch die "Con Wert" eingesehen und den Vorwurf der unzulässingen Untervermietung fallengelassen. Dies übersieht der Herr Bezirksvorsteher offensichtlich; "übersieht" er vielleicht noch mehr? Die Geschichte scheint nämlich hier erst recht Pikant zu werden. Wie uns mitgeteilt wurde, hat die "Con Wert" einen ganz konkreten Plan und der soll der Bezirksvorstehung Neubau vorliegen. Die Hausbesitzerin will danach im Keller des Hauses Siebensterngasse 31 eine Tiefgarage bauen und deshalb muß die KPÖ und ihr Kulturzentrum Raus. Eine Begehung durch VertreterInnen der Bezirksvertretung soll auch schon stattgefunden haben. Geht es bei der Auseinandersetzung vielleicht Weniger um die Lebensqualität von Menschen, wie behauptet, sondern um Autos und Profit?
Hier besteht Erklärungsbedarf und der Herr Bezirksvorsteher wird solche Fragen sicher nicht ungeklärt im Raum stehen lassen. Wenn aber doch, wäre es angebracht, daß seine Partei und die BezirksvertreterInnen für Klarheit sorgen.
-iß
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : Neue Nummer ANNA: 588018211
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 21.04.94, 15:31 (erhalten: 13.10.94)
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> Neue ANNA-Nummer
Die Telefonzeitung ANNA gibt es immer noch. Unter der vertrauten
Rufnummer 58801-5801 gibt es aber keine Auskünfte mehr über das Zeitgeschehen. Jetzt kann man die ANderen NAchrichten unter der noch etwas sperrigeren Nummer 58801-8211 abrufen. Wochentäglich ab 17 Uhr gibt es neue Termine, Nachrichten und Informationen. Die Redaktion und das HTU-Medienzentrum sind ab sofort unter 588018108 zu erreichen.
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : SozCard: Gläserner Mensch, 2.Versuch Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Do 21.04.94, 15:37 (erhalten: 13.10.94)
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Datenmanie:
> Die Intim-Chipkarte
Vor wenigen Jahren sorgte Ärztekammerpräsident Neumann bei einer Pressekonferenz für Aufregung: Die Med-Card, vergleichbar mit
einer Bankomatkarte, welche zusätzlich einen aufgesetzten Microchip und wichtige medizinische Daten in normaler Schrift enthalten würde, sollte durch eine Sammlung persönlicher medizinischer Daten sowohl dem Patienten, als auch dem Arzt große Vorteile bringen. Die wohl zu blauäugigen Ankündigungen diverser Vorteile, die sich auf den zweiten Blick bestenfalls als Ergänzung zum bestehenden System entpuppten, haben ihren Teil dazu beigetragen, daß die angekündigte Revolution ausblieb. Ein gutes Beispiel sind die sogenannten Notfallsdaten eines Patienten auf einem Ausweis oder einer derartigen Med-Card, die vom Arzt nicht ohne zusätzliche Überprüfung akzeptiert werden können, wenn der
Patient z.B. nicht ansprechbar ist. Das Risiko einer Kartenverwechslung oder einer anderen Falschinformation wäre zu hoch.
Mit der 52. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz hat der Hauptverband der Versicherungsträger die Möglichkeit erhalten, den EDV-Einsatz in den 28 österreichischen Instituten durch Richtlinien zu koordinieren. Es geht dabei ausschließlich um die Verwaltung der Pensions-, der Kranken- und der Sozialversicherung, die dazu relevanten Daten sind neben Namen, Geburtsdatum die Versicherungsnummer, Art und Dauer der Versicherung und die Information, ob im laufendem Quartal ein Arztbesuch stattgefunden hat.
Eine große Computerfirma - beginnt mit I und endet auf M - brachte vor einem Jahr auf verschiedenen Ebenen unabhängig von der erwähnten Med-Card den Vorschlag ein, das Krankenscheinsystem mit einer neu konzipierten Chipkarte zu reformieren - es war von einem wahrscheinlich stark überzogenen Sparpotential von 4 Milliarden Schillingen die Rede. Die Idee der Soz-Card war geboren, die schnell zum Liebkind oberflächlicher Boulevardmedien und profilierungssüchtiger Politiker wurde, die vor allem im Gesundheitswesen das Ressort an den Rand des Kollaps manövriert haben, und dringend Innovationen präsentieren müssen. Das resultierende große Geschäft für Computerfirmen besteht aus mehr als 7 Millionen Chipkarten zu ca. 40 öS und aus speziellen Schreib- und Lesegeräten für 5000 Ärzte und zahlreiche medizinische Institute. Ärzte, die dabei gezwungen werden, EDV einzuführen, werden höchstwahrscheinlich ebenfalls bei den Kartenanbietern einkaufen. Es verwundert daher nicht, daß sich die vormaligen Anbieter der Med-Card nun für die Soz-Card engagieren. Siemens-Nixdorf und IBM haben für eine interne Studie der SV in drei Arztpraxen die Computerausrüstung bereitgestellt. Die Studie wurde großspurig als Feldversuch angekündigt, war dazu aber viel zu klein angelegt. Sie diente lediglich als Entscheidungsgrundlage, ob das Projekt weiterverfolgt werden soll. Das scheint zur Zeit noch keinesfalls sicher zu sein, obwohl die Kronenzeitung wie so oft voreilig "elektronische Krankenscheine" angekündigt hat. Noch heuer soll eine tendenzielle Entscheidung fallen, ob man die Einführung des Systems initiieren will.
Fließbandbürger mit Strichcode?
Die GE-Alternativen GewerkschafterInnen luden Herrn Adolf Mandl als Vertreter der Sozialversicherungsträger zu einem 'Politischen Gespräch' im GE-Zentrum ein, an dem unter anderem auch Vertreter der engagierten Computer ExpertInnen (eCE) teilnahmen. Herr Mandl diskutierte sehr aufgeschlossen über diverse Varianten der Chipkarte, die aber immer nur eines der folgenden Probleme berücksichtigen konnten:
Ein effizientes Modell mit der relativ sicheren Chipkarte wird eingeführt, die hohen Kosten lassen sich aber nur durch diverse Zusatznutzungen rechtfertigen. Die breite Einführung dieser Technik, die natürlich aus Beiträgen der Versicherten finanziert werden muß, wird eine Vielzahl von speziellen Dienstleistungen nach sich ziehen, die neben den nicht zu leugnenden Vorteilen alle eines gemeinsam haben: die dazu benötigten Informationen ermöglichen eine schnelle, einfache Schubladisierung des Betroffenen an Hand der verfügbaren elektronischen Daten. Die Praxis in Wien zeigt, daß ein Großteil der Daten an andere Behörden, wie z.B. das Netzwerk der "inneren Sicherheit" weitergegeben werden. Die Verknüpfung von Versicherungsdaten mit Gesundheitsdaten ist z.B. schon gesetzlich im neuen
Arbeitsmarktservicegesetz berücksichtigt, welches teilweise bereits angewandte, diskriminierende Vorgangsweisen legalisiert.
Es hat sich auch gezeigt, daß ein derartiges, normiertes Informationsangebot bald verpflichtend für alle eingeführt wird, die ein gewisses Service in Anspruch nehmen wollen: z.B. "Behandlung nur mit Karte!". Es drängt sich der Vergleich mit einem Industrieroboter auf, dessen Materialzustand auf einer Chipkarte gespeichert wurde, damit er rechtzeitig das ReparaturFließband aufsucht. Auf diese Weise soll sein Ausfall am ArbeitsFließband möglichst kurz gehalten werden. Es liegt leider auch in der Eigendynamik der breiten Anwendung einer solchen Technik, daß neben dem Mißbrauch durch Bastler z.B. Kreditinstitute, Personalabteilungen und Vermieter öfters einem Blick auf die Karte werfen wollen - selbst wenn das gesetzlich ausdrücklich verboten wurde. Dann bekommt die Wohnung eben ein anderer...
Wenn man strenge Datenschutzbestimmungen berücksichtigt, muß eine Mehrfachverwendung der Karte ausgeschlossen werden. Denkbar wäre eine zusätzliche medizinische Karte auf freiwilliger Basis, die z.B. für Risikogruppen eingeführt werden kann. Es verbleiben somit die eingangs erwähnten Daten, die leicht auf einem Ausweis Platz finden - eine flächendeckende Einführung von Chipkarten erscheint vom technischen Standpunkt völlig sinnlos und wahrscheinlich auch nicht finanzierbar. Die meisten Vorteile, die von den Befürwortern propagiert werden, liegen im jetzigen ineffizienten System begründet, welches auch ohne Med- oder Soz-Cards durch systematische EDV-Vernetzung der Ärzte und Kassen reformiert werden kann. Eine anfängliche "sichere" Version der Karte garantiert übrigens auch nicht, daß diese später Schritt für Schritt mit sensiblen Daten belegt wird - dazu müßten schließlich nur die entsprechenden Computerprogramme geändert werden.
Fazit: eine sehr heikle Angelegenheit, die gerade im Zusammenhang mit den jüngsten Entwicklungen leicht zu einem EU-weiten Kontrollsystem im Arbeits- und Sozialbereich führen kann, da man in Krisenzeiten des Kapitals schließlich irgendwo mit dem Sparen beginnen muß. In Deutschland sind derartige Kontrollsysteme schon teilweise (speziell "für" AusländerInnen, SozialhilfeempfängerInnen) im Gebrauch. Die selben Computerfirmen wie z.B. Siemens-Nixdorf engagieren sich außerdem bei dem europaweiten Fahndungssystem SIS, welches Daten über Asylwerber und Sachdelikte verwalten soll - für die Sicherheitspolitiker der EU offenbar zwei eng verbundene Begriffe.
Christian Demmer (ALPA)
Quellen:
Kompetenz 1/94, Alternative 4/94, FIFF-Kommunikation, engagierte Computer-ExpertInnen (eCE)
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Empfaenger : /A/PRESSE
Betreff : 'Widerstand'-Prozeß wg. Radsternfahrt
Absender : BE.REDL@LINK-ATU.ZER
Datum : Mo 12.09.94, 17:48 (erhalten: 13.10.94)
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Gerichts-Vorankündigung:
>Prozeß gegen Radsternfahrer
Folgen einer Menschenrechtskonferenz
Zur Erinnerung: Am Samstag den 19.Juni 1993 fand die traditionelle Radsternfahrt der ARGUS statt. Wer schon mal dabei war, weiß, daß
das eine gemütliche, mit der Polizei abgesprochene Angelegenheit für die ganze Familie ist.
1993 war es etwas anders. Da fand zur selben Zeit im Austria Center Vienna die Menschenrechtskonferenz der UNO statt. Und da steckte ein Diplomat im Stau. In einer Autokolonne, die eigentlich gar nicht hätte existieren dürfen, hätte die Polizei den Verkehr umgeleitet.
Die Polizei behob ihren Fehler auf die ihr ureigenste Weise: Die Alarmabteilung wurde eingesetzt, um den Diplomaten durchzulotsen. Man forderte die Radfahrer auf, doch "endlich" zur Seite zu fahren, was diesen aufgrund ihrer im Autoverkehr eingekeilten Situation gar nicht möglich war. Auch dürfte den Beamten keiner gesagt haben, daß es sich dabei um eine legale Demonstration handelte. Dementsprechend führten sie sich auch auf. Beschimpfungen und Gerangel durch die Ordnungshüter waren die Folge. Ein Radfahrer protestierte schließlich, worauf sich mehrere Polizisten auf ihn stürzten. Er konnte jedoch flüchten. Drei Beamte liefen ihm hinterher und stießen dabei andere Radler zur Seite. Motto: "Da kann nur einer helfen -- Supersheriff!" Schließlich wurde der Unbotmäßige doch gefaßt, gegen ein Auto gepreßt und in Handschellen abgeführt (akin 21/93).
Mehr als ein Jahr danach ist Prozeß. Nona, net gegen die Amtsbehandler, sondern gegen den Behandelten. Und ratet mal, wie die Anklage lautet! Richtig: Widerstand gegen die Staatsgewalt. Peter H. war einem Delegierten zur Menschenrechtskonferenz im Weg. Und er ließ sich nicht alles gefallen. Die Höchststrafe für solch ein Verbrechen nach Paragraph269 StGB sind 3 Jahre Haft. Auch wenn es wohl nicht soviel werden wird, ist jeder verhängte Hafttag eine Schweinerei, gegen die es zu protestieren gilt. Öffentliche Hauptverhandlung ist am Donnerstag, 15.September, 9 Uhr im Landl, 1080 Wien, Landesgerichtstr. 11, Parterre, Saal 6.
Bernhard Redl