Samstag, 24. Januar 2009
 
Wien/Kultur: Denkmäler sind einfacher PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Team des Jüdischen Filmfestivals   
Donnerstag, 29. Mai 2008

Das Jüdische Filmfestival ist durch einen Mangel an Subvention gefährdet. Die VeranstalterInnen fragen sich, warum an aktueller jüdischer Kultur deutlich weniger Interesse besteht als an Vergangenheitsbewältigungs- Folklore.

Im Wilden Westen galt damals: “Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer!” Heute muss man leider feststellen, dass es einfacher ist, Kolloquien und Denkmäler über die verschwundene jüdische Präsenz zu organisieren, als die lebende jüdische Kultur zu fördern.

Seit 17 Jahren existiert nun ein Jüdisches Filmfestival in Wien, früher auch als Jüdische Filmwoche bekannt. Seit 1991 und in der Folge 14 Mal wurde es von uns organisiert. Jährliche mühsame Verhandlungen mit Vertretern der öffentlichen Hand waren gepaart mit deren Erwartung, dass wir uns und andere freiwillig ausbeuten lassen. Nur werden wir als ehrenamtliche Veranstalter von eben dieser öffentlichen Hand verpflichtet, die Sorgfalt eines

ordentlichen Kaufmanns (§ 347 HGB) bei der Gebarung des geförderten Festivals walten zu lassen. Dies bedeutet u. a. – und hier stimmen wir vollinhaltlich zu – dass wir nicht nur wirtschaftlich, sparsam und in zweckmäßiger Weise handeln, aber uns auch selbstverständlich an alle gesetzlichen Vorlagen und Reglementierungen strikt halten müssen; so z.B. die Kollektivverträge, die Zollvorschreibungen, die

Sozialversicherungsanmeldepflichten, die Unterlassung von Schwarzarbeit und Schwarzplakatierug etc., etc.

Weiters erwartet die öffentliche Hand, um die Gesamtfinanzierung sicher zu stellen, dass wir zur Finanzierung auch Sponsoren suchen. Und wir haben auch einige wenige Sponsoren gewinnen können. Aber die großen, traditionellen Sponsoren wie Banken, Versicherungen, Fluglinien, Hotelketten, die an einer Partnerschaft mit der Filmwirtschaft interessiert sind, fördern lieber die den Mainstream-Film huldigenden Großveranstaltungen. So ernteten wir diverse Briefe, die alle – löbliche Ausnahmen waren jedoch die Vereinigung der Filmschaffenden und der Mobilfunkbetreiber A1 – mit dem Resümee endeten: ... es tut uns leid, aber wir haben schon alles der Viennale gegeben ...

Jüdische Filmen sind für manche gefährlich, es ist schon schwierig, solche Filme zu definieren. Für uns galt und gilt folgende Definition: Filme sind für uns jüdisch, wenn sie sich mit jüdischen Schicksalen und Lebenswelten beschäftigen. Ob nun die Menschen, die vor oder hinter der Kamera agierten, Juden waren oder sind, hat für unsere Programmierung keine Bedeutung. Bedeutung hat vielmehr die Rolle unseres Festivals: Wir wollen sowohl mit dokumentarischen als auch mit Spiel- oder Experimentalfilmen den Dialog fördern, denn nur

wenn miteinander kommuniziert wird, werden Konflikte beherrschbar werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass man sich die Filme ansieht, bevor man darüber redet! Leider war dies nicht immer der Fall, so erinnern wir uns schmerzlichst daran, wie wir selbst von jüdischer Seite angegriffen wurden, weil wir Filme zeigten, in denen PalästinenserInnen als Menschen dargestellt wurden. Filme sind lebendig, so sind sie auch Spiegelbilder der Gesellschaften, wo sie gedreht sind, sei es in Europa, in Israel, Palästina oder woanders.

Jetzt sind nicht nur das Jüdische Filmfestival 2008, sondern auch die Weiterführung unserer Bemühungen in ernster Gefahr. Bis heute konnten wir keine Finanzierung aufstellen, die annähernd die geforderte Sorgfallt für eine professionelle Veranstaltungsplanung und Durchführung ermöglicht.

Dieser Brief richtet sich an alle, die unser Jüdisches Filmfestival als ein Zeichen lebendiger jüdischer Kultur wahrnehmen und sich mit der von uns definierten Rolle der Veranstaltungsreihe identifizieren. Wir ersuchen Sie, die Ihnen bekannten Entscheidungsträger aus Kultur, Wirtschaft und Medien zu erinnern, das es gerade die Politik war, die das Jüdische Filmfestival Wien wiederholt und öffentlich als unverzichtbarer Fixpunkt im Wiener Kulturkalender deklarierten. .

Es ist offensichtlich einfacher, ein Denkmal zu bauen. So sagen Sie bitte Ihren Ansprechspartnern, dass, wenn heuer keine adäquate Finanzierung aufzustellen ist, wir vielleicht daran denken werden müssen, dem Jüdischen Filmfestival ein Denkmal zu konzipieren, wo stehen könnte: IN DIESER STADT GAB ES VON 1991 BIS 2007 EIN JÜDISCHES FILMFESTIVAL, 2008 HAT IHM DIE ÖFFENTLICHE HAND EIN ENDE GESETZT. ES WAR DAS JÜDISCHE FILMFESTIVAL, DAS IN EUROPA AM LÄNGSTEN BESTAND...
(gekürzt)

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