Tschechien: Vergesellschaftung verboten |
|
|
|
Geschrieben von akin
|
Dienstag, 24. Oktober 2006 |
Bereits im Dezember 2005 drohte das tschechische Innenministerium den Bund Junger Kommunisten (KSM), die Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Boehmens und Maehrens (KSCM), zu verbieten. Nun wurde die Drohung wahrgemacht.
Offiziell wurde damals bemaengelt, dass sich der Jugendverband als Verein buergerlichen Rechts durch seine politische Positionierung in Bereiche einmische, die ausschliesslich den politischen Parteien vorbehalten seien. Zudem sei die theoretische und politische Zielsetzung einer "sozialistischen Revolution" illegal, fuehrten die Beamten weiter aus.
Jetzt begruendet aber das Innenministerium sein vollstrecktes Verbot mit der im Statut verankerten programmatischen Aussage, wonach »Privateigentum an Produktionsmitteln in einem anzustrebenden Sozialismusmodell durch oeffentliches Eigentum ersetzt werden« solle. Dies sei verfassungswidrig, so die Behoerde.
Das "Neue Deutschland" (ND) sieht das in einem internationalen antikommunistischen Kontext: Schliesslich habe ja auch der Europarat im Jaenner dieses Jahre eine Resolution ueber die "Notwendigkeit der internationalen Verurteilung der Verbrechen totalitaerer kommunistischer Regime" angenommen (s. dazu auch untenstehende Links). Das Problem mit dieser Resoultion sei, "dass sie die Gewalttaten der Vergangenheit dazu benutzt, eine Ideologie und politische Stroemung, deren Ideale das ganze Gegenteil dieser Verbrechen sind, zu attackieren, zu marginalisieren und den Weg zu ihrer Kriminalisierung zu ebenen«, zitiert ND dazu den Vorsitzenden der Linksfraktion im Europarat, Mats Einarsson.
ND vermutet aber auch einen Zusammenhang mit dem Wahlkalender. In der innenpolitischen Situation Tschechiens waere das auch nicht weiter verwunderlich. Das Verbot erfolgte am 16.Oktober und am 22. waren Kommunalwahlen und die erste Runde der Senatswahlen angesetzt. Nach der Stichwahl will Staatspraesident Klaus einen neuen Regierungschef ernennen, da der bisherige mit der Patt-Situation im Unterhaus eine Vertrauensabstimmung verloren hatte.
Der KSM selbst sieht sein Verbot aber vor allem als Testballon. In einem Interview "Jungen Welt" vermutet die stellvertretende Vorsitzende Radim Gonda: "Das Verbot des KSM zielt auf die gesamte antikapitalistische Bewegung und ist ein Angriff auf grundlegende buergerliche Rechte und die Demokratie. Das Verbot des KSM ist nur der erste Schritt. Auch in der Bundesrepublik wurde zuerst die Jugendorganisation FDJ verboten und dann die KPD."
Von der Entscheidung des KSM-Verbots fuehlen sich aber ueber die KSCM hinaus weitere europaeische Linksparteien betroffen. Denn die tschechischen Kommunisten sind mit sechs Abgeordneten Teil der GUE/NGL-Fraktion im Europaeischen Parlament und offizielle Beobachter der Europaeischen Linkspartei. Beide europaeischen Linksvereinigungen haben daher Protestaktionen angekuendigt.
Weitere Berichte über das Verbot: http://ooe.kpoe.at/news/article.php/20061019095812522/print http://www.jungewelt.de/2006/10-20/051.php akin-Debatte zur Kommunismuskriminalisierung: http://www.akin.mediaweb.at/2006/01/01europa.htm http://www.akin.mediaweb.at/2006/03/03herzl.htm |