Samstag, 24. Januar 2009
 
75 Milliarden zu wenig für die Ärmsten PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Gertraud Findl   
Montag, 26. Mai 2008

Wien/Brüssel (22.5.2008) - Im Vorfeld des Außen- und Entwicklungsministertreffens am 26./27. Mai in Brüssel stellte heute eine Koalition aus 1.600 NGOs den aktuellen Aid Watch Report "No Time to Waste" vor. Setzen die europäischen Regierungen ihre Entwicklungshilfepraxis fort wie bisher, werden bis 2010 rund 75 Milliarden EURO weniger als von der EU zugesagt zur Verfügung gestellt werden, warnen NGO-VertreterInnen europaweit.


Europäische Regierungen müssen handeln und Versprechen einhalten

"Gebrochene Versprechen kosten Leben!", verdeutlicht Ruth Picker, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung. "Im Senegal stirbt jedes achte Kind vor Erreichung seines fünften Geburtstages. Konkrete Hilfe bedeutet für diese Kinder den Unterschied zwischen Leben und Tod."

Der Aid Watch Report nimmt die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA, Official Development Assistance) der EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission für das Jahr 2007 unter die Lupe. Anlass zu Sorge bereitet vor allem das dramatische Absacken großer traditioneller Geberländer wie Belgien, Großbritannien und Frankreich um mehr als 10 Prozentpunkte. Österreich konnte seine Leistung zwar von 0,48% auf 0,49% steigern, trotzdem weist Österreichs ODA einen markanten "Schönheitsfehler" auf: Mehr als die Hälfte davon besteht aus Schuldenerlässen, zudem aus Geldern für Flüchtlingsbetreuung und Kosten für ausländische Studierende. Nach Abzug dieser Posten bleibt eine reale Leistung von mageren 0,20% des österreichischen Bruttonationaleinkommens (BNE). Das entspricht dem 12. Platz in der Rangreihe der europäischen Mitgliedstaaten - obwohl Österreich das viertreichste Land der EU ist.

"Hilfe muss bei den Menschen im Süden ankommen und darf keine bloße Zahl auf einem Stück Papier sein" betont Heinz Hödl, Geschäftsführer der KOO. "Entschuldungen sind dringend notwendig und längst überfällig, können aber zur Lösung akuter Probleme nicht beitragen. Hier braucht es schlicht und einfach mehr Geld." Nach Richtlinien der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ist die Einrechnung von Entschuldungsmaßnahmen zwar erlaubt, das Ausmaß, in dem Österreich von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, wird jedoch international kritisiert. Auch das UN-Abkommen von Monterrey aus dem Jahr 2002 sieht vor, dass Entschuldungen zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit stattfinden und nicht als Teil der EZA.

2008 wird zeigen, wie es um die Glaubwürdigkeit der europäischen Regierungen bestellt ist. "Die Außen- und EntwicklungsministerInnen der EU sind kommende Woche in Brüssel aufgefordert, rechtlich verbindliche Zeitpläne zur Erhöhung ihrer ODA zu beschließen," fordert Ruth Picker. "Nur so kann die EU, als größte Geberin der internationalen Gemeinschaft, ihre Versprechen gegenüber den Ärmsten der Welt wahrmachen und weiter glaubwürdig bleiben. Für Österreich heißt das: Auch unser Anteil an Geldern für Entwicklungsfinanzierung muss deutlich steigen. Wir fordern Finanzminister Molterer und Außenministerin Plassnik auf, dies bei den kommenden Budgetverhandlungen für 2009 und 2010 zu berücksichtigen", so Picker weiter.

Der Aid Watch Report wird in Österreich von den Dachorganisationen GLOBALE VERANTWORTUNG - Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe und der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO) sowie WIDE (Women in Development Europe) mitgetragen. Der europäische Dachverband CONCORD bietet den Rahmen für die europaweit agierende NGO-Initiative.

Den Aid Watch Report "No time to waste! European governments behind schedule on aid quantity and quality" finden Sie auf http://www.globaleverantwortung.at



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