Die kleine Gemeinde Hadersdorf am Kampf kam in den letzten Jahren durch den beharrlichen Abwehrkampf des ÖVP-Bürgermeisters gegen eine Gedenkstätte für NS-Opfer in die Schlagzeilen. Immerhin 61 politische Gefangene wurden dort in den letzten Kriegstagen hingemetzelt. Heuer setzte die Politik, sekundiert von ausländischen Diplomaten, ein Zeichen.
Die österreichischen Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus seien allzu lange Zeit nicht im Mittelpunkt der Erinnerung gestanden, erklärte Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER anlässlich der Gedenkkundgebung für 61 ermordete Antifaschisten, am Samstag in Hadersdorf am Kamp. "Wir schulden ihnen unseren aufrichtigen Respekt", so Prammer, "in einer Stunde der Unterdrückung, der Vertreibung und Ermordung hielten sie trotz aller Gefahren die Vision einer Gesellschaft der Toleranz und der Demokratie aufrecht, die Vision einer Gesellschaft ohne Rassismus und ohne Gewalt. Deshalb müssen wir es uns zur Aufgabe machen, diese Menschen, ihren Mut und ihre Visionen niemals zu vergessen."
Zur Gedenkkundgebung hatte der Verein "Gedenkstätte - Hadersdorf am Kamp", der Historiker Dr. Robert Streibel und das Mauthausen Komitee Österreich aufgerufen. Fast 200 Menschen kamen, unter ihnen eine größere Gruppe von Einwohnern der Gemeinde, an ihrer Spitze der Pfarrer des Ortes, Franz Ofenböck, der auch selbst das Wort ergriff. An der Veranstaltung nahmen neben mehreren Nationalräten und Mandataren auch die Botschafter Deutschlands und Tschechiens teil, Griechenland war durch den ersten Sekretär der Botschaft vertreten. Der niederösterreichische Landtagspräsident Ewald Sacher würdigte in seiner Ansprache die Initiative zur Errichtung einer Gedenkstätte und rief dazu auf, in einem freien, sozialen und demokratischen Europa nie wieder Verhältnisse entstehen zu lassen, unter denen sich Ereignisse wie 1945 und in den Jahren davor wiederholen könnten.
Zum Abschluss der Veranstaltung ließen die Teilnehmer 61 schwarze Luftballons mit den Namen der Opfer des Massakers in den Himmel steigen. Damit erinnerten sie daran, dass in dem Ort noch immer eine Gedenkstätte fehlt; die Kränze die die Vertreter der Botschaften mitgebracht hatten, verblieben mitten am Hauptplatz von Hadersdorf am Kamp. Der Bürgermeister und die Vizebürgermeisterin der Gemeinde blieben der Gedenkveranstaltung kommentarlos fern.
Hintergrund
Am 7. April 1945 wurden in der Gemeinde Hadersdorf am Kamp 61 Antifaschisten und Widerstandskämpfer von einer SS-Einheit, unter Beihilfe Hadersdorfer NSDAP-Führer, erschossen. Sie waren Opfer der so genannten Kremser-Hasenjagd, einem blutigen Gemetzel, initiiert von NS-Treuen, nachdem der Leiter der Männerstrafanstalt Stein, Dr. Franz Kodré, unter dem Eindruck des bevorstehenden Kriegsendes, die politisch Inhaftierten entlassen hatte. Der von Angehörigen der Opfer gegründete Verein "Gedenkstätte - Hadersdorf am Kamp" bemüht sich bisher vergeblich um die Errichtung einer Gedenkstätte im Ort. Die virtuelle Gedenkstätte im Internet http://www.gedenkstaette-hadersdorf.at enthält eine umfangreiche Dokumentation der Ereignisse.
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