Samstag, 24. Januar 2009
 
Niederlassungsgesetz vor EuGH PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Donnerstag, 13. Dezember 2007

Kaum befasst sich einmal nicht der Verfassungsgerichtshof mit dem Niederlassungs- und Aufenhaltsgesetz 2005 (NAG), tut es der Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Der glaubt nämlich nicht, dass die gängige Rechtslage und -interpretation EU-konform ist und schickt jetzt einen Präzendenzfall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung.

Im konkreten Fall geht es um einen türkischen Staatsangehörigen, der 2003 in Österreich um Asyl ansuchte und dessen Verfahren noch läuft. Aus diesem Verfahren erwuchs ihm ein temporäres Aufenthaltsrecht. 2004 zog er hier mit einer deutschen Staatsbürgerin zusammen, die 2005 von ihm ein Kind bekam. 2006 heiratete er sie und beantragte eine Daueraufenthaltsgenehmigung – die ihm in zweiter Instanz durch das Innenministerium verwehrt wurde, unter anderem mit der Begründung seines asylrechtlichen Status. Sprich: Als Asylwerber mit temporärem Aufenthaltsrecht könne er kein andauerndes Aufenthaltsrecht bekommen. Außerdem: Da er die Deutsche erst in Österreich geheiratet habe, könne auch nicht von Familiennachzug die Rede sein, weswegen der Schutz des Familienlebens hier nicht greife – eben eines der Probleme, mit dem sich ja schon seit längerem Initiativen wie "Ehe ohne Grenzen" beschäftigen.

 

Dem VwGH war das aber dann doch ein wenig dünn. Da es hierbei aber auch um die Rechte der Ehefrau, einer nicht-österreichischen EU-Bürgerin, geht, berührt die Frage nicht nur die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), sondern auch EU-Recht. Es geht dabei um das Recht auf Familienleben im Zusammenhang mit der Niederlassungsfreiheit der EU-Bürgerin. So absurd es klingen mag, aber deren Recht auf Familienleben als Ausländerin erscheint – durch eben diese Niederlassungsfreiheit – möglicherweise besser geschützt als das einer Österreicherin durch nationales Recht oder die EMRK.

 

Also bemüht der VwGH den EuGH und stellt ihm nun einige prinzipielle Fragen zu dem Thema. Zum Beispiel, ob eine Reihe von Richtlinien so auszulegen wären, "dass sie auch jene Familienangehörigen ... erfassen, die ... erst dort [im EU-Staat] die Angehörigeneigenschaft oder das Familienleben mit dem Unionsbürger begründet haben". Und ob ein temporäres Aufenthaltsrecht einen Hindernisgrund für ein permanentes darstellen kann. Die politisch heikelste Frage, die der VwGH – unabhängig vom konkreten Fall – gleich noch mit in diesen Fragenkatalog packte, ist die: Ob eine Gewährung eines permanenten Aufenthaltsrechts aus dem Titel des Schutzes des Familienlebens unbedingt als Voraussetzung eines bis dahin legalen Aufenthalts bedarf – also ob ein "Illegaler" durch Familiengründung das Recht erwirbt, auf Dauer hier bleiben zu dürfen.

 

Da qua Gleichheitsgrundsatz auch Österreicher und Österreicherinnen einen solchen Grundsatzentscheid für sich in Anspruch nehmen könnten, würde die familienfreundliche Beantwortung dieser Frage wohl nicht nur FPÖ und BZÖ, sondern auch die Koalitionsparteien die Wände hochgehen lassen.

 

Bernhard Redl

 

Der komplette VwGH-Beschluss zur EuGH-Befragung:

http://www.deranwalt.at/show.asp?id=693&kapitel=Wissenswertes

 

 

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