Immer wieder ist Asyl in Not in seiner Arbeit mit
gesetzeswidrigen Vorgangsweisen der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See
konfrontiert.
Diese Behörde ist ein besonderes Nest. Unsere Leserinnen
und Leser erinnern sich vielleicht an die russische Familie D. aus Kaliningrad,
die im Sommer 2007 trotz legaler Einreise einen Monat lang in Schubhaft
gesessen ist. Unserer Haftbeschwerde gab der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS)
Burgenland statt.
Herr T. aus Tschetschenien ist auch ein Opfer dieser
Bezirkshauptmannschaft. Seine Frau und seine Kinder leben seit 2006 als
anerkannte Flüchtlinge in der Steiermark. Herr T., durch die Flucht von ihnen
getrennt, kam erst 2007 nach.
Unterwegs wurde er in der Slowakei aufgegriffen, stellte
dort einen Asylantrag, um nicht nach Russland abgeschoben zu werden, und gab
an, zu seiner Familie nach Österreich zu wollen. Die Slowaken nahmen mit
Österreich Kontakt auf, das Bundesasylamt erklärte sich für zuständig im Sinne
der Dublin-Verordnung, Herr T. wurde nach Österreich überstellt. Das wäre
beinahe schlecht ausgegangen für ihn:
Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl (in deren Bereich die
Übernahme erfolgte) verhängte die Schubhaft! Begründung: Herr T. habe nichts
davon gesagt, dass er einen Asylantrag stellen wolle. Er habe immer nur von
"Familienzusammenführung" gesprochen. Ohne Asylantrag sei er ein
gewöhnlicher "Illegaler", wie andere auch, und müsse abgeschoben
werden.
Herr T. kannte sich mit den hiesigen Rechtsvorschriften
nicht aus. Er wusste nicht, dass er das Wort "Asyl" verwenden musste;
das hatte er doch schon in der Slowakei getan! Er versuchte verzweifelt zu
erklären, dass er zu seiner Frau und seinen Kindern wolle und dass er doch eben
deshalb von den Slowaken nach Österreich geschickt worden sei.
Nach einer Woche Gefängnis besuchte ihn eine Betreürin
der Caritas, der er sein Leid klagte. Sie half ihm einen Asylantrag zu stellen,
sodass er freigelassen wurde und endlich zu seiner Familie kam.
Auf Ersuchen der Caritas brachte ich eine
Schubhaftbeschwerde ein und machte geltend, dass Herr T. ja schon in der Slowakei das
Zauberwort "Asyl" ausgesprochen hatte und dass man nach dem Wortlaut
der Dublin-Verordnung nur einen einzigen Asylantrag in der Europäischen Union
stellen kann, für den sich dann ein bestimmter Staat (in diesem Fall
Österreich) zuständig erklärt.
Daher musste Herr T. nicht noch einmal "Asyl"
sagen, als er der BH Neusiedl in die Hände fiel. Überdies sei die Schubhaft
unverhältnismäßig, da er ganz offensichtlich nicht untertauchen, sondern zu
seiner Familie, an einen den Behörden bekannten Ort, wollte. Der Unabhängige
Verwaltungssenat Burgenland (Mag. Eder) schloss sich beiden Argumenten an.
In der Verhandlung wurden auch die beiden Polizisten
befragt, die Herrn T. festgenommen hatten. Sie gaben an, die Festnahme sei
"rein aus Routine" erfolgt... Einen Auftrag, Herrn T. zu belehren,
wie man einen Asylantrag stellt, habe ihnen niemand erteilt. Von selber hätten
sie T. auch nicht gefragt, ob er einen Antrag stellen wolle; sonst hätten sie
ihm ja etwas in den Mund gelegt...
"So leicht wird man in Österreich also ‚rein
routinemäßig’ festgenommen", erkannte Mag. Eder und gab meiner Beschwerde
statt. Für Herrn T. werden wir, Haftentschädigung verlangen. Aber was sollen wir mit der
Bezirkshauptmannschaft Neusiedl anstellen? Für zweckdienliche Hinweise aus dem
Publikum danken wir sehr.
Michael Genner, Asyl in Not
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