Mordanschlag auf deutschen Journalisten in Kasachstan |
Geschrieben von David Schraven | |
Dienstag, 22. Januar 2008 | |
Marcus Bensmann ist ein Kollege, der unter anderem für die taz in Berlin über Zentralasien schreibt. Er hat über Massaker und Korruptionsaffairen der Diktatoren berichtet. Auf einer Recherchereise wurde jetzt er fast umgebracht. Der folgende Text stammt aus dem Blog der online taz. Wenn von "unserer" Regierung die Rede ist, dann ist die deutsche gemeint.
“Am Sonntag-Morgen, um 8 Uhr und 5 Minuten hat ein Passant Marcus Bensmann im Schnee gefunden. Er lag da, bewusstlos. Sein Gesicht zerschlagen, sein Kiefer gebrochen, seine Hände erfroren. Marcus Bensmann lag im Schnee der kasachischen Hauptstadt Astana. Das Thermometer zeigte minus 20 Grad. Es heißt, Marcus Bensmann sei aus einem fahrenden Wagen hierhin geworfen worden, in das Eis der Steppe. Wir wissen nicht, ob es ein politischer Anschlag war oder ob Marcus Opfer einer kriminellen Entführung geworden ist. Wir wissen, sie haben ihm ins Gesicht getreten, bis seine Augen brachen. Wir wissen, sie haben ihn in das Eis geschmissen. Wir wissen, es war ein Mordversuch. Marcus Bensmann ist ein Freund. Und ein Journalist. Er schreibt seit Jahren über Zentralasien, für die Neue Zürcher Zeitung, für dpa, die ARD und die taz. Dabei ist er einer der wenigen, die nicht über die schönen Berge fabulieren oder die Seidenstraße. Marcus schreibt über Kinderarbeit in den Baumwollfeldern. Er schreibt über den Fall Musafar Avazow in Usbekistan. Über den Mann, der im Gefangenenlager Yaslik gekocht wurde. Marcus hat die Beweise besorgt, Fotos der entstellten Leiche. Marcus hat gezeigt, wie Rücken, Bauch, Beine und Arme des vierfachen Vaters eine einzige Brandblase bildeten. Und Marcus hat über das Öl Zentralasiens geschrieben und über das Gas. Wer es kauft, wer es haben will und wer das Schmiergeld kriegt. Das sind Geschichten über Gazprom und anderen gierige Konzerne. Die Berichte von Marcus Bensmann waren teuer. Sie haben die Despoten in ihren Geschäften gestört. Marcus hat darüber geschrieben, nicht weil es ihm Spaß machte. Sondern weil es wichtig ist für uns alle. Wir Deutsche haben Interessen in der Region. Wir Deutsche machen Politik in der Region. Unsere Soldaten stehen in Usbekistan. Wir zahlen Geld an das Regime in Usbekistan. Wir wollen Zugang zu den Gaslagerstätten in Usbekistan. Und: Unsere Politiker hofieren die Greuelherrscher der Region. Marcus Bensmann wollte aufklären, bei welchen dreckigen Geschäften sich unsere Außenpolitik unter ihrem Minister Frank-Walter Steinmeier mitschuldig macht. Marcus deckte auf, dass sich Steinmeier in der EU dafür eingesetzt hat, die Sanktionen gegen Usbekistan zu lockern. Während er gleichzeitig als Friedensapostel im Nahen Osten auftritt. Zuletzt hat Marcus Bensmann einen Bericht für das ARD-Magazin Monitor über die degoutante Politik des deutschen Außenministers gemacht. Der Anlass hier war schrecklich. Der usbekische Exiljournalist, Alisher Saipov, war vor seinem Haus in Kirgistan vom usbekischen Geheimdienst erschossen worden. Zwei Schüsse in die Beine, einer in den Kopf. Mit seinen Berichten lüftet Marcus das Tuch des Schweigens, das über diese verdorbene Politik geworfen wird. Nach außen ist der SPD-Mann ein Strahlegesicht, das sich in den Umfragwerten sonnt. Nach hinten wird das Steinmeier-Grinsen zu einer zynischen Fratze, wenn er sich in Brüssel für den Menschenverächter Karimow einsetzt. Marcus hat die Beweise gesammelt. Ein Beispiel: Marcus war 2005 im usbekischen Städtchen Andischan am Tag des Massakers, als Hunderte abgeschlachtet wurden. Er überlebte den Kugelhagel. Er sah die Leichen. Er rannte mit den Überlebenden, er versteckte sich im Graben vor den Maschinengewehrsalven. Und Marcus berichtete und berichtet weiter darüber. Er lässt die Toten nicht vergessen. Er schreibt an gegen die Verharmloser, gegen die Abwiegler, gegen die Vertuscher. Die auch in Deutschland, im Außenministerium sitzen. Und dort für die Rehabilitierung der usbekischen Schlächter antichambrieren. Das Auswärtige Amt nimmt Marcus diese Arbeit übel. Immer wieder kamen Zwischentönen aus dem Amt, die Marcus Arbeit diskreditieren sollten, die ihn beleidigten. Im diktatorischen Zentralasien konnten diese Signale nur so gedeutet werden, dass die Deutsche Regierung kein Interesse am Wohlergehen des Journalisten Marcus Bensmann habe. Wir wissen aber auf jeden Fall, Marcus ist das Opfer eines Verbrechen. Und wir wissen er demaskiert mit seinen Berichten die zynische Politik des deutschen Außenministers Steinmeier in Zentralasien. Marcus Bensmann hat den Mordversuch überlebt. Er ist zurück in Deutschland. Die ARD hat ihn rausgeholt. Dafür gebührt ihr Dank. Wir werden sehen was kommt.” |
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