Seit Samstag abend ist das riesige Areal der ehemaligen "Stadt des Kindes" in Wien Penzing besetzt. Bislang (Sonntag 23h) hat die Polizei noch nicht gestört.
Die Vorgeschichte: Ein SPÖ-naher Bauträger, ARWAG, hatte den Auftrag für die Nachnutzung der "Stadt des Kindes" - ein 1969-74 von Architekt Anton Schweighofer errichtetes soziales Musterprojekt, das weit über die Grenzen Wiens hinaus bekannt war - nahe des Auhof-Center, an der Grenze des 13. und 14. Bezirks, erhalten. Doch nach der Entscheidung wurden die sozialen Auflagen (Öffnung des Schwimmbades für die Bevölkerung, usw.) immer mehr ausgehöhlt, bis im Juni 2008 SPÖ und ÖVP im Wiener Gemeinderat einer Änderung des Kaufvertrages dahin gehend zustimmten, dass auch ein Teil der architektonisch wertvollen Bausubstanz abgerissen werden darf, um aus den Neubauwohnungen mehr Gewinn herausholen zu können. Namhafte ArchitektInnen, DenkmalschützerInnen und eine Bürgerinitiative protestierten gegen diese Vorgangsweise.
*** Erklärung der BesetzerInnen
Der Teilabriss der "Stadt des Kindes" hat überraschend schnell begonnen, um Diskussionen über andere Nutzungsmöglichkeiten im Keim zu ersticken. Tatsachen sollen geschaffen werden, während wir und andere Initiativen Räume dringend benötigen.
In dem ehemaligen progressiven Kinderheim sollen sich bald jene mit etwas mehr in der Tasche ihren Traum von "Schöner Wohnen" kaufen können. Immer mehr für soziale Zwecke geschaffene Anlagen, wie das ehemalige Kinderheim auf der Hohen Warte, oder nun die Stadt des Kindes werden der Verwertungslogik geopfert. Uns bleiben zu kleine Wohnungen in denen ein Leben mit oder ohne Kinder abseits der Kleinfamilie nicht leistbar ist. Die Experimentierfreudigkeit der Stadt ist höchstens im Bereich der Privatisierung zu erkennen und nicht wenn es um selbstbestimmte Wohnformen und Lebensentwürfe, abseits der gepredigten Norm geht.
* Wir wollen eine lebendige und offene Stadt des Kindes * mit Raum für verschiedene, aber selbstbestimmte, kollektive Wohnformen für alle Gender mit und ohne Kinder * Platz für ein Leben in Wägen * offene Werkstätten, Theater Labors, Kostnix Laden, Proberäume etc. * Ein offenes Schwimmbad auch für jene die sich gerade noch über Wasser halten können. * Einen Ort an dem Kinder ihre Meinung sagen und leben können. ...jenseits der Verwertungslogik!
Weil wir an sozialutopische Projekte glauben und lieber selber damit beginnen als uns hinhalten zu lassen, haben wir die Stadt des Kindes wieder geöffnet. Um einen Ort zu schaffen, wo wir an den Formen unseres Beisammenseins und dem Aufbrechen fremdbestimmter Strukturen arbeiten können - einen Ort, wo das, wofür wir kämpfen, erlebbar gemacht werden kann. Unsere Sexismen, Rassismen, Homophobie, Antisemitismen usw. sind ein Teil von uns, wir können sie nicht einfach an der Türe ablegen. Eine sich als emanzipatorisch verstehende Praxis muss darum vor allem im Umgang miteinander ansetzen. Daher soll bei dieser Raumaneignung auf die praktische und theoretische Auseinandersetzung über Normierung von Raum, sowie den damit verbundenen allzu oft rassistischen, männlichen und heteronormativen Verhaltenweisen besonders Wert gelegt werden. Freiräume jenseits von Sexismus und Mackertum aneignen und etablieren!
*** Programm für Montag, 8.9.: 7:00 Uhr in der Früh Abriss ve?rhindern, hinkommen Bagger stoppen! 8:00 Frühstück und Frühschoppen mit Oma Else bis zu Mittag 09:00 Plenum 12:00 Grillen und Kochen 16:00 Großes Plenum 20:00 Buchpräsentation Besetze deine Stadt
Laufende Infos: http://freiraum.lnxnt.org/
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