Italien: Politische Justiz gegen G8-AktivistInnen |
Geschrieben von Rosso Vincenzo | |
Mittwoch, 31. Oktober 2007 | |
Sechs Jahre nach dem G8-Gipfel in Genua fordert die italienische Staatsanwaltschaft drakonische Strafen für 25 GlobalisierungskritikerInnen. „Ihr werdet für alles bezahlen, und ihr werdet teuer bezahlen!“ Die einstige Losung der radikalen Linken in Italien hat sich jetzt die Genueser Staatsanwaltschaft im Prozess gegen 25 KritikerInnen der Globalisierung zu eigen gemacht. Diese hatten im Juli 2001 an den Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua teilgenommen. Nun fordern die StaatsanwältInnen Anna Canepa und Andrea Canciani in dem seit März 2004 laufenden Prozess zwischen sechs und sechzehn Jahren Haft für die DemonstrantInnen, insgesamt 225 Jahre. Darüber hinaus sollen die Angeklagten nach dem Willen von Ernesto De Napoli, der die italienische Regierung im Prozess als Nebenkläger vertritt, je 100:000 Euro Schadenersatz bezahlen – unter anderem zur Wiedergutmachung der "Imageschäden", die die Republik Italien durch die Demonstrationen erlitten habe.
Die Staatsanwaltschaft legitimiert die Höhe der Strafen mit dem Paragraf 419 des Strafgesetzbuchs: Plünderung und Verwüstung. Der Paragraf fand in der Nachkriegsgeschichte nur sehr selten Anwendung, doch Canepa und Canciani argumentieren, bei den Protesten im Sommer 2001 habe dieser Tatbestand vorgelegen, weil aufgrund der Massen gewalttätiger DemonstrantInnen die öffentliche Ordnung zusammengebrochen sei. Doch selbst der Nebenkläger De Napoli gab in seinem Plädoyer zu, dass dies nicht nur den DemonstrantInnen anzulasten sei: „Angesichts von Tausenden Demonstranten, die, auch wenn sie sich kriegerisch gebärdeten, jedoch nicht bewaffnet schienen, wäre es vielleicht besser gewesen, den Einsatz von Tränengas oder von Aktionen zu vermeiden, die möglicherweise gewaltsame Reaktionen auslösen konnten.“
Die geforderten 100.000 Euro Schadenersatz pro Person sind nicht nur für eine Wiedergutmachung des „Imageschadens“ sowie für die Sachschäden in Genua, sondern auch für die Carabinieri bestimmt. Die Mutter des erschossenen Demonstranten, Haidi Giuliani, sagte daraufhin: „Ich warte schon darauf, dass irgendjemand zu mir und zu Giuliano [Carlos Vater] kommt und von uns Schadenersatz verlangt, weil das Blut unseres Sohnes den Strassenbelag verunreinigt hat.“
Quelle: WOZ vom 1.11.2007 |
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