Budapest: Rechtsextreme attackieren Gay Parade |
Geschrieben von Ralf Leonhard | |
Sonntag, 6. Juli 2008 | |
Rechtsradikale attackieren lesbische und schwule Aktivisten. Dabei werden acht Personen verletzt. Die EU-Abgeordnete Katalin Levai beklagt: Die Intoleranz in Ungarn ist beschämend. Die Budapester Homo-Parade am Samstag endete mit wilden
Schlägereien, Verletzten und Festnahmen. Mindestens acht Personen, darunter
zwei Polizisten, sollen verletzt worden sein, als Rechtsradikale die Parade
zunächst mit Steinen und Eiern attackierten. Polizisten, die den Marsch von
etwa 1.500 Aktivisten und Sympathisanten gegen die Angreifer abschirmten,
wurden mit Bierdosen und Molotow-Cocktails beworfen. Mit Wasserwerfern und
Tränengas versuchten die Beamten, die Skinheads zu vertreiben. 45 Randalierer
wurden laut Polizeisprecherin Eva Tafferner festgenommen. Ein
Polizeibus ging in Flammen auf. Die sozialdemokratische EU-Abgeordnete und
Menschenrechtsaktivistin Katalin Levai suchte Schutz in einem Streifenwagen und
wurde dort von Randalierern attackiert. "Es ist beschämend, dass es auch
noch fast 20 Jahre nach der Wende eine solche Intoleranz gibt", klagte sie
vor der nationalen Presse. Ziel von
Attacken wurde auch der liberale Politiker Gábor Horn. Er wurde bespuckt,
geohrfeigt und mit Bier übergossen. Diese Gewaltausbrüche sind traurig, sagte
der 32-jährige Verleger István Ruzsácz, einer der Teilnehmer an der Parade.
"Diese Leute wollen einfach nicht akzeptieren, dass es Homos gibt, und
nützen diese Gelegenheit, sich in Szene zu setzen." Das Konzert einer
Jazzsängerin, das den Aufmarsch krönen sollte, wurde überhastet abgesagt Eigentlich wollte die Polizei die Veranstaltung verbieten.
Der Marsch durch die zentrale Avenue Andrássy út würde den Verkehr behindern.
Wahrer Grund dürften Befürchtungen gewesen sein, die Ausschreitungen
rechtsradikaler Gruppen vom Vorjahr würden sich wiederholen. Amnesty International kritisierte damals die Polizei, weil sie die Schwulen und Lesben
nicht ausreichend geschützt hätte. Auf Druck nationaler und internationaler
Organisationen gaben die Behörden schließlich nach. Auch Budapests liberaler
Bürgermeister setzte sich für die Gays ein. In den realsozialistischen Ländern war Homosexualität ein
Straftatbestand. Nach der Wende wurden die Gesetze gelockert. In Ungarn
beschloss das Parlament sogar im Vorjahr mit 185 gegen 154 Stimmen die
Zulassung eingetragener Partnerschaften ab 2009. Homosexuellenorganisationen
fordern auch das Adoptionsrecht. Gegen diese Liberalisierungen mobilisierten rechtsextreme
Gruppen wie die ultranationalistische Jobbik, die "Bewegung für ein
besseres Ungarn" und die "Ungarische Nationale Front", aber auch
klerikale Kreise. Das Selbstouting von Staatssekretär Gábor Szetey 2007 heizte
das Klima weiter an. In Budapest wird die Homo-Parade seit 2001 regelmäßig
veranstaltet. So rabiat wie letzten Samstag waren die Proteste dagegen noch
nie. Letzte Woche gab es auch bei Gewaltausbrüchen gegen Homos in der
bulgarischen Hauptstadt Sofia Verletzte und Festnahmen. Ebenfalls in der
mährischen Metropole Brünn mobilisierte die extreme Rechte gegen die
Homo-Parade. |
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