RAF: Die Toten, die Lebenden und der Standard |
Geschrieben von Augustin | |
Samstag, 10. März 2007 | |
Zum Grußwort von Christian Klar, einer Kunsthallen-Ausstellung und der Grenzen einer "liberalen" Zeitung - ein Kommentar aus dem Augustin. Feldmann sympathisierte nie mit der Ideologie der Baader-Meinhof-Gruppe; er zeigt auf 90 Tafeln grobkörnige Reproduktionen von Zeitungsbildern: Opfer und Täter und Menschen, die nur zufällig in die Schusslinie gerieten. Eine beklemmende Serie ungerahmter Andachtsbilder – so könnte man laut Kurator Gerald Matt die Ausstellung auf sich einwirken lassen. Am 16. März, 17 Uhr, wird Hans-Peter Feldmann im „Künstlergespräch“ seinen Background zur Fotoserie höchst persönlich erklären können, während die Gesprächsreihe, ein Teil des Begleitprogramms von „Die Toten“, mit dem Auftritt von Bettina Röhl (20. März) eröffnet wird, die in Deutschland zur meistzitierten Repräsentantin der „Keine-Gnade-für-die-Ex-RAF“-Stimmung geworden ist. Die Tochter Ulrike Meinhofs hat alle im Visier, die sich um ein differenziertes Meinhof-Bild bemühen, und versuchte vor einigen Jahren vergeblich, die Berliner RAF-Ausstellung zu verhindern. Vielleicht reiht sie auch Matt in die „Sympathisantenszene“ ein. Die aktuelle, aufgeregte Debatte über das Gnadengesuch des Ex-Terroristen Christian Klar fügt sich wie ein unvorhergesehenes Begleitrauschen ins Veranstaltungskonzept. Selbst die liberalste unter den österreichischen Tageszeitungen empfahl dem deutschen Staat , keine Gnade gegen den bereits ein Vierteljahrhundert hinter Gittern lebenden Klar walten zu lassen. Mit seiner „bizarren Grußbotschaft aus dem Gefängnis“ an die Rosa-Luxemburg-Konferenz habe der 54-Jährige dem deutschen Staatsoberhaupt „kaum eine Wahl gelassen, als dieses Gnadengesuch abzulehnen“, schrieb Eric Frei. Und weiter: „Offenbar denkt Klar heute noch genauso wie bei seiner Verhaftung vor 25 Jahren.“ Revolverjournalismus nimmt gelegentlich die Farbe des Lachses an. Hatte Klar erklärt, dass er weiterhin unverrückt zur terroristischen RAF-Politik stehe? Nichts dergleichen. Eine kurze Erklärung, die er für die von der Tageszeitung »junge Welt« organisierten Rosa-Luxemburg-Konferenz verfasst hatte (diese fand übrigens schon am 13. Januar statt) , sorgte für den Medienrummel. Es ist mitnichten ein Aufruf zur Fortsetzung des bewaffneten Kampfes. Der ehemalige Philosophiestudent Klar sieht vielmehr unter Rückgriff auf Theorieelemente der Frankfurter Schule den Kapitalismus als vergänglich an und ruft die Linke auf, den Kampfesmut nicht zu verlieren. Da müsste man viele einsperren, wenn Kapitalismuskritik kriminell wäre, so lautete der Tenor der Publikums-Diskussion im online-Standard. „Die Wahrheit ist doch - Christian Klar wäre längst frei, wenn er Nazi gewesen wäre und ein paar hundert Menschen auf dem Gewissen hätte!“, auch diese Lesermeinung ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Immerhin informierte der „Standard“, dass der Intendant des Berliner Ensembles, Claus Peymann, die kapitalismuskritischen Äußerungen des deutschen Ex-Terroristen verteidigte. "Das sind auch meine Ansichten", sagte Peymann. ' Weitere Infos: „Die Toten“ in der Kunsthalle Wien, Museumsquartier 16.3. bis 29. 4. 2007, 10 bis 19 Uhr (Do bis 22) Infos über die Filmmatinees (8 Filme, jeder Sonntag im Ausstellungszeitraum, 11 Uhr) und über die sechsteilige Gesprächsreihe: http://www.kunsthallewien.at Haftanschrift: Christian Klar c/o JVA Bruchsal Schönbornstr. 32 D-76646 Bruchsal |
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