Samstag, 24. Januar 2009
 
Kein Augustin im Augustin PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Robert Sommer   
Donnerstag, 26. Juni 2008

Uns ist kein Restaurant, kein Beisl, kein Café bekannt, das ein generelles Lokalverbot für Augustin-VerkäuferInnen verfügt hätte. Es gibt eine einzige Ausnahme.


Ausgerechnet im Margaretener Gasthaus „Das Kleine Eckerl zum Lieben Augustin“, ganz nahe dem Augustin-Büro in der Reinprechtsdorfer Straße, werden KolporteurInnen der Straßenzeitung nicht bedient.

Die Chefin, die bisher nicht bereit war, mit dem Augustin-Vorstand darüber zu reden, ließ uns ausrichten, dass es dafür zwei Gründe gäbe: Erstens habe eine Augustin-Verkäuferin vor Monaten „in das Klo gespieben“, zweitens müsse sie die Gäste vor dem „Gestank“ mancher VerkäuferInnen schützen. Und übrigens habe sie ohnehin einem ausgewählten Verkäufer gestattet, die Zeitung im Lokal zu vertreiben.

Zum Anlass-“Skandal“, der angeblichen Kloverschmutzung, muss bemerkt werden, dass die Logik der Umsatz-Maximierung in der Gastronomie gesetzmäßig zum Erbrechen führt. Diese schwallartige Entleerung des Magen- und Speiseröhren-Inhalts durch den Mund ist ein schichtenübergreifendes Phänomen. Einfacher ausgedrückt: Wenn ein Schuldirektor an seinem 60. Geburtstag über´s Maß betrunken ist und beim Kotzen nicht perfekt in den Abfluss trifft, wird man doch nicht die AkademikerInnen pauschal mit Lokalverbot sanktionieren.

Macht was gegen die Diskriminierung, forderten uns die VerkäuferInnen auf. Als endgültig klar war, dass die Chefin die Kommunikation verweigert, erwies es sich als vorteilhaft, dass dem Leiter der Augustin-Theatergruppe die Konzepte Augusto Boals vertraut sind. Dieser brasilianische Theater-Zampano hat die Methode des Unsichtbaren Theaters bzw. Versteckten Theaters entwickelt. Es ist eine soziale Aktionsform, bei der es darum geht, Theaterstücke nicht auf einer Bühne aufzuführen, sondern ohne Wissen der Zuschauer an öffentlichen Orten. Dabei werden Konfliktsituationen dargestellt und Reaktionen der Zuschauer bewusst einbezogen. Ursprüngliche Absicht dieses Überraschungsspiels: zu einer einvernehmlichen Konfliktregelung zu kommen.

Am Tag der großen Sturmbö über Wien fragte ein Gast im Lieben Augustin die Kellnerin, ob sie zufällig den letzten Augustin habe. Von einem Wirtshaus, das den Augustin Im Namen führe, müsse er dieses doch wohl annehmen dürfen. Zwei Augustin-Verkäuferinnen hörten den Wunsch: „Wenn Sie vom Lokal keinen kriegen, können  w i r  Ihnen einen Augustin anbieten!“ 15 weitere Gäste, verstreut im ganzen Wirtshaus: „Wir wollen auch einen!“ Ein einzelner Gast in einer Ecke, sichtlich ostmediterraner Ausländer und deswegen von realen Stammgästen des Etablissements misstrauisch beäugt, hatte zufällig eine Fotokamera dabei.

Die Kellnerin, die im Auftrag der Chefin die Kolportage zunächst verbieten wollte, kapitulierte, als sie nach und nach begriff, dass ihre Arbeitsstätte zur Bühne eines Unsichtbaren Theaters geworden war. Doch wie weiter, Augusto Boal? Konsequent unsichtbar blieb am Ende nicht das Theater, sondern nur die Konfliktpartnerin, die Lokalchefin. Wie soll es da zu einer einvernehmlichen Lösung kommen? Seitens des Augustin wird vorgeschlagen: 1) Aufhebung des generellen Lokalverbots; 2) Freibier für AugustinverkäuferInnen am Tag der Aufhebung; 3) Falls Punkt 1 nicht eintritt, Umbenennung des Gasthauses in „Nicht ums Verreckerl ins Kleine Eckerl“.

 

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