EU: Abgeschlossene Demokratisierung |
Geschrieben von Attac / akin | |
Donnerstag, 22. November 2007 | |
Was bringt der EU-Vertrag? Viel ist darüber die Rede. Die Erweiterung der Europäischen Union (EU) von 15 auf nunmehr 27 Mitgliedstaaten stellte die EU vor die Herausforderung, ihre Strukturen anzupassen und bürgernäher, sozialer und demo-kratischer zu gestalten. Diese Aufbruchstimmung hätte sich in einer neuen Rechtsgrundlage ausdrücken sollen. Der "Vertrag über eine Verfassung für Europa" (kurz: Verfassungsvertrag, VVE), auf den sich die RegierungschefInnen 2004 einigten, wurde jedoch diesen Erwartungen nicht gerecht. Die Mehrheit der Bevölkerungen in Frankreich und den Niederlanden hat den VVE abgelehnt. Der nun vorgelegte Reformvertrag, so der neue Name, wurde hinter verschlossenen Türen ohne jede Beteiligung der Bevölkerung und der Parlamente ausgearbeitet. Demokratie? Die Demokratiedefizite der EU-Strukturen, die entdemokratisierende Bevormundung der BürgerInnen durch die EU, das neoliberale Diktat von Markt und Wettbewerb und die Verpflichtung zur permanenten Aufrüstung bleiben auch mit dem Reformvertrag weiterhin zentrale Pfeiler der Grundordnung der EU. Neoliberalismus! Der Reformvertrag lässt das Dogma der freien Märkte und des grenzenlosen Wettbewerbs als zentralen Systembestandteil der EU unberührt. Der »Grundsatz der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb« (Art. 98 und 105 EGV) wird im EGV näher ausgeführt. Zwar wird der Ausdruck "Binnenmarkt mit freiem unverfälschtem Wettbewerb" aus den Zielen der EU gestrichen, im Anhang (Protokoll Nr. 6) wird jedoch erneut festgeschrieben, dass zum Binnenmarkt ein "System gehört, das den Wettbewerb vor Verfälschungen schützt". Grundrechte? Die Grundrechtscharta wurde im Zusammenhang mit dem VVE von sehr vielen PolitikerInnen als großer Fortschritt angepriesen. Im offenem Widerspruch dazu wird nun im Protokoll Nr. 7 ausdrücklich festgehalten, die Grundrechtscharta schafft "keine neuen Rechte oder Grundsätze". Im Reformvertrag soll die Grundsrechtscharta nicht einmal im eigentlichen Vertrag nieder-geschrieben sein. In der Grundrechtscharta fehlen weiterhin wichtige Grundrechte (Minderheiten-schutz), einige sind abgeschwächt formuliert ("Recht zu arbeiten") und werden durch sog. "verbindliche Erläuterungen" in ihrem Gültigkeits-bereich stark eingeschränkt. Der Militärbereich war eine wesentliche Stossrichtung des VVE. Die dortigen Bestimmungen wurden in den Reformvertrag übernommen: "Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schritt-weise zu verbessern" (Art. 27.3 EUV). Dies soll durch Bildung einer "Rüstungsagentur" gewähr-leistet werden. Im Rahmen der "ständigen strukturierten Zusammenarbeit" können Staaten, die dies wünschen, eine gemeinsame Armee aufbauen (Art. 48.6 EUV). Dadurch wird ein neues militärisches Kerneuropa ermöglicht, das niemandem Rechenschaft schuldet und den militärisch-industriellen Komplex stärkt. |
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