Bolivien: Verfassungskonvent ausgesetzt |
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Geschrieben von Harald Neuber
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Freitag, 24. August 2007 |
Wegen schwerer Zusammenstöße zwischen oppositionellen Demonstranten und der Polizei ist die verfassunggebende Versammlung am 22. August vorübergehend ausgesetzt worden. Das entschied die Vorsitzende des Gremiums, Silvia Lazarta, nachdem Verhandlungen mit Aktivisten der Protestierenden gescheitert waren.
Ob die neue Verfassung wie geplant bis Mitte Dezember verabschiedet werden kann, ist damit mehr als unwahrscheinlich. Die Arbeitsfrist für den Konvent war vor wenigen Wochen erst verlängert worden, weil die Beratungen nach Monaten ohne Ergebnis geblieben waren. Die regierende »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) will mit der Novelle der Charta die Rechte der indigenen Bevölkerung stärken.
Dagegen laufen Aktivisten der Opposition im wahrsten Sinne des Wortes Sturm. Das »Interinstitutionelle Komitee«, ein loser Zusammenschluss mehrerer regierungskritischer Gruppen, belagerte am Mittwoch seit dem frühen Morgen das Gran-Mariscal-Theater in Sucre, wo die verfassunggebende Versammlung tagt. Als einzelne Teilnehmer versuchten, gewaltsam in das Gebäude einzudringen, eskalierte die Situation. Inmitten der Straßenschlachten kam es nach Angaben der regierungsnahen Nachrichtenagentur Bolpress zu einer regelrechten Menschenjagd auf Teilnehmer des Verfassungskonvents. Der MAS-Politiker Ignacio Mendoza sei dem Mob nur durch Zufall entkommen. Er flüchtete sich in ein nahes Wohnhaus. Während die Demonstranten irrtümlich das Nachbargebäude attackierten, gelang Mendoza die Flucht. Nach Augenzeugenberichten hatten die Demonstranten gezielt nach indigenen Abgeordneten Ausschau gehalten.
Der regionale Gewerkschaftsdachverband COB machte die radikalen Regierungsgegner aus den östlichen Provinzen für die Eskalation verantwortlich. Dort hatten sich in den vergangenen Monaten sogenannte Zivilkomitees gegründet, die separatistische Positionen vertreten. Nach Angaben des lokalen Komitees von Sucre wurden Mitte der Woche 40 Barrikaden in der Stadt errichtet.
Demonstranten und Parteien der Opposition fordern von der verfassunggebenden Versammlung die Verlegung der Hauptstadt von dem indigen geprägten La Paz in das reichere Sucre. Dies hatte der Konvent in der vergangenen Woche mehrheitlich abgelehnt. In der Andenstadt La Paz leben 1,7 Millionen Menschen, in Sucre 250.000. Und in Anbetracht der Bedrohung indigener Politiker in Sucre sprach sich der Bürgermeister von La Paz, Juan Del Granado, am Mittwoch abend (Ortszeit) für eine Verlegung des Verfassungskonvents in die Hauptstadt aus.
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