Über 200 Organisationen aus dem Norden und Süden verurteilen in einer Erklärung den Runden Tisch für Verantwortliche Soja (Roundtable for Responsible Soy) als faulen Ettikettenschwindel.
Am 23. April beginnt in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires die Dritte Konferenz des Runden Tischs für Verantwortliche Soja (Third Roundtable for Responsible Soy Conference). Über 200 Organisationen warnen in ihrer Erklärung gegen den Runden Tisch für Verantwortliche Soja, dass Agroindustrie und -handel verantwortlich sind „für die Zerstörung der Ackerböden, Waldrodung, Verseuchung von Flüssen und Grundwasser, Verlust an Biodiversität und die Plünderung des natürlichen sowie kulturellen Erbes der lokalen Bevölkerung“.
Die Erklärung hebt hervor, dass die Soja-Industrie in jeder Beziehung nicht nachhaltig ist, und warnt, dass jede Art der Zertifizierung von “nachhaltiger Soja” nichts anderes ist als ein fauler Ettikettenschwindel. Auch andere Koalitionen von NROs wie die Global Forest Coalition und Friends of the Earth haben den Prozess des Runden Tischs für Verantwortliche Soja abgelehnt.
Klaus Schenck von Rettet den Regenwald warnt: „Über den Runden Tisch für Verantwortliche Soja soll ein angeblich nachhaltiger Soja-Anbau zertifiziert werden, um die weitere Ausbreitung der Soja-Monokulturen einschließlich jener für die Produktion von Agrodiesel politisch zu rechtfertigen sowie die Importe dieser Produkte nach Deutschland und Europa weiter zu ermöglichen. Die Bundesregierung und die Europäische Union (EU) benutzen derartige Runde Tische dazu, um ihre Bestrebungen durchzusetzen, die Produktion von Agrokraftstoffen weiter auszubauen und damit verbunden die weiterhin stark steigende europäische Nachfrage nach Soja zu legitimieren.“
„Die geplante Zertifizierung von Soja ändert nichts an der Tatsache, dass in der Praxis der agroindustrielle Anbau dieser Kultur in keiner Weise nachhaltig möglich ist, weder unter ökologischen noch sozialen Kriterien“, so Klaus Schenck. „99% der in Argentinien und Paraguay angebauten Soja ist überdies Gensoja (Roundup Ready Soja von Monsanto), die für Mensch und Natur nicht abzuschätzende gesundheitliche und ökologische Risiken birgt. Stattdessen sollten Deutschland und die EU unverzüglich eine Politik auf den Weg bringen, die die Importe von Soja zur Tierfütterung und Herstellung von Agrokraftstoffen drastisch reduziert sowie ein generelles Moratorium für Agrokraftstoffe erklären. Wir fordern alle NROs auf, die noch am Runden Tisch für Verantwortliche Soja teilnehmen, diesen unverzüglich zu verlassen.“
Der Tagungsort Buenos Aires wird seit Tagen durch dichten Rauch von zirka 300 Buschfeuern paralysiert, die mit der Ausweitung der Soja-Kulturen in Verbindung gebracht werden. Der argentinische Innenminister bestätigte, dass die meisten Feuer eine Folge der hohen Soja-Preise sind. Die Viehzüchter, die in der Nähe von Buenos Aires Buschland abbrennen, wurden durch den Sojanabau von ihrem traditionellen Weideland verdrängt und schaffen nun neue Weideflächen.
Die Feuer in Argentinien sind die Fortsetzung der schlimmsten Brände in der Geschichte Paraguays, das vor einem halben Jahr ebenfalls von einer Feuerkatastrophe heimgesucht wurde, die mit der Ausweitung der Soja-Monokulturen in Verbindung gebracht wurde. Damals hatten sich die Feuer bis ins nördliche Argentinien, Bolivien und Südbrasilien ausgedehnt. Auch die brasilianische Regierung hat zu Beginn des Jahres bestätigt, dass die dramatische Zunahme der Regenwaldrodung und Waldbrände im Amazonasgebiet in Verbindung stehen mit den hohen Sojapreisen.
Jorge Rulli von der argentinischen Gruppe Reflexion Rural erklärt: „Der Rauch erstickt Buenos Aires und schafft das Gefühl einer Apokalypse, ein angemessenes Szenarium für die Eröffnung des Runden Tischs für Verantwortliche Soja. Bei einem Sojabohnennpreis von 500 USD pro Tonne wirkt die Ölsaat wie ein Bulldozer, der alles in seinem Weg Stehende zerstört: Gebiete von hohem Wert, die für den Tourismus, die traditionelle Viehzucht und Bienenhaltung geschützt wurden. Alles wird niedergebrannt in dem großen Feuer, das die neuen Güter für den globalen Markt entzündet haben. Der Rauch zeigt Buenos Aires wieder einmal, dass die Soja-Monokulturen verantwortlich sind für Tod und Zerstörung.“
In Paraguay werden jedes Jahr etwa 9.000 Bauernhaushalte vom industriellen Sojaanbau verdrängt und in Argentinien haben zirka 200.000 Bauernfamilien aus den gleichen Gründen ihr Land verloren, wobei viele von ihnen gewaltsam vertrieben wurden. Die massive Erweiterung der Sojamonokulturen auf Kosten traditioneller landwirtschaftlicher Kulturen und natürlicher Ökosysteme ist ein wichtiger Faktor für die weltweit stark gestiegenen Kosten für Grundnahrungsmittel und den Verlust der Ernährungssicherheit. Weiterhin verursacht der exzessive Einsatz von Pestiziden schwere Gesundheitsprobleme bis hin zum Tod, Zerstörung der Biodiversität, hohe Klimagasemissionen und die Vergiftung des Wassers. Durch die Erosion, Degradation der Böden und Erschöpfung der Grundwasservorräte besteht die Gefahr, dass eines der fruchtbarsten Anbaugebiete der Welt sich in eine Wüste verwandelt.
Kontaktinformationen:
Rettet den Regenwald e.V., Klaus Schenck, , Tel. 0176 48859972 oder 040 4103 804
Argentinien: Jorge Rulli, , Tel. +54 220 4773 545
Paraguay: Javiera Rulli,
, Tel. +59521 451217
Anmerkungen:
1. Eine Kopie der Erklärung gegen den Runden Tisch für Verantwortliche Soja und eine Liste der unterzeichnenden Organisationen befindet sich unter: http://www.lasojamata.org/node/110
2. Die Konferenz des Runden Tisch für Verantwortliche Soja hat den Titel: Verantwortliche Soja, Nahrung, Futter und Kraftstoff für die Welt der Zukunft. Mitglieder sind die Soja-Agroindustrie, Agrokraftstoff und Erdölfirmen, Finanzinstitutionen und eine kleine Gruppe ökonomischer NROs wie WWF und Conservation International. Weitere Informatione unter http://www.responsiblesoy.org/
3. Ein Satellitenfoto von den Buschfeuern in Argentinien vom 18. April 2008 befindet sich unter: http://earthobservatory.nasa.gov/NaturalHazards/natural_hazards_v2.php3?img_id=14789&src=map
4. Eine Kopie der Pressemitteilung der Global Forest Coalition zum Runden Tisch für Verantwortliche Soja findet sich unter: http://www.globaljusticeecology.org/connections.php?ID=109
5. Für weitere Information über die Auswirkungen der Sojamonokulturen: www.lasojamata.org/