Ein harter Schlag für Chevron Texaco: Etwa 30.000 Ecuadorianer/innen
wollen den Ölkonzern für die von ihm begangenen Umweltschäden
gerichtlich zur Verantwortung ziehen. Am 21. Juni wurde die Forderung
des Unternehmens, die ecuadorianische Regierung zu einem
Schlichtungsverfahren zu zwingen, um die Rechtsprechung der
ecuadorianischen Gerichte zu umgehen, vom Bundesgerichtshof in New York
abgelehnt. Damit erlosch für Chevron Texaco die Hoffnung, die Kosten
für die Beseitigung der verursachten Verschmutzung auf den Staat
Ecuador abwälzen zu können.
Nun wird der Fall vor dem Obersten Gerichtshof von Nueva Loja, der Hauptstadt der ecuadorianischen Amazonas-Provinz Sucumbíos, verhandelt. Nach Aussagen des New Yorker Bundesrichters Leonard Sand, der das Urteil verkündet hatte, muss sich der Ölkonzern den ecuadorianischen Gesetzen und der Rechtsprechung des örtlichen Gerichtshofs unterwerfen. Sand erkannte die Rechtsprechung und Kompetenz der ecuadorianischen Gerichtsbarkeit in diesem Fall an, zumal zwischen der ecuadorianischen Regierung und Texaco kein Abkommen über eine Zusammenarbeit existiert, womit die Voraussetzungen für ein Schlichtungsverfahren nicht gegeben sind.
Der Präsident des Obersten Gerichtshofs von Nueva Loja hatte sich bereits für die Erstellung eines allgemeinen Gutachtens entschieden, das den in den Provinzen Sucumbíos und Orellana durch Texaco und seine Erdölförderung verursachten Schaden bewerten und die Höhe der Entschädigung ermitteln soll, die der Ölkonzern nach ecuadorianischem Gesetz zu zahlen hat. Nach Ansicht von Luis Yanza, Koordinator des Betroffenen-Verbands Asamblea de Afectados, hat die Entscheidung „dem Unternehmen Texaco einen schweren Schlag versetzt, haben sie doch die letzten Jahre mit allen Mitteln versucht, das Verfahren hinauszuzögern und der ecuadorianischen Rechtssprechung ihre Kompetenz abzusprechen, nur, um sich vor ihrer Verantwortung zu drücken“.Der Anwalt der klagenden Bewohner/innen Pablo Fajardo erklärte, dies sei vor allem ein Beweis für „die Verzweiflung des Unternehmens Texaco angesichts einer niederschmetternden Fülle von Beweisen für ihre Schuld".
Der Konzern habe außerdem das Gericht unter Druck gesetzt, um die Vorlage der Ergebnisse des Gutachters zu verhindern und das Verfahren zu verzögern, so der Anwalt weiter.In einem im Mai dieses Jahres vorgelegten Bericht mit dem Titel: „Texaco und der Regenwald: Wie Täuschung und Betrug zur Umweltkatastrophe in Ecuador führten“, erklären Experten die von Texaco durch die Ölförderung verursachten Schäden zur größten Umweltkatastrophe, die unser Planet jemals gesehen habe. Den Bericht hatten das Rechtsteam des Verfahrens von Lago Agrio und die Front zum Schutz des Amazonasgebiets sowie die Asamblea de Afectados erstellen lassen. „Während der gesamten Dauer seiner Tätigkeit hat das Unternehmen gegen die Vorschriften sowohl der ecuadorianischen als auch der US-amerikanischen Gesetzgebung bezüglich industrieller Tätigkeiten verstoßen. Es hat 80 Millionen Liter giftige Abfälle in den empfindlichen Boden des Regenwaldes sickern lassen, um Produktionskosten zu sparen“, heißt es darin unter anderem.
Die betrügerische Absicht des Unternehmens zeigt sich anhand folgender Beispiele: Texaco übernahm weniger als ein Prozent der Kosten für die Beseitigung der verursachten Verschmutzung, ließ aber die ecuadorianische Regierung in dem Glauben, es kümmere sich um 37,5 Prozent (Texacos Anteil an der Konzession lag bei 37,5 Prozent). Während der Verhandlungen mit der Regierung über das Ausmaß der Schäden verschwieg Texaco die Existenz von über 200 Sammelbecken voller giftiger Abfälle. Diese Becken waren mit Erde abgedeckt, damit sie vor der Bestandsaufnahme der Schäden nicht erkennbar waren. Für die ausgeführten Reinigungsmaßnahmen legte das Unternehmen selbst erfundene Maßstäbe an, statt sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Um die Beseitigung weiterer 92 Becken mit giftigen Abfällen, die laut Vereinbarung in den Verantwortungsbereich Texacos gehören, kümmerte sich das Unternehmen ebenfalls nicht. Außerdem hatte sich das Unternehmen mit Hilfe gefälschter Proben die Zertifizierung seiner Reinigungsmaßnahmen durch die Regierung erschlichen. Die im Verfahren von Lago Agrio in Ecuador vorgelegten Ergebnisse bringen jedoch die Wahrheit zutage: Alle von Texaco angeblich „gereinigten“ Böden sind mit einem Schadstoffgehalt in lebensbedrohlicher Höhe verseucht. Dies wurde bei der Verhandlung in Lago Agrio anhand von Boden- und Wasserproben nachgewiesen, die sowohl Texaco-Forscher als auch Wissenschaftler der Gegenseite vorgelegt hatten. Das Unternehmen Texaco, das bereits als Ölförderer auf unlautere Praktiken zurückgegriffen hat, setzt sein betrügerisches Verhalten nun im Prozess von Lago Agrio fort, indem es versucht, sein schuldhaftes Verhalten zu vertuschen.
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