Das Tragen einer Burka, die den Körper und das Gesicht
verhüllt, gilt als Missachtung des Gerichts. Der Präzedenzfall ereignete sich
Montag vormittag im Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts. Angeklagt sind der mutmaßliche Hersteller eines Drohvideos und seine Frau.
Vor dem Richtersenat und den Geschwornen stehen bis Donnerstag der 22jährige Mohammed M. und dessen 21jährige Frau Mona S.. Angeklagt ist er wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Verbindung und Anfertigung eines Drohvideos. Ihr wird nur Unterstützung durch Übersetzungsarbeiten vorgeworfen.
Das Video, in dem ein verhüllter Mann Österreich und Deutschland mit Konsequenzen drohte, wenn diese Länder nicht ihre Truppen aus Afghanistan abzögen, ging vor etwa einem Jahr ans Netz. Im September konnte die Polizei dann die Identität der Hersteller ausforschen und das junge Paar festnehmen, als es gerade die Koffer für die Flitterwochen in Ägypten packte. Die Staatsanwaltschaft wirft Mohammed vor, Anschläge während der bevorstehenden Fußball-EM geplant zu haben.
Am Montag begann der Strafprozeß. Mit Sturmgewehren bewaffnete Elitepolizisten vor dem Saal ließen keinen Zweifel daran, dass da ein politisch brisanter Fall verhandelt wurde. Ausländische Kamerateams, vor allem aus Deutschland, bezeugten das internationale Interesse. Vor Beginn der Verhandlung forderte Senatspräsident Norbert Gerstberger die in Burka erschienene Mona S. auf, ihr Gesicht freizulegen, was diese unter Berufung auf den Propheten verweigerte. Das Argument, dass die meisten anderen muslimischen Frauen keine Ganzkörperhülle trügen, wischte sie mit dem Hinweis, die seien eben nicht rechtgläubig, vom Tisch. Da die Geschwornen die Glaubwürdigkeit von Aussagen nicht zuletzt nach dem Mienenspiel der Angeklagten beurteilen, verwies der Richter die Frau des Saales.
Mohammed M., Österreicher ägyptischer Herkunft, bekannte sich in allen Anklagepunkten für nicht schuldig. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Bildung und Teilnahme an einer terroristischen Organisation, schwere versuchte Nötigung und Aufforderung zu einer mit Strafe bedrohten Handlung vor. Er soll im Internet Instruktionen für Terroranschläge erteilt haben. Verteidiger Lennart Binder erklärte nach dem Saalverweis von Mona S. das ganze Verfahren für nichtig und warf den Behörden illegale Ermittlungsmethoden wie den unerlaubten Einsatz von Trojanern vor. Sämtliche Beweismittel müssten gelöscht werden.
Mohammed M. fiel schon in der Schule durch seine radikalen Sprüche auf. „Er war begeistert von den Taliban und Osama bin Laden“, berichtet ein ehemaliger Klassenkollege. Als Sprecher des Vereins „Islamische Jugend Österreichs“ (IJÖ) war er auch öffentlich politisch exponiert. In einem Verteidigungsschreiben, das von Sympathisanten ins Netz gestellt wurde, erzählt er, er hätte sich politisch radikalisiert, als nach dem 11. September 2001 Muslime aus seinem Bekanntenkreis verdächtigt und verhört worden seien. Er sei auf eigene Faust in den Iran gereist aber ohne gültige Papiere aufgegriffen und durch Einschaltung des österreichischen Botschafters nach Wien abgeschoben worden. Hier hätte er sich mit seiner Frau dem Übersetzen und der Verbreitung von Gegeninformation über islamische Staaten gewidmet. Er schließt sein Plädoyer mit den Worten: „Ja zu Widerstand und Verteidigung - Nein zu Terror und Tötung von unschuldige (sic) Menschen. Ist diese Meinung eine Straftat?"
Das Urteil soll am Donnerstag ergehen.
Eine komplettere Version der Verteidigungsschrift unter www.antiimperialista.org/index.php? =5552&Itemid=234
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