Was eine Schlagzeile ist und was nicht |
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Geschrieben von Bernhard Redl
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Mittwoch, 10. Dezember 2008 |
Die Ereignisse von Athen machen wieder einmal klar, wie Medien und Rechtsstaat sich aufrütteln lassen, meint Bernhard Redl.
Den Vogel hat auch diesmal wieder die Kronen-Zeitung abgeschossen: "Symphoniker in Hölle von Athen"! Da fragt man sich unwillkürlich: Warum nicht auch gleich die Sängerknaben und die Lippizaner? Warum nicht "Mozartkugeln als Wurfgeschosse mißbraucht!" oder noch besser: "... geschändet!"
Im Ernst, die Berichterstattung über die Ereignisse in Athen war auch abseits des Boulevards ein Lehrstück zum Thema Schlagzeilen-Tauglichkeit. Eine Headline: "Athen: Polizist erschießt Jugendlichen" ist einfach keine Headline. In Griechenland wärs wohl noch eine Schlagzeile gewesen, wenn auch kein Aufmacher. Im Ausland höchstens eine Kurzmeldung unter "Vermischtes International" gleich neben dem neugeborenen Baby irgendeiner Hollywoodgröße. Politisch wäre die Sache wohl so abgelaufen, wie das ja bei uns auch Sitte ist, wenn beispielsweise irgendein dunkelhäutiger Mitmensch in Anwesenheit von Polizisten das Zeitliche segnet: Der Innenminister hätte erklärt, daß alles mit rechten Dingen zugegangen sei, das Ganze wäre ein bedauernswerter Unglücksfall gewesen und außerdem das Opfer selbst schuld, weil Gewalttäter, Drogenhändler oder zumindest Falschparker.
Nun war es aber nicht so. Nun brannten Autos und Bankfilialen wurden entglast. Nun war die Geschichte plötzlich ein internationales Thema. Und da mußte man dann natürlich auch die Geschichte vom erschossenen Jugendlichen erzählen.
Zuerst hatten die Behörden zwar noch -- wie üblich -- unhinterfragt die Geschichte der beiden Polizisten vom fehlgegangenen Warnschuß verbreitet, der abgefeuert worden wäre, weil die Beamten in ihrem Wagen mittels Molotow-Cocktails angegriffen worden wären. Dann aber -- als wirklich Autos brannten -- haben deren Vorgesetzte die Polizisten vom Dienst schleunigst suspendiert. Schließlich wurden die beiden sogar verhaftet und der Innenminister bot -- zumindest pro forma -- seinen Rücktritt an.
Paradox, aber logisch: Erst durch das Begehen von Straftaten (durch Nichtbeamte) beginnt ein wenig Rechtsstaatlichkeit sich Geltung zu verschaffen. Und erst dann wird uns auch von den Massenmedien berichtet, daß ein junger Mensch in einem gar nicht großartig fernen Land einfach so von Freunden und Helfern erschossen worden ist.
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