Die Nationalratswahlen am 28. September kommen für das Linksprojekt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Schon einen Tag nach dem 1. sog. Linken Ratschlag brach die Koalitionsregierung zusammen.
Uns blieb keine Zeit, ein gemeinsames Programm, eine Organisation und eine gemeinsame Politik zu entwickeln. Es gab auch keine Zeit, ein gemeinsames inhaltliches Projekt (z.B. gegen die Teuerung) vorzubereiten und eine Bewegung zu etablieren. Das Linksprojekt soll ein langfristiges Projekt sein. Es soll sich stabil auf einer breiten Basis entwickeln. Es soll ausreichend Zeit für Diskussionen und gemeinsame Aktionen geben.
Was kann das Linksprojekt bisher vorweisen? Außer der öffentlich kundgemachten Bereitschaft, eine Partei links von der SPÖ zu gründen, und einigen programmatischen Eckpunkten, vorgelegt auf der Pressekonferenz am 15.7., nichts.
Es gibt keine umfassende strategische Diskussion über den Aufbau des Linksprojekts. Es gibt dazu wichtige Kommentare von den GenossInnen der SOAL bzw. von Franz Stephan Parteder (kurz gefasst: Bewegung wäre nötig und ein Zusammenschluss bestehender Organisationen ist noch keine neue Partei). Es gibt Stellungnahmen der SLP und der LSR. Ich darf auch auf die Beiträge von Hans Kohlmaier in diesem Zusammenhang hinweisen. Von einem Abschluss der strategischen Diskussion kann jedoch nicht gesprochen werden.
Wir selbst haben immer betont, dass wir mit der KPÖ gemeinsam das Linksprojekt machen wollen. Es wurde nicht darüber diskutiert, was wir machen, wenn sich die KPÖ zu einer eigenständigen Kandidatur entschließt (was sie jetzt offensichtlich tut).
Es stellen sich drei Optionen dar: • entweder wir beteiligen uns bzw. unterstützen die Kandidatur der KPÖ, • wir verhalten uns neutral zur ihr oder • wir machen eine eigenständige Kandidatur.
Wir haben bisher in keiner abschließenden Weise über diese Möglichkeiten diskutiert. Auch darüber nicht, welche Folgen jede dieser einzelnen Optionen für unser Verhältnis mit der KPÖ haben würde (die wir ja, ich erinnere, beim Linksprojekt dabeihaben wollen).
Weiters haben wir die programmatische Diskussion überhaupt noch nicht begonnen. Ja, es gab einzelne Diskussionsbeiträge, aber eine systematische programmatische Diskussion gab es nicht. Auch nicht über die Frage, was für ein Programm wir wollen: ein Aktionsprogramm (für die Nationalratswahl) oder ein langfristiges gesellschaftlich veränderndes Programm. Das benötigt Zeit und genügend Menschen, die sich daran beteiligen.
Überhaupt ist die Frage zu diskutieren, ob wir jetzt schon ein Programm brauchen. Ob wir nicht anstelle dessen uns auf einzelne Punkte konzentrieren, die wir kampagnenmäßig entwickeln wollen.
Zu den Prinzipien der Organisation eines Linksprojekts gab es schon einige Aussagen. Es gab aber keine abschließende Diskussion darüber!
Und schließlich: Welche Kräfte sind jetzt bereit, ein Linksprojekt zu unterstützen, wer aus diesem Spektrum ist bereit, sich an einer Nationalratswahl zu beteiligen und, von absoluter Bedeutung: Wer ist im Sommer da und nicht auf Urlaub?
Ich kann die Untersützung für ein Linksprojekt bestenfalls für Wien beantworten: Von den 65 TeilnehmerInnen am 5.7. waren nach der Pause maximal 50 Personen anwesend. Ich weiß von einigen, die gegangen sind, dass sie mit dem Linksprojekt nichts zu tun haben wollen.
Ich schätze daher die AktivistInnenzahl in Wien während der Urlaubszeit als sehr gering ein.
Ab wann wäre die Wahlbeteiligung eines Linksprojekts ein Erfolg?
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in der kurzen Zeit über diese Frage intensiv diskutiert hätten. Sie nicht zu stellen, wäre fahrlässig.
Was ist, wenn wir (realistischerweise) die Kandidatur nicht in allen Bundesländern schaffen würden? Ab wie vielen Ländern Wahlbeteiligung ist von einem Erfolg zu sprechen? Ab fünf, sechs, sieben Bundesländern?
Wie hoch müsste der Stimmenanteil eines Linksprojekts sein, um nicht als Misserfolg gewertet zu werden? Ab 5 Prozent oder weniger?
Welche Konsequenzen würden sich aus einem Misserfolg für das Linksprojekt ergeben?
Haben wir jemals über diese Fragen diskutiert? Mir ist keine in Erinnerung.
Aus all den oben erwähnten Punkten empfehle ich, von einer Wahlbeteiligung des Linksprojekts für die Nationalratswahl 2008 Abstand zu nehmen.
Karl Pfeiffermann 17.7.2008
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