Die USA sollen das Opium-Eradikationsprojekt in Afghanistan einstellen,
forderte der Senlis Council Montag abend unter Hinweis auf die sich
drastisch verschlechternde Sicherheitslage im Land. Die Fortsetzung
dieser gescheiterten Politik würde die Bemühungen der NATO um eine
Stabilisierung Afghanistans torpedieren. Der Senlis Council ist ein in
London ansässiger unabhängiger Think Tank zur internationalen
Drogenpolitik.
Die zwangsweise Vernichtung der Schlafmohnplantagen liegt in den Händen der privaten aber von der US-Regierung finanzierten Firma DynCorp. Sie richtet sich gegen das einzige Anbauprodukt von mehr als drei Millionen afghanischer Bauern, bringt diese gegen die NATO-Truppen auf und treibt sie in das Lager der Taliban.
"Angesichts des dramatischen Mangels an Sicherheit in Afghanistan wäre es ein Akt politischer Schizophrenie, dieses gleichzeitig aufrührerische und nutzlose Programm, das den Taliban-Aufstand nur anheizt, fortzusetzen", sagte Norine MacDonald, Vorsitzende und führende Feldforscherin des Senlis Council.
MacDonald konstatierte, dass die Forderung von US-Verteidigungsminister Robert Gates nach mehr NATO-Truppen im Süden Afghanistans in direktem Widerspruch zu US-Plänen nach der Vernichtung der Schlafmohnfelder stünde.
"Einerseits drängen die USA die NATO, mehr Truppen nach Südafghanistan zu entsenden, um das Land zu stabilisieren, anderseits planen sie die Zerstörung der Lebensgrundlage der Bauern, von der die Stabilisierung des Südens abhängt" sagte sie. "Wenn es den USA Ernst ist, die Zukunft Afghanistans zu sichern, müssen sie die Vernichtung der Opiumfelder stoppen".
Bush sollte die Intitiative “Opium für medizinische Zwecke“ unterstützen Der Senlis Council fordert von den USA die Unterstützung der Intitiative “Opium für medizinische Zwecke“, die den afghanischen Bauern erlauben würde, Schlafmohn für die Morphiumproduktion anzubauen. Damit würde nicht nur der illegale Anbau augenblicklich und nachhaltig kontrolliert werden können, sondern gleichzeitig auch der weltweite Engpass an schmerzstillenden Mitteln beseitigt werden.
“Opium für medizinische Zwecke könnte Afghanistan helfen, seine Wirtschaft zu diversifizieren und die Bauern ermutigen, mit den Taliban zu brechen", sagte MacDonald. "Die USA sollten Antidrogenpolitik als strategisches Mittel zu Aufstandsbekämpfung einsetzen und so einen Keil zwischen verarmte Bauerngemeinden und die Taliban treiben. Das kann den Truppen der Koalition in Afghanistan nur nützen".
Eine landesweite Umfrage von Ipsos Reid im Auftrag des Senlis Council im Jahre 2007 ergab, dass sieben von zehn US-Amerikanern das Programm “Opium für medizinische Zwecke“ unterstützen.
Im Oktober 2007 sprach sich das EU-Parlament mit überwältigender Mehrheit für die Initiative aus. In Kanada empfahl der Anfang Jänner veröffentlichte Manley Bericht, der Kanadas zukünftige Rolle in Afghanistan vorzeichnet, die Umsetzung von Projekten im Rahmen von “Opium für medizinische Zwecke“ als Teil der Antiaufstandspolitik.
Paul Burton, der Direktor für politische Analyse des Senlis Council empfahl den USA, Spezialeinheiten an bestimmten Grenzübergängen zwischen Pakistan und Afghanistan einzusetzen und die Operationen in diesen Gebieten zu verstärken.
"Nur so kann verhindert werden, dass weiterhin Taliban-Rekruten und Nachschub nach Afghanistan kommen" sagte er. "Erst wenn die sicheren Rückzugsgebiete der Taliban versperrt sind, kann man effektiv gegen die Aufstandsbewegung in Afghanistan vorgehen".
www.senliscouncil.net Übersetzung und Bearbeitung: Ralf Leonhard
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