Samstag, 24. Januar 2009
 
KPÖ ficht NR-Wahl an PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von KPÖ   
Sonntag, 19. November 2006

Warum die KPÖ anstatt einer Anfechtung der Nationalratswahl wegen mangelhafter Listenbezeichnung des BZÖ nun die - nach Meinung der meisten Verfassungsexperten - aussichtlos erscheinende Klage gegen die 4%-Hürde führt.

Die KPÖ ficht das Wahlergebnis vom 1. Oktober aus prinzipiellen und demokratiepolitischen Gründen beim Verfassungsgerichtshof an. Unsere Beschwerde richtet sich gegen die undemokratischen Zugangshürden und die Vier-Prozent-Hürde, die dazu führt, dass insgesamt fast fünf Prozent der abgegebenen Stimmen keine Berücksichtigung bei der Verteilung von 183 Mandaten finden. Ziel der KPÖ ist ein demokratisiertes Wahlrecht, in dem jeder Stimme das gleiche Gewicht zukommt. Das Argument, dass auf diese Weise eine Zersplitterung des Parteiensystems stattfinden und die Bildung von arbeitsfähigen Regierungsmehrheiten im Parlament erschwert würde, wird durch die jetzigen Vorgänge widerlegt. Mit ihrer Wahlanfechtung will die KPÖ auch politischen Widerstand gegen den Versuch leisten, mit Verweis auf die jetzige Pattstellung bei den Regierungsverhandlungen das Wahlrecht weiter zu entdemokratisieren und ein Mehrheitswahlrecht einzuführen.

2. Eine Anfechtung aufgrund zweier unterschiedlicher Langbezeichnung der Liste BZÖ erscheint uns nicht plausibel, weil wir davon ausgehen, dass insbesondere nach dem letzten Wahlkampf sowohl die WählerInnen von Jörg Haider als auch die von Peter Westenthaler wussten, dass sie ihre Stimme einer ausländer- und minderheitenfeindlichen und rechtsextremen Partei geben. Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde über die unterschiedlichen Listenbezeichnungen folgen würde, wäre die wahrscheinliche Folge eine Beeinspruchung dieses Ergebnisses durch das BZÖ. Das Problem des Rechtsextremismus besteht nicht in zwei Listenbezeichnungen, sondern in einem WählerInnenpotential von 15 Prozent. Für das neuerliche Anwachsen dieses rechten WählerInnenpotentials trägt nicht die Wahlkommission und ihre Entscheidung die Verantwortung, sondern die neoliberale Politik der Parlamentsparteien.

3. Wäre der österreichische Nationalrat am 1. Oktober 2006 auf Grund eines von der KPÖ geforderten Verhältniswahlrechts, in dem jeder Stimme gleiches Gewicht zukommt, gewählt worden, so wären nicht nur die KPÖ und die Liste Hans Peter Martin im Parlament vertreten, sondern es gäbe auch eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Blau-Orange. Darüber hinaus gilt aber, dass wenn SPÖ und Grüne die Absicht gehabt hätten, eine rot-grüne Regierung zu bilden, so hätten sie dies vor den Wahlen deklarieren und dafür politisch werben sollen. Die KPÖ hält jedenfalls für demokratiepolitisch nicht vertretbar, den WählerInnenwillen nach den Wahlen politisch beliebig zu interpretieren und will sich auch nicht zum Spielball innenpolitischer Intrigen machen lassen.

4. Die KPÖ versteht ihre Wahlanfechtung nicht nur als demokratisches Recht und als Auftrag, sondern als Auftakt einer öffentlichen Debatte über die Demokratisierung des österreichischen Wahlrechts, was z.B. auch das aktive und passive Wahlrecht für mehr als 400.000 Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft einschließt.

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