Samstag, 24. Januar 2009
 
Neuformierung der Rechten in Europa PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Hermann Dworczak   
Montag, 15. Oktober 2007

Angesichts der vermehrten politischen Schnittmengen zwischen rechtskonservativen und rechtsextremen bzw. rechtspopulistischen Parteien lud die Rosa Luxemburg- Stiftung (RLS) in Hamburg am 28. und 29. September zum Workshop „Die Neuformierung der politischen Rechten in Europa“ ein.

Den Einleitungsbeitrag lieferte Tanja Binder vom Wissenschaftszentrum Berlin: "Rechtspopulismus – ein Dilemma für linke Parteien ". Abends folgte eine  Podiumsdiskussion zum Thema "Der Fall Frankreich – Rechtes Modell für Europa?" Bernhard Schmid, Autor des Buches "Das Frankreich der Reaktion – Neofaschismus und modernisierter Konservativismus", verwies dabei darauf, dass es Nicolas Sarkozy durch das Aufgreifen rechtsextremer Diskurse wie  "nationale Identität" oder "Sicherheit" bereits im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen 2007 gelungen ist, mehr als ein Fünftel der Le Pen-Wähler von 2002 zu gewinnen. Im zweiten Wahlgang stimmten gar zwei Drittel der Le Pen-Wählerschaft des ersten Wahlgangs für den "Post-Gaullisten".

 

Europawahl 2009: Rechtsextreme wollen gemeinsam antreten

Der zweite Tag war dreigegliedert: "Programmatische Veränderungen der Rechten in Europa", "Nationale und transnationale Umgruppierungen der Rechten" und "Gegenstrategien und Projekte gegen Rechts". Nach Holger Pitt, Leiter des RLS- Büros in Warschau, und Rene Karpantoschow aus Kopenhagen, die die polnische bzw. dänische Rechte beleuchteten, ging Hermann Dworczak aus Wien auf die "Neuformierung der europäischen parlamentarischen Rechten" ein. Er schilderte den Entwicklungsprozess der rechtsrechten Fraktion "Identität/Tradition/Souveränität", die aktuell über 23 Abgeordnete im Europaparlament verfügt und ein gemeinsames Agieren zu den Europawahlen 2009 plant: "Ein einheitliches Auftreten der extremen Rechten von Frankreich bis Bulgarien, von Belgien bis Italien ist ein Horrorszenario, wo die Linke zu länderübergreifenden Gegenaktivitäten gefordert ist". Paul Meszaros aus Bradford/Großbritannien  berichtete  vom gewerkschaftlichen Basiswiderstand in Nordengland, insbesonders gegen die British National Party (BNP), und Elisabeth Gauthier von Espace Marx/Paris von der schwierigen Situation der geschlagenen und gespaltenen französischen Linken, aus der Defensive herauszukommen und der Rechten Paroli zu bieten.

 

Die Materalien für den Workshop werden in Buchform herausgebracht. Im Anschluss an den Workshop trafen sich die Mitglieder der "Initiative gegen modernen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in Europa", berieten die weitere Vorgangsweise und verabschiedeten die unten abgedruckte Erklärung.                                   


 

Erklärung von TeilnehmerInnen der Europäischen Initiative gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus

 

Vor dem Hintergrund der fortdauernden Offensive des Neoliberalismus in Europa und zunehmender kapitalistischer Globalisierung erzielen konservative, rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien seit Jahren erhebliche Wahlerfolge, übernehmen Regierungsverantwortung, sind an Regierungen beteiligt bzw. üben Einfluss auf sie aus. Sie sind offensichtlich erfolgreich in der Lage, gesellschaftliche Problemlagen aufzugreifen und scheinbar zukunftsträchtige Lösungen anzubieten.

 

Zugleich vollziehen sich in einer ganzen Reihe von europäischen Ländern Umgruppierungs- und Differenzierungsprozesse. Dabei kommt es, bei Fortbestehen grundsätzlicher Differenzen, zu einer Annäherung von Positionen zwischen rechtskonservativen und rechtspopulistischen sowie teilweise rechtsextremen Parteien. Es entstehen Formen praktischer Kooperation, so eine Unterstützung konservativer Regierungen „von außen“ oder gemeinsame reaktionäre Kampagnen, z. B. in Spanien oder Ungarn.

 

Alarmierend ist die im Januar 2007 erfolgte Bildung einer rechtsextremen Fraktion im Europaparlament. Der Fraktion „Identität/Tradition/Souveränität“ (ITS) gehören derzeit 23 Abgeordnete aus sieben Ländern an, darunter der französiche Front National von Le Pen, der belgische Vlaams Belang, die österreichische FPÖ, die bulgarische Ataka und die Partei Großrumänien. Diese unheilige Allianz beabsichtigt, zu den Europawahlen 2009 eine europaweite Offensive zur Verbreitung ihrer rechtsextremen Ideologie zu starten.

 

Die Mitglieder der „Europäischen Initiative gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus“ unterstützen mit ihrer bildungspolitischen Arbeit die Bemühungen der InitiatorInnen der „Charta der Prinzipien für ein anderes Europa“. Besonderes Anliegen ist uns dabei ein Europa, das mit gesamtgesellschaftlichem Engagement gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung von MigrantInnen auftritt.

 

Zur Propagierung unserer kritischen Positionen sollen u. a. folgende Gelegenheiten genutzt werden:

 
* Auftritt auf einer Konferenz zu „Rechtsextremismus und soziale Frage“ auf dem 2. Sozialforum in Deutschland vom 18. bis 21. Oktober 2007 in Cottbus

* Mitwirkung am Internationalen Tag gegen Faschismus und Antisemitismus am 9. November 2007

* Mitgestaltung des 5. Europäischen Sozialforums im September 2008 in Malmö

 

Um der zu befürchtenden Verbreitung rechtspopulistischen und rechtsextremen Gedankenguts im Zuge der europaweiten Kandidatur einer rechtsextremen Liste zu den Europawahlen 2009 entgegenzutreten, plant die „Europäische Initiative“ für Herbst 2008 oder Anfang 2009 einen speziellen Workshop dazu, evtl. in Brüssel.

 

Hamburg, den 30. September 2007

 

(Verabschiedet im Anschluss an den Workshop der RLS „Die Neuformierung der politischen Rechten in Europa“ am 28./29. September 2007 in Hamburg)

 

Zu erreichen ist die „Europäische Initiative gegen Rechtsextremismus und Rechtspoplismus“ auf der Homepage www.eiar.org oder über ihre Sekretärin Dagmar Rubisch, Tel. 0049-30-443 10 158, E-Mail:

 

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