Samstag, 24. Januar 2009
 
AMS, ELGA und das verlorene Ärztegeheimnis PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von ARGE Daten   
Mittwoch, 21. Februar 2007

Wieso hat das AMS Zugang zu Gesundheitsdaten? Schritt für Schritt wird das Ärztegeheimnis ausgehöhlt - stehen Patienten und Patientenanwälte auf verlorenen Posten? - die Öffentlichkeit wird mit Fehlinformationen zu ELGA gefüttert - Therapie gegen Daten, der neue Deal im Gesundheitswesen.

Mitte Februar ging ein gewaltiges Rauschen durch den Medienwald. Die Zugriffe des AMS auf Gesundheitsdaten waren ein Top-Thema. ARGE DATEN News-Bezieher hatten es besser. Schon im August 2006 berichteten wir über den Fall und den unzureichenden Schutz der Privatsphäre.

Doch der AMS-Vorfall bietet nur einen kleinen Vorgeschmack, was uns mit ELGA, dem elektronischen Gesundheitsakt blüht. Derzeit ist ELGA nur eine Bürokraten-Blase, untermauert durch eine Machbarkeitsstudie von Informationstechnikern, die - welche Überraschung - feststellen, dass ELGA informationstechnisch machbar ist.

Von den Politikern wird derzeit ELGA geradezu generalstabsmäßig in den Medien gepusht, "Zug abgefahren" und "EU verlangt es" sind die bekannt alten Argumente um den Boden für die Einführung aufzubereiten.

Schritt für Schritt wird das Ärztegeheimnis ausgehöhlt

Tatsache ist aber, dass ELGA nur ein weiterer Schritt in der systematischen Aushöhlung des Ärztegeheimnisses ist. Schon jetzt erlauben "überwiegende Interessen" der Kassen oder andere gesetzliche Bestimmungen den Vollzugriff auf die Patientendaten (zumindest wenn die medizinische Leistung durch Privat- oder Sozialversicherung bezahlt wird).

Vieles geschieht heute noch mit freiwilliger Zustimmmung des Patienten. Freiwillig entbindet er den Arzt/die Ärztin vom Ärztegeheimnis gegenüber den Sozialämtern (sonst bekommt er keine Sozialhilfe), freiwillig gibt er Gesundheitsdaten beim AMS bekannt, auch wenn sie gar nichts mit seiner Jobsuche zu tun haben (sonst wird sein Arbeitslosenbezug gesperrt), freiwillig gibt er den Privatversicherungen eine Generallvollmacht auf Zugriff auf alle medizinische Daten (sonst erhält er keine Versicherung), freiwillig unterzieht er sich beim Vertrauensarzt der Bank einem
medizinischem Check (sonst erhält er keinen Kredit), freiwillig erlaubt er bei der Stellenbewerbung dem Betriebsarzt Auskünfte bei Spitälern und Ärzten einzuholen (sonst klappts nicht mit dem Job).

Uns wird ganz schwindlig vor lauter Freiwilligkeit, die ja in Zukunft durch den freiwillig eingeräumten Zugriff auf ELGA noch vereinfacht wird. Ganz easy.

Öffentlichkeit wird mit Fehlinformationen zu ELGA gefüttert

ELGA, so verlautbaren die Politiker, soll nur für Gesundheitsdienstanbieter zugänglich sein. Nur für Ärzte und Spitäler apportieren eifrig die Medien und die Politik schweigt zufrieden. Botschaft angekommen, Desinformation geglückt.

Stimmt so nicht. Alle Einrichtungen, die mit diesen Daten zu tun haben, und sei dies nur als Dienstleister für einen Gesundheitsberuf, sollen als Gesundheitsdienstanbieter Teilnehmer am ELGA-System werden.

Das sind Ärzte, Spitäler und Labors, inkl. Amtsärzte, Betriebsärzte oder Schulärzte, aber auch alle Sozial- und Privatversicherungen, alle Krankenhauserhalter (meist die Bundesländer), alle Aufsichts- und Kontrollstellen dieser Einrichtungen, inkl. Gesundheitsagentur und Gesundheitsministerin als oberste Kontrollstelle, aber auch alle Apotheken, Lieferanten und Hersteller von Heilbehelfen, weiters Pharmafirmen oder auch jene Firmen, die den elektronischen Datenaustausch organisieren und Softwarefirmen die die Ärzte- und Spital-Software bereitstellen. Selbst Aufsichtsstellen und Behörden, wie das Arbeitsinspektorat, das AMS, die Sozialhilfestellen oder auch mobile Betreuungsstellen hätten nach dieser Definition Anspruch auf Zugang, weiters Umweltschutzbehörden, ...

In allen Fällen ist die regelmäßige Verwendung von Gesundheitsdaten gemäß obiger Definition Bestandteil der "Erwerbstätigkeit, des Betriebszwecks oder des Dienstleistungsangebotes".

Apropos ELGA

Warum eigentlich ELGA? Der elektronische Gesundheitsakt? Wer gesund ist, hat ja bekanntlich keine Einträge bei Arzt oder Spital. Es müsste doch Elektronische Kranken-Evidenz-Liste heißen, geht es doch um eine Liste, die alle bisher aufgezeichneten Arzt- und Spitalsaufenthalte und deren Daten zu Krankheitsvorfällen, Diagnosen und Therapien verwaltet. Aber EKEL klingt ja doch zu entlarvend.

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