Herr Kothgasser, ein Erzbischof, sollte zu seinem 70. Geburtstag bei einer gemeinsamen Feier von Land, Universität und Erzdiözese das "Große Ehrenzeichen" des Landes Salzburg erhalten. In einem persönlichem Schreiben hatte der Katholik der Landeshauptfrau Gabi Burgstaller erklärt, dass er diese Ehre aus ihrer Hand nicht annehmen könne, da es auf ihr Engagement hin möglich geworden ist, seit 2005 in den Salzburger Landeskliniken Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.
Der Kirchenfürst formulierte, dass dies ein "direkter Anschlag auf die Würde und Unantastbarkeit des menschlichen Lebens" sei. Herr Kothgasser brachte den Vorschlag ein, die Auszeichnung vom - ebenfalls der SPÖ zugehörigen - Landtagspräsidenten Johann Holztrattner entgegenzunehmen. Die Landeshauptfrau lehnte ab.
Unsere Solidarität hält sich in Grenzen. Die Möglichkeit, einen Schwangerschaftsabbruch in Salzburg zu bekommen, ist bescheiden: den finanziellen Aufwand können nur Frauen tragen, die in der Lage sind, etwa 450 Euro aufzubringen. Frauen, die das nicht können, mußten eine entwürdigende staatliche Dokumentation über sich ergehen lassen, wenn sie sich von der ungewollten Leibesfrucht befreien wollten. Die derzeitige Praxis verpflichtet betroffene Frauen nicht nur zu hohen materiellen Leistungen, sie zwingt auch zur Akzeptanz bürokratischer Verflechtungen ohne Gewährleistung der Anonymität.
Die Landeshauptfrau profiliert sich im feministischen Themenspektrum, ohne die Frauen zu berücksichtigen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Zur Forderung nach einem bedingungslosen Schwangerschaftsabbruch gibt es keinerlei Aussagen.
Die Debatte diverser feministischer Kreise zum Schwangerschaftsabbruch "auf Krankenschein" ist ebenso problematisch. Wie soll eine illegalisiert lebende Frau offiziell anerkannte Dokumente erlangen, sich offen zu ihrer Existenz bekennen, ohne ein Aufenthaltsverbot und eine Abschiebung in Kauf zu nehmen? Woher sollen obdach- und wohnungslose Frauen ohne Meldeadresse plötzlich eine E-Card bekommen? Aus welchem Grund sollte eine Frau überhaupt ihre persönlichen Daten dem Staatsapparat preisgeben, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch braucht?
Heidi Rohrmoser formulierte: "Ich bin für die Einführung von Schutzzonen vor Einrichtungen der Familienplanung, Empfängnisverhütung und Geburtenkontrolle, die Herausnahme der Fristenlösung aus dem Strafgesetzbuch, sowie für die Verankerung des Selbstbestimmungsrechts für Frauen in der Bundesverfassung. Entgegen der Rückschrittlichkeit der ReaktionärInnen. Es ist höchste Zeit."
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