Seit mehr als hundert Tagen protestiert die Aktivistin Patricia Troncoso vom Volk der Mapuche mit einem Hungerstreik gegen Antiterrorgesetze und Landraub.
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat die chilenische Regierung um eine Revision des Gerichtsurteils im Fall der inhaftierten Mapucheaktivistin Patricia Troncoso ersucht und gleichzeitig Garantien für deren Leben eingefordert.
In einer Erklärung äußerte ai seine Besorgnis über den Gesundheitszustand der Aktivistin, die seit mehr als 100 Tagen im Hungerstreik ist und bereits seit fünf Jahren in Haft sitzt.
In dem Schreiben von ai an die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet heißt es: „Wir appellieren an Ihr Amt und an Ihre Sensibilität unverzüglich zu handeln, um eine Verschlechterung der Lage sowie eine Situation zu verhindern, in der das beschädigte und von Gewalt geprägte Verhältnis der letzten Jahre zu den Mapuche, sowohl als Individuen als auch als Gemeinschaften, sich weiter verschärfen könnte.“
Eine Gruppe von unabhängigen Ärzten stufte unterdessen den Gesundheitszustand von Patricia Tronscoso als „ernsthaft lebensbedrohlich“ ein. Sie befindet sich in einem Krankenhaus in der Stadt Chillán, in das sie aufgrund ihres sehr kritischen Gesundheitszustandes überwiesen wurde. Nach Aussagen ihrer Angehörigen sei das ohne ihr Einverständnis geschehen.
Die Aktivistin protestiert mit ihrem Hungerstreik, in dem sie sich bereits seit dem 10. Oktober des letzten Jahres befindet, unter anderem auch gegen die in ihrem Fall erfolgte Anwendung des Anti-Terror-Gesetzes. Sie wurde nach diesem Gesetz, das noch während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet verabschiedet worden war, zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Troncoso besteht jedoch darauf, dass weder die Anwendung des Gesetzes noch das Urteil rechtmäßig seien. Weiterhin fordert Troncoso mit ihrem Streik die Freiheit bzw. Strafminderungen für andere inhaftierte sowie die Entmilitarisierung der ländlichen Zonen in der Region der Araucanía im Süden Chiles.
Patricia Troncoso wurde zusammen mit anderen AktivistInnen für schuldig befunden, im Jahr 2001 auf einem Gelände Feuer gelegt zu haben, das sich im Besitz von Firmen der Holz- und Papierindustrie befindet. Die Mapuche beanspruchen das Land jedoch als ihr ursprüngliches Stammesland.
Der Fall der inhaftierten Mapuche wird außerhalb der Landesgrenzen Chiles ebenfalls aufmerksam verfolgt. Neben ai veröffentlichten auch die Mütter der Plaza de Mayo aus Argentinien ein Kommuniqué, in dem sie die chilenische Präsidentin Bachelet dazu auffordern, in den Fall zu intervenieren. „Wir solidarisieren uns mit Patricia Troncoso und hoffen, dass die Doktorin Bachelet, eine Frau, die in chilenischen Konzentrationslagern gewesen ist und dies nicht vergessen kann, Sensibilität besitzt“, heißt es in dem Schreiben.
In Chile mobilisieren verschiedene Organisationen aus Santiago, Rancagua und Chillán dafür, mit einer „Hungerstreik-Kette“ die inhaftierte Mapucheaktivistin zu unterstützen. Damit wollen sie die Regierung für den Fall sensibilisieren und erreichen, dass die Gesellschaft insgesamt nicht vergesse, dass Patricia Troncoso für eine gerechte Sache kämpfe, die nicht nur ihre eigene, sondern die von Millionen ChilenInnen sei.
Die InitiatorInnen wollen, dass die Idee der "Hungerstreik-Kette" auch in anderen Regionen des Landes aufgegriffen wird, um für die Forderungen der Mapuche eine breite Unterstützung zu schaffen.
In einem Interview mit "Prensa Humanista" informierte Fernando Lira, Leiter der Vereinigung der ehemaligen politischen Häftlinge Chiles (Asociación de Ex-Presos Políticos de Chile), dass die „Hungerstreik-Kette“ ein starkes Mittel sei: „In diesem Fall wollen wir Solidarität mit Patricia zeigen und erreichen, dass im ganzen Land niemand vergisst, dass es eine Frau gibt, die wegen einer gerechten Sache seit mehr als hundert Tagen nichts isst, sich aber derzeit in einer sehr kritischen Situation befindet“.
Der Hungerstreik von Patricia Troncoso, die Lage der Mapuche und deren politische Forderungen sind vermehrt in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt, seit am 3. Januar der Mapuche-Student Matías Catrileo Quezada von der chilenischen Polizei ermordet wurde.
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