Samstag, 24. Januar 2009
 
Indigene Ecuadors antworten Papst Benedikt XVI PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von den Kichwa Völkern Ecuadors   
Mittwoch, 6. Juni 2007

Die Ureinwohner Amerikas seien nicht zwangsmissioniert worden, sondern hätten die Katholische Kirche "insgeheim herbeigesehnt", hatte Papst Benedikt im Mai auf seiner Lateinamerikareise verkündet und damit Proteste ausgelöst. Auch die Kichwa-Völker Ecuadorsd wollen diese eigenwillige Geschichtsinterpretation nicht hinnehmen.

Die Position der Föderation der Kichwa-Völker Ekuadors

„Die indigenen Völker des Kontinents Abaya Yala (Amerika) weisen die Äußerungen des Papstes, in denen er sich auf unsere alte Spiritualität bezieht, energisch zurück. Ebenso seine politischen Kommentare zu einigen Präsidenten Lateinamerikas und der Karibik, die in einem Kontinent gemacht wurden, in dem die Kluft zwischen den Armen und Reichen immer tiefer wird...Es sind Erklärungen in einer Zeit, da unser Planet vom Tode bedroht ist, wofür nicht die Präsidenten, die der Papst anspricht, schuld sind, sondern jene wie der Präsident der USA, George W. Bush, die die Fahne des schrecklichen neoliberalen, kapitalistischen Systems hochhalten.“

„Der Papst weiß offensichtlich nicht, dass die damaligen Vertreter der katholischen Kirche, von ehrenhaften Ausnahmen abgesehen, Komplizen, Förderer und Nutznießer eines der größten Völkermorde, die die Geschichte kennt, waren. Mehr als 70 Millionen Tote in den Minen, im Frondienst und in den Arbeitslagern. Ganze Völker wurden vernichtet, so z.B. in Kuba, wo die Schwarzafrikaner zum Ersatz der Toten herbeigeschafft wurden, die ein schlimmes Schicksal erlitten. Sie haben unseren Reichtum, unser Land gestohlen, um ihr Feudalsystem wirtschaftlich abzusichern, die Frauen wurden vergewaltigt und Tausende Kinder starben an Unterernähung und unbekannten Krankheiten.“

„An der Seite der Mörder unserer heldenhaften Anführer stand immer ein Priester oder Bischof um den oder die Verurteilte/n zu überreden, sich vor dem Tod taufen zu lassen und seinem/ihrem alten Glauben abzuschwören. Wir erinnern an den Priester Valverde, der in Cajamarca (Peru) dem Inka Atahualpa die Bibel entgegenhielt und sagte, das ist das Wort Gottes. Der Inka aber sah, dass das Buch nicht sprach und er bedenkend, dass Gott in der Mutter Erde spricht, im Wasser, im Wind, in der leuchtenden Kraft der Sonne und in der Fruchtbarkeit des Mondes, in den Herzschlägen der Menschen, der Tiere und der Pflanzen, warf er die Bibel weg. Valverde befahl ihn festzunehmen. Atahualpa, der Anführer dieses Landes der göttlichen Sonne und des göttlichen Mondes, wurde ermordet, zuvor aber auf den Namen des Mörders Francisco Pizarro getauft.“

„Wir erinnern daran, dass viele unserer Brüder und Schwestern den Scheiterhaufen dem Verrat ihrer Grundsätze vorzogen. So z.B. Hatuey aus Kuba, der dem Priester, der ihn belehrte, durch die Taufe vor der Hinrichtung käme er in den Himmel, wo die Christen sind, erwiderte, er zöge es vor in die Hölle zu kommen und nicht in den Himmel der Christen, wo alle Unterdrücker, Diebe und Mörder sind. Worauf er zum Scheiterhaufen geführt wurde.“

„Der Papst sollte befragt werden, ob Christus, den er seiner Meinung nach repräsentiert, mit diesen schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit einverstanden wäre... Die christlichen Kirchen und insbesondere die katholische Kirche haben gegenüber Christus und den indigenen Völkern eine immense Schuld, wir haben Widerstand gegenüber dieser Barbarei geleistet. Wenn auch der spanische Staat und der Vatikan uns niemals für die Folgen des monströsen Genozids entschädigen können, so sollte das Oberhaupt der katholischen Kirche wenigstens den begangenen Irrtum anerkennen, wie es sein Vorgänger Johannes Paul II hinsichtlich des Holocausts der Nazi gemacht hat und von Jesus, dem Christus, lernen, der um seine Botschaft zu bringen sich mit Respekt in die Kultur des hebräischen Volkes inkarnierte.“

„Es ist völlig unannehmbar, dass noch im 21. Jahrhundert geglaubt wird, dass nur in Europa definiert wird, wie das Wesen Gottes zu verstehen ist. Der Papst soll wissen, dass bevor die katholischen Priester mit der Bibel kamen Gott in unseren Völkern präsent war, sein Wort hat das Leben unserer Völker und das der Mutter Erde getragen. Gottes Wort kann nicht nur in einem Buch enthalten sein und noch schlimmer ist es, wenn eine Religion meint, Gott für sich alleine in Anspruch nehmen zu können.“

„Die ursprünglichen Völker hatten ihre Zivilisation, hatten Regierungen und soziale Organisationen und Strukturen, die unseren Grundsätzen entsprachen. Sie hatten ihre Religion mit heiligen Büchern und Riten, Priesterinnen und Priester, die als erste von jenen ermordet wurden, die dem Gott der Geldgier dienten und nicht dem Gott der Liebe, von dem Jesus Christus sprach.“

„Die Bibel lehrt uns, dass jener, der sagt Gott zu lieben, den er nicht sieht, aber seinen Bruder, den er sieht, nicht liebt, ein Lügner ist. Jene, die sich als Repräsentanten Christi ausgaben, profanierten seinen Namen, denn in Wirklichkeit waren sie Verbündete von Dieben und Mördern. Sie haben die große Sendung von Christus verraten.“

„Gerechtigkeit und Wertschätzung gebührt den vorbildlichen Leben jener Priester, die angesichts der Barbarei sich an die Seite der sogenannten Indios stellten, wie Bartolome de las Casas und andere dominikanische Priester, die die Rechte unserer misshandelten Vorfahren verteidigten. Wir schätzen und anerkennen zutiefst alle Ordensleute, Priester, Bischöfe und Pastoren, die ihr Leben hingaben, um den Armen unseres Kontinents und anderswo dienten. Ganz besonders bewundern wir das Werk von Bischof Leónidas Proaño in Ekuador, der mehr als dreißig Jahre lang den Armen Ekuadors diente und sich für die Befreiung der indigenen Völker engagierte.“

„Die heutigen Repräsentanten Christi, gleich welcher Kirche sie angehören, müssen das Leben respektieren und verehren, wie Jesus es machte. Sie haben die moralische Pflicht jede Ungerechtigkeit zu verurteilen und müssen die Botschaft Christi verkünden, in dem sie an der Seite der Armen stehen und nicht auf der Seite der Unterdrücker. Und eine wahre Evangelisierung unserer Völker darf nicht unsere Kultur zerstören.“

„Die Botschaft Christi kann nicht von der Position der Reichen ausgehend vermittelt werden, nicht von jenen, die das Leben, das Gott uns schenkte, profanieren, nicht von jenen, die die größten Zerstörer des Lebens auf unserem Planeten sind. Wir weisen die politischen und religiösen Übereinstimmungen, die zwischen Bush und dem Papst bestehen, um den Kampf der Unterdrückten zu kriminalisieren, zurück. Wir verlangen Übereinstimmung von Wort und Tat, diese fehlende Übereinstimmung bei vielen, die sagen Repräsentanten Christi zu sein, ist die Ursache dafür, dass sich viele von den Kirchen, besonders von der katholischen Kirche abwenden, was dem Papst so viel Sorgen macht.“

„Unsere Religionen sind nie gestorben, wir lernten eine Synthese zwischen unserem Glauben und den Symbolen mit denen der Unterdrücker herzustellen. Wir besuchen weiterhin unsere Tempel, denn wir wissen, dass unter den wichtigsten katholischen Kirchen die Fundamente unserer zerstörten Tempel sind. Die Zerstörung geschah in der Annahme, dass die neuen Gebäude unseren Glauben begraben würden. Aber so ist es nicht, denn unsere Tempel wurden an Orten errichtet, die die Kraft, die Weisheit und die Liebe des großen Vaters, des Geistes und der Mutter von allen Kreaturen, die diesen herrlichen Planeten bewohnen, reflektieren.“

„Wir sprechen unsere totale Solidarität mit dem Präsidenten Evo Morales aus, unserem Bruder, der ein Diener der Armen ist, ein Mensch, der sein ganzes Leben dem Dienst an der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Freiheit und der Geschwisterlichkeit der Völker widmet. Wir sind sicher, dass Jesus Christus ihn als seinen Freund ansieht. Unsere Solidarität gehört auch Hugo Chávez und Fidel Castro, Humanisten, die sich dem Kampf der Völker für ein würdiges Leben widmen.“

„Im Namen unserer geschändeten Vorfahren und der Millionen Armen des Kontinents Abya Yala hoffen wir auf ein würdiges Leben für alle, wiederholen wir unsere feste Entschlossenheit unsere Rechte wieder zu erlangen und wir werden es nicht gestatten, dass irgendwer den Genozid, der vor 514 Jahren begann, fortzusetzen versucht.“

Humberto Cholango

Vorsitzender der Föderation der Kichwa-Völker Ekuadors am 18. 5. 2007


Übersetzung von Herbert Berger, leicht gekürzt

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