Die Videoüberwachung in Schulen, am Arbeitsplatz, im Gemeindebau und auf öffentlichen Plätzen dient der Einschüchterungsstrategie einer kapitalistischen Logik, meint die Liga der Sozialistischen Revolution.
Im April diesen Jahres (2008) reichten 10 Wiener Schuldirektoren bei der Datenschutzkommission den Antrag auf die Installation von Überwachungskameras in ihren Schulen ein.
Anfang Juli wurden 3 der Anträge (Medien berichten von zwischenzeitig bis zu 20 laufenden Anträgen) mit der Begründung abgelehnt, im Schulunterrichtsgesetz sei die Aufsicht über die SchülerInnen geregelt und Überwachungskameras nicht vorgesehen. Jedoch ist das keinesfalls ein Generalverbot für Videoüberwachung. In Freistadt (OÖ) wurde bspw. einer Schule genehmigt, ihren Radabstellplatz überwachen zu lassen.
Werden keine Kameradaten aufgezeichnet, ist übrigens keinerlei Genehmigung durch die Datenschutzkommission erforderlich – Tür und Tor der Überwachung stehen den Direktoren dadurch offen.
Ein Schüler der HAK 1100 Wien hat uns berichtet, dass es in seiner Schule seit Jahren gang und gäbe ist, Räume nur mit Chipkarten betreten zu können. Wo sich welcher Schüler wann aufhält ist also jederzeit rekonstruierbar.
Darüber hinaus wurden im Frühjahr dieses Jahres durch eine Datenschutzgesetznovelle einige Gesetze „angepasst“, um Überwachung zu vereinfachen.
Damit nicht genug: Mindestens 8 Wiener Gemeindebauten werden videoüberwacht. In Supermarktketten lassen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter durch Detektive und Minikameras ausspionieren. Die öffentlichen Räume Karlsplatz und Schwedenplatz sowie die SCS unterliegen ständiger Überwachung. Nichtmal die öffentlichen Verkehrsmittel respektieren noch die Privatsphäre: In zahlreichen U-Bahn Garnituren sind bereits Überwachungskameras in Betrieb.
Zusammengefasst zeichnet sich also das Bild, dass die Überwachung der Gesellschaft auf allen Ebenen zunimmt. Sowohl im Wohnraum als auch in Ausbildungsstätten, in der Arbeitswelt wie auch auf der Straße gibt es mittlerweile Videoüberwachung.
Warum wollen sie uns überwachen?
Argumentiert wird diese zunehmende Überwachung auf unterschiedlicher Ebene. In den Schulen wurde behauptet, zunehmender Vandalismus und Gewaltakte würden es notwendig machen, die SchülerInnen vor sich selbst zu schützen. Der Direktor der Sir-Karl-Popper-Schule in Wien sprach sogar davon, ohne Videoüberwachung seien seine Schüler in Lebensgefahr. In den Gemeindebauten steht der Schutz von Eigentum gegen Vandalismus und Müllablagerungen im Vordergrund, in der Arbeitswelt wird mit Produktivitätssteigerung und Sicherung vor Diebstählen argumentiert.
In Wirklichkeit steht noch ein ganz anderes Interesse hinter diesem Überwachungs-Generalangriff. Die Herrschenden im Staat, im Betrieb und an der Schule wollen uns einschüchtern! Durch das Wissen, ständig unter Beobachtung zu stehen, sollen wir zu einem unterwürfigen, angepaßten Verhalten gezwungen werden. Jeder Gedanke an Widerstand soll im Keim erstickt. Anstatt im Betrieb eine – laut Studien durchaus die Produktivität steigender – Pause zu machen und mit den KollegInnen kurz zu tratschen, ist der objektive Druck größer, wie eine gut geölte Maschine zu arbeiten und zu arbeiten und zu arbeiten. Gerade in der Schule, wo der Mensch noch im Entwicklungsstadium seiner Persönlichkeit ist, ist es für dieses System, den Staatsapperat und die Unternehmen, von Bedeutung, in dieser Richtung formend zu wirken.
Das Beispiel der Videoüberwachungsanträge an den Wiener Schulen zeigt auch einmal mehr den undemokratischen Charakter des Schulsystems. Obwohl die große Mehrzahl der Betroffenen die Videoüberwachung strikt ablehnt und auch die Eltern dieser diese zumindest zu einem beträchtlichen Teil ablehnen, obliegt die Entscheidung letztlich einzig und allein dem Direktor.
Kriminalität steigt trotzdem
Die Kriminalität wird dadurch natürlich keineswegs zurückgedrängt. In Großbritannien – wo die Überwachung der Menschen durch die Herrschenden am weitesten vorangeschritten ist – werden von jedem Bürger im Schnitt 3.245 Informationen pro Woche gesammelt. Trotzdem gibt es immer mehr Verbrechen auf der Straße.
Warum? Weil die Ursache der Kriminalität weder die Natur des Menschen noch die mangelnde Kontrolle durch den Staat ist. Die wirkliche Ursache ist die wachsende Armut und Erniedrigung der Menschen im Kapitalismus. Deswegen steigt die Arbeitslosigkeit dort, wo Armut zunimmt.
Was tun?
Die Herrschenden im Staat, im Betrieb und an der Schule wollen uns überwachen und einschüchtern. Wir müssen uns wehren! Im Betrieb müssen sich KollegInnen, Betriebsräte und GewerkschafterInnen zusammenschließen, um den Abbau der Videokameras zu erzwingen. An den Schulen müssen SchülerInnen und Eltern Protestaktionen organisieren. Notfalls müssen wir zur Selbsthilfe schreiten. Kriminalität bekämpfen wir nicht durch Videoüberwachung und Polizei. Vielmehr müssen wir die Ursachen beseitigen: Arbeitslosigkeit und Armut. Mit anderen Worten: Wir müssen den Kapitalismus stürzen!
Christopher Müller ist LINKE-Kandidat und Schulsprecher der GRG 1020 Wien. Text gekürzt. Original aus: BEFREIUNG Nr. 164, 22.8.2008, Zeitung der Liga der Sozialistischen Revolution, www.sozialistische-revolution.org |