Mehr als 70 Rebellen der tamilischen Separatistenorganisation LTTE will die Regierungsarmee über das Wochenende getötet haben. Obwohl keine unabhängige Bestätigung dieser Zahlen vorliegt, erlitten Tamil Tigers mit Sicherheit schwere Verluste bei mehreren Gefechten im Norden und Osten von Sri Lanka.
Unter den Toten auch der Geheimdienstchef der LTTE, der unter dem Pseudonym Colonel Charles bekannt war. Sein Leichnam wurde am Sonntag feierlich feuerbestattet. Schon seit dem Vorjahr sind die Rebellen in der Defensive und mussten ihre Stellungen an der Ostküste aufgeben. Auf der tamilisch besiedelten Halbinsel Jaffna, im äußersten Norden des Landes, werden die zahlreichen Armeeposten mit zusätzlichen Sandsäcken verstärkt, neue Posten errichtet, weitere Soldaten aus dem Süden stationiert. Alle Anzeichen deuten auf offenen Krieg. Die Offensive der Armee begann unmittelbar nachdem die Regierung am 2. Januar den Waffenstillstand vom Februar 2002 aufgekündigt hatte. Am 16. Februar verliert das Abkommen, das als Zwischenstufe eines umfassenden Friedensprozesses angelegt war, offiziell seine Gültigkeit. Bis dahin werden auch die Beobachter der norwegisch/isländischen Sri Lanka Monitoring Mission (SLMM) das Land verlassen. Die 37 Mann starke SLMM hat in den vergangenen sechs Jahren Tausende Verstöße gegen das Abkommen registriert, die meisten in den vergangenen 25 Monaten. Nach eigener Einschätzung konnte sie allein durch ihre Präsenz etwa 10.000 Menschenleben retten. Gajendrakumar Ponnambalam, Abgeordneter der oppositionellen Tamil National Alliance (TNA), fürchtet denn auch schwerwiegende Konsequenzen für die tamilische Zivilbevölkerung: „Die Regierung will freie Hand haben und allein bestimmen, welche Nachrichten“ aus den Konfliktzonen bekannt werden. Nichtregierungsorganisationen und humanitäre Helfer werden zunehmend in ihrer Arbeit im Nordosten behindert. Die Presse hat schon lang keinen Zugang mehr zu den LTTE-kontrollierten Gebieten. Präsident Mahinda Rajapakses Entschluß wurde zwar im Kabinett mit Mehrheit abgesegnet, trifft aber keineswegs auf einhellige Zustimmung. Friedensberater Jayantha Dhanapala, ein international angesehener Diplomat, erklärte seinen Rücktritt. Er hält es für fatal, allein auf die militärische Karte zu setzen. Auch Indiens Premier Manmohan Singh, der eine Einladung zu den Feiern des Unabhängigkeitstages am 4. Februar angenommen hatte, schickte jetzt eine Absage. Es wäre der erste offizielle Besuch eines indischen Regierungschefs seit über 20 Jahren gewesen. Rajapakse hatte versichert, er würde vor dem Unabhängigkeitstag eine politische Lösung zustande bringen. Bisher sind sich nicht einmal die Parteien der Koalitionsregierung einig, welches Autonomiemodell sie den Tamilen anbieten wollen.
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