Große Resonanz gab es auf die auch auf dieser Seite veröffentlichten Bedenken von ARGE DATEN zur Datenschutznovelle. Knapp 60 Stellungnahmen wurden abgegeben. Eine Generalreform des Datenschutzes ist überfällig.
Letzte Woche ging die ARGE DATEN mit ihrer Stellungnahme zur geplanten Novelle 2008 zum Datenschutzgesetz an die Öffentlichkeit. In einer umfangreichen, dreißig Seiten langen Stellungnahme (ftp://ftp.freenet.at/privacy/gesetze/dsg-stellungnahme.pdf) wurden sowohl bisherige, nicht behobene Mängel, eine ungeeignete Regelung der Videoüberwachung, als auch unsinnige Neu-Bürokratisierungen aufgezeigt.
Mehrere Dutzend Personen und Einrichtungen meldeten sich in den Folgetagen bei der ARGE DATEN und bekundeten ihre Unterstützung.
Die wichtigsten Kritikpunkte: - ungeeignete Regelung der Videoüberwachung (Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten statt sinnvolle Beschränkung) - weiterhin keine unabhängige Datenschutz-Aufsichtsbehörde - weiterhin keine Durchsetzungsmöglichkeit von Datenschutzrechten gegenüber Behörden - weiterhin kein Datenschutz im Zusammenhang mit Politik/Gesetzgebung und Justiz - gravierende Lücken im Schadenersatzrecht - unzureichendes und EU-widriges Informationsrecht - keine Verständigungspflicht der Betroffenen bei Datenverlust oder Datendiebstahl - kein ausreichender Schutz bei veröffentlichten Daten, insbesondere bei persönlichen Angaben die im Internet veröffentlicht werden - kein Verbot der Verwertung biologischer Spuren - keine ausreichenden Datenschutzregeln für Onlinedienste - ein funktionierendes Korrekturrecht bei fehlerhaften Daten (falsche ärztliche Diagnosen können derzeit nicht korrigiert werden) - kein ausreichender Schutz von indirekten persönlichen Daten, wie IP-Adresse, Sozialversicherungsnummer oder KFZ-Kennzeichen
Besondere Bedeutung gewinnt - angesichts des drohenden ELGA-Chaos – ein lückenloses Informations- und Benachrichtigungssystem der Bürger, Österreich agiert hier nicht EU-konform. Überfällig ist die Schließung von Informationslücken, sowohl bei rechtmäßiger Datenverwendung, als auch bei der Schaffung einer unverzüglichen Informationspflicht, wenn Datenverarbeiter Daten verlieren oder sie in unrechtmäßige Hände gelangen.
Hans G. Zeger, Obmann der ARGE DATEN: "Wenn sich der Gesetzgeber anmaßt Eine zentrale Patientenverwaltung mit rund 65 Millionen klinischen Krankengeschichten, 150 Millionen Krankengeschichten bei niedergelassenen Ärzten, 170 Millionen Medikamentenpackungen und 100 Millionen Arztbesuchen jährlich, 17.400 Fachärzten, 20.000 Hausärzten, weiteren 350.000 Beschäftigten im Gesundheitswesen, die Zugang zu den Daten haben werden, zu konstruieren, wird man verlangen können, dass auch jeder Bürger zu jedem Zeitpunkt abrufen kann, wer auf seine Patientendaten zugegriffen hat. Jeder Bürger muss die Sicherheit haben, dass er bei Diebstahl oder Verlust von seinen Daten unverzüglich verständigt wird."
Bisher knapp 60 Stellungnahmen im Parlament abgegeben
Bis 21.5 wurden 59 Stellungnahmen abgegeben. Mit dieser Zahl dürfte wohl ein Rekord im Rahmen eines parlamentarischen Begutachtungsverfahrens erreicht worden sein.
Die formale Begutachtungsfrist ist zwar am 21. Mai abgelaufen, wie bei anderen Gesetzesbegutachtungen ist es üblich, dass auch Stellungnahmen in der Nachfrist, bis zur Befassung im parlamentarischen Verfassungsausschuss berücksichtigt werden. Es macht durchaus Sinn auch jetzt noch Stellungnahmen abzugeben.
Wann diese Befassung tatsächlich stattfinden wird, steht angesichts der gravierenden Mängel des Entwurfes noch in den Sternen.
Bemerkenswert ist, dass neben den 'üblichen' Institutionen auch zahlreiche Privatpersonen und Unternehmen Stellungnahmen abgegeben haben.
Bedauerlich ist, dass es der Datenschutzrat - wieder einmal – nicht geschaffte, fristgerecht eine inhaltliche Stellungnahme zu dem ihn zentral betreffenden Gesetz abzugeben. Damit bleibt dieses Gremium seinem Ruf als williges Abnickgremium in Sachen großkoalitionären Datenschutzverletzungen treu.
Interessante Diskusisonsveranstaltung am 29. Mai im Juridicum, siehe Termine
Generalreform des Datenschutzes überfällig
Angesichts der vielen Mängel des bestehenden Datenschutzgesetzes, einer fehlenden wirksamen Kontrollinstanz und einer Fülle informationstechnischer Entwicklungen, insbesondere im Zusammenhang mit Internet, globaler Datenverwendung, transnationaler Online-Shops und der wachsenden Bedeutung der social Networking - Plattformen ist eine tiefgreifende Reform der Datenschutzbestimmungen überfällig.
Dabei sollten auch alle bisher erkannten fehlerhaften Umsetzungen der EU-Richtlinie Datenschutz saniert werden.
mehr Online: www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT- ARGEDATEN&s=01625tal
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