Die Zweite Sparkasse, eine Initiative von Caritas, Schuldnerberatung und Erste Bank, soll hoffnungslos überschuldeten Menschen, die von den Banken als Kundschaft abgewiesen werden, in die Gesellschaft zurück helfen. Denn wer kein Konto hat, der ist niemand.
Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus weiß es schon lange: gerade arme Menschen dürfen nicht von den Banken verstoßen werden. Anders als in Bangla Desh kann man den Armen unserer Gesellschaft allerdings nicht mit Mikrokrediten auf die Beine helfen. Sie sind nicht nur mittellos: sie haben weniger als nichts, nämlich enorme Schulden, sei es durch akkumulierte Handyrechnungen, pathologischen Kaufzwang, Bürgschaft für geschiedene Ehepartner oder Bankrott eines Unternehmens. Schulden von drei oder mehr Jahresgehältern sind keine Seltenheit. Solche Leute bekommen bei einem normalen Kreditinstitut kein Konto mehr. Die <Zweite Sparkasse>, ein Projekt der Kommerzbank <Erste Bank>, der Caritas und der Schuldnerberatung hilft diesen Menschen seit neuestem mit der Einrichtung von Girokonten auf die Beine.
Wer kein Konto hat, lebt teuer: Bareinzahlungen sind teurer als Kontoüberweisungen. Potentielle Arbeitgeber runzeln die Stirn, wenn ein Jobsuchender keine Kontonummer angeben kann. Leicht wird zum gesellschaftlichen Außenseiter, wer auf den schwarzen Listen der Banken steht. Ein Schicksal, das allein in Wien Tausende überschuldete Menschen teilen.
Schon in den ersten Wochen nach der Eröffnung des Sozialprojekts Ende November 2006 konnten sich die Mitarbeiter des Ansturms kaum erwehren. Sämtliche Beratungstermine für die kommenden Wochen sind bereits vergeben obwohl die Serviceleistungen der <Zweiten Sparkasse> nicht allen offen stehen. In ihren Genuß kommt nur, wer von der Schuldnerberatung oder der Caritas betreut wird. Da wird die Integrationsfähigkeit einer Person geprüft, und ob jemand wirklich woanders keine Chance auf ein Konto hat.
Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner betonte bei der Präsentation des neuen Projekts im Oktober, dass damit ein wesentlicher Schritt zur sozialen Integration von Menschen am Rand der Gesellschaft erfolge. Schließlich sei ein Girokonto etwa bei der Arbeitssuche besonders wichtig. Die Klienten könnten den Umgang mit Geld in einem <halbgeschützten Rahmen> wieder erlernen. Und Erste Bank-Chef Andreas Treichl sieht eines der wesentlichen Gründungsziele seiner Bank verwirklicht, nämlich die Bevölkerung am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben zu lassen.
Überziehungsrahmen bietet das Konto keinen. Außerdem wird es nur befristet eingerichtet. Die Habenzinsen von 0,5% liegen deutlich über dem kommerziellen Satz von 0,125%. Das Basiskonto kann wie jedes normale Girokonto für Daueraufträge genützt werden. Auch die Bankomatkarte gehört dazu. Eine Kaution von 9 Euro pro Quartal wird rückvergütet, wenn sich der Kunde oder die Kundin an die Spielregeln hält. Das erzieherische Element ist nicht zu übersehen. Wer den Einstieg in die geregelte Welt des Finanzverkehrs schafft, bekommt am Ende ein normales Konto.
Geschäftsführung und bisher einzige Filiale wurden in Wiens zweitem Bezirk eingerichtet, einem Wohngebiet mit hohem Migrantenanteil. Die Mitarbeiter sind allesamt ehrenamtlich beschäftigt, wodurch garantiert ist, dass sich jeder wirklich voll mit der Aufgabe identifiziert. Bis April wird es die Zweite Sparkasse nur in Wien geben. Wenn es nach den Hilfswerken geht, wird das Projekt nach einer Evaluierung auf ganz Österreich ausgedehnt.
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