Samstag, 24. Januar 2009
 
50 Vorschläge für eine gerechtere Welt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Lutz Holzinger   
Montag, 5. Februar 2007

Christian Felber, Mitbegründer von ATTAC Österreich, spricht über sein neues Buch - Artikel von Lutz Holzinger

Der angebliche Gestaltungsverlust der Politik ist nach Christian Felber ein Mythos, auch die neoliberale Wende basiere auf Regeln – eben auf Regeln, die großen Konzernen und Finanzinstitutionen immer mehr Macht geben, die Freiheit des Marktes über alles stellen und die Rolle des Staatlichen und damit der Demokratie sukzessive zurückdrängen.

Mit einer Fülle an Vorschlägen zu einer Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte, einer alternativen Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit, der Herstellung von globaler Steuergerechtigkeit, der Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe oder einer Revitalisierung der öffentlichen Aufgaben („moderne Allmenden“ ) zeigt Felber, dass es politische Gestaltungsmöglichkeiten gibt, wenn sie nur wahrgenommen werden.

Beispiel Steueroasen: „Wer im Supermarkt eine Tafel Schokolade stiehlt, wird sofort und hart bestraft. Wer 100 Millionen Euro in eine Steueroase bringt oder wer dem Hinterzieher dabei behilflich ist, hat wenig zu befürchten.“

Oder die Hochzinspolitik: hohe Zinsen nützen den Reichen (Kapitaleigner, Gläubiger) und setzen die Schuldner (Staaten wie Unternehmen) unter Druck. Originell der Vorschlag zur „Begrenzung der Gier“: Eine „Gerechtigkeitsformel 20 – 10“ soll sicherstellen, dass Spitzeneinkommen nie mehr als das Zwanzigfache der Mindestlöhne betragen und dass niemand mehr als 10 Millionen Euro Privatvermögen anhäufen darf.

Eine „andere Globalisierung“: Felber hält nichts von einem globalen Standortwettbewerb, dieser sei „das Wiedererwachen des Nationalismus auf supranationaler Ebene“, ein „demokratiepolitischer Selbstmordansatz“.
Vielmehr brauche es globale politische Kooperation, um für globale Konzerne globale Standards zu setzen: „Der Wettbewerb zwischen Unternehmen wäre dann fairer, zwischen Staaten wäre er beendet.“ Statt „ökosozialem Kolonialismus“, wie ihn die gegenwärtige Weltarbeitsteilung befördere, solle „ökonomische Subsidiarität“ angestrebt werden, der Aufbau lokaler und regionaler Märkte Vorzug erhalten, eine „Weltlokalisierungs­organisation“ könne dabei helfen.

Globaler Handel würde nach wie vor stattfinden, nur in der Tendenz mit High-Tech-Produkten wie Computern oder Bahnsystemen.
Die Basis der Wirtschaft würde hingegen wieder in die Region zurückkehren: Lebensmittel, Roh- oder Baustoffe. Der Weltmarkt wäre nur noch das ergänzende ´Salz in der Suppe´ der lokalen Wirtschaft.“
Das Ziel der Ernährungssicherheit würde abgelöst durch jenes der „Ernährungssouveränität“, die auf angepasster Landwirtschaft basiert.
„Solidarischer Technologietransfer“ würde die gegenwärtige Praxis der Hortung oft lebensrettenden Wissens (Verbot von Generika bei Medikamenten, rigider Patentschutz, Abkommen über geistiges Eigentum – TRIPS) ablösen. Felber nennt als Beispiele die „freie Software“ und Zusammenschlüsse wie die „Globale Research Alliance“ - 50.000 WissenschaftlerInnen aus neun großen Instituten, die Know how global weitergeben. „Patente auf Leben“, wie sie die Biotechnologie anstrebt, müssten untersagt werden.

Dass die globalisierungskritische Bewegung nur „Nein“ sage und keine konstruktiven Vorschläge mache, war immer ein Vorurteil derer, die sie schwächen wollten – ein Vorurteil, mit dem das vorliegende Buch einmal mehr aufräumt. Fundiert, faktenreich und aufgelockert mit erfrischenden Pointen formuliert Christian felber seine „Vorschläge für eine gerechtere Welt“. Er stellt Zusammenhänge her, deckt „ökonomische Mythen“ auf – und bezieht Position: für Demokratie, Menschenrechte, Fairness, den Schutz von Allgemeininteressen gegenüber Sonderinteressen, die Mächtige für sich durchsetzen. Die Vorschläge zielen mehrheitlich auf eine Zähmung des Kapitalismus, abschließend werden aber auch Alternativmodelle wie „Solidarwirtschaften“ angesprochen.

Alles in allem: Ein wichtiges Buch, das, sofern es in der „Wirtschaftswelt“ wahrgenommen wird, wohl Widerspruch hervorrufen wird, ein Widerspruch aber, der zeigt, dass der Autor die richtigen Themen benennt.




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