Der Ausdruck "Das Gesetz des Dschungels" bezieht sich auf Situationen, in denen sich der Stärkste durchsetzt. Das könnte auch für Peru und die Art und Weise stehen, wie dort die Regierenden ihre neoliberale Ideologie und die Privatisierung des Amazonas durchsetzen wollen.
Die Regierung hat dem Parlament eine Gesetzesinitiative vorgelegt – das Gesetz Nr. 840/2006-PE, Gesetz zur Stimulierung der privaten Investitionen im Bereich der Wiederaufforstung und der Agrarforstwirtschaft –, die private Investitionen im Amazonasgebiet ermöglichen soll. Wenn diese Initiative durchkommt, wird Land des Amazonasgebiets zum Verkauf freigegeben. Verschiedene Sektoren der Gesellschaft haben sich gegen diese Initiative ausgesprochen und sie "Gesetz des Dschungels" getauft. Wahrscheinlich wollten sie damit den Willen der Regierung charakterisieren, den Dschungel zu versteigern.
Vor einem Vierteljahr hat Präsident García seinen Vorschlag unterbreitet, all die natürlichen Ressourcen in Wert zu setzen, die wir bisher ökonomisch nicht nutzen. Dabei schlug er vor, auch die Amazonasregion in Wert zu setzen. Sie umfasst 63 Mio. Hektar Land, und auf acht Hektar davon könnte der Holzeinschlag beginnen. Dafür soll das Land privatisiert werden, um Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu garantieren.
Obwohl es schon ein Gesetz gibt, das privatwirtschaftliche Investitionen, z.B. zum Wiederaufforsten, ermöglicht und dafür zeitlich begrenzte Lizenzen zur Nutzung eines Gebiets ausstellt (diese Lizenzen können bis zu 60 Jahre laufen), besteht García darauf, das Land müsse für immer in privatwirtschaftlichen Besitz überführbar sein. Zudem soll die maximale Größe der zu vergebenden Landstücke von derzeit 10.000 Hektar auf bis zu 40.000 Hektar ansteigen.
Die Gesetzesinitiative wird widersprüchlich aufgenommen. Für sie ist die Agrarkommission, die von der Regierung kontrolliert wird. Dagegen hat sich die Wirtschaftskommission ausgesprochen, die das Modell der Konzessionsvergabe beibehalten will. Die Kommission des Kongresses der Republik hat bisher zu keiner Einigung gefunden.
Die Wirtschaftskommission weist darauf hin, dass verschiedene Stellen bei ihr Bedenken über die neue Gesetzesinitiative geäußert haben. So habe die Regionalregierung von Loreto festgestellt: "Führt man Eigentumsrechte ein, dann schafft man damit einen Anreiz, der den Wald in Gefahr bringt und seine Abholzung vorantreibt." Ähnlich äußerten sich auch die Peruanische Gesellschaft für Umweltrechte SPDA und der Internationale Verband der Forstwissenschaftlichen Organisationen IUFRO. Sie fügen hinzu, das solch ein Gesetz dazu führen könne, dass sich "exotische Arten, die in Monokulturplantagen gezüchtet werden", in dem sehr artenreichen Urwald ausbreiten könnten. Zudem könne es zu sozialen Problemen kommen, wenn die Investitionen die im Amazonas lebenden Gemeinden beeinträchtigten und zu deren Vertreibung führten.
Die Wirtschaftskommission selbst äußert wiederum das Bedenken, das neue Gesetz könne zu "perversen Investitionen" führen, denn man belohne denjenigen, der den Wald abholze, um neue Kulturen anzulegen. Die Kommission kommt zu dem Schluss, das Modell des Verkaufs von Ländereien stelle keinen überzeugenden Weg dar, um nachhaltige Entwicklung und den Schutz der natürlichen Ressourcen sicherzustellen.
Einige Parlamentarier halten das Gesetz für verfassungswidrig, denn Artikel 66 der Verfassung bestimme, dass die natürlichen Ressourcen Perus Erbe der ganzen Nation seien. Der Staat könne nur zeitliche beschränkte Lizenzen zur Nutzung des Amazonas vergeben.
Offizielle Daten des Nationalen Instituts für Natürliche Ressourcen INRENA schätzen, dass 9,7 Mio. Hektar Land im Amazonas, die zur Wiederaufforstung vorgesehen sind, verkauft werden könnten, sollte das Gesetz beschlossen werden. Bis heute existiert jedoch kein Kataster, in das Größe und Lage der entwaldeten Gebiete eingetragen sind, so dass unklar ist, wie sich das neue Gesetz konkret auswirken könnte. Seltsam ist auch, dass das jetzt benutzte Argument, erst der Privatbesitz stimuliere Investitionen, nie benutzt wurde, als es um die millionenschweren Investitionen ging, die der Bergbau in Peru getätigt hat.
Das Gesetz des Dschungels zeigt auch auf, dass Peru eine unabhängige Umweltpolitik fehlt. Bis heute wird diese vom Ministerium für Energie und Bergbau durchgeführt, was Interessens- konflikte hervorbringt, in denen fast immer uneingeschränkt positiv für die Bergbau- unternehmen entschieden wird.
PolitikerInnen und soziale Organisationen aus dem Amazonasgebiet haben sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Am 24. Januar führte die Patriotische Front von Loreto in Iquitos einen Protestmarsch gegen das Gesetzesvorhaben durch. Weitere Protestaktionen sollen koordiniert werden. Die vom geplanten Gesetz betroffenen Gemeinden bereiten zudem ein Referendum darüber vor, das die peruanische Regierung, wie auch in anderen Fällen, schon für illegal erklärt hat.
Alan García hatte vor kurzem auf einer Reise nach Spanien, auf der er für Investitionen in Peru warb, das Gesetzesvorhaben verteidigt. "Das Holz der Bäume zu nutzen und zu erneuern, ist eine Möglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen. Wir leben in einer ideologisierten Welt, in der es heißt, man dürfe den Amazonas nicht anrühren. So heißt es, weil der Amazonas Teil der Idylle eines primitiven Kommunismus ist."
Anfang Februar hat die Patriotische Front Loreto bekannt gegeben, dass die peruanische Regierung schon Truppen in die Amazonasregion verlegt hat, um eventuellen Protesten zu begegnen. Die Truppen würden auf die Militärbasis Nanay im Norden von Peru verlegt unter dem Vorwand, für den Krieg gegen die Drogen eingesetzt zu werden, so eine Aktivistin der Patriotischen Front, Eva Matute. In der Region gebe es jedoch kein Problem des Drogenhandels.
Quelle: Nachrichtendienst poonal Nr. 795
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