Samstag, 24. Januar 2009
 
Österreichische Mediensitten PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Mittwoch, 13. Februar 2008

Die Vorkommnise bei Puls 4 werfen ein schlechtes Licht auf die modernen Verhältnisse bezüglich der Einhaltung des Arbeitsrechts, aber auch der Medienmoral.

Wer die Berichterstattung über die Kündigung von 2 Betriebsräten beim TV-Sender “Puls 4” in der Online-Ausgabe von “Österreich” (oe24.at) liest, kommt nicht auf die Idee, als hätte die Geschichte mit “Österreich” selbst etwas zu tun. oe24.at bringt eine dürre Meldung über die Kündigung und eine Geschichte über einen angeblichen Konflikt zwischen den Teilgewerkschaften KMSfB und GPA-DJP, wer denn da eigentlich zuständig sei.

In anderen Medien (Standard, Presse) erfährt man aber sehr wohl, daß die beiden eigentlich mit erhöhtem Kündigungsschutz ausgestatteten Mitarbeiter von Puls 4 an oe24.at “ausgeliehen” worden waren. Deswegen seien sie gar keine puls 4-Mitarbeiter gewesen — laut “Standard” waren sie aber Angestellte von Puls mit Dienstplänen von Puls und Zugriff auf Bildmaterial von Puls. Wenn man sich die Berichterstattung über den östereichweiten Start von Puls ansieht, die kaum unterdrückt hymnisch geriet (“Puls 4: Sender jubelt über Reichweitenerfolg”), wundert einen gar nichts mehr.

Wir fassen also zusammen: Puls 4 lagert zwei — offensichtlich lästige — Betriebsräte aus und verleiht sie an ein fremdes, sowieso schon unter notorischem Mangel an qualifiziertem Personal leidendes, nicht konkurrenzierendes Medienunternehmen aus und bekommt dafür Gratiswerbung. Dann feuert der Sender die beiden mit der Begründung, sie würden für das Unternehmen gar nicht arbeiten, und das kurz vor den Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung, die, wie kolportiert wird, nur zur Unterlaufung des Kollektivvertrags dienen soll.

Erfreulich ist: Dieses Schmierentheater wird von Belegschaft und ÖGB nicht hingenommen. Am 5.Februar gab es eine öffentliche Betriebsversammlung vor den Senderräumlichkeiten auf der Wiener Mariahilferstraße. Der ÖGB will die beiden Geschaßten bei arbeits- und zivilrechtlichen Klagen unterstützen.

Was nicht so erfreulich ist: Im ganzen bisherigen Medienecho findet sich kaum ein Aufschrei über die Macheloikes zwischen “Oesterreich” und Puls 4, die ohne diesen arbeitsrechtlichen Fall gar nicht bekannt geworden wären. Wir leben in einem Land mit hoher Medienkonzentration, wo eine wechselseitige qualifizierte Kontrolle der Medien untereinander leider kaum mehr zum guten Ton gehört — außer dem allgemein geübten, wenn auch zumeist berechtigten ORF-Bashing und der oft recht deutlichen Medienkritik im “Standard”. Diese Packelei findet sogar zwischen Unternehmen statt, die gar keine (zumindest offensichtlichen) firmenrechtlichen Verbandelungen aufweisen: “Oesterreich” gehört den Fellners und Puls zur ProSiebenSat.1-Gruppe. Aber selbst dann kommt es zu solchen Verbindungen.

Sie lieben sich alle und mauscheln miteinander, schließlich treffen sich die Direktoren ständig bei Seitenblicken-Veranstaltungen und ihre Untergebenen schreiben ja auch alle hauptsächlich von den selben Agenturen ab, weil für eigene Recherchen kein Budget da ist. Stört das niemanden mehr?

< zurück   weiter >