Samstag, 24. Januar 2009
 
Brasilien: Böse Überraschung für Lula PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Hermann Dworczak   
Samstag, 7. Oktober 2006

Am 1.Oktober wurde auch in Brasilien gewählt. Bei den Präsidentschaftswahlen erhielt der Amtsinhaber Luiz Inacio "Lula" da Silva 48,6, sein bürgerlicher Herausforderer Geraldo Alckmin 41,6 Prozent der Stimmen. Die Kandidatin der Psol , die revolutionäre Sozialstin Heloisa Helena, konnte mit knapp 7 Prozent einen schönen Achtungserfolg erzielen. Anders als allgemein erwartet muß Lula daher am 29.Oktober in die Stichwahl.

Denn nicht nur in Österreich können Wahlforscher und Kommentatoren falsch liegen: bis kurz vor den Wahlen wurde Lula (PT, Arbeiterpartei) in nahezu allen Umfragen bei über 50 Prozent gehandelt. Ein zweiter Wahlgang wäre damit hinfällig gewesen. Lula blieb jedoch bei 48,6 Prozent stecken. Sein bürgerlicher Gegenkandidat,
der rechtsliberale Geraldo Alckmin (PSDB, Partei der brasilianischen sozialen Demokratie) , Opus Dei-Mitglied und oft als "spröde und hölzern" beschrieben, kam auf 41,6 Prozent. Lulas Vorsprung auf Alckmin - lange Zeit auf gut zwanzig Prozent geschätzt - schmilzte auf schmale 7 Prozent zusammen.

Heloisa Helena, die vor zwei Jahren aus der PT ausgeschlossen wurde, weil sie sich weigerte die ursprünglichen - sozialistischen - Positionen der PT preiszugeben und deren Kandidatur auch internationale Unterstützung fand (u.a. Noam Chomsky) erzielte 6,9 Prozent. Die Kernpunkte ihrer Wahlbewegung waren: radikale Agrarreform, Suspendierung der Zahlung der Auslandsschulden, Ablehnung der Amerikanischen Freihandelszone (ALCA).

Auf den ehemaligen Erziehungsminister der Regierung Lula Christovam Buarque, der für die Demokratische Arbeitspartei (PDT) kandidierte, entfielen 2,7 Prozent.

Versprochen und nicht gehalten


Das Bündel der Ursachen für die Notwendigkeit Lulas, in die zweite Runde gehen zu müssen, ist vor allem hausgemacht. Lula und die rechte Führung der PT haben ihre Versprechungen nicht in die Wirklichkeit umgesetzt:

- Bei der u.a. von der Landlosenbewegung MST immer wieder eingeforderten Landreform ging nichts wirklich weiter

- Eine Umverteilung von oben nach unten fand nicht statt - nur die "extreme Armut " konnte von 26,8 auf 22,8 Prozent reduziert werden . Hingegen wurden die - geerbten - Schulden "musterschülerhaft" bezahlt. Das lobende Urteil der großbürgerlichen "Neuen Zürcher Zeitung": Lula hat "in den letzten vier Jahren die internationale Finanzgemeinde davon überzeugt, daß er in seiner Wirtschaftspolitik solide ist".

- Es laufen verschiedene "Sozialprogramme" (z.B. "Bolsa Familia"), die zwar ein Minimum an Untersützung gewähren, aber weder die oligarchischen Strukturen des Landes aufbrechen, noch die Armen aus ihrer Underdog-Position als "karitative Bittsteller" herausführen.

- Der Regenwald wurde z.T. privatisiert. Originalton des Unterstatssekretärs Tasso Azevedo vom Umweltministerium: "So fördern wir nachhaltige Entwicklung und bereiten der unkontrollierten Abholzung ein Ende". Eher ließe sich sagen, daß der Bock zum Gärtner gemacht wurde.

- Die Regierung Lula war und ist in eine Reihe von (Korruptions-)Skandalen verwickelt.

- Schließlich kniff Lula in der Schlußphase des Wahlkampfs und sagte eine TV-Diskussion mit seinen zentralen Konkurrenten mit fadenscheinigen Argumenten ab.

Für Lula stimmen, um Alckmin zu verhindern


Am 29.Oktober ist die brasilianische Linke gefordert, Alckmin mit seinem weit rechtsangesiedelten Programm zu verhindern. DESHALB ist es notwendig, für Lula zu stimmen. Nicht jedoch, um Illusionen zu säen, daß in der
zweiten Amtsperide Lula seine Versprechungen verwirklichen würde. Lula hat im Gegenteil klar gemacht , daß er an seinem bisherigen "wirtschaftsfreundlichen" Kurs ("striktes Sparen") festzuhalten gedenkt.

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