Samstag, 24. Januar 2009
 
Gewerbetreibende als Hobbydetektive PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von ARGE Daten   
Montag, 2. Juli 2007
Gewerbetreibende sollen zwangsweise als Hobbydetektive im Kampf gegen "Terrorismus" verpflichtet werden - Nach Vorratsdatenspeicheru ng bringt weitere unverständliche EG-Richtlinie (2005/36/EG) die Überwachung unbescholtener Geschäftsleute - Geschäftspartner sollen einander bespitzelen und überwachen - Entwurf ist eher einer totalitären Planwirtschaft als eines modernen Industrielandes würdig.

Nachdem bereits die Thematik der Vorratsdatenspeicherung für beträchtliches öffentliches Ärgernis gesorgt hat, folgt nun - diesmal aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit - der nächste Anschlag auf die freie Wirtschaft, getarnt als angeblicher "Kampf gegen den Terrorismus".

Teil der geplanten Bestimmungen in der Novelle zur Gewerbeordnung sind die §§ 365m-z, mit denen "Maßnahmen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung" beschlossen werden sollen. Kern dieser Bestimmungen ist es, Gewerbetreibenden im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit umfangreiche Verpflichtungen bezüglich der Überwachung ihrer Geschäftspartner aufzuerlegen.

Diese reicht von der Identitätsfeststellung, der Feststellung von wirtschaftlichen Hintermännern (sic!), kontinuierlichen Überwachungspflichten der Geschäftspartner, Meldepflichten gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen, bis zu besonderen Verschwiegenheitspflichten. Ein Überblick über das absurde Gesetzesvorhaben und die damit verbundenen Problematiken.

Wer ist von den Regelungen betroffen?

Grundsätzlich unterliegen den geplanten Bestimmungen Immobilienmakler, Versicherungsvermittler im Zusammenhang mit Dienstleistungen zu Anlagezwecken sowie Unternehmensberater im Zusammenhang mit Gesellschaftsgründungen und Treuhändertätigkeiten.

Sonstige Handelsgewerbetreibende sollen den Regelungen dann unterliegen, wenn Barzahlungen von € 15.000,00 oder mehr erfolgen - auch dann, wenn dies in Teilbeträgen geschieht.

Identitätsfeststellung - Feststellung des wirtschaftlichen Eigentümers

Kern der neuen Bestimmungen ist die sogenannte "Identitätsfeststellung". Die Kundenidentität ist anhand eines amtlichen Lichtbildausweises festzustellen. Weiters soll der Gewerbetreibende verpflichtet werden, den sogenannten "wirtschaftlichen Eigentümer" zu ermitteln. Darunter sind - grob zusammengefasst - die jeweils hinter juristischen Personen (Gesellschaften oder Stiftungen) stehenden natürlichen Personen zu verstehen, welche die Kontrolle über die juristische Person - direkt oder indirekt - ausüben.

Grundsätzlich ist zu solchen Bestimmungen festzuhalten, dass sie faktisch die Aufhebung der Privatautonomie bedeuten. Prinzipiell war es unserem Rechtssystem bislang eigen, dass der Staat dem Gewerbetreibenden weitgehend offenlässt, mit wem er Geschäftsbeziehungen unterhält. Das Zustandekommen einer Geschäftsbeziehung davon abhängig zu machen, dass sich ein potentieller Vertragspartner gegenüber einer Privatperson auf staatliche Anordnung hin ausweisen muss, ist jedenfalls ein erheblicher Eingriff in das Recht auf die privatautonome Gestaltung von Geschäftsbeziehungen.

Die Verpflichtung zur Ermittlung "wirtschaftlicher Eigentümer" geht in der vorgeschlagenen Form an der wirtschaftlichen Realität vorbei und setzt Gewerbetreibende unzumutbaren Belastungen aus. Etwa allein die Abfrage von ausländischen Firmenbuchdaten bedeutet selbst für Rechtsanwälte ein aufwändiges Unterfagen und führt bei Gewerbetreibenden zu unzumutbaren Mühen und Kosten.

Der Blick ins Firmenbuch alleine gibt aber noch nicht zwingend Einsicht auf den "wirtschaftlichen Eigentümer" in der in der Novelle geforderten Form. Da Gesellschaftsanteile regelmäßig treuhändig gehalten werden, lässt sich die dahinterstehende natürliche Person oft gar nicht ermitteln. Es ist aber gerade Sinn solcher Treuhandschaften, dass der eigentliche Machthaber - aus welchen Gründen auch immer - nicht persönlich auftreten will.

Die Gesetzesvorlage steht im Widerspruch zur geltenden Rechtslage

Einerseits werden Konstruktionen gestattet, die ein weitgehend anonymes geschäftliches Auftreten ermöglichen, umgekehrt soll dem Gewerbetreibenden die Last aufgebürdet werden, entsprechende- letztlich aussichtslose- Nachforschungen nach den wirtschaftlichen Hintermännern anzustellen.

Kontinuierliche Überwachungspflichten

Weiters verordnet wird die Permanentüberwachung des Geschäftspartners. Der Gesetzgeber spricht davon, dass die Geschäftsbeziehung kontinuierlich überwacht werden soll, um festzustellen, dass entsprechende Geschäftstransaktionen , mit den "Kenntnissen über den Kunden, seine Geschäftstätigkeit, dem Risikoprofil, der Herkunft seiner Mittel" übereinstimmt und es sind entsprechende Dokumente darüber zu führen und die jeweiligen Daten zu aktualisieren.

Wie sich der Gesetzgeber eine solche "Überwachung" im Detail vorstellt, bleibt vage. Entsprechend den erläuternden Bemerkungen soll sich das Ausmaß der Überwachung der jeweiligen Geschäftspartner an den konkreten Risikofaktoren orientieren, etwa der Tatsache, ob im Herkunftsstaat des Geschäftspartners eine "einschlägig hohe Kriminalität bekannt sei." Wenn dagegen ein "lange persönlich bekannter Kunde seiner Ehefrau Schmuck kaufen wolle", könne die Überwachung ja geringer sein.

Mit solchen Argumentationen führt der Gesetzgeber sein Vorhaben ad absurdum. Aus der Tatsache, dass die Kriminalitätsrate in einem bestimmten Staat vergleichsweise hoch ist, einen Generalverdacht betreffend sämtlicher Staatsangehörigen abzuleiten und darauf Überwachungspflichten zu gründen, kann jedenfalls nicht dem gesetzlichen Sachlichkeitsgebot entsprechen.

Von dieser Tatsache abgesehen, stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen überhaupt dazu kommt, sich für die letztlich privaten Angelegenheiten von Geschäftspartnern oder Kunden interessieren zu müssen, um mit ihnen Geschäfte treiben zu dürfen, ohne sich strafbar zu machen. Auf diese Weise werden Geschäftsleute zwangsweise zu staatlichen Spitzeln degradiert, die im "Staatsinteresse" fremde Personen aushorchen sollen, damit sie nicht selbst strafbar werden.

Meldepflichten/Schweigepflichten

Falls Gewerbetreibende wissen oder vermuten, dass bestimmte Geschäfte im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung stehen, haben sie diese an das Bundesministerium für Finanzen als "Geldwäschebehörde" melden. Mit der Durchführung der entsprechenden Transaktion ist dann ein Werktag zuzuwarten, bis die Geldwäschebehörde erklärt, ob die entsprechende Transaktion gestattet wird. Darüber hinaus ist es den jeweiligen Gewerbetreibenden untersagt, gegenüber Dritten über die Angelegenheiten zu reden, das sogenannte "Verbot der Informationsweitergabe".

Politisch exponierte Personen

Ein besonderes Kuriosum stellt die Verpflichtung dar, spezielles Augenmerk auf Geschäfte mit "politisch exponierten Personen" zu legen. Darunter sind Staats- und Regierungschefs, Minister, Parlamentsabgeordnete, hochrangige Justizvertreter, Diplomaten, hohe Mitglieder von Rechnungshöfen und Zentralbanken sowie Spitzenmanager von Staatsunternehmen zu verstehen. Weiters unterliegen der speziellen Verpflichtung auch Geschäfte mit deren unmittelbaren Familienmitgliedern sowie "ihnen nahestehenden Personen".

Festzuhalten ist dazu, dass diese Verpflichtung weltweit gilt. Eine solche Anforderung regt wohl dazu an, endgültig am Geisteszustand der Autoren des Entwurfs zu zweifeln. Man kann getrost davon ausgehen, dass nur einer verschwindend kleinen Minderheit von Österreichern alle österreichischen Politiker und Angehörige bekannt sind, die in diese gesetzlich definierte Gruppe "politisch exponierter Personen" fallen würden. Von der Kenntnis entsprechender ausländischer Vertreter ganz zu schweigen. Selbst politische Experten werden wohl nicht in der Lage sein, die Namen sämtlicher ausländischer Parlamentarier, Regierungsangehöriger, oberster Richter, wichtiger Oppositionspolitiker, Rechnungshofpräsidenten (bzw. vergleichbarer Einrichtungen) usw. und derer Angehöriger kennen.

Wer etwas übersieht, muss mit erheblichen Strafsanktionen rechnen. Damit ist diese Bestimmung blendend geeignet, bei missliebigen österreichischen Unternehmen Gesetzesübertretungen zu konstruieren, wenn sie nicht alle erforderlichen Überwachungs- und Überprüfungsschritte durchgeführt oder "exponierte" Personen übersehen haben.

Umsetzung der EG-Richtlinie 2005/36/EG?

Argumentiert wird die umfassende Spitzelverpflichtung mit der Umsetzung der EG-Richtlinie 2005/36/EG, einer Richtlinie, die von österreichischen Politikern mitbeschlossen wurde. Angesichts der fragwürdigen Ergebnisse derartiger EU-Beschlüsse ist die zunehmende EU-Skepsis kaum verwunderlich.

Analog zur Richtline zur Vorratsdatenspeicherung ist fraglich, ob diese Wirtschaftsrichtlinie tatsächlich konform mit der Europäischen Menschenrechtskonvention ist, zu deren Einhaltung sich Österreich verpflichtet hat, und die - noch - in Verfassungsrang steht.

Interessensvertretung bisher erstaunlich kleinlaut

Bei Durchsicht des entsprechenden Gesetzesentwurfs können jedem demokratiebewussten Bürger wohl nur grobe Zweifel an den lauteren Absichten des Gesetzgebers kommen. Die Praxis, Privatpersonen bei Strafe zu Spitzeldiensten zu verpflichten, war bislang eher aus Diktaturen als aus westlichen Demokratien bekannt.

Der heiligen Kuh "Bekämpfung des Terrors" sollen nun offenbar wider jede Vernunft weitere zentrale Elemente rechtsstaatlicher Ordnung geopfert werden. In Anbetracht der unzumutbaren und letztlich undurchführbaren Belastungen, die Gewerbetreibenden mit dem vorliegenden Entwurf auferlegt werden sollen, erstaunt es, dass bislang der Aufschrei der Standesvertretungen unterblieb. Die ARGE DATEN wird jedenfalls zum vorliegenden Entwurf eine entsprechende Stellungnahme im Begutachtungsverfahren abgeben.

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