Samstag, 24. Januar 2009
 
AlVG-Novelle 2007: Massive Verschlechterungen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Martin Mair   
Mittwoch, 10. Oktober 2007

Die anstehende Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) bringt nichts Gutes. De facto droht Zwangsarbeit. Und diese Novelle wird in aller Stille, dafür aber im Eilzugstempo durchgezogen. Rascher Widerstand ist also dringend angeraten. (Treffen 12.10., siehe Anhang!)

Der Entwurf der AlVG-Novelle ist nun in Begutachtung. Die Frist für Stellungnahmen endet bereits am 19.10.2007, also in nicht einmal 2 Wochen, nicht viel Zeit zum Handeln! Die grosse Koalition will offenbar die massiven Verschlechterungen für Arbeitslose mit aller Gewalt durchdrücken. Rascher, entschlossener Widerstand um die Begutachtungsfrist zu verlängern und die Verschlechterungen für Arbeitslose zu kippen, ist dringend notwendig.

Kurz das Wichtigste:

Die "Beschäftigungsverhältnisse" in "sozialökonomischen Betrieben" werden nun mit Sperre bedrohbar. Auf schwer menschenrechtswidrige Zwangsmassnahmen (die zuletzt dank VwGH-Urteile und Widerstand der Arbeitslosen de jure nur auf freiwilliger Basis angeboten werden durften): itworks, trendwerk ("gemeinnützige Personalüberlasser"), phoenix ("aufsuchende Begleitung") und Co. gemünzt dürfte folgender Passus sein: "Eine Maßnahme zur Wiedereingliederung kann auch auf die persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche abzielen" (§ 10 (8))

Zwar soll nun die Begründungspflicht auch im AlVG festgeschrieben werden, allerdings mit der Ausnahme "soweit diese nicht auf Grund der vorliegenden Umstände wie besondere einer längeren Arbeitslosigkeit in Verbindung mit bestimmten Problemlagen, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme entgegen stehen, als bekannt angenommen werden können." Langzeitsarbeitslose sollen zum Freiwild für Zwangsmassnahmen durchführende Unternehmen werden. Ziel dieser Massnahmen ist es, arbeitslose Frauen und Männer so unter Druck zu setzen, dass sie jeden, auch den schlechtest bezahlten Job unter schlechtesten Arbeitsbedingungen annehmen und aus der Arbeitslosenstatistik verschwinden.

Arbeitswilligkeit

Weiters sollen nun nach § 9 ("Arbeitswilligkeit") jene gesperrt werden können, die sich weigern, durch "einen vom Arbeitsmarktservice beauftragen, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen". Also durch PRIVATE Personalvermittler direkt angebotene Stellen sollen bedrohbar werden, ohne dass vorher die "Zumutbarkeit" der Stelle geprüft werden muss.

Die Forcierung der Personalvermittler und Personalüberlasser durch das AMS dient dazu, reguläre Arbeitsverhältnisse zu unterminieren und unter Druck zu setzen. Die von Minister Bartenstein forcierten/bevorzugten Leiharbeiter erhalten oft weniger Lohn als die direkt im Betrieb angestellte Belegschaft, keine freiwilligen Sozialleistungen des Betriebs und können jederzeit vom Betrieb wieder abgezogen werden -- auch deswegen, weil sie oft keine Vertretung durch den Betriebsrat haben. Sie werden zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

"Zufälligerweise" ist der ehemalige AMS-Vorstand Herbert Böhm beim grössten Personalvermittler und -überlasser Trenkwalder gelandet. Früher war es dem AMS verboten, Arbeitslose unter Sperrdrohung an Personalüberlasser zu vermitteln, weil eben die Arbeitsbedingungen schlechter waren, jetzt ist es erklärtes Ziel unter Minister Bartenstein, diesen Sektor zu forcieren.

Wegzeiten

Verschärft wird die Zumutbarkeit auch in Bezug auf Wegzeiten: Sollten diese "tunlich nicht mehr als ein Viertel der durchschnittlichen täglichen Normalarbeitszeit betragen" soll nun "jedenfalls zwei Stunden" als zumutbar gelten, auch bei Teilzeitjobs, wenn in kürzerer Entfernung kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung steht. De facto bedeutet das, dass es keine festen Grenzen mehr für zumutbare Wegzeiten geben und auch Wegzeiten, die länger als die Arbeitszeit sind, den Menschen zugemutet werden sollen.

Junge Arbeitslose

Die Erleichterte Anwartschaft auf das Arbeitslosengeld (ein halbes Jahr Sozialversicherungszeiten statt einem Jahr) für Jugendliche wird eingeschränkt: Die Altersgrenze soll von 25 auf 21 Jahre gesenkt werden! Den Zugang zum Arbeitslosengeld zu erschweren ist auch eine Möglichkeit die Arbeitslosenstatistik weiter zu verfälschen.

Die für Selbstständige mit opt-out -Möglichkeit angebotene Arbeitslosenversicherung dürfte eher eine Geldbeschaffungsaktion sein, denn es steht für die Beitragshöhe die Wahlmöglichkeit von 75% oder 50% der Höchstbemessungsgrundlage zur Vefügung, auch wenn mensch deutlich weniger verdient (was bei vielen Selbständigen der Fall ist).

Was wäre zu tun?

* Eine gemeinsame Stellungnahme ausarbeiten und diese an die Öffentlichkeit zu bringen
* Massives Lobbying bei SPÖ-Parlamentsabgeordneten und sonstigen SPÖ-FunktionärInnen
* Ebenso bei GewerschaftsfunktionärInnen
* Öffentliche Protestmaßnahmen
* Bildung einer Aktionsplattform gemeinsam mit anderen (professionell arbeitenden) zivilgesellschaftlichen Organisationen und politischen Gruppierungen (unabhängige Gewerkschafter, ÖH, ...)

Die von manchen favorisierte Strategie, durch Einzelfallberatung etwas erreichen zu wollen, kann, wenn diese Novelle so durchgeht, als völlig gescheitert betrachtet werden. Individueller Widerstand auf rechtlicher Ebene führt eben nur dazu, dass die Gesetze entsprechend angepasst werden, damit der individuelle Widerstand keinen Erfolg hat.

Auf politischer Ebene kann allerdings auch nur mit professioneller politischer Arbeit etwas erreicht werden und nicht durch leider in der Arbeitslosenszene reichlich verbreitetem Sektierertum oder EinzelkämpferInnentum. Ob es zu einer vernünftigen politischen Organisierung kommt, dafür sind die Erwerbsarbeitslosen aber selbst verantwortlich, das kann ihnen niemand abnehmen und wird auch von Aussen von niemanden verhindert!

Es liegt also auch an Euch, ob endlich gegen diese geplante, menschenverachtenden Gesetzesänderung erfolgreicher Widerstand gebildet wird.

Aktionstreffen: Freitag, 12.10. um 18 Uhr im Veranstaltungsraum des qdk (Quartier der Digitalen Kunst) im Museumsquartier (kommend von U3 Volkstheater erster kleinerer Seiteneingang nach der grossen Durchfahrt)

Link zum Begutachtungsentwurf:
http://www.parlinkom.gv.at/portal/page?_pageid=
908,7450658&SUCHE=J&_dad=portal&_schema=PORTAL#

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