Samstag, 24. Januar 2009
 
Darabos holt für EADS die Kastanien aus dem Feuer PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Werkstatt Frieden & Solidarität   
Samstag, 30. Juni 2007


Für die Teilhabe am militärischen Kern der EU sind die Machteliten bereit, über alles hinwegzutrampeln. Die SP-Führung trägt die Verantwortung dafür, dass 5,6 Milliarden Euro für die Eurofighter verjubelt werden.


Genug "rauchende Pistolen". Dass die Gusenbauer-SPÖ auch ihr letztes Wahlversprechen gebrochen hat, verwundert wenig. Am 30. Oktober 2006 forderte eine Mehrheit des Nationalrats von der Regierung den sofortigen Beschaffungsstopp und Ausstieg aus dem Eurofighger-Vertrag. Seit diesem Beschluss ist die Taktik von Gusenbauer, Darabos & Co davon geprägt gewesen, den Ausstieg vom Ausstieg zu organisieren. Dabei wäre ihnen beinahe ein Lapsus passiert. Denn der parlamentarische Untersuchungsausschuss hat - entgegen der vom medialen Einheitsbrei kolportierten Meinung - eine Vielzahl "rauchender Pistolen" zum Vorschein gebracht: alleine dass das Familienunternehmen eines maßgeblichen Eurofighter-Entscheidungsträgers, "Airchief" Erich Wolf, 87.000 Euro ohne geschäftliche Gegenleistung von einem EADS-Lobbyisten überwiesen bekam, ist mehr als deutlich. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss hat auch nachgewiesen, dass Erich Wolf in skandalöser Weise die Entscheidung zu Gunsten von Eurofighter und EADS manipuliert hat. An parteinahe Werbefirmen wurden Millionenbeträge überwiesen, deren Verwendung nicht belegt werden konnte. Wie nennt man es, wenn EADS z.B. der BZÖ-Werbefirma Rumpolds EUR 120.000,- für Gespräche mit Landeshauptleuten überweist, deren realer Aufwand vom Wiener Bürgermeister mit EUR 7,- Bewirtungskosten geschätzt wird? Oder wenn EUR 340.000,- für ein "Gipfeltreffen der Sicherheitsexperten Europas" überwiesen werden, das nie stattgefunden hat? Die Beispiele ließen sich endlos verlängern: unter dem Strich bleibt ein Sumpf an Korruption und mafiösen Praktiken, die einen Ausstieg nicht nur ermöglicht sondern erfordert hätten. Peter Eigen, der Gründer von Transparency International (einer weltweiten Anti-Korruption-Organisation) bezeichnet sogar den Vertrag zwischen der Republik Österreich und EADS selbst als "sittenwidrig" und damit nichtig, da er dem Konzern die Möglichkeit zur Bestechung über Mittelsmänner einräumt (Profil 11.06.2007).

Auch das vielzitierte Koziol-Gutachten belegt keineswegs die Unmöglichkeit des Vertragsausstiegs, sondern bloß, dass der Herr Professor die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses noch nicht studiert hat: So wird im Standard (27.06.2007) aus dem Koziol-Gutachten zitiert: "Als weitere Rücktrittsmöglichkeit nannte Koziol die so genannte Causa Steininger. Hier müsste allerdings nachgewiesen werden, dass der EADS-Lobbyist Erhard Steininger zum Zeitpunkt der Geldflüsse an die Firma des früheren Luftwaffenchefs Erich Wolf und seiner Frau unter einem beherrschenden Einfluss der Eurofighter-GmbH stand. Außerdem müsse geklärt werden, welchem Zweck die Zuwendung diente und ob der Empfänger damals Einfluss auf die Vertragsentscheidung hatte." Gerade aber für die von Koziol aufgeworfenen Fragen hat der Untersuchungsausschuss mehr als genug Beweismaterial zusammengetragen. EADS war daher in einer miserablen Verhandlungsposition. Darbos & Co. haben mit der handstreichartigen Einigung nun für den Rüstungskonzern die Kastanien aus dem Feuer geholt.

Erstaunliche Unverfrorenheit. Wie gesagt, der Umfaller der SPÖ kommt nicht überraschend, erstaunlich ist eher die Unverfrorenheit, mit der dieser Liebdienst für EADS argumentiert wird: so brüstet sich Darabos, man hätte dem Steuerzahler 400 Millionen Euro erspart! Wie bitte? Die SPÖ selbst hat vorgerechnet, dass die Eurofighter-Gesamtkosten rund 6 Milliarden Euro ausmachen (rd. 80 Milliarden ATS). Die SPÖ hätte es in der Hand gehabt, uns diese 6 Milliarden zu ersparen. Damit trägt sie die Verantwortung, dass nun 5,6 Milliarden verjubelt werden, die bei Gesundheit, Bildung und Sozialem fehlen. Ebenso derb ist die Argumentation der SPÖ, dass man durch den Ankauf der Tranche 1 "neutralitätsverträgliche" Eurofighter eingekauft hätte. Militärexperten haben klargelegt, dass auch die Tranche 1 für "Luft-Boden-Missionen", also für offensive Kampfeinsätze, betrieben wird (siehe Standard, 27.06.2007) Tatsächlich bleibt die SP-Führung der ÖVP in der Bekämpfung der Neutralität nichts schuldig:

- Gusenbauer profiliert sich als Merkel-Emissär, um die Werbetrommel für eine EU-Verfassung zu rühren, die die Verpflichtung zur Aufrüstung festschreibt, dem EU-Ministerrat ein Mandat für weltweite EU-Militärmissionen einräumt und die Grundlage für ein EU-Rüstungsbudet und ein "militärisches Kerneuropa" legt.

- Das SP/VP-Regierungsprogramm enthält nicht nur das Bekenntnis zur Teilnahme an weltweiten EU-Militärmissionen (auch ohne UNO-Zustimmung) sondern auch die Forderung nach Aufstellung einer stehenden EU-Armee.

Teilhabe am "militärischen Kerneuropa"
Genau in dieser bedingungslosen Unterordnung des österreichischen Establishments unter die Pläne der EU-Militarisierung liegt der Grund, warum nun Darabos die Notbremse zu Gunsten von Eurofighter und EADS gezogen haben. In einer Studie aus dem Verteidigungsministerium sind diese Ambitionen offengelegt worden. Dort heißt es, die Beschaffung von deutschem Kriegsgerät wie Eurofighter-Typhoon diene der "stärkeren europäischen Einbindung Österreichs" durch "systemidentische Militärkapazitäten". Als "Finalität" der Eurofighter-Beschaffung solle man "die Aufstellung eines mitteleuropäischen bi- beziehungsweise multinationalen Luftkampfverbands (etwa mit Deutschland und/oder Italien)" ins Auge fassen, "dessen gemeinsamer Host aufgrund der zentralen Lage durchaus in Österreich liegen könnte." Dieses Papier aus dem Verteidigungsministerium bekennt sich dazu, dass Österreich die Rolle des "Juniorpartner Deutschlands" bei der Aufstellung von EU-Streitkräften einnehmen solle. Damit könne Österreich es schaffen, in die "sicherheitspolitische Avantgarde" des "militärischen Kerneuropa" vorzudringen. (Strategische Analysen, Sicherheitsbüro des BMLV, Okt. 2005)

Als Werkstatt Frieden & Solidarität ziehen wir unsere Schlüsse aus der Eurofighter-Auseinandersetzung:

- die österreichischen Machteliten geraten zunehmend außer Rand und Band. Für die Teilhabe am militärischen Kern der EU trampeln sie über alles hinweg: über Wahlversprechen, Bevölkerungsmehrheiten, Parlamentsbeschlüsse, über die österreichische Verfassung und Völkerrecht und wohl auch bald über Menschenleben, wenn es die "EU-Solidarität" (Gusenbauer) gebietet.

- Wir haben bereits Ende 2006 geschrieben: "Auf das rechtsstaatliche Empfinden der Machteliten zu vertrauen, ist Zeitverschwendung. Es hängt von unserem Druck ab, ob sich noch etwas bewegt." Tatsache ist: es ist uns nicht gelungen, genug Druck von unten zu entwickeln, um das größte Rüstungsgeschäft der Nachkriegsgeschichte zu verhindern. Das hat viele Gründe: die weit verbreitete Resignation ebenso wie die Anbindung vieler (Jugend-)organisation en, NGO´s und nicht zuletzt des ÖGB an die verschiedenen Herrschaftsapparate und deren Pfründe. Vom Establishment unabhängige Organisationen wie die Werkstatt Frieden & Solidarität müssen daher entschieden stärker werden, wenn wir die weiteren Herrschaftspläne in Richtung Militarisierung und Sozialabbau durchkreuzen wollen. Darabos hat bereits den nächsten Schritt angekündigt: bis 2010 soll die Anzahl der österreichischen SoldatInnen bei Auslandseinsätzen mehr als verdoppelt werden.

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