Der Kaerntner Grosskonzern Treibacher Industrie AG klagt Aktivisten der Werkstatt Frieden & Solidaritaet. Die Treibacher Industrie AG ist an einem Unternehmen beteiligt, an das strategisch wichtige Rohstoffe aus der DR Kongo von einem Geschaeftsmann geliefert wurden, der von der UNO des illegalen Rohstoffabbaus und der Buergerkriegsfinanzierung beschuldigt wird.
Eine Stellungnahme der Werkstatt Frieden & Solidaritaet
Am 30. Mai 2006 erschien im Online-Standard ein "Kommentar der anderen" von Gerald Oberansmayr, einem Aktivisten der Werkstatt Frieden & Solidaritaet, zur geplanten EU-Militaermission in der DR Kongo. Unter dem Titel "Der Bock als Gaertner" beschaeftigt sich dieser Beitrag mit der Rolle von EU-Staaten und Konzernen bei der Ausbeutung der Bodenschaetze in der DR Kongo. Er kritisiert, dass ausgerechnet jene Staaten, deren Konzerne massgeblich den Buergerkrieg im Kongo am Laufen gehalten haben, nun als militaerische "Friedensstifter" auftreten. In einem Satz wird dabei aus einem Gerichtsurteil des Landesgerichts Korneuburg zitiert, in dem es um den Kaerntner Grosskonzern Treibacher Industrie AG geht (siehe weiter unten).
Hintergrund ist der illegale Abbau von Pyrochlor aus der Mine Lueshe im Osten Kongos. Pyrochlor ist eine extrem hitzebestaendige Kombination verschiedener strategischer Metalle (u.a. Niobium und Tantal) und findet z. B. fuer Flugzeug- und Raketentriebwerke Verwendung. Lueshe gilt als die weltweit groesste Fundstaette von Pyrochlor in hoher Konzentration und Reinheit. Der deutsche Geschaeftsmann Karl-Heinz Albers wird in UNO-Berichten beschuldigt, als Geschaeftsfuehrer des Unternehmens SOMIKIVU die Mine in Lueshe viele Jahre hindurch illegal ausgebeutet zu haben.(1) Da diese Mine im Einflussbereich der gegen die Zentralregierung in Kinshasa kaempfenden Rebellenarmee RCD-Goma lag, haette Albers - laut Profil vom 17.01.2005 - rund 300.000 US-Dollar Schutzgeld im Monat an die Rebellen abgeliefert. Besonders pikant ist, dass die deutsche Regierung treuhaenderisch an SOMIKIVU beteiligt ist, ueber die die Mine in Lueshe ausgebeutet wurde. Deutschland ist bekanntlich jetzt die Lead-Nation bei der EU-Militaermission im Kongo, die daran teilnehmenden oesterreichischen Soldaten sind damit direkt der Bundeswehr unterstellt.
Gegen Karl-Heinz Albers wird wegen des illegalen Abbaus von Rohstoffen im Kongo und der damit in Verbindung stehenden Finanzierung des Buergerkrieges von der Generalstaatsanwaltschaft Kinshasa/Kongo und der Interpol Kinshasa (2) ermittelt. Bereits im Jahr 2001 wird in einem Bericht des UNO-Expertengremiums zur illegalen Ressourcenausbeutung Albers beschuldigt, in den illegalen Rohstoffabbau und -handel verwickelt zu sein, "dessen Erloese den grausamen Buergerkrieg massgeblich finanziert haben".(3) Der UNICEF-Direktor fuer den Ostkongo, Johannes Wedenig, stellt fest, dass "Waffenschieber, wie die auf der Mine in Lueshe, dafuer verantwortlich seien, dass der Kongo nicht zur Ruhe komme".(4)
Folgende Zusammenhaenge zwischen der Treibacher Industrie AG und dem schwer beschuldigten Geschaeftsmann Karl-Heinz Albers ergeben sich aus der Durchsicht verschiedener Urteilssprueche(5) und Medienberichte:
* Die Treibacher Industrie AG hat im Jahr 2000 eine von Karl-Heinz Albers angebotene aus Lueshe stammende Pyrochlor-Probe in ihrem Kaerntner Werk untersucht. In einer Gegendarstellung der Treibacher Industrie AG im Online-Standard vom 1. Juli 2006 stellt diese u. a. fest: "Die Treibacher Industrie AG hat nachweislich eine Laborprobe Pyrochlor von 1 kg erhalten und sich aufgrund der (durch die Buergerkriegswirren resultierenden) unklaren Eigentumsverhaeltnisse an den Minen in Lueshe in weiterer Folge zurueckgezogen". Worauf die Treibacher Industrie AG in ihrer Gegendarstellung jedoch nicht hinweist: Die Treibacher Industrie AG war ab 2002, als tonnenweise Lieferungen aus der Mine Lueshe an die estnische Firma Silmet erfolgten, mit 25% (mit der Option auf weitere 25 % plus eine Aktie) an Silmet beteiligt. Diese Lieferungen sind dem Vorstand der Treibacher Industrie AG laut seiner eigenen Zeugenaussage beim Handelsgericht Wien bekannt gewesen.
*Die Treibacher Industrie AG hat gemeinsam mit Karl-Heinz Albers ein Joint-Venture, die Niobium Ressources B.V., gegruendet, deren Direktoren Karl-Heinz Albers und Reinhard Iro (Vorstandsvorsitzender der Treibacher Industrie AG) gewesen sind. Der 50 %-Eigentuemer der Niobium Resources B.V. , eine weitere Firma von K.H. Albers in England, finanzierte nachweislich die illegale Taetigkeit von Somikivu.
Aufgrund dieser Zusammenhaenge ist die Treibacher Industrie AG seit laengerem in Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Gerald Oberansmayr zitierte im Standard-Kommentar aus dem Beschluss des Landesgerichts Korneuburg (11 Cg 85/05z) vom 30.11.2005, in dem es heisst: "Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfuegung, es wolle dem Beklagten verboten werden, gegenueber Dritten [...] die Behauptung aufzustellen, die Klaegerin [= Treibacher AG, Anm. Werkstatt] habe den verbrecherisch handelnden Karl-Heinz Albers bei der ab 2000 erfolgten illegalen Ausbeutung der Mine ´Lueshe´ laufend unterstuetzt [...] wird abgewiesen." Im Umkehrschluss folgerte Gerald Oberansmayr deshalb, dass diese Behauptung gegenueber Dritten - also der Oeffentlichkeit - vertreten werden darf. So findet man auch immer wieder Zitate aus diesem Urteilsspruch in anderen Medien. Das Zitieren aus diesem Urteilsspruch wird von der Treibacher Industrie AG jedoch fuer unzulaessig gehalten, da sie davon ausgeht, dass der Urteilsbeschluss in der Urteilsbegruendung dadurch zurueckgenommen wird, dass diese Aussagen in dieser Form "nicht mehr festgestellt werden konnten." Um den Gesamtzusammenhang zu erschliessen, kann der komplette Beschluss des Landesgerichts Korneuburg im Internet ueber www.werkstatt.or.at eingesehen werden. Aufgrund dieses Sachverhalts machte Gerald Oberansmayr das Angebot, das Zitat im engeren Sinn zu widerrufen, wenn gleichzeitig ueber die ebenfalls in der Urteilsbegruendung festgehaltenen Fakten der Verbindung von Karl-Heinz Albers mit der Treibacher Industrie AG im Widerruf berichtet wird, damit sich die LeserInnen selbst ein Urteil bilden koennen. Dieses Angebot wurde von der Treibacher Industrie AG nun mit einer Klage beantwortet. Der Streitwert betraegt EUR 19.620,-. Die Gesamtkosten des Widerrufs, wie ihn die Treibacher Industrie AG fordert, wuerden laut Auskunft des Standard sogar bis zu 240.000,- Euro (!) ausmachen! (Leider kein Tippfehler.)
Wir halten auf Grund der oben angefuehrten Informationen das Agieren dieses Konzerns fuer aufklaerungsbeduerftig. Das gilt umso mehr, als laut aktuellen Medienberichten (6) sich die Treibacher Industrie AG darum bemueht, die Bayer AG-Tochterfirma HC Starck zu uebernehmen, die wegen ihrer Kongogeschaefte ins Kreuzfeuer der Kritik von Menschenrechtsorgansiationen gekommen war. Fuer Einzelpersonen oder kleine Vereine ist diese Aufklaerungsarbeit schwierig. Denn einerseits ist sie mit hohem Aufwand verbunden und andererseits auch sehr risikoreich, weil Grosskonzerne - wie wir nun gesehen haben - rasch mit Klagen zur Hand sind, deren finanzielle Belastungen fuer die Betroffenen existenziell bedrohlich sind, fuer einen Grosskonzern wie die Treibacher Industrie AG aus der Portokasse bezahlt werden koennen (Jahresumsatz EUR 600.000.000,-; Eigentuemer ist der deutsche Multimilliardaer Baron August von Finck, laut Forbes-Liste Platz 70 der reichsten Menschen der Welt). Wir fordern daher den Nationalrat auf, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur allfaelligen Involvierung oesterreichischer Unternehmungen in die Rohstoffausbeutung in der DR Kongo einzurichten, der sich insbesondere auch mit der Geschaeftstaetigkeit der Treibacher Industrie AG zu beschaeftigen hat. Die Republik Oesterreich muss aus mehreren Gruenden ein Interesse an einem solchen Untersuchungsausschuss haben:
* In Bezug auf die illegale Rohstoffausbeutung in der DR Kongo heisst es im UNO-Bericht S/2002/1146 eindeutig: "Die Regierungen der Laender, wo die Personen, Firmen und Banken, die systematisch und aktiv involviert sind, ihren Sitz haben, sollten ihren Beitrag zur Verantwortung, die sie haben, leisten. Die Regierungen haben die Macht diese Firmen und Personen zu massregeln und Sanktionen zu verhaengen". Laut Leitgrundsaetzen der OECD fuer multinationale Unternehmen machen "Regierungen mit Rechtssprechung ueber diese Unternehmungen sich selbst zu Komplizen, wenn sie nicht Gegenmassnahmen treffen" (UNO-Bericht S/2002/1146).
* Sollten nicht saemtliche Unklarheiten und Verdachtsmomente bezueglich der Verstrickung oesterreichischer Unternehmungen in die illegale Rohstoffausbeutung im Kongo ausgeraeumt sein, so faellt ein schwerer politischer Schatten auf die ohnehin hoechst fragwuerdige Beteiligung oesterreichischer Streitkraefte an der Militaermission im Kongo.
* Eine besondere politische Verantwortung ergibt sich zusaetzlich bzgl. der Treibacher Industrie AG: Wichtige Organe der Treibacher Industrie AG waren bzw. sind in Unternehmen der Republik Oesterreich taetig. So wurde der Vorstandsvorsitzende der Treibacher Industrie AG Reinhard Iro 2004 von Minister Gorbach in den Aufsichtsrat der OeBB entsandt (wo er 2005 wieder auszog, als Ex-Minister Boehmdorfer einzog). Der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Treibacher Industrie AG Erhard Schaschl ist zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der oesterreichischen Verbund AG und im Aufsichtsrat der Austrian Airlines. (gek.)
Spenden fuer die Prozesskosten auf:das Konto der Werkstatt Frieden & Solidaritaet: Kt. Nr. 6274146, BLZ 34777, Raiffeisenbank Perg, Kennwort: Kongo. Als kleines Dankeschoen senden wir allen SpenderInnen, die das wuenschen, ein Dossier ueber die illegale Rohstoffausbeutung im Kongo zu. Zu bestellen: E-Mail
, Tel. 0732/771094
(1) United Nations Security Council, S/2006/53 vom 26.1.2006: "Am 14. Juli 2000 startete Albers die Operationen in Lueshe erneut, basierend auf einen Pakt, den er mit der Rebellengruppe RCD, spaeter RCD-Goma, gemacht hatte. Der Antrieb dafuer war der illegale Anspruch auf Eigentuemerschaft und die behauptete lebenslange Befreiung von jeglichen Gebuehren, Steuern oder Zoellen." (2) Amtshilfeersuchen der Interpol Kinshasa, 20.3.2004 (3) Bericht des UN-Expertengremiums zur illegalen Ressourcenausbeutung im Congo, 2001 (Final Report of the Panel of Experts in the Illegal Exploitation of Natural Ressources and Other Forms of Wealth of the Democratic Republic of the Congo) (4) Deutsche Kongo-Mine als Stuetzpunkt fuer Waffenschieber?, in: Tagesschau, 4.7.2006 (5) Siehe z. B. Landesgericht Korneuburg (11 Cg 85/05z) vom 30.11.2005 (6) Siehe z. B. TAZ, 13.5.2006, "Bayer verkauft HC Starck".