Samstag, 24. Januar 2009
 
„Gemeinsam gegen Sozialraub“ statt alte ÖGB- Politik! PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Michael Gehmacher, Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften   
Montag, 7. Mai 2007

Vor mehr als einem Jahr kam die Bawag-Krise ans Licht, und brachte den ÖGB in arge Turbulenzen. Bei aller Wut über die ÖGB-Führung, keimte bei vielen ÖGB-Mitgliedern die Hoffnung, dass sich nun einiges im ÖGB zu Positiven verändern würde. Viele BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen spürten (und spüren), dass gegen den permanenten Jobabbau, die Verschlechterungen im Sozialsystem und die Unternehmerwillkür die Konzepte aus der Sozialpartnerschaft schon lange nicht mehr funktionieren.

Die „ÖGB-Reform“ und der spätere ÖGB-Kongress machten aber deutlich, dass sich ein Teil der alten ÖGB-Spitzengarde selbst zu Reformern erklärt hat und heute daran geht, die alte Politik mit neuem Styling weiter zu betreiben. Die Ursachen für die Bawag-Krise wurden als „Kriminalfall“ abgetan.

Der ÖGB-Führung fehlt es an Antworten auf die entscheidenden Zukunftsfragen. War rund um die ÖGB-Krise noch viel vom Ende der Sozialpartnerschaft die Rede, so wird jetzt krampfhaft versucht, diese wieder zu beleben. Oder: „Der ÖGB wird sich auf sein 'Kerngeschäft' (Lohn- und Sozialpolitik) konzentrieren“, war eines der geläufigsten Schlagwörter aus der Reformdebatte. Tatsächlich sind die KV-Abschlüsse beschämend niedrig. Teuerungen, enorme Steigerung bei Mieten, Energiekosten und Gebühren führten dazu, dass viele Menschen immer weniger Geld zum Überleben haben. Das alles, obwohl die Profite in vielen Branchen hoch sind und die Vermögenden in Österreich und international immer reicher werden.

Das politische Konzept der ÖGB -Spitze: Eine „Sozialpartnerschaft neu“ und eine große Koalition unterstützen. Dieses Konzept ist uralt, verschärft seit ca. 20 Jahren die soziale Situation und schwächt die Gewerkschaftsbewegung! Mit dem Widerstand der Betroffenen ohne Stellvertreterpolitik kämpfen, mit Kundgebungen und Streiks Verschlechterungen abwehren und Verbesserungen erreichen, dass wäre eine neue ÖGB- Politik.


Der Kern des Problem ist eine ÖGB-Politik, die sich nicht an den Interessen der ArbeitnehmerInnen sondern am eigenen Machterhalt und den Privilegien orientiert!

Dies wurde in der ÖGB-Krise besonders deutlich. Um einer Debatte über die politische Richtung des ÖGB aus dem Weg zu gehen, musste die ÖGB-Spitze das Gesetz des Handelns an sich reißen und die Gewerkschaftsbasis ausschalten. So erfanden die ÖGB-SpitzenvertreterInnen eine neue Sprachregelung. Plötzlich wurde nur noch vom “Kriminalfall BAWAG”, über den man “genauso fassungslos” wie alle Mitglieder sei, gesprochen. Der Hintergrund dieser PR-Strategie ist klar: “Wir sind auch Opfer, lasst uns bitte weiter arbeiten”. In dieser Situation reagierte die ÖGB-Spitze somit so, wie es für abgehobene Bürokratien in politischen Organisationen typisch ist. Sie versuchte, Zeit zu gewinnen, verschob den ÖGB-Kongress (ursprünglich sogar auf die zweite Jahreshälfte 2007) und versuchte, die materiellen Möglichkeiten bestmöglich zu sichern (schneller Bawag-Verkauf, Gebäude verkaufen, Personaleinsparungspläne usw.). Viele ÖGB-Mitglieder waren mit dieser Vorgangsweise naturgemäß unzufrieden. Die Austrittswelle ging weiter.


Opposition regte sich

Die medial bekannteste Oppositions-Initiative stellte “Zeichen setzen” dar, die von einer Gruppe langjähriger Gewerkschaftsangestellter und BetriebsrätInnen gestartet wurde. Spannend an “Zeichen setzen” waren weniger die Forderungen an sich, sondern vor allem die rege Beteiligung in den ersten Wochen im Internet. Recht allgemein ging es um eine Aufwertung der Kontrollrechte, einen Rückzug der SpitzenvertreterInnen aus dem Nationalrat, eine 50%ige Frauenquote und eine (besonders vorsichtig formulierte) Einkommensbegrenzung auf immerhin 4500,- netto. Da die Initiative in die richtige Richtung ging, beteiligte sich die SLP aktiv an “Zeichen setzen”, trat aber für eine offene Konferenz der UnterstützerInnen und für Aktionen in den Betrieben ein. Letztendlich unterstützten knapp 6.000 Menschen den Aufruf im Internet. Von diesen 6.000 waren damals 799 BetriebsrätInnen und 185 MitarbeiterInnen des ÖGB. Die Idee von SLP und AktivistInnen der Plattform für demokratische und kämpferische Gewerkschaften, möglichst viele UnterstützerInnen zu einer Konferenz zusammen zu bringen, und eine weitere Strategie zu suchen, wurde zwar von einigen InitatorInnen von “Zeichen setzen” verbal unterstützt. Passiert ist aber leider nie etwas. Anfang Sommer wurde einfach aufgehört, weiter Unterstützung zu sammeln, und das Gespräch mit der ÖGB-Spitze gesucht. Ein Teil der UnterstützerInnen hätte sich weitere Aktivitäten erwartet und war enttäuscht. Die Energie hinter der Initiative verpuffte leider. Die ÖGB-Führung nutzte die Zeit, um den “Reformprozess” nach ihrem Willen zu gestalten.


Gewerkschaftsspitze und Basis: Zwei Welten

Eine überwältigende Mehrheit der BetriebsrätInnen, PersonalvertreterInnen und aktiver Gewerkschaftsmitglieder sieht den ÖGB vor allem in einer politischen Krise. Die ÖGB-Spitze sieht primär eine finanzielle Krise und keinen Bedarf an politischer Erneuerung. So meinte der neue Chef der Metallergewerkschaft, Erich Foglar, in seinem Brief an die KollegInnen von “Zeichen setzen”, dass die “wirtschaftliche Konsolidierung” des ÖGB vorrangig vor Reformdiskussionen sei. In einem Report Interview vom 24.10.06 bekräftigte er seine Haltung, indem er dem ÖGB “eine Finanzkrise, aber keine politische Krise” attestierte. Mit dieser Haltung ist Foglar nicht alleine.


Worum geht's wirklich für die ArbeitnehmerInnen?

In den letzten Jahren hat sich die soziale Lage stark verschlechtert: Eine Million Menschen leben an der Armutsgrenze, 2,4 Millionen verdienen weniger als 10.000 Euro im Jahr. Durch die Privatisierungen und die Zerschlagung der ÖBB wurden die Ausgangsbedingungen für ArbeitnehmerInnen drastisch verschlechtert. Viele GewerkschafterInnen fragen sich zu Recht: “Kann da noch mit der Sozialpartnerschaft gegengesteuert werden?”. Die alte = neue ÖGB-Spitze lässt diese Frage bestenfalls unbeantwortet. Die SLP steht demgegenüber für eine aktive Gewerkschaftspolitik, die den Konflikt mit den Unternehmern und der Regierung nicht scheut. “Wir würden ja gerne kämpfen, aber die Leute wollen nicht”, wird uns von vielen der SpitzenfunktionärInnen entgegengehalten. Wer so argumentiert, hat meist selbst Angst vorm Kämpfen. Dort wo es für Beschäftigte schwierig ist (nach 50 Jahren Sozialpartnerschaft) auf die Straße zu gehen, muss dies eben wieder gelernt werden. Das Jahr 2003 hat gezeigt. dass KollegInnen sehr schnell “lernen”, für ihre Rechte einzustehen. Der Streik bei Siemens PSE im November und die Proteste bei der AUA machen auch deutlich, dass die KollegInnen sehr wohl mitgehen, wenn Kampfmaßnahmen organisiert werden.


Wir wollen mehr Gewerkschaftsdemokratie!

Mehr Demokratie würde die Einbindung der Mitglieder wesentlich erhöhen und so die Gewerkschaften schlagkräftiger machen. Urabstimmungen über das Ergebnis von KV-Verhandlungen kann sich aber auch HGPD-Chef Rudolf Kaske (“Dann brennt die Republik”) nicht vorstellen. Auf einer Veranstaltung der Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften meinte er sinngemäß, oft gelänge es, ein gutes Ergebnis für die ArbeitnehmerInnen herauszuholen und die Unternehmer würden bei einer Abstimmung erst draufkommen und dann die Zustimmung zu einem guten Abschluss wieder zurückziehen. In ein ähnliches Horn stößt auch FSG-Chef Haberzettel: Die Betriebsräte seien bei KV-Verhandlungen eingebunden, mehr Basis sähe er nicht, meinte er bei einer Veranstaltung in Oberösterreich. Wir meinen: Ein Großteil der KV-Abschlüsse sind derzeit zu Gunsten der Unternehmen und bedeuten Reallohnverluste für die ArbeitnehmerInnen. Wenn diesen nun durch eine Urabstimmung die Zustimmung verwehrt wird, gibt es überhaupt erst die Chance, für eine Lohn- oder Gehaltserhöhung zu kämpfen, die diesen Namen tatsächlich verdient. Eine Urabstimmung brächte die dafür notwendige Beteiligung der Mitglieder an verschiedenen Kampfmaßnahmen und würde politischen Druck für die ArbeitnehmerInnen machen.


Eine klassenkämpferische Opposition ist notwendig!

Obwohl weitere Belastungen durch die Regierung auf die ArbeitnehmerInnen zurollen, bleibt der ÖGB passiv und unterstützt weiter die Regierung. An der vergangenen ÖGB-Politik hat sich kaum etwas geändert. Für SozialistInnen stellt sich daher die Aufgabe, eine klassenkämpferische Opposition im ÖGB aufzubauen und eine politische Alternative zur ÖGB-Spitze aufzuzeigen. Dabei müssen wir bei den oben beschrieben Problemen der Menschen ansetzten. Während die ÖGB-Spitze hier nur Scheinlösungen á la „Sozialpartnerschaft neu“ anbieten kann, stehen wir für eine klassenkämpferische Gewerkschaftsbewegung, die versucht, durch Mobilisierung der Betroffen und durch politischen Druck ihre Ziele umzusetzen.


Um den Aufbau einer kämpferischen Gewerkschaftsbewegung soll es bei der oppositionellen GewerkschafterInnenkonfernz am 19.5. 07 gehen.

Die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften will unter dem Motto: „Gemeinsam gegen Sozialraub“ den Unmut und den Widerstand zum Sozialabbau der Regierung bündeln und verstärken. Und wir versuchen Antworten auf die wichtigsten Fragen der Gewerkschaftsbewegung zu finden:

1. Wie können Arbeitskämpfe gewonnen werden? – Die Beispiele: KIK, Aida und viele andere drängen diese Frage auf! Will eine Belegschaft oder eine ganze Branche sich heute gegen Angriffe oder Willkür wehren, ist die Frage: wie?
Welche Rolle spielen dabei juristische Auseinandersetzungen? Wie schaut es mit Kampagnen aus? Der Arbeitskampf bei KIK zeigt, dass gute Öffentlichkeitsarbeit und juristische Auseinandersetzung nicht reichen. Es braucht betriebliche Auseinandersetzungen, um diese Kämpfe zu gewinnen. Aber wie kann eine Belegschaft, die - vollkommen verständlich - Angst um den Job hat, mobilisiert werden? Wie schaut es mit Solidaritätsarbeit aus? usw.

2. Wie gegen Sozialabbau kämpfen? Die Regierung plant große Angriffe (60-Stundenwoche, 12-Stundentag usw.). Wie können sich ArbeitnehmerInnen, Erwersbarbeitslose, prekär Beschäftigte, StudentInnen, ImmigrantInnen usw. dagegen wehren? Wie kann der Widerstand gegen die Regierung weiter gehen?
Dazu haben wir unter anderem die ÖH-Vorsitzende Barbara Blaha eingeladen.

3. Alternativen zur Sozialpartnerschaftspolitik der ÖGB-Spitzte? Wir brauchen einen kämpferischen Kurswechsel in der ÖGB-Politik. Wie kommen wir dazu?

4. Politische Antworten auf das herrschende Gesellschaftssystem Was stellen wir dem Neoliberalismus entgegen? Wie können wir gemeinsam und international für die Vergesellschaftung von Schlüsselbereichen der Wirtschaft und für ein besseres Sozialsystem kämpfen? Dazu haben wir Besuch von einem Vertreter der deutschen Gewerkschaftslinken (Bernd Rixinger von Verdi-Stuttgart).


Mit dem Motto: „Gemeinsam gegen Sozialraub“ mobilisiert die Plattform mit Kundgebungen vor Arbeitsämtern, bei KV-Runden usw. Trotz der Skepsis und der Enttäuschung über die ÖGB-Führung vieler Menschen ist das Feedback bis jetzt sehr positiv. Die Konferenz bietet die Möglichkeit, den Widerstand gegen den Sozialraub der Regierung zu verstärken und im Aufbau einer klassenkämpferischen Opposition im ÖGB einen wichtigen Schritt weiter zu kommen. Mach mit!

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