Samstag, 24. Januar 2009
 
HIV und AIDS in Südafrika PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Eva Kumar   
Donnerstag, 30. August 2007

In Südafrika ist der Schutz vor AIDS und der Zugang zu wirksamen Medikamenten nach wie vor sehr schwierig – das hat aber nicht nur ökonomische Gründe, sondern resultiert vor allem aus der Ignoranz von Politik und Gesellschaft.

Für die Herstellung antiretroviraler Medikamente (ARVs) - werden in den nächsten Jahren in Südafrika 5 Millionen Rand lockergemacht. Eine vermehrte lokale Produktion von ARVs sollte es den multinationalen pharmazeutischen Firmen ökonomisch lohnend machen, die Herstellung hier in Südafrika zu betreiben und die Kosten für diese Mittel zu senken. Z.Zt. werden alle Bestandteile für ARVs importiert. Laut dem Medical Research Council leben 5,4 Millionen Menschen in Südafrika mit HIV/Aids - bei einer Gesamtbevölkerung von 48 Millionen sind das ca. 11%!! Das ist die zweithöchste Rate an HIV-Infektionen nach Indien.

Südafrika will nun seinen Import reduzieren und Export-Chancen gewinnen. Es sei wichtig, Preisregelungen und Lizenz-Registrierungen so zu handhaben, dass Firmen nicht entmutigt werden, zu investieren. In Bezug auf die Finanzierungsfragen seien einerseits vermehrte Technologieentwicklung zur Herstellung der Medikamente sowie der Erwerb von Patentrechten und Lizenzen von Bedeutung. Meldungen wie diese zeigen unter anderem, wie sehr es hier in Südafrika im argen liegt mit der Behandlung und dem Zugang zu anti-retroviralen Medikamenten.
Die Leben von mehr als 60 000 Babies könnten im Jahr gerettet werden, wenn ihre HIV-positiven Mütter Zugang zu ARVs hätten. Diese und die folgenden Zahlen wurden vor kurzem von einer Gruppe von Johannesburger Ärzten und Forschern, die im HIV-Aids Bereich arbeiten, öffentlich gemacht. Die Zahlen können auf den WHO-Seiten und den Seiten zahlreicher NGOs aus diesem Bereich überprüft werden - sie sagen alle dieselbe schockierende Wahrheit. Der Hauptgrund für die stetig fallenden Kleinkind- und Kinderüberlebensraten ist HIV. Ohne Behandlung mit ARVs sterben 60% der über ihre Mütter infizierten Kinder bevor sie das 2. Lebensjahr erreichen. Mehr als ein Drittel aller schwangeren Frauen in Südafrika ist HIV-positiv. Die ungeborenen Kinder müssten nicht zwangsläufig infiziert zur Welt kommen. Eine Dosis Nevirapine während der Schwangerschaft und eine weitere bis zu 72 Stunden nach der Geburt würde eine Ansteckung in vielen Fällen verhindern, heisst es im 300-Seiten Bericht der Top-Experten Südafrikas, der vor kurzem veröffentlicht worden ist. Der Bericht enthält unter anderem auch äusserst alarmierenden Daten über Verbreitung der Infektion, sowie über die Anzahl der Toten in Südafrika, sowie Daten darüber, dass HIV-AIDS praktisch die einzige Todesursache von Kindern ist. In der Gruppe der 15- bis 18-jährigen Mädchen ist ein Viertel von ihnen angesteckt und HIV-positiv. Die Infektionsrate bei den Jungen liegt bei weitem niedriger.

Es geht hier vor allem auch um die Änderung von sozialem Verhalten, wofür die Gruppen, die Information und Aufklärung in Schulen, in Gesundheitszentren, in Richtung Familien und den Peer Groups betreiben, noch keine wirksamen Instrumente entwickelt haben. Junge Mädchen haben oft sexuelle Kontakte mit älteren Männern und leben in einer weitgehend autoritären und vaterrechtlich orientierten Gesellschaft. Selbst als aufgeklärte junge Frau die Benutzung eines Kondoms zu verlangen, ist praktisch unmöglich.

Es gibt nun bereits weltweite Kampagnen von NGOs, die sich speziell an junge Frauen richten und die - von den pharmazeutischen Firmen absolut nicht unterstützt - nach Verhütungs- und zugleich Ansteckungs-Schutz in Form von Gels und Cremes suchen und forschen. Erfolge dieser Initiativen sind nur langsam zu sehen und die Betroffenen zu erreichen, ist für sie finanziell und strukturell schwierig - Weltbank und offizielle Entwicklungshilfe-Institutionen nehmen diese NGOs eher nur am Rand wahr - sie dienen wohl zu wenig deren eigenen Interessen.

Dass sich die Experten und Helfer an der Aids-Front noch mit Bemerkungen der hiesigen Gesundheits-Ministerin Manto Tshabalala-Msimang auseinandersetzen müssen, die allen Ernstes dazu aufruft, sich gut und gemüsereich zu ernähren - zum Schutz gegen AIDS: Kartoffeln, Knoblauch und Rote Bete würden einen wirksamen Schutz gegen HIV/Aids aufbauen - zeigt die riesige Kluft zwischen ihrer Arbeit und dem Zugang zur Bevölkerung. Besagte Ministerin ist zur Zeit schwer unter Beschuss - allerdings nicht wegen ihrer mangelnden Kompetenz, sondern wegen des Vorwurfs der Korruption.

Man kann nur hoffen, dass sie und andere Politiker (von denen einer den guten Rat parat hatte, sich vor einer HIV-Infektion durch Duschen nach dem Geschlechtsverkehr zu schützen und der für die Wahlen in zwei Jahren nach dem Amt des Staatspräsidenten strebt), die die Strategie der Regierung, freien allgemeinen Zugang zu ARVs zu ermöglichen, durch ihre Ignoranz behindern und verlangsamen, nicht mehr lange im Amt sind.

Quellen:
Business Report - Johannesburg - 24. 8.07
Mercury - Johannesburg - 24.8.07

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