Warum Verschiebung zu Schwarz-Blau? - Zu wenig Ansagen für echte
Alternativen zum Pröll-System - Nur FP in (Schein)-Opposition -
Pröllerei kein Naturgesetz - Purkersdorf an zweiter Stelle bei Grünstimmen in NÖ - Positiv: immer
größerer Mobilität der WählerInnen - motivierende Einzelergebnisse
Gut, das Pröll-System hat einen Prozentpunkt gewonnen, aber bei der Kontrolle über die Medien und bei diesem massiven Geldeinsatz hat dieses Machtsystem mit seinen Strukturen bis ins letzte Dorf ja nicht wirklich gepunktet, und die medial angefachte Begeisterung dafür ist schon - gekonnt - wieder Teil der Pröll-Maschine, abgesichert von Kirchenführung, Raiffeisen und Industrie.
Die Machtmaschine läuft weiter wie bisher. Die „Klarheit“ in NÖ ist abgesichert: will heißen: wer sich traut, offen zu widersprechen (das wird in der Propaganda als „Streit und Zank“ hingestellt), bekommt wie bisher Beton, wird gemobbt wie selbst die jetzige Staatssekretärin Kranzl als frühere Landesrätin, und zieht sich jedenfalls warm an. Aber viel ärger kann die knallschwarze Partei(buch)politik, wie es sie in ganz Österreich sonst nirgendwo mehr- nicht einmal im berüchtigten Innenministerium - gibt, auch nicht werden. KünstlerInnen von Pluhar bis Fendrich werden dafür gegen Belohnung noch einige Zeit weiter für dieses System Lobeshymnen anstimmen, Geschäftleute wie Monika Langthaler werden sich weiter arrangieren. Wie gehabt.
Zu wenige Ansagen für echte Alternativen zum Pröll-System
Sicher, eine Verschiebung zu Schwarz-Blau ist nicht erfreulich; aber es bleibt wie es eigentlich war. Das Grundproblem liegt darin, dass weder die SP noch die Grünen eine Alternative (die NÖ-Grünen haben das „Alternative“ ja konsequent gestrichen) sind bzw. zu wenig glaubhaft machen können, oder auch sonst nichts Organisiertes existiert. Wenn sie am Hofe Prölls mitregieren wollen, dann wird einfach der Alternativanspruch unterminiert. So war - wie es der Wahlslogan sagte - die „Klarheit“ wirklich ein - unfreiwilliges - Geschenk.
Leider hat nur die FP hier die flächendeckende Opposition in den Raum gestellt, wobei die inhaltlichen Unterschiede zur Macht auch oft nur fließend sind. Otto Penz, ein - nicht mehr lebender – Freund, hat mir früher öfters gesagt, bei Wahlergebnissen soll man nicht nur mit der letzten Wahl, sondern auch etwa mit der vorletzten Wahl vergleichen. Beherzige ich dies, so sehe ich, dass die FP aber einfach wieder auf das frühere Niveau gezogen ist. Und warum? Weil sie eben am meisten als Protestpartei wahrgenommen wurde, und SP und VP kaum oder keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der FP-Ideologie betreiben, sondern sich oft anbiedern, oder durch Tricks à la Schüssel glaubten, das Potential der FP inhalieren zu können. Doch trotz Spaltung in FP und BZÖ blieb vor allem die Ideologie, in Ausländern und Minderheiten Sündenböcke zu sehen, die „dritte Kraft“, und das zeitweilige Überholen der Grünen war so nur formal.
Was sagen die herben Verluste in den SP-Herzen?
Onodi ist sicher nicht die Alternative zu Pröll, aber ihre allgemeine Abwertung teile ich nicht. Sie ist wirklich eine Person mit Herz und hatte auch bei der letzten Wahl deutlich gewonnen. Es kann nicht hauptsächlich an ihrer Person liegen, es ist die ganze Partei der SP-NÖ, wo ein Teil vor allem an Funktionen hängt, ein Teil sich mit Pröll arrangiert, und wo andere aus Angst vor der Rache des Herrn Pröll sich nicht aus der Deckung trauen. Eine wirkliche Alternativstrategie ist seit Jahren nicht entwickelt worden.
Bitter sind hohe SP-Verluste in traditionellen Arbeiterorten wie Wiener Neustadt (minus 17 Prozentpunkte), Traiskirchen (minus 15 Punkte), Traisen (minus 16 Punkte), Heidenreichstein (minus 17 Punkte, Ternitz (minus 15 Punkte). Noch bitterer sind teilweise direkte Übergänge zur FP: Hirtenberg (SP minus 25 Punkte, FP +24 Punkte), Dietmanns (SP minus 12 Punkte, FP + 12Punkte). Trotzdem ist das nicht durchgehend.
Es gibt auch positive Beispiele
Ein positives Beispiel, das zeigt, dass die Pröllerei aber kein Naturgesetz ist: die Gemeinde, wo die SP am zweitmeisten Zugewinne (+4,4 Punkte) machen konnte (Zugewinne der SP gab’s insgesamt nur in 13 Gemeinden) ist Waldkirchen. Dort gibt es einen Karl Boden, von Beruf aktiver Lokführer, Bundesrat, aber nicht abgehoben, sondern offen für Anliegen der Bevölkerung, und ein Kämpfer für den öffentlichen Verkehr. - Und solche Leute gibt es auch in NÖ gar nicht so wenige.
Demgegenüber finde ich es merkwürdig, dass sich Parteigrößen wie Gusi zu gut für eine Wahlunterstützung in Niederösterreich waren; oder mein bekannter Ex-Innenminister und Bürgermeister, der sich den Wahlkampf entspannt fußfrei ansah.
Auch bei den Grünen gibt es interessante Einzelergebnisse auf hohem Niveau außerhalb der Umgebung Wiens (z. B. Scheibbs mit 12 %) oder mit Zuwächsen, die auf beeindruckender konkreter Arbeit beruhen.
Was tun?
Es wird nicht leichter: Das bis zur Wahl zurückgehaltene Pröll-Programm für massive Einstellungen von Nebenbahnen in NÖ oder geplante Privatisierungen wird etwa eine massive Gegenwehr erfordern.
Die KP hat in der größeren Stadt Krems durch Franz Kral mit 2,94% ein beachtliches Ergebnis aufzuweisen, auch in einigen anderen Orten wie Traisen oder Fischamend, wo linke Politik gemacht wird, bzw. gemacht wurde. Dass die KP insgesamt auf beschränktem Niveau von 0,9 geblieben ist, obwohl Einzelpersonen Beachtliches leisten, zeigt, dass die Linke in NÖ leider sehr vereinzelt und wenig vernetzt ist; was aber nicht heißt, dass auch in Österreich nicht auch großes Potential da wäre.
In finde, dass die Wahlergebnisse der Linken in Westdeutschland vom Inhalt durchaus auch bei uns möglich wären. Denn die Unzufriedenheit in wichtigen Teilen der SP und Gewerkschaft erreicht eine neue Quantität und Qualität, die sich aber derzeit in Nichtwählen, auch FP-Wählen, und hauptsächlich Resignation und Rückzug ausdrückt. Weil die ganze Struktur nicht wirklich anders ist. Sicher, es war auch in Deutschland ein längerer Weg, aber da die ganze wirtschaftliche, politische und soziale Struktur durchaus ähnlich ist, kann es auch durchaus ähnliche Ergebnisse geben. Und dass eine "Protest-Kandidatur" auf Anhieb erfolgreich sein kann, zeigt ja das frühere Antreten von H. P. Martin.
Purkersdorfer Sicht und Wienerwaldgemeinden
Aus Purkersdorfer Sicht bemerkenswert ist, dass Purkersdorf bei Grünsstimmen - als Indikator für alternatives Potential - mit 17,06 % trotz leichtem Rückgang noch immer das zweithöchste Gemeindeergebnis (nach Laab) hat. Siehe www.noel.gv.at/Politik-Verwaltung/Wahlen/NOe-Landtagswahlen/Landtagswahl2008.wai.html Die Wienerwaldgemeinden - bisher die grünen Hochburgen - weisen hinsichtlich Grünstimmen ein unterschiedliches Muster auf: alle Gemeinden, die bisher über 15 % hatten, haben (meist leichte) Rückgänge, andere mit bisher weniger Stimmen haben oft (signifikante) Gewinne. Es dürfte da irgendwie eine Angleichung an einen (hohen) Durchschnitt stattgefunden haben.
Als positive allgemeine Tendenz kann eine immer größere Mobilität der WählerInnen angetroffen werden. Purkersdorf, mit über 62 % für die SP als Bürgermeisterpartei bei der Gemeinderatswahl 2005, hat nun 25 % für die SP!
Eine andere Sichtweise: auf Gemeindeebene wählen nicht so wenige Dorfkaiser, und auf Landesebene eben Landesfürsten; auch wenn sie unterschiedlichen Parteien angehören. Die „Republikaner“ haben es bei uns nicht immer leicht, das monarchische Denken hat aber wenig Zukunft.
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